Bundesgerichtshof, Urteil vom 08.07.2010, Az. VII ZR 171/08

7. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 5028

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Gegenstand

Werkvertrag: Anwendung der fünfjährigen Verjährungsfrist auf vor der Abnahme entstandene Gewährleistungsansprüche


Leitsatz

Die werkvertraglichen Gewährleistungsansprüche des Bestellers unterliegen auch dann der Verjährungsregelung des § 638 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F., wenn sie vor der Abnahme entstanden sind. Die Verjährungsfrist beginnt erst zu laufen, wenn die Abnahme erfolgt oder endgültig verweigert wird (Abänderung von BGH, Urteil vom 30. September 1999, VII ZR 162/97, BauR 2000, 128 = NZBau 2000, 22 = ZfBR 2000, 97) .

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 2. Zivilsenats des [X.] vom 12. August 2008 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin verlangt von dem Beklagten gemäß § 635 BGB a.F. Schadensersatz für die mangelhafte Erbringung von Architektenleistungen.

2

Der Beklagte ist Architekt. Er erhielt von der Klägerin mit Vertrag vom 7. April 1993 den Auftrag, anstelle des zuvor wegen massiver Baumängel gekündigten Architekten die Fertigstellung eines im Rohbau befindlichen Wohnhauses zu planen und zu überwachen. Schon 1994 kam es zwischen den Parteien zu Unstimmigkeiten darüber, ob der Beklagte die ihm im Zusammenhang mit der mangelfreien Fertigstellung des Bauvorhabens übertragenen Leistungen vertragsgerecht erbracht hatte. Bis Ende 1999 forderte die Klägerin ihn mehrfach auf, für die Behebung verschiedener baulicher Mängel und die Abnahme der Ausführungsgewerke zu sorgen. Mit einem am 15. Dezember 1999 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz leitete sie unter anderem gegen den Beklagten ein selbständiges Beweisverfahren ein, dessen Gegenstand sie mit einem am 2. März 2000 eingegangenen Schriftsatz erweiterte. Unter dem 4. März 2001 erstattete der gerichtliche Sachverständige sein Gutachten, das dem Beklagten am 13. März 2001 zugestellt wurde. Danach fanden zwischen den Parteien - unter Einbeziehung der Haftpflichtversicherung des Beklagten - Verhandlungen statt. Die Klage wurde am 8. März 2006 erhoben.

3

Die Klägerin hat im erstinstanzlichen Verfahren mangelbedingten Schadensersatz in Höhe von 21.017,93 € nebst Zinsen beansprucht und darüber hinaus auf Feststellung angetragen, dass der Beklagte weiteren Schadensersatz für näher bezeichnete Baumängel zu leisten habe. Das [X.] hat den Beklagten unter Abweisung der weitergehenden Klage zur Zahlung von 20.239,49 € nebst Zinsen verurteilt und dem Feststellungsbegehren teilweise stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Berufungsgericht das landgerichtliche Urteil abgeändert und die Klage mit der Begründung abgewiesen, die [X.] seien verjährt.

4

Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin die ihr im erstinstanzlichen Verfahren zuerkannten Ansprüche weiter.

Entscheidungsgründe

5

Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

6

Auf das Rechtsverhältnis der Parteien sind unter Berücksichtigung der für die Verjährung geltenden Überleitungsvorschriften in Art. 229 § 6 EG[X.] die bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Gesetze anwendbar, Art. 229 § 5 Satz 1 EG[X.].

I.

7

Das Berufungsgericht sieht die aus § 635 [X.] abgeleiteten Schadensersatzansprüche der Klägerin als verjährt an. Es geht auf der Grundlage der Rechtsprechung des [X.]s ([X.], Urteil vom 30. September 1999 - [X.], [X.], 128 = [X.], 22 = [X.] 2000, 97) davon aus, dass der schon vor der Abnahme für nicht mehr nachbesserungsfähige Mängel des [X.] bestehende Schadensersatzanspruch des Bestellers aus § 635 [X.] der Regelverjährung unterliege, weil § 638 [X.] nicht eingreife, wenn der Besteller die Architektenleistungen weder abgenommen noch deren Abnahme endgültig verweigert habe. Eine Abnahme sei hier nicht erfolgt. Ebenso wenig könne eine endgültige Verweigerung der Abnahme in [X.] festgestellt werden.

