Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.12.2008, Az. III ZR 216/07

III. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 275

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[X.] [X.]/07vom 11. Dezember 2008 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja DDR-StHG §§ 1, 4 a) Auch im Anwendungsbereich des DDR-StHG gilt der Grundsatz, dass dann, wenn eine Behörde aufgrund einer bindenden Weisung einer über-geordneten Behörde eine - objektiv - rechtswidrige Maßnahme trifft, nicht die angewiesene, sondern die anweisende Behörde haftungsrechtlich ver-antwortlich ist. b) Greift der Betroffene die Maßnahme der angewiesenen Behörde mit den vorgesehenen Rechtsbehelfen des [X.] an, so hat dies verjährungsunterbrechende (bzw. -hemmende) Wirkung auch für den Schadensersatzanspruch gegen die anweisende Behörde. [X.], [X.]. [X.] Dezember 2008 - [X.]/07 - [X.]

LG Frankfurt (Oder) - 2 - Der III. Zivilsenat des [X.] hat am 11. Dezember 2008 durch [X.], [X.] [X.], [X.], [X.] und die Richterin [X.] beschlossen: Die Beschwerden des [X.] und des Beklagten zu 2 gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des 2. Zivilsenats des [X.] vom 17. Juli 2007 - 2 U 26/06 - werden zurückgewiesen. Die Kosten des [X.] werden wie folgt verteilt: Von den Gerichtskosten tragen der Kläger und der Beklagte zu 2 jeweils die Hälfte. Der Beklagte zu 2 trägt die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des [X.]. Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1. Im Übrigen werden außergerichtliche Kosten nicht erstattet. Streitwert: 1.928.015,47 •. - 3 - Gründe: 1. Der Kläger hat den erstbeklagten Landkreis (im Folgenden: Beklagter zu 1) als Baugenehmigungsbehörde und das zweitbeklagte [X.], vertreten durch das [X.], als oberste Bauaufsichtsbehörde (im Folgenden: Beklagter zu 2) wegen Amts- und Staats-haftung auf Ersatz der Schäden in Anspruch genommen, die ihm durch die ver-zögerte Erteilung einer Baugenehmigung für ein Krematorium entstanden sein sollen. Das [X.] hat die Klage gegen beide Beklagten abgewiesen; auf die Berufung des [X.] hat das Berufungsgericht die Klageabweisung gegen den Beklagten zu 1 bestätigt, jedoch festgestellt, dass der Beklagte zu 2 dem Kläger den Schaden zu ersetzen habe, der ihm aus dem Bescheid des [X.] zu 1 vom 18. August 1998 seit dem 16. September 1998 entstanden sei. Hiergegen richten sich die Nichtzulassungsbeschwerden des [X.] und des Beklagten zu 2. Der Kläger verfolgt seinen Anspruch gegen den Beklagten zu 1 als Gesamtschuldner neben dem Beklagten zu 2 weiter; der Beklagte zu 2 be-gehrt die Abweisung der gegen ihn gerichteten Klage. 1 2. Einer Zulassung der Revisionen bedarf es nicht. Weder hat die [X.] grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.]. 2 a) Die Beschwerde des [X.]:3 aa) Das Berufungsgericht verneint Schadensersatzansprüche des [X.] gegen den Beklagten zu 1 sowohl nach der bundesrechtlichen Anspruchs-grundlage der Amtshaftung (§ 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG) als auch 4 - 4 - nach den landesrechtlichen Anspruchsgrundlagen des § 1 des in [X.] DDR-StHG und des § 38 des [X.] Ordnungsbe-hördengesetzes mit der Begründung, den Beklagten zu 1 treffe keine haftungs-rechtliche Verantwortung dafür, dass er die vom Kläger beantragte [X.] aufgrund einer bindenden Weisung des Beklagten zu 2 als der überge-ordneten Behörde zunächst abgelehnt habe. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Beschwerde des [X.] können keinen Erfolg haben. [X.]) Die Frage, ob ein Beamter, der aufgrund einer ihn bindenden Wei-sung einer vorgesetzten Stelle eine - objektiv - rechtswidrige Maßnahme trifft, [X.] handelt, wird vom [X.] durchgängig verneint (st. Rspr. seit dem [X.]surteil vom 21. Mai 1959 - [X.] = NJW 1959, 1629 f; siehe auch [X.], BGB [Neubearbeitung 2007] § 839 Rn. 66 m.w.N.). Das geltende Recht bindet den Amtsträger grundsätzlich auch dann an die Weisung seines Vorgesetzten, wenn die Verwirklichung dieses Befehls eine Außenpflicht des Staates verletzt, ausgenommen den - hier evident nicht vorlie-genden - Fall, dass die Ausführung erkennbar den Strafgesetzen zuwiderlaufen würde. Befolgt der Angewiesene die ihn bindende Anordnung, so verletzt er seine Amtspflichten nicht. Mit der Weisung geht ein Stück Zuständigkeit und ein Teil von Amtspflichten, die generell bei einem bestimmten Beamten liegen, auf die anweisende Behörde - und für die Anwendbarkeit des § 839 BGB - auf ei-nen Beamten dieser Behörde über. Deswegen liegt insoweit auch keine Amts-hilfe vor (§ 4 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG). Diese Entlastung des angewiesenen [X.] ist keine Frage fehlenden Verschuldens, sondern eine solche der objektiven Haftungszurechnung ([X.]surteil aaO). Dementsprechend haftet dem [X.] zum Geschädigten allein die anweisende Behörde ([X.] aaO). 5 - 5 - cc) Die gleichen Grundsätze gelten im Anwendungsbereich der ver-schuldensunabhängigen Polizei- und Ordnungsbehördenhaftung nach § 39 Abs. 1 Buchst. b [X.] NRW ([X.] VersR 1994, 1065 und [X.] 2004, 147, 148; [X.] aaO und Rn. 650). Das [X.] hat sie mit Recht auch auf die verschuldensunabhängige Haftung nach § 1 DDR-StHG übertragen. In der Rechtsprechung des [X.]s ist aner-kannt, dass die zur verschuldensunabhängigen Behördenhaftung nach § 39 Abs. 1 Buchst. b [X.] NRW ergangene Rechtsprechung auch für die Inte-gration des DDR-StHG in das bestehende System der Amts- und Staatshaftung heranzuziehen ist (insbesondere [X.]surteile [X.] 166, 22, 24 f Rn. 9; 142, 259, 273 ff). Dieser Haftungsverlagerung auf die anweisende Behörde steht der im [X.]surteil [X.] 166, 22, 26 Rn. 12 formulierte Grundsatz nicht entgegen, dass es bei der betreffenden behördlichen Maßnahme - hier der Ablehnung des Bauantrages des [X.] durch den Bescheid des Beklagten zu 1 vom 18. August 1998 - nicht auf ein etwa fehlendes Handlungsunrecht, sondern auf das Ergebnis, nämlich den Erlass eines objektiv als rechtswidrig zu beurteilen-den Verwaltungsakts ankommt. Dies wird nämlich durch die Haftungsverlage-rung nicht in Frage gestellt. Es wird lediglich bewirkt, dass der rechtswidrige Erfolg nicht der angewiesenen, sondern der [X.] haftungs-rechtlich zugerechnet wird. 6 [X.]) In rechtsfehlerfreier tatrichterlicher Würdigung hat das Berufungsge-richt festgestellt, dass die in dem "Ergebnisprotokoll" des Beklagten zu 1 vom 30. Juli 1998 (über eine Dienstbesprechung im [X.]) festgehaltene ent-haltene Anordnung, den Vorbescheid zurückzunehmen und den Bauantrag zu versagen, eine "Weisung" dargestellt hat. Dies hat auch der Beklagte zu 2 so gesehen: In seinem Bescheid