Bundespatentgericht, Beschluss vom 24.05.2012, Az. 25 W (pat) 539/11

25. Senat | REWIS RS 2012, 6068

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren - "GET IT RIGHT" – keine Unterscheidungskraft - zu Bezeichnungszusätzen: ® oder TM - zur Platzierung einer Bezeichnung nach Art einer Marke


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2010 063 537.1

hat der 25. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 24. Mai 2012 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.], des Richters [X.] und der Richterin Grote-Bittner

beschlossen:

1. [X.] wird zurückgewiesen.

2. Der Antrag der Anmelderin auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Wortfolge

2

[X.] IT [X.]

3

ist am 29. Oktober 2010 für die Waren der

4

Klasse 9:

5

Software zur Simulation von [X.] und/oder der Herstellungsverfahrenstechnik,

6

und der

7

Klasse 42:

8

Computergestützte Dienstleistungen eines Ingenieurs für Dritte im Bereich von [X.] und/oder der Herstellungsverfahrenstechnik,

9

zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden.

Die Markenstelle für Klasse 9 des [X.] hat diese unter der Nummer 30 2010 063 537.1 geführte Anmeldung nach vorheriger Beanstandung in einem Beschluss durch einen Beamten des gehobenen Dienstes zurückgewiesen.

Sie hält die angemeldete Bezeichnung in Bezug auf die beanspruchten Waren wegen fehlender Unterscheidungskraft i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] für nicht schutzfähig. Es handele sich bei dieser um einen sloganartigen Werbespruch, der sich aus drei [X.] Begriffen zusammensetze und von dem inländischen Verkehr ohne weiteres als "Mache es richtig" oder "Beschaffen Sie richtig" verstanden werde. "[X.]" bedeute "machen, verschaffen, erwerben", "IT" habe die Bedeutung von "es, er, ihn, sie" und "[X.]" von "richtig". Im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen der Klassen 9 und 42 verstehe der angesprochene Verkehr in dem Slogan lediglich eine werbliche Anpreisung in Form eines Qualitätshinweises in dem Sinne, dass er mit dem Erwerb der Waren bzw. der Inanspruchnahme der so gekennzeichneten Dienstleistungen alles richtig mache. Daher stelle die angemeldete Wortmarke "[X.] IT [X.]" lediglich eine Qualitätsangabe dar, die den Anreiz wecken soll, die so gekennzeichneten Waren zu erwerben bzw. die in dieser Weise gekennzeichneten Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen. Die Markenstelle verweist in diesem Zusammenhang auf eine Vielzahl von diversen Entscheidungen zu Werbeslogans (so z. [X.]; [X.] GRUR 2002, 702 - DAS BESTE GEBEN; [X.] (pat) 120/05 - HIER GEWINNEN SIE MEHR" uvm.). Von einem die Unterscheidungskraft begründenden Phantasiegehalt könne daher nicht ausgegangen werden. Als eine der gängigsten, werbeüblichen Gestaltungsmittel vermöge die Großschreibung der drei Wortbestandteile eine Unterscheidungskraft des angemeldeten [X.] nicht zu begründen. Auch die Entscheidung "Vorsprung durch Technik" des [X.] modifiziere diese Grundsätze nicht. Da jedenfalls fehlende Unterscheidungskraft anzunehmen sei, käme es auf die Frage des Freihaltebedürfnisses nicht mehr an. Soweit sich die Anmelderin auf vergleichbare Voreintragungen berufe, werde auf die ständige Rechtsprechung verwiesen, nach der Voreintragungen keine Bindungswirkung entfalten würden.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.