8

Die ursprünglich dreißigjährige Regelverjährung habe mit der Entstehung des Anspruchs, demnach in dem [X.]punkt zu laufen begonnen, in dem sich die in Rede stehenden Mängel im Bauwerk verkörpert hätten. Das sei spätestens im Februar 2000 der Fall gewesen, da die Klägerin mit Schriftsatz vom 1. März 2000 ihren Antrag im selbständigen Beweisverfahren auf die streitgegenständlichen Mängel erweitert habe. Weil die Regelverjährungsfrist gemäß Art. 229 § 6 Abs. 4 EG[X.] nur noch 3 Jahre ab dem 1. Januar 2002 betragen habe, sei der Anspruch der Klägerin auch unter Berücksichtigung der verhandlungsbedingten [X.] verjährt gewesen, als die Klägerin den Beklagten mit Schreiben vom 20. Januar 2006 zur Zahlung aufgefordert und dadurch (möglicherweise) zu erkennen gegeben habe, die Abnahme endgültig verweigern zu wollen.

[X.].

9

Das hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand. Die mit der Klage geltend gemachten Schadensersatzansprüche der Klägerin sind, auch soweit deren Feststellung begehrt wird, nicht verjährt.

1. Die Klägerin verlangt Schadensersatz für Baumängel, die sie auf eine nicht vertragsgerechte Erbringung der dem Beklagten übertragenen Architektenleistungen zurückführt. Dahin gehende Ansprüche können gemäß § 635 [X.] bestehen.

Nach der Rechtsprechung des [X.]s kann der Besteller, wie das Berufungsgericht im Ausgangspunkt zu Recht annimmt, Schadensersatz nach § 635 [X.] für Mängel der Architektenleistungen schon vor der Abnahme und ohne eine vorherige Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung (§ 634 Abs. 1 Satz 1 [X.]) verlangen, wenn jene Mängel sich im Bauwerk realisiert haben und damit eine Nachbesserung nicht mehr in Betracht kommt ([X.], Urteil vom 30. September 1999 - [X.], [X.], 128 = [X.] = 22, [X.] 2000, 97; Urteil vom 15. November 2002 - [X.], [X.], 1536, 1539 = NZBau 2002, 571 = [X.] 2002, 767; Urteil vom 11. Oktober 2007 - [X.], [X.], 2083 = NZBau 2008, 187 = [X.] 2008, 160). Solche Ansprüche bestehen neben denjenigen aus § 326 [X.], die dem allgemeinen Leistungsstörungsrecht zuzuordnen sind und als solche der Regelverjährung unterliegen ([X.], Urteil vom 26. September 1996 - [X.], [X.] 1997, 35; Urteil vom 17. Februar 1999 - [X.], [X.], 760 = [X.] 1999, 200).

2. Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen für Schadensersatzansprüche der Klägerin gegen den Beklagten aus § 635 [X.] erfüllt sind. Entgegen seiner Auffassungen können ihr die hierauf gestützten [X.] nicht mit der Begründung versagt werden, solche Ansprüche seien jedenfalls verjährt.

a) Das Berufungsgericht geht davon aus, dass die mit der Klage geltend gemachten Schadensersatzansprüche der Regelverjährung gemäß § 195 [X.] unterliegen. Das entspricht der bisherigen Rechtsprechung des [X.]s zu den Fällen, in denen der Besteller Schadensersatz nach § 635 [X.] verlangt, ohne die Architektenleistungen abgenommen oder die Abnahme endgültig verweigert zu haben. Der [X.] hat entschieden, dass für diesen Gewährleistungsanspruch, der eine Abnahme nicht voraussetze, die dreißigjährige Verjährung gelte. Die fünfjährige Verjährungsfrist des § 638 Abs. 1 Satz 1 [X.] greife nicht ein, weil sie gemäß § 638 Abs. 1 Satz 2 [X.] erst mit der Abnahme bzw. deren endgültiger Verweigerung zu laufen beginne ([X.], Urteil vom 30. September 1999 - [X.], [X.], 128, 129 = [X.], 22 = [X.] 2000, 97). Diese Entscheidung beruht auf der Erwägung, dass die Gewährleistungsansprüche des Bestellers nicht der kurzen Verjährung des § 638 [X.] unterliegen, wenn sie vor dem in § 638 Abs. 1 Satz 2 [X.] für den Beginn der Verjährung bestimmten [X.]punkt entstanden sind.

