Bundespatentgericht, Beschluss vom 26.10.2011, Az. 28 W (pat) 522/11

28. Senat | REWIS RS 2011, 1964

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "ecoaction" – Freihaltungsbedürfnis – keine Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2010 001 129.7

hat der 28. Senat ([X.]) des [X.] am 26. Oktober 2011 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin [X.], der Richterin [X.] sowie des Richters Schell

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Angemeldet zur Eintragung in das Markenregister ist die Wortmarke

2

ecoaction

3

als Kennzeichnung für die nachfolgend aufgeführten Waren und Dienstleistungen der Klassen 3, 5, 10 und 35

4

„Wasch- und Bleichmittel; Putz-, Polier-, Fettentfernungs- und Schleifmittel; Seifen; Parfümeriewaren, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Massageöle; [X.]; [X.]; [X.];

5

pharmazeutische und veterinärmedizinische Präparate für die Hautpflege und die Gesundheitspflege; Salben und Cremes für pharmazeutische Zwecke und für die Gesundheitspflege, insbesondere zur Anwendung im Sexualbereich; Massageöle;

6

Hygieneartikel, insbesondere Präservative; Massagegeräte, insbesondere Vibromassagegeräte; Stimulationsartikel; Kondome;

7

Einzelhandels- und Großhandelsdienstleistungen mit Wasch- und Bleichmittel, Putz-, Polier-, Fettentfernungs- und Schleifmittel, Seifen, Parfümeriewaren, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Massageöle, [X.], [X.], [X.], pharmazeutische und veterinärmedizinische Präparate für die Hautpflege und die Gesundheitspflege, Salben und Cremes für pharmazeutische Zwecke und für Massageöle, Hygieneartikel, insbesondere Präservative, Massagegeräte, insbesondere Vibromassagegeräte, Stimulationsartikel, Kondome;

8

Werbung, Marketing, Marktforschung, Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten“.

9

Die Markenstelle für Klasse 10 des [X.] hat die Anmeldung mit Beschluss vom 2. Februar 2011 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde u. a. ausgeführt, bei der angemeldeten Marke handle es sich um eine sprachüblich gebildete Wortkombination, die vom angesprochenen Publikum ohne weiteres im Sinne von „ökologische Wirkung, ökologische Aktivitäten“ verstanden werde. In dieser Bedeutung besitze die angemeldete Marke als Hinweis auf ein Warenangebot, das ökologischen und ökonomischen Aspekten gerecht werde bzw. auf Dienstleistungen im Sinne von „ökologische, ökonomische Aktivitäten“ einen unmittelbar beschreibenden Charakter. Aus diesem Grund werde der Verkehr die Marke lediglich als Sachhinweis auffassen und ihr keine Herkunftsfunktion beimessen, so dass der Marke bereits die erforderliche Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] fehle. Mit dem Zurückweisungsbeschluss hat die Markenstelle der Anmelderin verschiedene Artikel übermittelt, u. a. zu „[X.]“, „ökologischen Massageölen“, „umweltfreundlichen Arzneimitteln“, „Öko-Gleitgelen“ und „Öko-Kondomen“.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Zur Begründung trägt sie vor, das Markenwort sei im [X.] Sprachgebrauch ungebräuchlich und dem inländischen Verkehr somit nicht ohne weiteres bekannt. Dass der Wortbestandteil „eco“ eine abgeleitete Abkürzung der Begriffe „economic“ bzw. „ecologic“ darstelle, werde das angesprochene Publikum mangels ausreichender [X.]kenntnisse nicht erkennen. Selbst wenn das fragliche Wortelement aber mit den Bedeutungsgehalten „ökonomisch“ bzw. „ökologisch“ verstanden werden könne, belege das noch nicht einen beschreibenden Bedeutungsgehalt des Gesamtbegriffs „ecoaction“. Der Bestandteil „action“ sei mehrdeutig und könne deshalb etwa auch im Sinne von „der Ablauf, das Handeln, die Bewegung“ übersetzt werden. Dies mache deutlich, dass die Anmeldemarke ein Fantasiewort darstelle, das in seiner Gesamtheit keinen unmittelbar beschreibenden Aussagegehalt aufweise. Das Markenwort ermögliche somit keinerlei Rückschlüsse auf konkrete Eigenschaften der verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen, so dass ihm keine absoluten Schutzhindernisse entgegengehalten werden könnten.

