Bundespatentgericht, Beschluss vom 18.03.2010, Az. 27 W (pat) 32/10

27. Senat | REWIS RS 2010, 8285

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "Jeden Tag anders." – Werbeslogan - keine Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die angemeldete Marke 307 56 958.6

hat der 27. Senat ([X.]) des [X.] am 18. März 2010 durch…

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I

1

Die Markenstelle für Klasse 18 des [X.] hat mit [X.] vom 17. November 2008 die Anmeldung der Wortfolge

2

Jeden Tag anders.

3

als Wortmarke für die Waren

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5

nach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] als nicht unterscheidungskräftige Angabe, und mit Beschluss vom 8. Dezember 2009 die hiergegen eingelegte Erinnerung der Anmelderin zurückgewiesen. Dies ist damit begründet, dass das angemeldete Zeichen „Jeden Tag anders.“ einen Werbeslogan darstelle, bei dem für die angesprochenen Verkehrskreise im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren eindeutig eine sachlich anpreisende Aussage im Vordergrund stehe, nicht aber die Funktion eines betrieblichen Herkunftshinweises. Bei der Wortfolge "Jeden Tag anders.“ handele es sich um eine Redewendung, die Veränderung, Individualität bzw. Abkehr von der Langeweile des Alltags vermittele; durch die werbeübliche Punktsetzung am Ende des Spruchs werde der anpreisende Charakter sogar noch verstärkt. In der Werbesprache sei das Adverb „anders“ beliebt und stehe – je nach Zusammenhang - für „hervorragend, einzigartig, individuell“; mit der Wendung „jeden Tag“ sei ein Wertversprechen verbunden, nämlich dass jeden Tag etwas Besonderes, Individuelles ermöglicht werde. Die angemeldete Wortfolge werde, wie die im amtlichen Beanstandungsbescheid beigefügten Anlagen sowie weitere dem angefochtenen Beschluss beigefügte [X.] belegten, bereits häufig in der Werbung von unterschiedlichsten Anbietern von Produkten verwendet; dort würden jeweils mit dem Werbespruch bzw. Motto „Jeden [X.] Waren oder Dienstleistungen angepriesen und dem Kunden tägliche Veränderungsmöglichkeiten bzw. ein individuelles Eingehen auf die Wünsche und den Geschmack der Verbraucher versprochen. Als werbeübliche, vielfach verwendete [X.] sei die Wortfolge „Jeden Tag anders.“ daher hinsichtlich der angemeldeten Waren mangels Unterscheidungskraft nicht eintragbar.

6

Mit ihrer hiergegen gerichteten Beschwerde macht die Anmelderin im Wesentlichen geltend, die angemeldete Wortfolge beschreibe nicht die beanspruchten Waren und stelle auch keine geläufige Werbeaussage allgemeiner Art dar. Die [X.] der Markenstelle belegten dies nicht, weil dort in der Regel die angebotene Ware oder Dienstleistung mit genannt werde; dass einige wenige Unternehmen sich dieser Wortfolge bedienten, belege noch nicht, dass es sich um eine geläufige Wendung handele. Für die Schutzfähigkeit spreche auch die Eintragung ähnlicher Wortfolgen wie „Jeden [X.]“, „[X.] - Saft und [X.] für jeden Tag“, „Genieße jeden Tag bis zum letzten Tropfen“, „[X.]“, „Jeden [X.]“, „Meine Medizin für jeden Tag“ und „Jeden Tag ein kleiner Sieg“. Schließlich spreche auch die [X.]-Entscheidung vom 21. Januar 2010 in der Rechtssache [X.]/08 zur Wortfolge „Vorsprung durch Technik“ für die Eintragbarkeit.

7

Die Anmelderin beantragt,

8

die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 18 des [X.] vom 17. November 2008 und 8 Dezember 2009 aufzuheben.

II.

9

1. Da die Anmelderin keinen (Hilfs-) Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt hat und der Senat eine solche auch nicht für sachdienlich erachtet, kann im schriftlichen Verfahren entschieden werden.