Sie hält die angemeldete Wortfolge für schutzfähig, da ihr entgegen der Auffassung der Markenstelle Unterscheidungskraft i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] zukomme. Es sei nämlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen, d. h. jede noch so geringe Unterscheidungskraft würde ausreichen, um das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] zu überwinden. Die beanspruchten Waren und Dienstleistungen würden sich ausschließlich an ein gewerbliches Fac[X.]ublikum richten, nämlich an Industrieunternehmen oder größere mittelständische Betriebe im Bereich des Automobil-, Flugzeug-, Maschinen-, Anlagen- und Schiffsbaus, die Prototypen bzw. Herstellungsverfahren für Prototypen entwickeln, bevor diese in ein Serienmodell oder eine Fertigungsanlage umgesetzt würden. Das Verständnis dieses speziellen Fac[X.]ublikums habe die Markenstelle bei ihrer Prüfung nicht berücksichtigt, weshalb ihre Entscheidung auf bloßen Mutmaßungen und nicht auf Tatsachen basiere. Die hier maßgeblichen Verkehrskreise würden die angemeldete Wortfolge aber nicht lediglich als plumpe, rein und ausschließlich werbende Anpreisung in Form einer Qualitätsanpreisung verstehen. Aber auch wenn der allgemeine Verbraucher die angemeldet Wortfolge allein in dieser Weise verstehen sollte, könne er dennoch in einem solchen Werbeslogan einen Herkunftshinweis erkennen, da er auch andere Werbesprüche bestimmten Unternehmen durch ihre jahrelange Präsenz zuordnen würde, wie [X.] ist geil", "Think different", "ich bin doch nicht blöd" oder  "Solutions for a better world". "[X.] IT [X.]" sei zudem nicht ganz sprachregelgerecht gebildet, des weiteren einfach, kurz und prägnant und somit leicht merkbar, wobei der Slogan gerade für die mit komplexen technischen Produkte befassten Fachkreise aufgrund seiner Einfachheit ungewöhnlich sei, so dass er gerade wegen dieses Kontrastes von den Fachleuten als Herkunftshinweis wahrgenommen werde. Schließlich werde die Doppeldeutigkeit des Zeichens wahrgenommen, da "IT" auch für "Informationstechnologie" bzw. als gängige Abkürzung hierfür gelesen werde könne. Damit erhalte die Wortfolge für das Fac[X.]ublikum einen doppelten Sinn. Die [X.]-Entscheidung "Vorsprung durch Technik" sei von der Markenstelle nicht in ihrer ganzen Tragweite berücksichtigt worden. Auch soweit die Markenstelle andere Entscheidungen zur Begründung ihres Beschlusses bemüht habe, habe sie verkannt, dass bei diesen Fällen andere Verkehrskreise betroffen seien als im vorliegend zu beurteilenden Fall. Schließlich habe das [X.] bei seiner Entscheidung nicht hinreichend berücksichtigt, dass es Kennzeichenverwendungsmodalitäten gäbe, in denen der Verkehr einen Herkunftshinweis erblicke. D. h. es sei möglich, die Wortfolge "[X.] IT [X.]" in einer Weise zu verwenden, dass diese von dem maßgeblichen Verbraucher ausschließlich als Marke wahrgenommen werde, z. B. auf der Rückseite von [X.] oder in der Produktbeschreibung eines Exposés, wobei der Herkunftshinweis noch durch die herkömmliche Hinzufügung des ® verstärkt werden könne. Es sei auch nicht unüblich, dass Firmen neben einer Dach- eine Produktmarke benutzen und mit diesen Marken z. B. in einer [X.] ihre Produkte präsentieren bzw. bewerben, wie es ausweislich der [X.] gemäß Anlage [X.] (zum Schriftsatz der Anmelderin vom 11. Oktober 2011, [X.]. 30 ff. [X.], insbesondere [X.]. 31 [X.]) bei "[X.]" ([X.] steht für [X.]) mit den Marken von [X.] "[X.]" als Dachmarke und der darunter platzierten Produktmarke "invent" sowie der Marke der Anmelderin "esi" und dem gegenständlichen Anmeldezeichen "get  it right" der Fall sei. Der maßgebliche Verkehr werde die angemeldete Wortfolge "[X.] IT [X.]" bei diesen Benutzungsmodalitäten als betrieblichen Herkunftshinweis erkennen. In der mündlichen Verhandlung hat die Anmelderin diesbezüglich ihren Vortrag vertieft und nochmals ihre Rechtsauffassung dargelegt, nach der sich die Unterscheidungskraft der angemeldeten Wortfolge allein aufgrund ihrer markenmäßige Verwendung ergeben könne und die sie insbesondere durch die [X.] des [X.] gestützt sehe. Denn danach komme einem angemeldeten Zeichen bzw. einer Bezeichnung stets Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] zu, wenn es an einer Stelle (an der Ware bzw. an einer Verpackung) angebracht sei, an welcher der Verkehr nach den [X.] auf dem betreffenden [X.] üblicherweise eine Marke erwarte. Sofern es entsprechende [X.] gebe, komme jedem Zeichen, auch glatt beschreibenden Angaben im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] - ungeachtet eines Schutzversagungsgrundes nach dieser Vorschrift - jedenfalls markenrechtliche Unterscheidungskraft zu.

