Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.04.2015, Az. IX ZR 196/13

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 11761

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZR 196/13

vom

30. April 2015

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 135 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2
Die Insolvenzanfechtung der Rückgewähr eines [X.]erdarlehens binnen ei-nes Jahres vor
Stellung eines Insolvenzantrags setzt keine Krise der [X.] voraus. Entsprechendes gilt für die Rückgewähr eines durch den [X.]er [X.] Kredits.
[X.], Beschluss vom 30. April 2015 -
IX ZR 196/13 -
OLG [X.]

LG [X.] I

-
2
-

Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat durch [X.]
Dr.
Kayser,
den Richter [X.],
die Richterin [X.], den
Richter Grupp und die Richterin Möhring

am 30.
April 2015
beschlossen:

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 5.
Zivilsenats des Oberlandesgerichts [X.] vom 13.
August 2013 wird auf Kosten des Beklagten in einem Umfang von 1.000

zurückgewiesen.

Der Wert des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde wird
auf 127.402,51

Gründe:

1.
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist statthaft (§
544 Abs.
1 Satz
1 ZPO), aber nur in einem Umfang von 126.402,51

544 Abs.
1 Satz
2, Abs.
2 ZPO). Im Hinblick auf die Auszahlung an den Beklagten am
22.
November 2010 in Höhe von 1.000

vom
Kläger als unentgeltliche Leistung nach §
134 Abs.
1 [X.] angefochten worden ist, hat der Beklagte ent-gegen §
544 Abs.
2 Satz
3 ZPO einen Zulassungsgrund nicht dargelegt. Die geltend gemachten Zulassungsgründe betreffen allein die Anfechtungen nach §
135 Abs.
1 Nr.
2 und Abs.
2 [X.]. Betrifft die angefochtene Entscheidung wie 1
-
3
-
vorliegend mehrere prozessuale Ansprüche, so ist für jeden Anspruch eine den Anforderungen des §
544 Abs.
2 Satz
2 ZPO genügende Begründung erforder-lich. Solcher im Einzelnen differenzierender Beanstandungen bedarf es [X.] dann, wenn das Berufungsgericht die erhobenen Ansprüche aus jeweils unterschiedlichen tatsächlichen oder rechtlichen Gründen für begründet erach-tet (vgl. für die Berufungsbegründung [X.], Urteil vom 14.
Juni 2012 -
IX
ZR 150/11, WM
2012, 1454 Rn.
10).

2.
Die Nichtzulassungsbeschwerde hat
im Übrigen
keinen Erfolg. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbil-dung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§
543 Abs.
2 Satz
1 ZPO).

a)
Das Berufungsgericht hat es im Einklang mit der Rechtsprechung des [X.]
als
für unerheblich angesehen, dass der Beklagte vor der letzten Zahlung der Schuldnerin an ihn am 3.
Februar 2011 in Höhe von 2.000

zur Rückführung des von ihm als Alleingesellschafter der Schuldnerin gewähr-ten Kredits seine [X.]sbeteiligungen an einen Dritten übertragen hatte. Der für ein [X.]erdarlehen durch §
39 Abs.
1 Nr.
5 [X.] angeordnete Nachrang kann nicht ohne weiteres dadurch unterlaufen werden, dass der Ge-sellschafter als Darlehensgeber seine Beteiligung an der [X.] ([X.], Urteil vom 21.
Februar 2013 -
IX
ZR 32/12, [X.]Z
196, 220 Rn.
24). [X.] wäre in Fällen einer Übertragung der [X.]erstellung ein zeitlich unbegrenzter Nachrang der Darlehensforderung unangemessen. Deshalb bleibt auf der Grundlage des in §
135 Abs.
1 Nr.
2 [X.] zum Ausdruck kommenden Rechtsgedankens der Nachrang für ein [X.]erdarlehen nur erhalten, wenn der [X.]er
seine [X.]erposition
innerhalb der Jahresfrist vor Antragstellung aufgibt ([X.], Urteil vom 21.
Februar 2013, aaO Rn.
25). Mit 2
3
-
4
-
dem Nachrang ist folgerichtig die Anfechtbarkeit nach §
135 Abs.
1 Nr.
2 [X.] verbunden ([X.], Urteil vom 21.
Februar 2013, aaO Rn.
27). Auf die weiteren von der Nichtzulassungsbeschwerde in diesem Zusammenhang aufgeworfenen Rechtsfragen kommt es nicht an, weil es sich insoweit um eine alternative Be-gründung handelt ([X.], Beschluss vom 11.
Oktober 2007 -
II
ZR 250/06, [X.]; vom 5.
September 2012 -
VII
ZB 25/12, NJW
2012, 3516 Rn.
11).