An dieser Rechtsprechung, die von der Literatur für das bis zum 31. Dezember 2001 geltende Schuldrecht allerdings nicht in Frage gestellt worden ist (vgl. [X.]/[X.], [X.], 61. Aufl., § 638 Rdn. 6; [X.]/[X.], [X.], Neubearbeitung 2000, § 638 Rdn. 25; RGRK/Glanzmann, [X.], 12. Aufl., § 638 Rdn. 20; [X.]/Pastor, [X.], 10. Aufl., Rdn. 2397; Schwartmann, [X.], 60, 61; [X.], Festschrift für [X.], 207, 212 f.; [X.]/[X.], Festschrift für [X.], 1, 3), hält der [X.] nach erneuter Überprüfung nicht fest. Vielmehr ist es geboten, die Verjährungsregelung des § 638 Abs. 1 Satz 1 [X.] auch dann anzuwenden, wenn die Gewährleistungsansprüche vor der Abnahme entstanden sind. Die Verjährungsfrist beginnt erst zu laufen, wenn die Abnahme erfolgt oder wenn sie endgültig verweigert wird.

Der [X.] ist an der Änderung seiner bisherigen Rechtsprechung nicht dadurch gehindert, dass der [X.]. Zivilsenat sie in seiner Entscheidung vom 8. Dezember 2009 ([X.] ZR 181/08, [X.], 765, [X.]. 43 = [X.] 2010, 249) herangezogen hat. Der dortige Fall wäre auch bei Anwendung der nunmehr vom [X.] entwickelten Grundsätze nicht anders zu entscheiden gewesen.

b) [X.] des § 638 [X.] gilt für die dem Besteller nach §§ 633 ff. [X.] zustehenden Gewährleistungsansprüche unabhängig vom [X.]punkt ihrer Entstehung.

§ 638 Abs. 1 [X.] bestimmt, dass werkmangelbedingte Gewährleistungsansprüche des Bestellers nicht der dreißigjährigen Regelverjährung des § 195 [X.] unterliegen, sondern - bei Arbeiten an einem Bauwerk - in einer mit der Abnahme der Bauleistung beginnenden Frist von fünf Jahren verjähren. Zweck dieser Regelung ist es, in Anlehnung an die kaufrechtlichen Verjährungsvorschriften eine rasche [X.]sabwicklung zu gewährleisten und Streitigkeiten der [X.]sparteien über Mängelansprüche in einem [X.]punkt zu vermeiden, in dem die Ursachen für Beeinträchtigungen des Werkes nicht mehr oder nur noch mit erheblichen Schwierigkeiten aufklärbar sind (Motive [X.], 486, 238). Mit ihrer Einführung hat der Gesetzgeber bewusst in Kauf genommen, dass die Verjährungsfrist abgelaufen sein kann, bevor der Besteller den Mangel erkannt hat oder dieser überhaupt erkennbar zutage getreten ist (Motive [X.], 486). Er hat damit zugleich gebilligt, dass die Ansprüche des Bestellers auf Wandelung, Minderung und Schadensersatz verjährt sein können, bevor sie entstanden sind, was gemäß § 634 Abs. 1 Satz 1 [X.] den Ablauf einer angemessenen Mängelbeseitigungsfrist mit Ablehnungsandrohung und damit notwendig die Kenntnis des Bestellers vom Mangel voraussetzt.

Die darin zu Tage tretende Entscheidung des Gesetzgebers, die Gewährleistungsansprüche des Bestellers unabhängig von ihrer Entstehung der kurzen fünfjährigen Verjährung zu unterwerfen, beansprucht Geltung auch für die Fälle, in denen solche Ansprüche vor der gemäß § 638 Abs. 1 Satz 2 [X.] für den Verjährungsbeginn maßgeblichen Abnahme entstanden sind. Ein anderes Verständnis der Regelungen in § 638 [X.] entspricht weder dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift noch gebietet die zweckentsprechende Umsetzung des gesetzgeberischen Willens ihre korrigierende Auslegung in der Weise, dass die vor der Abnahme entstandenen Gewährleistungsansprüche nicht dem Regelungsbereich des § 638 [X.] unterfallen und stattdessen der Regelverjährung unterliegen sollen.

aa) Durch die Schaffung der gesetzlichen Regelung in § 638 [X.] hat der Gesetzgeber die Verjährung der werkvertraglichen Gewährleistungsansprüche insgesamt den für die Regelverjährung maßgeblichen Vorschriften in §§ 195, 198 [X.] entzogen, sofern nicht der Unternehmer den Mangel arglistig verschwiegen hat.