Die Anmelderin beantragt (sinngemäß),

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des [X.] vom 31. Mai 2011 aufzuheben.

Des weiteren beantragt sie,

die Beschwerdegebühr zurückzuzahlen.

Ferner regt sie die Zulassung der Rechtsbeschwerde an.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle, die Schriftsätze der Anmelderin nebst Anlagen  sowie den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere gemäß §§ 64 Abs. 6 Satz 1, 66 Abs. 1 Satz 1 [X.] statthaft. Sie ist aber unbegründet. Die angemeldete Marke weist entgegen der Auffassung der Anmelderin keine Unterscheidungskraft i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] auf, so dass die Markenstelle die Anmeldung zu Recht gemäß § 37 Abs. 1 [X.] zurückgewiesen hat.

1. Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. [X.] GRUR 2004, 428, [X.]. 30, 31 - [X.]; [X.] GRUR 2006, 850, [X.]. 17 -FUSSBALL [X.]). Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. [X.] GRUR 2006, 850, [X.]. 19 -FUSSBALL [X.]; [X.] GRUR 2004, 674, [X.]. 86 - Postkantoor). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u. a. aber auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird ([X.] - FUSSBALL [X.], a. a. O.).

Schlagwortartige Wortfolgen, wie die hier vorliegende Markenanmeldung "[X.] IT [X.]", unterliegen weder strengeren noch geringeren, sondern den gleichen Schutzvoraussetzungen wie andere Wortmarken. Einerseits reicht allein die Tatsache, dass ein Zeichen von den angesprochenen Verkehrskreisen als Werbeslogan wahrgenommen wird, - für sich gesehen - nicht aus, um die für die Schutzfähigkeit erforderliche Unterscheidungskraft zu verneinen (vgl. [X.] [X.], 228, [X.]. 44 - [X.]). Es ist auch nicht erforderlich, dass schlagwortartige Wortfolgen einen selbständig kennzeichnenden Bestandteil enthalten oder in ihrer Gesamtheit einen besonderen phantasievollen Überschuss aufweisen (vgl. [X.] GRUR 2002, 1070, 1071 - Bar jeder Vernunft). Ferner kann selbst dann, wenn die jeweilige Marke zugleich oder sogar in erster Linie als Werbeslogan aufgefasst wird, deren Schutzfähigkeit in Betracht kommen, sofern sie zugleich auch als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der beanspruchten Waren und Dienstleistungen aufgefasst wird (vgl. [X.] [X.], 228, [X.]. 45 - [X.]). Andererseits ist auch bei schlagwortartigen Wortfolgen die für die Schutzfähigkeit erforderliche Unterscheidungskraft zu verneinen, wenn - wie bei anderen Markenkategorien auch - ein zumindest enger beschreibender Bezug im eingangs dargelegten Sinn zu den jeweils konkret beanspruchten Waren oder Dienstleistungen vorliegt. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass der Verkehr in [X.] oder schlagwortartigen Wortfolgen regelmäßig dann keinen Herkunftshinweis sieht, wenn diese eine bloße Werbefunktion ausüben -  z. B. in Form einer Anpreisung der Qualität der betreffenden Waren oder Dienstleistungen - es sei denn, dass die Werbefunktion im Vergleich zu ihrer behaupteten Herkunftsfunktion offensichtlich von untergeordneter Bedeutung ist (vgl. [X.] GRUR 2004, 1027, 1029 [X.]. 35 - DAS [X.] DER BEQUEMLICHKEIT).

