Bundespatentgericht, Beschluss vom 10.10.2012, Az. 28 W (pat) 93/11

28. Senat | REWIS RS 2012, 2486

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "workerbot" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis –


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2010 033 168.2

hat der 28. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 10. Oktober 2012 durch die Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin [X.] und [X.] am [X.]

beschlossen:

Der Beschluss des [X.] vom 29. September 2011 wird aufgehoben.

Gründe

I.

1

Das Wortzeichen 30 2010 033 168.2

2

workerbot

3

ist am 1. Juni 2010 zur Eintragung als Marke in das beim [X.] ([X.]) geführte Register angemeldet worden. Nach einer Beschränkung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses in der mündlichen Verhandlung begehrt die Anmelderin noch die Eintragung für die Waren und Dienstleistungen der

4

Klasse 07: Roboter [Maschinen], industrielle Manipulatoren [Maschinen],

5

Montagemaschinen, insbesondere für die Handhabung, Bearbeitung, Verpackung oder Verarbeitung von Geräten, Gegenständen oder Werkstoffen; automatisierte oder computergesteuerte Maschinen und maschinelle Geräte, nämlich für die Handhabung, Bearbeitung, Verpackung oder Verarbeitung von Geräten, Gegenständen oder Werkstoffen; Werkzeugmaschinen;

6

Klasse 09: Wissenschaftliche, Schifffahrts-, Vermessungs-, fotografische, Film-,  optische, [X.], Mess-, Signal-, Kontroll-, Rettungs- und Unterrichtsapparate und -instrumente; automatische Prüfsysteme (bestehend aus Maschinen, maschinellen Geräten und Robotern) und Prüfgeräte, insbesondere automatische optische Prüfsysteme (bestehend aus Maschinen, maschinellen Geräten und Robotern) und Prüfgeräte; Maschinen, Geräte und Roboter [Maschinen] für die Prüfung von Geräten, Gegenständen oder Werkstoffen;

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Klasse 36: Leasing von Geräten, Maschinen, insbesondere Robotern;

8

Klasse 37:  Installation, Wartung und Reparatur von Maschinen, Robotern und Geräten; Vermietung von maschinellen Geräten und Maschinen für die Prüfung, Handhabung, Bearbeitung, Verpackung oder Verarbeitung von Geräten, Gegenständen oder Werkstoffen; Vermietung von Werkzeugmaschinen;

9

Klasse 42:  Forschungen auf dem Gebiet des Maschinenbaus und der Robotertechnik; Vermietung von Robotern.

Die Markenstelle für Klasse 07 hat die Anmeldung mit Beschluss vom 29. September 2011 wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, der erste [X.] "worker" gehöre mit der Bedeutung "Arbeiter" oder "Arbeitskraft" zum Grundwortschatz der [X.], der auch für die hier angesprochenen [X.] (Unternehmen im technischen Bereich und Forschungseinrichtungen) verständlich sei. Der zweite [X.] "bot" stehe verkürzend für das [X.] Wort "robot" im Sinne von "Roboter" und werde tatsächlich in diesem Zusammenhang verwendet, etwa in der Wortkombination "Care-O-bot" für einen mobilen Serviceroboter oder in "[X.]" bzw. "sanbot" für einen Staubsaugerroboter. Mit "bot" werde zwar auch eine bestimmte Art von Computerprogrammen bezeichnet. Vorliegend sei dem [X.] "bot" aber der Begriff "worker" vorangestellt, was ein Gesamtverständnis im Sinne eines "Arbeitsroboters" nahe lege. Mit dieser Bedeutung sei das Anmeldezeichen für sämtliche beanspruchte Waren und Dienstleistungen unmittelbar beschreibend bzw. bestehe zumindest ein enger beschreibender Bezug. Ob das Zeichen daneben freihaltebedürftig sei, könne offenbleiben.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Zur Begründung trägt sie vor, das Anmeldezeichen sei unterscheidungskräftig. Für die hier angesprochenen Fachkreise aus dem technischen Bereich der Robotertechnik sei das Anmeldezeichen nicht, insbesondere nicht glatt, beschreibend. "Worker" weise auf eine menschliche Tätigkeit hin. "Bot" werde ausschließlich im Bereich der Computerprogrammierung, des [X.] und der Computerspiele verwendet. Selbst in der [X.] werde "bot" nicht als Abkürzung für einen "Roboter" verwendet. Ein Verständnis der Kombination "workerbot" als "worker robot" sei ohnehin nicht plausibel, da ein "Roboter" definitionsgemäß bereits eine arbeitende Maschine sei.

Die Anmelderin und Beschwerdeführerin beantragt,

den Beschluss des [X.]es, Markenstelle für Klasse 07, vom 29. September 2011 aufzuheben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist nach der im Beschwerdeverfahren vorgenommenen Beschränkung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses begründet.

Der Eintragung des angemeldeten Wortzeichens "workerbot" als Marke steht in Bezug auf die noch beanspruchten Waren und Dienstleistungen kein absolutes Schutzhindernis, insbesondere auch nicht das der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] oder des Freihaltebedürfnisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.], entgegen.

1. Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, welches die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet. Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden ([X.], [X.], Beschluss vom 4. April 2012 - [X.]; [X.] 2012, 19, Rdnr. 8 - Link economy; [X.], 1100, Rdnr. 10 - [X.]!; [X.], 825, 826, Rdnr. 13 - [X.]; [X.], 850, 854, Rdnr. 18 - [X.]). Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft ist die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (vgl. [X.] [X.], 411, 412, Rdnr. 24 - Matratzen Concord/[X.]; [X.], 943, 944, Rdnr. 24 – [X.] 2; [X.] a. a. [X.] - [X.]). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. [X.] [X.], 428, 431 Rdnr. 53 - [X.]; [X.] [X.], 1151, 1152 - marktfrisch; [X.] 2000, 420, 421 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION). Ausgehend hiervon besitzen Wortmarken dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. u. a. [X.] [X.], 674, 678 Rdnr. 86 - Postkantoor; [X.] GRUR 2009, 952, 953 Rdnr. 10 - [X.]; a. a. [X.]. 19 - [X.]; [X.], 417, 418 - [X.]; a. a. [X.] - marktfrisch; [X.], 1153 - anti [X.]) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der [X.] oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die - etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. [X.] a. a. [X.] - [X.]; GRUR 2003, 1050, 1051 - [X.]; [X.], 1043, 1044 - [X.]). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und die sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen ([X.] a. a. [X.] 855, Rdnr. 19, 28 f. - [X.]).

Diesen Anforderungen an die Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] genügt das angemeldete Zeichen.

a) Der erste [X.] "Worker" ist in der zum Grundwortschatz der [X.] bekannten Bedeutung "Arbeiter" bzw. "Arbeiterin" (vgl. Duden-Oxford - Großwörterbuch [X.]. 3. Auflage, [X.] 2005, CD-ROM) selbst dem normal informierten Durchschnittsverbraucher und damit erst recht den hier angesprochenen Fachkreisen der Automatisierungstechnik geläufig.

Der zweite [X.] "bot" ist die Bezeichnung für ein Computerprogramm mit bestimmten Merkmalen. "[X.] - [X.]" (2003) erklärt, dass ein "bot" die Kurzform von "robot" im Sinne eines Programms ist, das automatisiert bestimmte wiederkehrende Aufgaben ausführt, beispielsweise das Indizieren von [X.]eiten bei Suchmaschinen (so auch "[X.]", 3. Auflage, 2005). Nach "Petrowski - PC & IT-Abkürzungen von A-Z" (2003) handelt es sich bei einem "Bot" um ein selbstständig den Links auf Webseiten nachgehendes Programm zum Sammeln von Informationen im Internet.

Der hier maßgebliche technische Verkehrskreis wird "bot" mithin als die Bezeichnung eines Computerprogramms mit spezifischen Merkmalen wahrnehmen (so auch [X.] (pat) 238/04 - com.bots).

"Workerbot" wird deshalb als "Arbeiterprogramm", "Arbeitsprogramm" oder "[X.]" verstanden werden.

b) Mit dieser Bedeutung ist "workerbot" für die noch beanspruchten Waren und Dienstleistungen weder unmittelbar beschreibend noch kann – jedenfalls nicht ohne analysierende Betrachtung in mehreren Gedankenschritten - ein enger beschreibender Bezug festgestellt werden.

Lässt sich ein beschreibender Gehalt einer Wortfolge nämlich nur in mehreren gedanklichen Schritten ermitteln, rechtfertigt dies regelmäßig nicht den Schluss, die Wortfolge habe für das Publikum einen auf der Hand liegenden beschreibenden Inhalt und es fehle ihr deshalb jegliche Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ([X.] a. a. [X.], Rdnr. 10 - [X.]; a. a. [X.], Rdnr. 11 - Link economy).

Denkbar ist, dass das Anmeldezeichen "workerbot" die angesprochenen Verkehrskreise im Zusammenhang mit der Ware der Klasse 07 "Roboter [Maschinen]" bzw. den weiteren beanspruchten Waren, die als solche verstanden werden oder Teile davon sein können, zu der Annahme veranlassen könnte, dass diese Waren, auf die sich auch die Dienstleistungen beziehen können, von einem entsprechenden "workerbot"-"Arbeiterprogramm", "Arbeitsprogramm" oder "[X.]" gesteuert werden. Die für die Annahme einer beschreibenden Bedeutung erforderlichen analysierenden Gedankenschritte, nimmt jedoch auch der angesprochene [X.] nicht vor.

2. Wegen der fehlenden Eignung zur Beschreibung der beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen kommt auch ein Ausschluss von der Eintragung nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] nicht in Betracht.

Meta

28 W (pat) 93/11

10.10.2012

Bundespatentgericht 28. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 10.10.2012, Az. 28 W (pat) 93/11 (REWIS RS 2012, 2486)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 2486

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