vom 28. Mai 2001 hat er nämlich die von ihm 7 - 6 - selbst als solche bezeichnete Weisung der obersten Bauaufsichtsbehörde vom 30. Juli 1998 aufgehoben. b) Die Beschwerde des Beklagten zu 2:8 aa) Die Weisung des Beklagten zu 2 war - wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei feststellt - spätestens ab dem angesetzten Stichzeitpunkt (16. September 1998), als durch den Gemeinderatsbeschluss die planungs-rechtlichen Grundlagen für das Krematorium geschaffen worden waren, [X.] geworden. Der [X.] hat die gegenteilige Argumentation des Beklagten zu 2 gewürdigt, hält sie aber nicht für durchgreifend. 9 [X.]) Dementsprechend trifft den Beklagten zu 2 als die anweisende Be-hörde hier die verschuldensunabhängige Haftung § 1 Abs. 1 DDR-StHG. Der hieraus resultierende Schadensersatzanspruch ist - entgegen der Auffassung der Beschwerde - auch nicht verjährt. 10 (1) Zu Recht hat das Berufungsgericht insbesondere angenommen, dass die vom Kläger gegen den sein Baugesuch zurückweisenden Bescheid des [X.] [X.] vom 18. August 1998 ergriffenen verwaltungsrechtlichen und verwaltungsgerichtlichen Rechtsbehelfe des [X.] ([X.] und Untätigkeitsklage) verjährungsunterbrechende Wirkung auch hin-sichtlich des Staatshaftungsanspruchs gegen den Beklagten zu 2 entfaltet ha-ben. Da die Weisung als [X.] nicht selbständig anfechtbar war, stellte die Anfechtung des ablehnenden Bescheides der Bauaufsichtsbehörde für den Kläger die einzige rechtliche Möglichkeit dar, auch im Verhältnis zu der [X.] [X.] in Anspruch zu nehmen. Insoweit lassen sich die Grundsätze, die der [X.] zur Versagung des gemeindlichen 11 - 7 - Einvernehmens nach § 36 BauGB entwickelt hat (vgl. dazu [X.]surteil [X.] 118, 253, 263), auf die hier zu beurteilende Fallkonstellation übertragen. Der Umstand, dass hier - anders als dort - die anweisende Behörde nicht notwendig beizuladen ist (vgl. dazu [X.] in Festschrift [X.] [1996] [X.], 699), stellt keinen entscheidenden Hinderungsgrund gegen die Übertragbarkeit dieser Grundsätze dar. (2) Die Unterbrechung endete mit der schließlichen Erteilung der [X.] am 16. November 2001. Rechtzeitig innerhalb der in § 4 Abs. 1 DDR-StHG festgesetzten Jahresfrist hat der Kläger bei dem Beklagten zu 2 [X.] auf Schadensersatz gestellt und damit eine erneute Unterbrechung der Verjährung nach § 4 Abs. 3 DDR-StHG herbeigeführt. Diese Unterbrechung hat bis zur Klageerhebung angedauert, da der Beklagte zu 2 unstreitig nicht über den Antrag entschieden hat. Von einem Stillstand des Verfahrens, der [X.] (bzw. Hemmung) der Verjährung hätte enden lassen können, kann keine Rede sein, da die Nichtbescheidung des Antrags ausschließlich in den eigenen Verantwortungsbereich des Beklagten zu 2 fiel. 12 - 8 - 3. Der [X.] hat auch die sonstigen verfahrens- und materiell-rechtlichen [X.] beider Parteien geprüft und für nicht durchgreifend erachtet; von einer weiteren Begründung wird abgesehen. 13 [X.] [X.] [X.] [X.] [X.] Vorinstanzen: [X.] (Oder), Entscheidung vom 15.03.2006 - 11 O 471/04 - [X.], Entscheidung vom 17.07.2007 - 2 U 26/06 -

Meta

III ZR 216/07

11.12.2008

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.12.2008, Az. III ZR 216/07 (REWIS RS 2008, 275)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 275

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