Diese Grundsätze werden durch die Entscheidung des [X.] in [X.], 228 - [X.], nicht entscheidend modifiziert. Auch danach setzt die Bejahung der Unterscheidungskraft unverändert voraus, dass das Zeichen geeignet sein muss, die beanspruchten Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen (vgl. [X.] [X.], 228, [X.]. 44 - [X.]). Letzteres kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die jeweilige Marke nicht nur in einer gewöhnlichen Werbemitteilung besteht, sondern eine gewisse Originalität oder Prägnanz aufweist, die ein Mindestmaß an Interpretationsaufwand erfordern oder bei den angesprochenen Verkehrskreisen einen Denkprozess auslösen ([X.] [X.], 228, [X.]. 57 - [X.]; s. auch [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 8, Rdn. 177).

Ausgehend hiervon weist die angemeldet Wortfolge "[X.] IT [X.]", die aus drei zum Grundwortschatz der [X.] Sprache gehörenden und damit allgemein verständlichen Begriffen besteht, wobei sie insbesondere von den hier angesprochenen auf Prototypenbau spezialisierten IT-Fachleuten, bei denen die [X.] regelmäßig die Arbeitssprache ist, ohne die geringste Verständnishürde und praktisch ohne Übersetzungsaufwand unmittelbar erfasst und auch im Sinne von "Mach es richtig" verstanden wird, keine Unterscheidungskraft auf. Das Verb "to get" hat die Bedeutung von "bekommen, erhalten", "sich verschaffen und besorgen" und auch von "machen" (siehe [X.], [X.], 2010, die Unterlage ist der Anmelderin als Anlage 1 zu dem Ladungshinweis des [X.]s vom [X.] übersandt worden, [X.]. 58 ff. d. A). Die beiden weiteren Wörter "it" und "right" werden mit "es" und "richtig" übersetzt. "[X.] IT [X.]" wird daher vom Verkehr insbesondere im Hinblick auf die Imperativform als allgemeiner Kaufappell für die so gekennzeichneten Waren bzw. als Aufforderung zur Inanspruchnahme der so dargebotenen Dienstleistungen für die [X.] in dem Sinne aufgefasst werden, dass er es mit dem Erwerb der so gekennzeichneten Waren bzw. mit der Inanspruchnahme der in dieser Weise dargebotenen Dienstleistungen "richtig macht". Angesichts ihrer Bedeutung erscheint die Wortfolge als Waren- und [X.] praktisch universell einsetzbar und deshalb für sehr viele verschiedene Waren und Dienstleistungen einschließlich der vorliegend beanspruchten nicht geeignet, als betrieblicher Herkunftshinweis zu dienen. Dem steht auch nicht entgegen, dass es andererseits Werbeslogans wie beispielsweise "Geiz ist geil" gibt, die der Verkehr allein aufgrund ihrer Bekanntheit einem bestimmten Unternehmen zuzuordnen. Denn dafür, dass die angemeldete Wortfolge "[X.] IT [X.]" wie diese Verkehrsbekanntheit erlangt hat, hat die Anmelderin nichts vortragen.

Dass es sich bei dem angesprochenen Verkehr um auf Prototypenbau spezialisierte IT-Fachleute handelt, rechtfertigt keine andere Beurteilung, insbesondere werden diese [X.] kein abweichendes Verständnis der Wortfolge entwickeln. Denn auch bei ihnen handelt es sich gleichermaßen um potentielle Käufer bzw. Kunden, welche die Anmelderin für sich einnehmen will, wenn auch für auf einem speziellen Markt angebotene Waren und Dienstleistungen. Auch für diese Verkehrskreise sind wie bei "normalen" Verbrauchern Anreize dafür zu schaffen, dass sie die Produkte, hier der Anmelderin, erwerben bzw. in Anspruch nehmen und sich nicht für ein Konkurrenzprodukt entscheiden. Werbeslogans sind inzwischen auch bei den für [X.] bestimmten Spezialprodukten übliche Mittel zur Steigerung des Absatzes, was vor einigen Jahrzehnten durchaus noch anders gewesen sein mag. Mithin wird auch der hier angesprochene [X.] die angemeldete Wortfolge nicht als ungewöhnlich bzw. als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der so gekennzeichneten Produkte verstehen.