Die Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,

den angefochtenen Beschluss des [X.], Markenstelle für Klasse 10, vom 2. Februar 2011 aufzuheben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

Die nach den §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 [X.] zulässige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Die Entscheidung konnte im vorliegenden Fall ohne mündliche Verhandlung ergehen, da die Anmelderin keinen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt hat und ein solcher Termin auch nach Wertung des Senats nicht sachdienlich war.

Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] sind alle Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die dazu dienen können, im Verkehr relevante Produktmerkmale zu beschreiben (vgl. [X.] GRUR 2004, 680, 681, [X.]. 35, 36 - [X.]; [X.], 211, 212 - [X.]). Dies gilt sowohl für Begriffe, die bereits lexikalisch belegbar sind, als auch für [X.] mit einem derart unzweideutigen Aussagegehalt, dass sie zur Produktbeschreibung dienen können. Bei fremdsprachigen Begriffen ist ein Freihaltebedürfnis allerdings nur dann zu bejahen, wenn davon auszugehen ist, dass ihre beschreibende Bedeutung von den angesprochenen, inländischen Verkehrskreisen auch erkannt werden kann (vgl. [X.] GRUR 2006, 411, 413, [X.]. 26 - Matratzen Concord/Hukla).

Bei der Wortkombination „ecoaction“ handelt es sich um keinen lexikalisch nachweisbaren Begriff. Dieser Umstand sagt für sich genommen allerdings noch nichts darüber aus, ob das Markenwort auch als schutzfähiger Gesamtbegriff zu werten ist, wie dies die Anmelderin geltend gemacht hat. Die Anmeldemarke ist in sprachüblicher Weise aus den beiden [X.] Wörter „eco“ und „action“ gebildet, die beide seit langem Eingang in den [X.] Sprachgebrauch gefunden haben. Der konkreten Kombination der beiden Markenbestandteile lässt sich in ihrer Gesamtheit vor allem die Aussage „ökologisches Handeln“ zuordnen (vgl. hierzu Duden-Oxford - Großwörterbuch [X.]. 3. Aufl. [X.] 2005 [CD-ROM] - Stichworte: „1) eco = [X.]“; „2) action = das Handeln, die Tat, die Handlung“). Dieser Bedeutungsgehalt ist für den inländischen Verkehr auch unmittelbar verständlich, zumal der hier ebenfalls zu berücksichtigende, mit den fraglichen Waren befasste Handel über besonders qualifizierte Sprachkenntnisse verfügt (vgl. [X.] GRUR 2006, 411 ff., [X.]. 24 - Matratzen Concord/Hukla).

Mit dem genannten Aussagegehalt „ökologisches Handeln“ ist das Markenwort geeignet, schlagwortartig darauf hinzuweisen, dass die beanspruchten Waren und damit deren Kauf einem umweltbewussten Handeln entsprechen. Der Vortrag der Anmelderin, es fehle in jedem Fall an einem hinreichend konkreten Produktbezug des [X.], vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen, weil das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] nicht nur Angaben erfasst, die detaillierte und abschließende Produktinformationen beinhalten. Maßgeblich ist insoweit vielmehr der Gesichtspunkt, ob eine Angabe geeignet ist, zur Beschreibung eines wesentlichen Produktmerkmals dienen zu können. Dies ist vorliegend zu bejahen, da es sich bei dem Hinweis auf „ökologisches Handeln“ im Zusammenhang mit den fraglichen Waren und Dienstleistungen um eine wesentliche Information für die Verbraucher handelt. Dass sich die Vorstellungen der Verbraucher über das, was ein ökologisch verträgliches Handeln letztlich ausmacht, häufig individuell unterscheiden werden, steht dem nicht entgegen. Gerade in den letzten Jahren ist das Thema „Ökologisches Handeln“ durch eine Vielzahl von in der Öffentlichkeit geführten Debatten in den Blickpunkt der allgemeinen Wahrnehmung gerückt, nicht zuletzt die Tatsache, dass dem privaten Alltagshandeln und dabei auch dem individuellen Kaufverhalten eine erhebliche Bedeutung für den Umweltschutz zukommt. Dies hat generell zu einer größeren Sensibilisierung für Umwelt- und Naturschutzfragen und in einem gewissen Umfang auch zur verstärkten Reflexion von Verbrauchern und Unternehmen über die Folgen des eigenen Verhaltens geführt. Für einen erheblichen Teil der mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen angesprochenen Fach- und Endverbraucherkreise stellt deshalb ein (möglichst) ökologisches, sprich umweltgerechtes „Alltagshandeln“ einen relevanten Wert dar. Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass sich die Aussage „ecoaction“, als ein - wenn auch allgemein gehaltener - Hinweis auf Produkte erweist, die einem ökologischen Handeln entsprechen. Damit benennt das Markenwort ein verkehrswesentliches Merkmal i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.]. Hinsichtlich der beanspruchten Dienstleistungen ist die Anmeldemarke geeignet, einen sachbezogenen Hinweis auf deren spezifische Ausrichtung bzw. auf ihren Einsatzweck zu vermitteln. Bei sämtlichen Dienstleistungen kann der Aspekt des ökologischen Handelns im Vordergrund stehen. So können Werbe-, Marktforschungs- und Marketingleistungen schwerpunktmäßig auf diesen Gesichtspunkt ausgerichtet sein, nicht zuletzt zur Verbesserung der [X.] der Kundenprodukte. Entsprechendes gilt für Beratungsleistungen zu einem umweltgerechten Betrieb von Unternehmen, wie bspw. zu umweltorientierten Lösungen, zur ökoeffizienten Produktentwicklung oder zu ressourcenschonenden Produktionsabläufen, aber auch für Verwaltungs- und Büroaufgaben, die auf die Einhaltung von Umweltnormen sowie die Durchführung der insoweit erforderlichen Dokumentationsaufgaben ausgerichtet sein können. Das angemeldete Markenwort ist somit als unzweideutiger Sachhinweis auf die Beschaffenheit der beanspruchten Waren bzw. auf die Ausrichtung und den [X.] der beanspruchten Dienstleistungen zu werten.

