Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.04.2012, Az. 3 StR 131/12

3. Strafsenat | REWIS RS 2012, 7265

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 131/12
vom
17. April 2012
in der Strafsache
gegen

wegen
Handeltreibens mit Betäubungsmitteln
u.a.

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Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Generalbundesanwalts
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zu 2. auf dessen Antrag -
am 17.
April 2012 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 8. Dezember 2011, soweit es ihn betrifft,

a) im Schuldspruch dahin abgeändert und neu gefasst, dass der Angeklagte schuldig ist

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des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und mit Erwerb von Betäubungsmit-teln,

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des Handeltreibens
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Erwerb von Betäubungsmitteln in 5 Fällen,

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des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Erwerb von Betäubungsmitteln in 18 Fällen,

b) aufgehoben in den Aussprüchen über die Einzelstrafen in den [X.], 119, 121, 123, 125, 127, 129, 130, 131 und 137 der Urteilsgründe sowie im [X.]; die zugehöri-gen Feststellungen bleiben aufrechterhalten.

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Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.]s zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten -
unter Freisprechung im Übrigen -
wegen

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Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in [X.] mit Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und mit Er-werb von Betäubungsmitteln in drei Fällen (Fälle 138, 139, 141 der Urteilsgrün-de),

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Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in [X.] mit Erwerb von Betäubungsmitteln in zwölf Fällen (Fälle 119, 121, 123, 125, 127, 129, 130, 131, 135, 136, 137, 140 der Urteilsgründe),

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Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit "gewerbsmäßigem" Handeltreiben mit Betäubungsmitteln (Fall 118 der Ur-teilsgründe),

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"gewerbsmäßigen" Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tatein-heit mit Erwerb von Betäubungsmitteln in acht Fällen (Fälle 97, 103, 114, 115, 116, 117, 132, 134 der Urteilsgründe)
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zu der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sieben Monaten verurteilt und zu seinen Lasten 11g-ten rügt die Verletzung materiellen Rechts und beanstandet das Verfahren. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge den aus der [X.] ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

1. Die Schuldsprüche wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Erwerb von Betäubungsmitteln (§ 29a Abs. 1 Nr. 2, § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG) in den [X.], 121, 123, 125, 127,
129, 130, 131 und 137 der Urteilsgründe haben keinen Bestand; der [X.] ist insoweit jeweils lediglich des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Erwerb von Betäubungsmitteln (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG) schuldig.

a) Der Angeklagte und der Mitangeklagte bezogen von einem Verkäufer in [X.] in "Einkaufsgemeinschaft"
Betäubungsmittel, die sie teils selbst konsumierten, teils weiterveräußerten. In den genannten neun Fällen erwarb
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wovon der Senat nach den Feststellungen ausgeht -
der Mitangeklagte auf diese Weise jeweils 200 g Amphetamin, Wirkstoffgehalt 7,3 % Amphetamin-base, das er in seine Wohnung verbrachte und dort hälftig mit dem Angeklag-ten teilte. [X.] Absicht entsprechend verwendeten beide jeweils 10 g ihres Anteils für den Eigenkonsum, 90 g hieraus veräußerten sie -
jeder für
sich -
gewinnbringend weiter. In zwei der Fälle (Fälle 130 und 131 der Urteils-gründe) beschaffte der Mitangeklagte für den Angeklagten zudem jeweils 5 g Kokain, Wirkstoffgehalt 45 % [X.], wovon dieser wie geplant jeweils 2 g selbst konsumierte und 3 g gewinnbringend veräußerte.

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Damit erreichte die vom Angeklagten zum gewinnbringenden Verkauf bestimmte Betäubungsmittelmenge in keinem der Fälle den Grenzwert der nicht geringen Menge im Sinne
von § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG (10 g [X.]; 5 g [X.]). In den [X.] und 131 der Urteilsgründe gilt dies auch dann, wenn man die [X.] des [X.] und des gleichzeitig bezogenen Kokains kumuliert (hierzu Weber, BtMG, 3. Aufl., § 29a Rn. 127 mwN).

b) Soweit das [X.] in diesen Fällen deshalb zu einem Handeltrei-ben des Angeklagten mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gelangt ist, weil es ihm auch die Mengen zugerechnet hat, die der Mitangeklagte jeweils aus seinem eigenen Anteil zur Weiterveräußerung bestimmt hatte, hält dies revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand. Allein der Umstand, dass sich [X.] durch gemeinsamen Bezug der von ihnen jeweils zum gewinnbringen-den Weiterverkauf bestimmten Betäubungsmittel günstigere Einkaufsbedin-gungen verschaffen, macht diese noch nicht im Sinne des § 25 Abs. 2 StGB zu Mittätern des Handeltreibens des jeweils anderen. Ob ein Beteiligter als Mittäter des anderen handelt, ist vielmehr auch im Betäubungsmittelstrafrecht nach den allgemeinen Grundsätzen zu beantworten. Hierzu bedarf es einer wertenden Betrachtung aller von der Vorstellung des Beteiligten umfassten Umstände; wesentliche Anhaltspunkte für (mit-)täterschaftliches Handeln können das [X.],
der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille hierzu sein. Verschaffen sich die Beteiligten die von ihnen jeweils zur Weiterveräußerung bestimmten Betäubungsmittel in [X.] oder im Wege eines Sammeleinkaufs, gilt nichts anderes ([X.], Beschluss vom 14. August 2002 -
2 StR 249/02, [X.], 90).