Der Umstand, dass das Wort bzw. die Buchstabenfolge "IT" der angemeldeten Wortfolge theoretisch auch im Sinne von "Informationstechnologie" verstanden werden könnte, was angesichts der einheitlichen Schreibweise der Wortfolge im Übrigen wenig naheliegend erscheint, rechtfertigt auch dies nach Auffassung des [X.]s keine andere Beurteilung. Abgesehen davon, dass der Verkehr auf eine solche Idee erst kommen kann, wenn er das konkrete Produktangebot analysierend beim Aufnehmen der Wortfolge einbezieht, was markenrechtlich nicht relevant ist (ständig Rechtsprechung, siehe dazu auch [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 8 Rdn. 105), wäre der sich dann ergebende Werbeslogan im Sinne von "erwerbe (alternativ: erhalte/bekomme/verschaffe dir) Informationstechnologie richtig" ebenfalls ohne jeden Interpretationsaufwand sofort verständlich und zudem auch noch fachspezifisch auf die angebotenen IT-Produkte bezogen. Im Übrigen begründet die Mehrdeutigkeit einer Aussage bzw. eines [X.] dann nicht die erforderliche Unterscheidungskraft, wenn sich alle Deutungsmöglichkeiten als sachbezogen oder sonst zur Erfüllung der Herkunftsfunktion ungeeignet erweisen (vgl. [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 8 Rdn. 113 mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen), was hier der Fall wäre, wenn eine entsprechende Mehrdeutigkeit als entscheidungserheblich einbezogen werden könnte.

Schließlich lassen entgegen der Auffassung der Anmelderin weder sprachliche noch andere Gestaltungsmittel die angemeldete Wortfolge als prägnant oder phantasievoll erscheinen und regen auch nicht zum Nachdenken an. Die angemeldete [X.] Wortfolge weist keine sprachlichen Besonderheiten auf, sie ist vielmehr als Imperativ sprachregelgerecht gebildet.

Soweit die Anmelderin sich darauf beruft, dass die angemeldete Wortfolge "[X.] IT [X.]" versehen mit dem Zeichen ® als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst werde, ist dieser Vortrag schon deshalb unbehelflich, weil ein angemeldetes Zeichen stets nur in seiner konkret angemeldeten Form zu beurteilen ist, wobei die vorliegend angemeldete Wortfolge keinen Zusatz in Form des Buchstabens "R" im Kreis aufweist (siehe dazu [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 8 Rdn. 23). Außerdem kann ein Sachhinweis auf die bloße Markenregistrierung, sei es in Form eines "R" im Kreis oder in Form der Abkürzung "[X.]" für "[X.]", zur Herkunftsfunktion eines Zeichens nicht beitragen (vgl. dazu die maßgebliche Rechtsprechung des [X.], [X.], 229, [X.]. 72 - BioID; siehe auch [X.], [X.], 426, 427 - Yoghurt-Gums - Beschluss vom 10. September 2009, 26 W pat) 72/07). Diese Bezeichnungszusätze dienen als Hinweis auf eine bereits erfolgte markenrechtliche Registrierung und sind nicht als Hilfs- oder Allheilmittel dafür vorgesehen, schutzunfähige Zeichen in [X.] umzuwandeln, und zwar weder als Zusatz zur Anmeldung noch als bereits im Eintragungsverfahren zu berücksichtigende, naheliegende (hypothetische) Möglichkeit der [X.] als nicht registrierter Zusatz zum eingetragenen Zeichen. Die gegenteilige Auffassung läuft im Ergebnis auf die Abschaffung jedenfalls der Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis Nr. 3 [X.] hinaus und sie ist mit dem Sinn und Zweck dieser Vorschriften nicht in Einklang zu bringen.