b)
Soweit das Berufungsgericht den Beklagten nach §
135 Abs.
2 [X.] zur Zahlung von 107.902,51

vor Insolvenzantragstellung einen Kontokorrentkredit zurückgeführt hat, für den sich der Beklagte als Alleingesellschafter verbürgt hatte, und nach §
135 Abs.
1 Nr.
2 [X.]
zur Zahlung von
weiteren
18.500

Höhe im letzten Jahr vor Stellung des Insolvenzantrags einen [X.]er-kredit an den Beklagten zurückgeführt hat, berührt das keine Grundsatzfrage. Hierbei kann zugunsten des Beklagten unterstellt werden, dass die Schuldnerin zum Zeitpunkt der Zahlungen sich noch nicht in der Krise befunden hat. Denn die dem Senat vorgelegte Grundsatzfrage, ob ein [X.]er nach §
135 [X.] auch haftet, wenn die Rückzahlungen vor der Krise der [X.] sind, ist bereits höchstrichterlich entschieden.

aa)
Nach den eindeutigen gesetzlichen Vorgaben der §
39 Abs.
1 Nr.
5, §
135 Abs.
1 und 2 [X.] kommt es auf die Krise der [X.] nicht mehr an. Der Gesetzgeber hat mit §
39 Abs.
1 Nr.
5 [X.] in der Fassung von Art.
9 Nr.
5 des [X.] ([X.]) vom 23.
Oktober 2008 ([X.]
I S.
2026) bewusst auf das Merkmal der Kapitalersetzung
verzichtet (vgl.
Begründung zum [X.]. 16/6140 S.
42). Die Neuregelung
verweist jedes Ge-sellschafterdarlehen bei Eintritt der [X.]sinsolvenz in den Nachrang 4
5
-
5
-
(Begründung zum Regierungsentwurf BT-Drucks. 16/6140 S.
26, 56). Dasselbe gilt nach Maßgabe von Art.
9 Nr.
8 [X.] für die Neufassung von §
135 [X.]. Rückzahlungen auf [X.]erdarlehen sind innerhalb der Jahresfrist des §
135 Abs.
1 Nr.
2 [X.] nF stets anfechtbar (BT-Drucks. 16/6140 S.
57). Die Anfechtung beschränkt sich nicht mehr auf solche Fälle, in denen zurückgezahl-te [X.]erdarlehen eigenkapitalersetzend waren und die Befriedigung der [X.]er ihrer Finanzierungsfolge[X.]erantwortung widersprach. Dieses Gesetzesverständnis ist eindeutig und -
soweit ersichtlich
-
auch unumstritten ([X.], Urteil vom 7.
März 2013 -
IX
ZR
7/12, ZIP
2013, 734 Rn.
14 mwN; vom 4.
Juli 2013 -
IX
ZR 229/12, [X.]Z
198, 77 Rn.
29). In Konsequenz dieser Än-derung wird durch eine Verschärfung des §
135 Abs.
1 Nr.
2 [X.] die Rückge-währ jedes [X.]erdarlehens durch die [X.] binnen eines Jahres vor Insolvenzantragstellung von der Insolvenzanfechtung erfasst, ohne dass das bisherige Erfordernis einer "[X.]skrise"
hinzutreten muss ([X.], Urteil vom 21.
Februar 2013 -
IX
ZR 32/12, [X.]Z
196, 220 Rn.
10; vgl.
[X.], Beschluss vom 15.
November 2011 -
II
ZR 6/11, [X.], 682 Rn.
15; [X.], Urteil vom 27.
März 2014 -
6
AZR 204/12, NZI
2014, 619 Rn.
22).

Dem kann die Nichtzulassungsbeschwerde nicht entgegenhalten, dass der Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung ebenfalls ausgeführt habe, der
darlehensgewährende [X.]er werde nicht schlechter gestellt ([X.] zum Regierungsentwurf BT-Drucks. 16/6140 S.
56) und in §
135 Abs.
2 [X.] werde die bisher in § 32b GmbHG enthaltene Regelung in [X.] Form übernommen (Begründung zum Regierungsentwurf BT-Drucks. 16/6140 S.
57). Dieser Teil der
Gesetzesmaterialien liefert keinen durchgreifen-den Hinweis darauf, dass der Gesetzgeber eine Haftung des [X.]ers im Umfang der Rückzahlungen innerhalb der Jahresfrist weiterhin an die
wirt-schaftliche
Situation der [X.]
habe knüpfen wollen. Dagegen sprechen 6
-
6
-
der eindeutige Gesetzeswortlaut, aber auch die Ausführungen in der Gesetzes-begründung, es gebe künftig keine Unterscheidung zwischen "kapitalersetzen-den"
und "normalen"
[X.]erdarlehen (Begründung zum [X.]. 16/6140 S.
26) und das Merkmal der Krise sei durchgängig aufgegeben worden (Begründung zum Regierungsentwurf BT-Drucks. 16/6140 S.
57).