Die Mehrdeutigkeit der beiden Wortbestandteile „eco“ und „action“ und die sich daraus ergebende Mehrdeutigkeit der Anmeldemarke ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung kein schutzbegründender Gesichtspunkt. Denn das Markenwort bezeichnet zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der infrage stehenden Waren und Dienstleistungen und ist damit von der Eintragung ausgeschlossen, unabhängig davon, ob es aktuell auch bereits gebräuchlich ist oder nicht (vgl. [X.] WRP 2011, 550, [X.]. 40 - 1000; [X.], 1151, 1152 - marktfrisch). Als sprachübliche Aneinanderreihung zweier beschreibender Wortelemente, aus der sich eine ebenfalls beschreibende Gesamtbezeichnung ergibt, steht der Eintragung der angemeldeten Marke ein schutzwürdiges Interesse der Mitbewerber an ihrer freien Verwendbarkeit entgegen (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.]).

Als Wortmarke, die Produktmerkmale i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] beschreibt, fehlt dem Markenwort zudem die erforderliche Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]. Zwar unterscheidet sich die Rechtsprechung des [X.] und des [X.] von der des [X.] insoweit, als [X.] und [X.] hervorheben, beschreibenden Angaben und Zeichen fehle „zwangsläufig“ die Unterscheidungskraft (vgl. [X.] GRUR 2004, 680 ff., [X.]. 19 - [X.]; sowie Hacker, Markenrecht, 2. Aufl., 2011, [X.]. 133 m. w. N.), während der [X.] davon spricht, dass solchen Angaben „regelmäßig“ auch die erforderliche Unterscheidungskraft abzusprechen sei (vgl. etwa [X.] GRUR 2005, 417, 418 - [X.]; [X.], 1151, 1152 - marktfrisch). Für den vorliegenden Fall ergeben sich hieraus jedoch keine unterschiedlichen Wertungen. Aufgrund seines beschreibenden Aussagegehalts werden die angesprochenen Verbraucher das Markenwort nur als produktbezogene Sachangabe werten und ihm nicht - zumindest auch - einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft der fraglichen Waren und Dienstleistungen entnehmen. Damit widerspricht es aber dem im Zusammenhang mit § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] zu berücksichtigenden Allgemeininteresse, das fragliche Zeichen zugunsten eines Anmelders zu monopolisieren und der Nutzung durch die Allgemeinheit dauerhaft zu entziehen (vgl. [X.] GRUR 2008, 608, 610, [X.]. 59 - [X.]; [X.] GRUR 2008, 710, [X.]. 12 - VISAGE).

Die Beschwerde war somit zurückzuweisen.

Meta

28 W (pat) 522/11

26.10.2011

Bundespatentgericht 28. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 26.10.2011, Az. 28 W (pat) 522/11 (REWIS RS 2011, 1964)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 1964

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