2. Die nach § 66 [X.] zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Der Senat teilt die Auffassung der Markenstelle, dass der angemeldeten Wortfolge als Werbeaussage allgemeiner Art nach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] die Eintragung zu versagen ist. Die Beschwerdebegründung bietet für eine abweichende Beurteilung keinen Anlass.

Wie die Markenstelle im Einzelnen zutreffend ausgeführt hat, fehlt der angemeldeten Wortfolge die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] erforderliche Unterscheidungskraft.

a) Nach der Rechtsprechung des [X.], auf die nach Art. 101 GG, Art. 234 EGV abzustellen ist, weil die Regelung des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] auf die Vorgaben des Art. 3 Abs. 1 Buchst. b) der [X.] zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken ([X.]. Nr. L 40 vom 11. Februar 1989) zurückgeht und die Auslegung der vorgenannten europarechtlichen Normen damit allein dem [X.] vorbehalten ist, ist für die Beurteilung, ob einer angemeldeten Bezeichnung die erforderliche Unterscheidungskraft fehlt, auf die Hauptfunktion einer Marke abzustellen, derzufolge diese den Abnehmern die Ursprungsidentität der durch die Marke gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen garantieren soll, indem sie es ihnen ermöglicht, diese ohne Verwechslungsgefahr von Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft zu unterscheiden (vgl. [X.] WRP 2002, 924, 927 [Rz. 30] – [X.]/[X.]; [X.], 943, 944 [Rz. 23] - [X.]. 2; [X.], 229, 230 [Rz. 27] - BioID). Unter Berücksichtigung des Allgemeininteresses an der nicht ungerechtfertigten Einschränkung der Verfügbarkeit der angemeldeten Kennzeichnung für die anderen Wirtschaftsteilnehmer, die entsprechende Waren oder Dienstleistungen anbieten (vgl. [X.] [X.], 943, 944 [Rz. 26] - [X.]. 2), ist deshalb die Unterscheidungskraft einer angemeldeten Bezeichnung zu verneinen, wenn diese nicht geeignet ist, die Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, in der Anschauung ihrer durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen (vgl. [X.] GRUR 2003, 604, 607 [Rz. 46] - [X.]; [X.], 943, 944 [Rz. 24] – [X.]. 2) Abnehmer als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren und Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. [X.] WRP 2002, 924, 930 [Rz. 35] – [X.]/[X.]; [X.] 2003, 187, 190 [Rz. 41] - Gabelstapler; [X.] 2005, 22, 25 f. [Rz. 33] - Das Prinzip der Bequemlichkeit).

b) Hier bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Werbeslogan neben der bloßen Werbefunktion auch die Hauptfunktion einer Marke als Herkunftshinweis zu erfüllen vermag, so dass die Durchschnittsverbraucher aus ihm auch auf die Herkunft der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen schließen können (vgl. [X.] [X.] 2005, 22, 26 [Rz. 35] - Das Prinzip der Bequemlichkeit). Dem steht nämlich entgegen, dass es sich bei der hier konkret zu beurteilenden Wortfolge um eine Werbeaussage allgemeiner Art handelt (vgl. BGH [X.] 2000, 262, 263 – Unter uns; [X.], 298, 299 – Radio von hier; [X.], 300, 301 – Partner with the best; [X.], 1047, 1048 – [X.], [X.]; [X.], 735, 736 – Test it; [X.], 1070, 1071 – Bar jeder Vernunft).