Der kurzen Verjährungsfrist des § 638 Abs. 1 Satz 1 [X.] unterliegen alle werkvertraglichen Gewährleistungsansprüche. Ihre Geltung hängt nicht ab von ihrem (sofortigen) Beginn. Eine solche Verknüpfung zwischen Verjährungsfrist und Verjährungsbeginn ist weder dem Wortlaut der Vorschrift des § 638 [X.] zu entnehmen noch entspricht sie dem allgemein für Verjährungsvorschriften geltenden Regelungssystem, das - wie sich bereits aus §§ 195, 198 ff. [X.] ergibt - zwischen Bestimmungen zur Länge der Verjährungsfrist und solchen zu ihrem Beginn unterscheidet. § 852 [X.] steht - ebenso wie jetzt unter der Geltung des neuen Schuldrechts die Vorschriften der §§ 195, 199 [X.] n.F. - beispielhaft dafür, dass abweichend von § 198 [X.] für den Beginn einer gesetzlich geregelten kurzen Verjährung ein späterer [X.]punkt als derjenige maßgeblich sein kann, in dem der der Verjährung unterliegende Anspruch entsteht. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber diese Möglichkeit mit der Einführung des § 638 Abs. 1 [X.] für die Verjährung der werkvertraglichen Gewährleistungsansprüche hat ausschließen wollen. Sie ist vielmehr im Gesetz angelegt, weil § 634 Abs. 1 Satz 2 [X.] es dem Besteller ausdrücklich ermöglicht, Gewährleistungsansprüche schon vor der Abnahme geltend zu machen. Hätte der Gesetzgeber diese Fallkonstellationen vom Regelungsbereich des § 638 [X.] ausnehmen wollen, hätte nichts näher gelegen, als eine entsprechende Bestimmung in das Gesetz aufzunehmen, wie sie § 638 Abs. 1 Satz 1 [X.] für die Fälle vorsieht, in denen der Unternehmer einen Mangel arglistig verschwiegen hat. Weil eine solche Regelung fehlt, ist davon auszugehen, dass § 638 [X.] auch auf solche Gewährleistungsansprüche Anwendung finden soll, die vor der Abnahme entstanden sind (im Ergebnis ebenso: Acker/[X.], [X.], 1279, 1286; [X.], Festschrift für [X.], 179, 200; [X.]/Koeble, Kompendium des Baurechts, 3. Aufl., 12. Teil, Rdn. 506 - jeweils zu § 634 a [X.] n.F.).

bb) Für ein anderes Verständnis vom Regelungsgehalt des § 638 [X.] besteht kein durchgreifendes praktisches Bedürfnis. Ein solches Bedürfnis kann sich allenfalls aus dem Umstand ergeben, dass werkvertragliche Gewährleistungsansprüche des Bestellers mangels Abnahme überhaupt nicht verjähren. Diese Besorgnis besteht nicht in einer Weise, die den Rückgriff auf die Regelverjährung rechtfertigen könnte.