Auch soweit die Anmelderin meint, die Wortfolge "[X.] IT [X.]" könne bei bestimmten branchen- und produktüblichen Benutzungsmodalitäten markenmäßig verwendet werden, so dass ihr allein deswegen Unterscheidungskraft zukomme, kann dieser Auffassung nicht zugestimmt werden. Dabei geht der [X.] von den Kennzeichengepflogenheiten, die die Anmelderin angeführt hat, als mögliche  Verwendungsformen aus. Eine Bezeichnung, die als solche über keine Unterscheidungskraft verfügt, kann Unterscheidungskraft nämlich nicht dadurch erlangen, dass sie nach Art einer Marke auf der betreffenden Ware, auf ihrer Verpackung (z. B. Rückseite von [X.]), oder für die betreffende Dienstleistungen in der Produktbeschreibung eines Exposés unterhalb des Firmenkennzeichens angebracht bzw. platziert wird. Andernfalls liefe in letzter Konsequenz das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] praktisch auf fast allen [X.]en vollkommen leer, was mit dem Zweck dieser Bestimmungen und demjenigen der zugrunde liegenden Bestimmungen der europäischen Markenrechtsrichtlinie nicht in Einklang zu bringen ist. Die Frage der Unterscheidungskraft einer Wortmarke ist vielmehr anhand ihres Sinngehaltes, wie er von den maßgeblichen Verkehrskreisen in Bezug auf die betreffenden Waren und Dienstleistungen verstanden wird, zu beantworten. Es entspricht auch der Rechtsprechung des [X.], davon auszugehen, dass die Anbringung eines Zeichens nach Art einer Marke, z. B. auf Etiketten oder wie hier auf der Rückseite von [X.], nicht dazu führt, dass es der Verkehr ausnahmslos als Herkunftshinweis auffasst. In dieser Weise, d. h. dass jedes Zeichen allein aufgrund seiner markenmäßiger Anbringung Unterscheidungskraft erlangt, ist entgegen der Ansicht der Anmelderin auch die [X.] des [X.] ([X.], 825 ff.) nicht zu verstehen, bei der der [X.] die Schlussfolgerung der Vorinstanz beanstandet hatte, dass Porträtfotos bislang in den maßgeblichen Branchen nicht als Marke verwendet worden seien und deshalb nicht als betrieblicher Herkunftshinweis verstanden würden, ohne diese Frage bei praktisch bedeutsamen und naheliegenden, den Verkehrsgepflogenheiten entsprechenden Verwendungsformen zu prüfen. Vielmehr kann auch bei der Anbringung beispielsweise auf Etiketten die Beantwortung der Frage, ob der Verkehr das Zeichen als Herkunftshinweis ansieht, nach der Art des Zeichens und der Waren, an denen das Etikett angebracht wird, variieren (vgl. [X.] [X.], 838 [X.]. 20 - [X.] und - [X.], 1100, [X.]. 30 - [X.]!, wobei die letztgenannte Entscheidung nach der [X.] - Entscheidung ergangen ist). So kommt Bezeichnungen keine Unterscheidungskraft zu, denen der Verkehr unabhängig von der konkreten Präsentation z. B. auf Etiketten etc. wegen ihres beschreibenden Bezugs zu den betreffenden Waren keinen Herkunftshinweis entnimmt (vgl. [X.] [X.], 1100, [X.]. 30 - [X.]!). Ebenso werden universell für nahezu jede Ware und Dienstleistung einsetzbare Werbeslogans wie die angemeldete Wortfolge "[X.] IT [X.]", mit der allgemein ein Kaufappell bezüglich der so dargebotenen Waren bzw. ein Appell zur Inanspruchnahme der derart angebotenen Dienstleistungen ausgesprochen werden, von den angesprochenen Verkehrskreisen ausschließlich in dieser Weise verstanden. In solchen Werbeslogans wird der Verkehr unabhängig von ihrer konkreten Platzierung bzw. Präsentation keinen betrieblichen Herkunftshinweis sehen.

Nach Auffassung des [X.]s sind zudem rein tatsächliche Erwägungen dazu, in welcher Form ein Zeichen auf der Ware bzw. der Verpackung angebracht bzw. im Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen verwendet werden könnte und welche Auswirkungen dies auf das Verkehrsverständnis haben könnte, im Rahmen der Schutzfähigkeitsprüfung nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 [X.] nicht anzustellen. Die Prüfung hat vielmehr abstrakt von der (möglichen) Präsentation des Zeichens allein anhand seines konkreten Sinngehalts und der beanspruchten Waren und Dienstleistungen zu erfolgen, zumal die Frage der tatsächlichen Verwendungsmöglichkeiten im maßgeblichen Waren- und Dienstleistungszusammenhang rein spekulativ sind und im Registerverfahren regelmäßig auch nicht abschließend überblickt werden können (siehe dazu auch die [X.]sentscheidung, [X.], 922, 925, letzter Absatz - Neuschwanstein).

