Bundesfinanzhof, Beschluss vom 20.12.2011, Az. VIII B 199/10

8. Senat | REWIS RS 2011, 201

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Gegenstand

Bezeichnung des Sendungsinhalts bei Zustellung durch die Behörde


Leitsatz

1. NV: Bei der Zustellung gemäß § 3 VwZG durch die Post ist die Bezeichnung des Sendungsinhalts seit dem Inkrafttreten des Zustellungsreformgesetzes nicht mehr Voraussetzung für die Wirksamkeit der Zustellung, sondern nur noch von Bedeutung für deren Nachweis .

2. NV: Für die Zustellung gemäß § 5 VwZG durch die Behörde gegen Empfangsbekenntnis gilt insoweit nichts anderes .

Gründe

1

Die Beschwerde ist nicht begründet. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--) liegen nicht vor.

2

1. Die Revision ist nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 [X.]O).

3

Das Urteil weicht insbesondere nicht von dem Urteil des [X.] ([X.]) vom 28. September 2000 [X.]/97 ([X.]E 193, 28, [X.] 2001, 211) ab. Der [X.] hat dort entschieden, dass der dem Finanzamt obliegende Beweis der rechtzeitigen Absendung nicht nach Anscheinsbeweisgrundsätzen geführt werden kann, wenn die Absendung des Bescheides nicht in einem Absendevermerk festgehalten ist. Die Entscheidung betrifft die Anwendung des § 169 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 der Abgabenordnung bei Fehlen eines Absendevermerks in den Steuerakten. Im Streitfall geht es zum einen nicht um den Beweis der rechtzeitigen Absendung, sondern um den Nachweis der Tatsache und des Zeitpunkts der rechtzeitigen Bekanntgabe, also des Zugangs. Eine Abweichung liegt zum anderen auch deshalb nicht vor, weil das Finanzgericht ([X.]) im Streitfall nicht nach [X.] entschieden hat, sondern aufgrund umfassender Beweiswürdigung.

4

2. Der geltend gemachte Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 [X.]O) einer Verletzung der Sachaufklärungspflicht liegt nicht vor.

5

Das [X.] war insbesondere nicht verpflichtet, den [X.] zur Aufklärung etwaiger Widersprüche oder Unklarheiten in dessen Aussage von Amts wegen noch einmal zu vernehmen. Es bedarf keiner Entscheidung, unter welchen Umständen ein Finanzgericht zur erneuten Einvernahme eines [X.] wegen verpflichtet sein könnte. Im Streitfall kam eine erneute Einvernahme des Zeugen schon deshalb nicht in Betracht, weil der Zeuge eindeutig bekundet hatte, sich an den konkreten Vorgang nicht erinnern zu können, so dass weitere Aufklärung von ihm nicht zu erwarten war. Außerdem haben die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) die Gelegenheit nicht genutzt, dem Zeugen die aus ihrer Sicht erforderlichen Fragen zu stellen; dazu bestand ausreichend Gelegenheit. Die Frage kann letztlich auf sich beruhen, weil die Kläger die Nichterhebung des Beweises auch nicht in der mündlichen Verhandlung gerügt haben, obwohl das [X.] zur mündlichen Verhandlung keine Zeugen geladen hatte. Sie könnten sich danach auf einen etwaigen Aufklärungsmangel nicht mit Erfolg berufen (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 115 Rz 101, m.w.N.).

6

3. Soweit die Kläger sinngemäß auch die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 [X.]O) geltend machen, indem sie die Frage aufwerfen, welche Anforderungen an die Bezeichnung des [X.] bei einer Zustellung gemäß § 5 des [X.] ([X.]) zu stellen sind, ist die Revision ebenfalls nicht zuzulassen. Die Bezeichnung des [X.] ist bei der Zustellung gemäß § 3 [X.] durch die Post nach der Reform des Zustellungsrechts durch das Gesetz zur Reform des Verfahrens bei Zustellungen im gerichtlichen Verfahren ([X.]) nicht mehr Voraussetzung für die Wirksamkeit der Zustellung, sondern nur noch für deren Nachweis (vgl. grundlegend Beschluss des [X.] vom 11. Juli 2005 [X.] 12/05, Neue Juristische Wochenschrift 2005, 3216). Für § 5 [X.] kann nichts anderes gelten. Vor diesem Hintergrund wäre die Frage im Streitfall nicht klärungsfähig. Denn das [X.] hat nicht angenommen, dass der Zustellvermerk (§ 5 Abs. 2 Satz 2 [X.]) als öffentliche Urkunde (§ 418 der Zivilprozessordnung) Beweis erbringt für den Inhalt des zugestellten geschlossenen Umschlags. Es hat vielmehr aus dem übrigen Gesamtergebnis des Verfahrens die Überzeugung gewonnen, dass sich jedenfalls der Einkommensteuerbescheid für 2001 in dem Umschlag befunden habe. Auf die (fehlende) Bezeichnung des [X.] auf dem Umschlag und die möglicherweise unvollständige Bezeichnung in der "[X.]" kam es deshalb für die Entscheidung nicht an.

Meta

VIII B 199/10

20.12.2011

Bundesfinanzhof 8. Senat

Beschluss

vorgehend FG Hamburg, 13. September 2010, Az: 3 K 97/09, Urteil

§ 115 Abs 2 Nr 1 FGO, § 3 VwZG, § 5 Abs 2 S 2 VwZG, § 122 Abs 5 AO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 20.12.2011, Az. VIII B 199/10 (REWIS RS 2011, 201)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 201

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