28. Senat | REWIS RS 2011, 4161
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Markenbeschwerdeverfahren – "Syltsilber" – kein Freihaltungsbedürfnis – Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2009 039 787.2
hat der 28. Senat ([X.]) des [X.] in der Sitzung vom 5. August 2011 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin [X.], der Richterin [X.] und des Richters Schell
beschlossen:
Auf die Beschwerde werden die Beschlüsse des [X.], Markenstelle für Klasse 14, vom 15. Oktober 2009 und vom 25. Februar 2010 aufgehoben.
I.
Angemeldet zur Eintragung in das Markenregister ist die Wortmarke
[X.]silber.
Mit der Anmeldung wurde ursprünglich die Eintragung der Marke für die nachfolgenden Waren der Klassen 14 und 16
„Schmuckwaren, Juwelierwaren, Fantasiewaren und deren Herstellung; Briefbeschwerer“
beantragt.
Die Markenstelle für Klasse 14 des [X.] hat die Anmeldung mit zwei Beschlüssen zurückgewiesen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist. Zur Begründung wurde ausgeführt, der angemeldeten Marke fehle in Bezug auf die beanspruchten Waren jegliche Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]. Sie werde aufgrund ihres sachbezogenen Aussagegehalts von den angesprochenen Verkehrskreisen nur als bloße Beschaffenheits- und Bestimmungsangabe aufgefasst, nicht jedoch als betrieblicher Herkunftshinweis.
Hiergegen hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt und zur Begründung vorgetragen, es gebe keinerlei Silbervorkommen auf [X.] und auch unter anderen Gesichtspunkten sei das [X.] als beschreibende Sachangabe zu ungenau. Bei der [X.] handle es sich um einen reinen Phantasiebegriff, der lediglich einen unklaren und vagen Eindruck vermittle. Es sei unzulässig, das [X.] analysierend in seine Bestandteile zu zerlegen, um dann [X.] als reine Ortsangabe und den Begriff „Silber“ als Synonym für Silberschmuckstücke zu interpretieren.
Nach einem Zwischenbescheid des Senats wurde das mit der Anmeldung beanspruchte [X.] auf „Phantasiewaren, nämlich Flaschenöffner soweit in Klasse 14 enthalten; Briefbeschwerer“ eingeschränkt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet. Nach der Einschränkung des [X.]ses stehen der angemeldeten Marke keine absoluten Schutzhindernisse mehr entgegen.
Bekanntermaßen existieren auf [X.] weder Silbervorkommen noch besitzt die Insel eine eigenständige Silberwarenindustrie bzw. eine „inseltypische“ Form der Silberbearbeitung. Der Wortbestandteil „Silber“ ist zwar in der Schmuckherstellung als schlagwortartiges Synonym für Silberschmuckwaren gebräuchlich, hiervon werden die nun noch verfahrensgegenständlichen Waren aber erkennbar nicht erfasst. Mangels Eignung zur unmittelbaren Beschreibung der beanspruchten Waren kann ein schutzwürdiges Allgemeininteresse an der freien Verwendung der [X.] i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] somit nicht bejaht werden.
Für eine Verneinung der Unterscheidungskraft fehlt es ebenfalls an entsprechenden Feststellungen, zumal jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft ausreicht, um das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] zu überwinden. Für die fraglichen Waren weist die [X.] weder eine unmittelbare Sachaussage auf noch handelt es sich bei ihr um einen gebräuchlichen Begriff der [X.], der vom Verkehr stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird. Durch das [X.] wird auch kein enger beschreibender Bezug zu diesen Waren hergestellt, der es rechtfertigen würde, ihr aus diesem Grund die erforderliche Unterscheidungskraft abzusprechen (vgl. hierzu [X.], [X.], 1100 Rdn. 23 – [X.]!, m. w. N.). Selbst wenn man die Marke im Sinne einer werbemäßigen Anpreisung der beanspruchten Waren über Assoziationen an helle, silberne Meeresfarben ansehen wollte, wie sie typisch für [X.] und damit geeignet sind, beim Publikum Erinnerungen oder positiv besetzte Vorstellungen an die allgemein beliebte [X.] zu wecken, könnte dieser Gesichtspunkt die Eignung des [X.]es zur Ausübung der Herkunftsfunktion gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] nicht in Frage stellen (vgl. hierzu [X.], [X.], 1150 – [X.]). Dies gilt unabhängig davon, ob die Originalität der Aussage als besonders hoch anzusehen ist oder nicht, da dieser Aspekt bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft keine Rolle spielen darf. Maßgeblich ist nur, ob die Wortmarke (auch) als [X.] Hinweis wahrgenommen werden kann (vgl. [X.], [X.], 228, Rdn. 41, 45 – Vorsprung durch Technik; [X.], [X.], 949, Rdn. 12 – [X.]), was im vorliegenden Fall zu bejahen ist. Soweit die Markenstelle angenommen hat, die Marke könne vom Publikum als produktbezogener Hinweis darauf verstanden werden, dass es sich bei den fraglichen Waren um in den bekannten Konturen der Insel gehaltene, silberne Produkte handle, ergibt sich eine solche Interpretation nur über mehrere, zielgerichtete Gedankenschritte. Solche analysierenden Interpretationen dürfen der Schutzfähigkeitsprüfung aber nicht zugrunde gelegt werden. Vielmehr ist aus den dargelegten Gründen davon auszugehen, dass die Verbraucher in dem [X.] „[X.]silber“ allenfalls eine phantasievolle Andeutung möglicher Produktbezüge sehen werden.
Unter Berücksichtigung des Eintragungsanspruchs der Anmelderin nach § 33 Abs. 2 [X.] waren die angefochtenen Beschlüsse daher aufzuheben.
Meta
05.08.2011
Beschluss
Sachgebiet: W (pat)
Zitiervorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 05.08.2011, Az. 28 W (pat) 72/10 (REWIS RS 2011, 4161)
Papierfundstellen: REWIS RS 2011, 4161
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