bb)
Weder für eine teleologische Reduktion des §
135 [X.] in dem [X.], dass dem [X.]er der [X.] ermöglicht wird, zum Zeit-punkt der Rückführung des Darlehens habe noch kein Insolvenzgrund vorgele-gen, noch für eine analoge Anwendung des §
136 Abs.
2 [X.] bleibt im Hinblick auf das Gesamtkonzept der neuen Regelungen Raum (vgl. [X.]/[X.], NZG
2009, 325, 327). Der Gesetzgeber wollte mit der Neuregelung die [X.] erheblich einfacher und übersichtlicher gestalten und dadurch zu einer größeren Rechtssicherheit und einfacheren Handhabbarkeit der Eigenkapi-talgrundsätze gelangen. Er hat dabei unter Abwägung der Interessen sowohl der Insolvenzgläubiger als auch der [X.]er die Rückzahlung des Ge-sellschafterkredits und eines durch den [X.]er abgesicherten Kredits nicht mehr dem Kapitalerhaltungsrecht unterworfen, sondern dem
durch feste Fristen gekennzeichneten
Insolvenzanfechtungsrecht (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf BT-Drucks. 16/6140 S.
42). Damit hat er zwar einerseits die Haftung der [X.]er in der Insolvenz der [X.] im letzten Jahr vor Insolvenzantragstellung durch Verzicht auf das Merkmal der [X.]skrise verschärft (vgl. [X.], ZIP
2007, 2145, 2146; [X.], GmbHR
2008, 1184, 1186; [X.], Z[X.]
2011, 1379, 1382), andererseits aber auch entschärft, weil Rückzahlungen, die außerhalb der Anfechtungsfrist erfolgen, nicht mehr unter Rückgriff auf §
31 GmbHG erstattet werden müssen (vgl.
[X.], aaO; [X.], aaO). Im Übrigen ist infolge der Beseitigung des [X.]
-
7
-
rechts durch das [X.] der Anspruch des Insolvenzverwalters gegen den Ge-sellschafter auf unentgeltliche Nutzung eines überlassenen Wirtschaftsguts zu ihren Gunsten entfallen ([X.], Urteil vom 29.
Januar 2015
-
IX
ZR 279/13, ZIP
2015, 589 Rn.
38; vgl. [X.], aaO; [X.]/[X.], NZG
2009, 325, 328).

[X.]) Weder das Gesetz noch die sich am Gesetzeswortlaut und den Inten-tionen des Gesetzgebers orientierende Auslegung des §
135 [X.] verstößt ge-gen Art.
14 Abs.
1 Satz
1 GG.
Die Nichtzulassungsbeschwerdebegründung nennt keine Stimme,
die verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Neurege-lungen des [X.] äußert. In der in Bezug genommenen Berufungsbegründung hat der Beklagte zwar eine Literaturstelle zitiert. Diese aber betraf nicht §
135
[X.], sondern §
131 Abs.
1 Nr.
1 [X.] (Klinck, Die Grundlagen der besonderen Insolvenzanfechtung, S.
261
ff).
Der Senat wendet die Bestimmung des §
135 [X.] in ständiger Rechtsprechung an.

Ziel des Gesetzgebers
war es, durch eine Vereinfachung der Rechtslage und durch Schaffung typisierender
Regelungen mehr Rechtssicherheit zu errei-chen. Dabei hat er unter verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Abwä-gung der Interessen der Gläubiger
und der [X.]er einerseits die Haf-tung der [X.]er in der Insolvenz der [X.] im letzten Jahr vor Insolvenzantragstellung durch Verzicht auf das Merkmal der [X.]skrise verschärft, andererseits den Gläubigerschutz
durch die Jahresfrist
einge-schränkt. Jede typisierende Regelung kann zwar im
Einzelfall zu Härten führen; dies wird jedoch ausgeglichen durch den Gewinn an Rechtssicherheit infolge des Verzichts auf die unnötig komplizierte Rechtsregeln des Kapitalersatzrechts ([X.], ZIP
2007, 2145, 2146; [X.], NJW
2008, 3601, 3602
f), die in 8
9
-
8
-
der Literatur teilweise als "ständig fortschreitender Wildwuchs"
beschrieben wurden ([X.], aaO,
3602).

dd) Der behauptete Verstoß gegen Art.
3 Abs.
1 GG
liegt fern.

c)
Von einer weiteren Begründung wird gemäß §
544 Abs.
4 Satz
2 Halbs.
2 ZPO abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraus-setzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist.

Kayser
[X.]
[X.]

Grupp
Möhring

Vorinstanzen:
LG [X.] I, Entscheidung vom 13.12.2012 -
3 O 11318/12 -

OLG [X.], Entscheidung vom 13.08.2013 -
5 [X.] -

10
11

Meta

IX ZR 196/13

30.04.2015

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.04.2015, Az. IX ZR 196/13 (REWIS RS 2015, 11761)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 11761

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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