Von diesen Grundsätzen geht der [X.] auch in der von der Anmelderin zitierten Entscheidung vom 21. Januar 2010 (vgl. [X.], 228 - Vorsprung durch Technik) aus; denn hierin hat er lediglich seine alte Rechtsprechung wiederholt, dass der Eintragung einer Wortfolge als Marke nicht allein der Umstand entgegensteht, dass es sich bei ihr um einen Werbeslogan handelt (vgl. [X.] a. a. [X.], S. 230 [Rz. 44] - Vorsprung durch Technik). Wie der [X.] allerdings im Weiteren ausführt, bedeutet dies aber nicht, dass umgekehrt jeder Werbeslogan bereits als Marke eintragbar sei. Vielmehr bedarf es bei jeder Anmeldung eines Werbeslogans einer Einzelfallprüfung, die, wie der [X.] ausführt, schwierig sein kann (vgl. [X.], 228, 230 [Rz. 37 ff.] - Vorsprung durch Technik). Im konkret entschiedenen Fall war für die eine Schutzfähigkeit bejahende Entscheidung ausschlaggebend, dass es sich bei der streitgegenständlichen Wortfolge um einen „berühmten Slogan“ handelte, der allein von der dortigen Anmelderin verwendet wurde (vgl. [X.], a. a. [X.], S. 231 [Rz. 53]).

c) Nach diesen Grundsätzen kommt eine Schutzfähigkeit der vorliegend zu betrachtenden Wortfolge nicht in Betracht. Anders als in der von der Anmelderin zitierten Entscheidung des [X.] handelt es sich bei der hier zur Markeneintragung angemeldeten Wortfolge gerade nicht um einen allein seitens der Anmelderin verwendeten berühmten Werbeslogan. Vielmehr wird er, wie die Markenstelle durch zahlreiche Belege, deren Richtigkeit die Anmelderin nicht in Abrede gestellt hat, nachgewiesen hat, von einer Vielzahl von Unternehmen auf den unterschiedlichsten Waren- und Dienstleistungsgebieten allgemein werbend verwendet. Der Einwand der Anmelderin, es handele sich hierbei nur um eine „Handvoll an Unternehmen“, verfängt dabei nicht. Sie verkennt nämlich, dass es - was nicht zuletzt auch Grund für die relativen Schutzhindernisse nach § 9 [X.] ist - Sinn einer Marke ist, die hiermit gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen einem einzigen Unternehmen zuzuordnen und es dem Publikum zu ermöglichen, diese Produkte als aus einer einzigen Hand stammend anzusehen. Diese Funktion kann eine Kennzeichnung aber dann nicht mehr erfüllen, wenn sie bereits von verschiedenen Unternehmen zumindest für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen verwendet wird; der Gedanke, dass die mit dem Markenschutz einhergehende Zuordnung zu einem einzigen Unternehmen erst ab einer gewissen Größenordnung der Verwendung durch Drittanbieter nicht mehr möglich sei, ist dem Markenrecht dabei fremd und auch logisch nicht begründbar. Hinzu kommt, dass es sich vorliegend um eine leicht erfassbare und - anders als bei dem der Entscheidung des [X.] zugrundeliegenden Werbeslogan - ohne Mühe verständliche eindeutige Aussage handelt. Soweit die Anmelderin meint, der Slogan sei mehrdeutig, hat sie nicht, wie es für eine Mehrdeutigkeit erforderlich wäre, unterschiedliche Bedeutungsgehalte der Wortfolge dargetan, sondern lediglich verschiedene Ausdrücke desselben semantischen Inhalts genannt; verschiedene Ausdrucksweisen mit derselben Bedeutung begründen aber noch keine Mehrdeutigkeit.

d) Soweit die Anmelderin sich auf die Eintragung ihrer Ansicht nach vergleichbarer Drittmarken beruft, ändert dies nichts an der fehlenden Schutzfähigkeit der vorliegend zu beurteilenden Anmeldemarke. Abgesehen davon, dass aus der Schutzgewährung für andere Marken ein Anmelder ohnehin keinen Anspruch auf Eintragung ableiten kann, weil [X.] weder für sich noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes zu einer Selbstbindung derjenigen Stellen, welche über die Eintragung zu befinden haben, führen (vgl. [X.], [X.], 667, 668 [Rz. 15 ff.] -

3. Für eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr nach § 71 Abs. 3 [X.] bestand keine Veranlassung.

Meta

27 W (pat) 32/10

18.03.2010

Bundespatentgericht 27. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 18.03.2010, Az. 27 W (pat) 32/10 (REWIS RS 2010, 8285)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 8285

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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27 W (pat) 571/13

24 W (pat) 542/10

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