(1) Nicht zu verkennen ist allerdings, dass bei Anwendung des § 638 [X.] auf Gewährleistungsansprüche auf den [X.]raum vor der Abnahme die Verjährungsfrist unter Umständen für längere [X.] nicht zu laufen beginnt, obwohl Gewährleistungsansprüche bereits entstanden sind. Das widerspricht nicht dem vom Gesetzgeber mit dieser Regelung verfolgten Zweck, die Gewährleistungsverpflichtung des Unternehmers zeitlich zu begrenzen. Die Notwendigkeit einer zeitlichen Begrenzung besteht nur für den [X.]raum nach der Abnahme (vgl. Motive [X.], 486). Bis zur Abnahme ist der Unternehmer zur Erfüllung verpflichtet. Erst nach der billigenden Entgegennahme seiner Werkleistung seitens des Bestellers ist es gerechtfertigt, ihn davor zu schützen, dass er über den vom Gesetzgeber für ausreichend erachteten [X.]raum von fünf Jahren hinaus gleichwohl wegen eines Mangels der Bauleistung in Anspruch genommen werden kann. Dieses, durch die Verjährungsvorschriften gewährleisteten Schuldnerschutzes (Motive I, 291, 512) bedarf es hingegen nicht, solange die [X.] andauert und der Besteller nicht sein Einverständnis mit der [X.]sleistung erklärt hat. Dass ihm schon vor diesem [X.]punkt Gewährleistungsansprüche gegen den Unternehmer zustehen können, ändert hieran nichts.

(2) Der Beginn der fünfjährigen Verjährung ist nicht zwingend an die Abnahme der Werkleistung geknüpft. Die nach den vorstehenden Erwägungen für den Verjährungsbeginn maßgeblichen Grundsätze greifen auch, wenn der Besteller das Werk zwar nicht abgenommen hat, er aber aus anderen Gründen keine Erfüllung des [X.]es mehr verlangt und das vertragliche Erfüllungsverhältnis in ein Abwicklungs- und Abrechnungsverhältnis umgewandelt wird. Deshalb beginnt die Verjährung nach der Rechtsprechung des [X.] auch dann, wenn der Besteller die Entgegennahme des Werkes als Erfüllung der [X.]sleistung ablehnt, indem er die Abnahme endgültig verweigert ([X.], Urteil vom 30. September 1999 - [X.], [X.], 128, 129 = [X.], 22 = [X.] 2000, 97; Urteil vom 9. Juli 1963 - V[X.] ZR 233/61, [X.]Z 79, 180, 182; Urteil vom 3. März 1998 - [X.], NJW-RR 1998, 1027, 1028). Ob eine in diesem Sinne endgültige [X.] vorliegt, ist nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalles zu beurteilen. Sie ist nach der Rechtsprechung des [X.] insbesondere dann anzunehmen, wenn der Besteller dem Unternehmer gemäß § 634 Abs. 1 Satz 1 [X.] erfolglos eine Frist mit Ablehnungsandrohung für die Beseitigung wesentlicher Mängel gesetzt hat ([X.], Urteil vom 16. September 1999 - V[X.] ZR 456/98, [X.]Z 142, 278; [X.], NJW-RR 2001, 1530). Denn mit Ablauf dieser Frist kommt eine Erfüllung der [X.]sleistung nicht mehr in Betracht. Die Erfüllungsverpflichtung des Unternehmers sowie dessen Recht, die Nachbesserung anzudienen, erlöschen und der Besteller ist wegen der Mängel der Bauleistung auf die Geltendmachung der Gewährleistungsrechte aus § 634 Abs. 1, § 635 [X.] beschränkt ([X.], Urteil vom 16. September 1999 - V[X.] ZR 456/98, [X.]Z 142, 278). In den Fällen, in denen die Ansprüche des Bestellers auf Wandelung, Minderung oder Schadensersatz ausnahmsweise nicht von der Bestimmung einer Mängelbeseitigungsfrist abhängen, führt spätestens die Geltendmachung eines dieser Rechte zum gleichen Ergebnis und damit zum Beginn der Verjährung.

(3) Solange das Werk nicht abgenommen ist und auch sonst keine Umstände vorliegen, nach denen das vertragliche Erfüllungsverhältnis, insbesondere durch die endgültige Verweigerung der Abnahme, als beendet angesehen werden kann, beginnt die Verjährungsfrist für die Gewährleistungsansprüche des Bestellers nicht zu laufen. Hieraus erwachsen dem Unternehmer indes keine Nachteile, die hinzunehmen ihm nicht zugemutet werden könnte.