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Nach diesen Maßstäben begegnet die Annahme mittäterschaftlichen Handeltreibens des Angeklagten und des Mitangeklagten durchgreifenden rechtlichen Bedenken; denn es
mangelt an jeglichen Anhaltspunkten dafür, dass der Angeklagte auf die Gestaltung der vom Mitangeklagten hinsichtlich seines Anteils in Aussicht genommenen Umsatzgeschäfte Einfluss hätte [X.] können oder an deren Gelingen überhaupt eigenes Interesse gehabt [X.]. Überdies ist, was den Angeklagten betrifft, hinsichtlich der vom Mitangeklag-ten beabsichtigten Umsatzgeschäfte auch das für [X.] bestimmende Merkmal der Eigennützigkeit nicht zu erkennen. [X.] Handeln setzt ein Anstreben von Vorteilen voraus, die sich aus dem [X.] selbst ergeben; nicht in diesem Sinne umsatzbezogen ist ein Vor-teil, der dem Täter aus einem anderen Umstand, namentlich dem Erwerb, er-wächst (Weber aaO § 29 Rn. 317, 320 mwN). Der vom Angeklagten durch den gemeinsamen Einkauf mit dem Mitangeklagten für sich selbst erstrebte Vorteil erschöpfte sich indes in der günstigeren Gestaltung der Einkaufsbedingungen und damit in Umständen, die seinen eigenen Erwerb betreffen.

Soweit der [X.] in einem Einzelfall (Urteil vom 9. Oktober 2002 -
1 [X.], [X.], 57) mittäterschaftliches Handeltreiben von
Teilnehmern an einem Sammeleinkauf in Bezug auf die insgesamt zur [X.] bestimmte Menge abweichend hiervon damit begründet hat, der Kauf der Gesamtmenge habe im gemeinsamen Interesse aller Beteiligten
gele-gen, ergibt sich im Ergebnis nichts anderes; denn dem lag jedenfalls zugrunde, dass alle Beteiligten Mitbesitzer der gesamten Einkaufsmenge waren. Für [X.] des Angeklagten an der Gesamtmenge besteht hier indes, wie [X.], kein Anhalt.

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2. Keinen Bestand hat darüber hinaus der Schuldspruch wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln (§ 29a Abs. 1 Nr. 2, § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG) im Fall 118 der Urteilsgründe; auch hier ist der Angeklagte lediglich des [X.] mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Erwerb von Betäubungsmitteln (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG) schuldig.

Auf die beschriebene Weise beschafft -
nach den Feststellungen wiede-rum durch den Mitangeklagten -
wurden in diesem Falle 150 g Amphetamin, Wirkstoffgehalt 7,3 % Amphetaminbase, von denen der Angeklagte 100 g er-hielt. 10 g hiervon hatte der Angeklagte zum Eigenkonsum bestimmt, 90 g zur gewinnbringenden Weiterveräußerung. Dass er über seinen so verwendeten Anteil hinaus die Verfügungsgewalt über Betäubungsmittel (in nicht geringer Menge) gehabt hätte, hat das [X.]
nicht
festgestellt.

3. Durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnen schließlich die Schuldsprüche (auch) wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in den [X.] und 139 der Urteilsgründe; insoweit ist der Angeklagte jeweils lediglich des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Erwerb von Betäubungsmitteln schuldig.

Der Mitangeklagte besorgte jeweils 200 g Amphetamin, Wirkstoffgehalt 7,3 % Amphetaminbase, und 15 g Kokain, Wirkstoffgehalt 45 % [X.]. Für den Angeklagten bestimmt waren das Kokain und die Hälfte des [X.]. Wie beabsichtigt, veräußerte der Angeklagte aus jeder Lieferung 90 g Amphetamin und 12 g Kokain; den Rest konsumierte er selbst.

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Danach überschreiten zwar die vom Angeklagten zur gewinnbringenden Weiterveräußerung bestimmten Mengen in beiden Fällen bereits in Bezug auf das Kokain den Grenzwert der nicht geringen Menge im Sinne von § 29a Abs.
1 Nr. 2 BtMG. Eine über die jeweils zum Eigengebrauch und zur [X.] bestimmten Mengen hinausgehende Verfügungsgewalt des [X.]n über Betäubungsmittel (in nicht geringer Menge) hat das [X.] indes auch hier nicht festgestellt.

4. Der Senat ändert die Schuldsprüche entsprechend ab. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, da sich der Angeklagte bei zutreffender rechtlicher Bewertung des Tatgeschehens nicht wirksamer hätte verteidigen können.

Die Änderungen der Schuldsprüche führen zur Aufhebung des Urteils in den Aussprüchen über die Einzelstrafen in den [X.], 119, 121, 123, 125, 127, 129, 130, 131 und 137 der Urteilsgründe sowie im Gesamtstrafenaus-spruch. Die jeweils zugehörigen Feststellungen werden von der rechtlich feh-lerhaften Bewertung des Tatgeschehens nicht berührt und können [X.] bleiben.

In den [X.] und 139 der Urteilsgründe schließt der Senat demge-genüber aus, dass das [X.] die Einzelstrafen milder bemessen hätte, wäre es nicht von einem zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht ge-ringer Menge und zum Erwerb von Betäubungsmitteln tateinheitlich
hinzutre-tenden Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge ausgegangen.

5. Die Regelbeispiele des § 29 Abs. 3 BtMG -
wie hier die vom [X.] rechtsfehlerfrei begründete [X.] -
sind keine qualifizieren-den Tatbestände, sondern [X.] und deshalb nicht in die 12
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Urteilsformel aufzunehmen (Senat, Beschlüsse vom 27. April 2004 -
3 [X.]; vom 10. Mai 2005 -
3 [X.]05,
NStZ 2006,
172).

Becker Ri[X.] von [X.] befindet sich

Schäfer

im Urlaub und ist daher gehindert

zu unterschreiben.

Becker

Mayer Menges

Meta

3 StR 131/12

17.04.2012

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.04.2012, Az. 3 StR 131/12 (REWIS RS 2012, 7265)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 7265

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