Soweit sich die Anmelderin auf aus ihrer Sicht vergleichbare Voreintragungen beruft, ist auf die dazu ergangene und gefestigte Rechtsprechung des [X.] (vgl. [X.], 667 - Bild.[X.] u. [X.] unter Hinweis u. a. auf die Entscheidungen [X.] [X.], 229, [X.]. 47 - 51 - BioID; GRUR 2004, 674, [X.]. 42 - 44 - Postkantoor; GRUR 2004, 428, [X.]. 63 - [X.]), des [X.] (vgl. [X.], 1093, [X.]. 18 - [X.]) und des [X.] (vgl. z. B. [X.], 1175 - [X.]; [X.] 2010, 139 - [X.] und die [X.]sentscheidung [X.] 2010, 145 - Linuxwerkstatt) zur fehlenden Bindungswirkung von Voreintragungen zu verweisen. Inzwischen ist auch klargestellt, dass es keinen wesentlichen Verfahrensmangel i. S. v. § 70 Abs. 3 Nr. 2 [X.] darstellt, wenn die Markenstelle zur Eintragung ähnlicher Zeichen nicht im Einzelnen Gründe für eine differenzierte Beurteilung angibt und nicht dargelegt, dass sie die Voreintragungen für rechtswidrig hält ([X.] [X.] 2011, 68 - [X.]; vgl. auch die [X.]sentscheidung [X.] 2010, 145 ff. - Linuxwerkstatt).

2. Eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr an die Markeninhaberin gemäß § 71 Abs. 3 [X.] kommt offensichtlich nicht in Betracht.

Bei dieser Regelung handelt es sich um einen Ausnahmetatbestand, der nur bei Vorliegen besonderer Umstände und regelmäßig noch nicht einmal bei einfacher fehlerhafter Rechtsanwendung erfüllt ist (vgl. [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 71, Rdn. 43, 44). Vorliegend sind aber, wie den obigen Ausführungen unter Ziffer 1. zu entnehmen ist, keine Anzeichen für eine fehlerhafte Verfahrens- bzw. Sachbehandlung der Markenstelle gegeben.

3. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist nicht veranlasst. Es war weder eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden (§ 83 Abs. 2 Nr. 1 [X.]), noch ist die Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 83 Abs. 2 Nr. 2 [X.]). Der [X.] hat die Schutzfähigkeit der angemeldeten Marke anhand der insoweit von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien beurteilt. Dies gilt auch und gerade im Zusammenhang mit den Waren und Dienstleistungen, hinsichtlich derer der [X.] von einer fehlenden Unterscheidungskraft der angemeldeten Bezeichnung ausgeht.

Ein Zulassungsgrund ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des [X.] "[X.]" und der von der Anmelderin hieraus gewonnenen und vertretenen Auffassung, dass einem angemeldeten Zeichen bzw. einer Bezeichnung stets Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] zukomme, wenn es an einer Stelle (an der Ware bzw. an einer Verpackung) angebracht sei, an welcher der Verkehr nach den [X.] auf dem betreffenden [X.] üblicherweise eine Marke erwarte. Wie bereits ausgeführt, kann diese Schlussfolgerung aus der genannten Entscheidung offensichtlich nicht gezogen werden und ist weder mit der Gesetzeslage noch mit der gesamten übrigen Rechtsprechung sowohl des [X.] - auch in Entscheidungen nach "[X.]" (vgl. z. B. [X.] [X.], 1100, [X.]. 30 -[X.]!) - als auch des [X.] zum Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] in Einklang zu bringen. Insoweit vermag der [X.] auch keinen irgendwie gearteten [X.] bzw. [X.] unter einem der Gesichtspunkte des § 83 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 [X.] zu erkennen.

Meta

25 W (pat) 539/11

24.05.2012

Bundespatentgericht 25. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 24.05.2012, Az. 25 W (pat) 539/11 (REWIS RS 2012, 6068)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 6068

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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26 W (pat) 26/13

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