(a) [X.] aus § 633 Abs. 2 Satz 1 [X.] erlischt, wenn der Unternehmer die verlangte Mängelbeseitigung ausführt. Gleiches gilt, wenn sie gemäß § 633 Abs. 3 [X.] ersatzweise vom Besteller vorgenommen wird. Der [X.] ist dann erfüllt und das Werk abnahmefähig, so dass eine weitere Verweigerung der Abnahme als endgültige zu verstehen ist (vgl. [X.], Urteil vom 11. Mai 2006 - V[X.] ZR 146/04, [X.]Z 167, 345). Die Verjährungsfrist für den Kostenerstattungsanspruch beginnt mit der Erklärung der [X.] zu laufen.

(b) Auch wenn sich der Besteller auf ein Abnahmeverlangen des Unternehmers überhaupt nicht erklärt, ist dieser nicht schutzlos. Vielmehr kann er gemäß § 640 Abs. 1 Satz 3 [X.], der gemäß Art. 229 § 1 Abs. 2, Satz 2, 3 EG[X.] auch für solche Verträge gilt, die vor der Einführung dieser Vorschrift zum 1. Mai 2000 abgeschlossen wurden, dem Besteller eine angemessene Frist zur Abnahme setzen, nach deren ergebnislosem Ablauf das Werk als abgenommen gilt. Dann beginnt die Verjährung der Gewährleistungsansprüche mit dem Ablauf dieser Frist ([X.]/[X.], [X.], 69. Aufl., § 640 Rdn. 10).

(c) Es bleiben die seltenen Fälle, in denen der Besteller, ohne die Abwicklung bzw. Abrechnung des Bauvorhabens zu betreiben, das mangelhafte Werk weder abnehmen noch dem Unternehmer die Mängelbeseitigung und damit die Herstellung eines abnahmereifen Werkes gestatten muss (vgl. [X.], Urteil vom 27. Februar 2003 - V[X.] ZR 338/01, [X.]Z 154, 119). Diese Fälle rechtfertigen es nicht, die vor der Abnahme entstandenen Gewährleistungsansprüche der Regelverjährung zu unterwerfen. Auch dann muss der Unternehmer in aller Regel nicht befürchten, auf unabsehbare [X.] zur Gewährleistung herangezogen werden zu können. Dem Besteller kann vernünftigerweise nicht daran gelegen sein, das vom Unternehmer hergestellte Werk dauerhaft in einem mangelhaften Zustand zu belassen. Er hat vielmehr in aller Regel ein starkes Interesse daran, entweder die Beseitigung des Mangels zu betreiben oder monetären Ausgleich für den vorhandenen Mangel zu verlangen. Beides führt nach obigen Grundsätzen im Ergebnis zum Beginn der Verjährung. In den Fällen, in denen der Besteller weder die Abnahme verweigert noch der Unternehmer die Abnahme erzwingen kann, muss in Konsequenz der klaren gesetzlichen Regelung hingenommen werden, dass der Gewährleistungsanspruch nicht verjährt. Je nach Sachlage kann in diesen Fällen Anlass zur Prüfung bestehen, ob eine Verwirkung in Betracht kommt.

c) Der [X.] muss nicht entscheiden, ob diese Grundsätze auch für die mit der Einführung des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes seit dem 1. Januar 2002 bestehende Gesetzeslage gelten. Das wird unter anderem davon abhängen, ob dem Besteller auch nach neuem Schuldrecht schon vor der Abnahme Mängelansprüche nach § 634 [X.] n.F. zustehen. Dazu hat sich der [X.] bisher nicht geäußert.

3. Die mit der Klage geltend gemachten Schadensersatzansprüche der Klägerin sind auf der Grundlage der nicht angegriffenen Entscheidung des Berufungsgerichts, eine Abnahme und deren endgültige Verweigerung lägen nicht vor, nicht verjährt. Die Verjährungsfrist hat frühestens mit Zugang der schriftlichen Zahlungsaufforderung vom 20. Januar 2006 zu laufen begonnen. Sie war dann gemäß § 204 Abs. 1 [X.] in Verbindung mit Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EG[X.] mit Klageerhebung gehemmt.

[X.]                                   Bauner                                 [X.]

                    Halfmeier                               [X.]

Meta

VII ZR 171/08

08.07.2010

Bundesgerichtshof 7. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Oldenburg (Oldenburg), 12. August 2008, Az: 2 U 1/08, Urteil

§ 635 BGB, § 638 Abs 1 S 1 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 08.07.2010, Az. VII ZR 171/08 (REWIS RS 2010, 5028)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 5028

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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