Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.11.2017, Az. 2 StR 387/17

2. Strafsenat | REWIS RS 2017, 3056

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:021117B2STR387.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 387/17
vom
2. November
2017
in der Strafsache
gegen

wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge

-
2
-
Der 2. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des Generalbun-desanwalts
und des Beschwerdeführers
am 2.
November
2017
gemäß §
349 Abs.
4
StPO beschlossen:

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 22.
Mai 2017 im [X.] mit den zugehö-rigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere [X.] des [X.] zurückverwiesen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ferner hat es seine Unterbringung in einer
Entziehungsanstalt angeordnet.
Die auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützte Revision des Ange-klagten wendet sich, rechtlich wirksam, alleine gegen die Anordnung der Unter-bringung in einer Entziehungsanstalt. Sie führt zur Aufhebung des [X.].
Die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entzie-hungsanstalt (§
64 StGB)
hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. 1
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3
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Die hinreichend konkrete Erfolgsaussicht (§
64 Satz
2 StGB) für die angeordne-te Maßregel ist unzureichend begründetet.

1. Nach den Feststellungen der [X.] konsumierte der zur Tatzeit 40-jährige Angeklagte seit seinem 15./16.
Lebensjahr Marihuana, seit seinem 19.
Lebensjahr Amphetamin, Ecstasy und Kokain und seit seinem 25.
Lebensjahr regelmäßig Heroin. Er ist seit 1998 vielfach wegen Betäu-bungsmittel-
bzw. Beschaffungsdelikten
vorbestraft. Zwischen 2003
und seiner letzten Entlassung aus der Strafhaft am 15.
Februar 2016
verbüßte er insge-samt mehr als siebeneinhalb Jahre Freiheitsstrafe. Mehrere Zurückstellungen einzelner Freiheitsstrafen mussten widerrufen werden. Langzeittherapien in den Jahren
2008, 2009 und 2011 führten nicht dazu, dass es dem Angeklagten gelang, länger
drogenfrei zu leben. Eine
nach der letzten Haftentlassung ange-ordnete Führungsaufsicht blieb fruchtlos. Der neuerlichen Verurteilung liegt die Beschaffung einer größeren Menge Heroin für den Eigenkonsum im November 2016 zugrunde.
Beruflich ist der Angeklagte seit 18 Jahren ohne Perspektive. Seine Lebenspartnerin, gleichzeitig
Mittäterin des durch die [X.] abge-urteilten Betäubungsmitteldelikts, ist ebenfalls seit vielen Jahren drogenabhän-gig.
2. Angesichts dieser außerordentlich ungünstigen Umstände, die gegen einen mehr als nur kurzfristigen Behandlungserfolg sprechen (vgl. [X.], StGB, 3. Aufl., § 64 Rn. 64 f. mwN),
ist alleine die vom Angeklagten gegenüber der Sachverständigen bekundete [X.] nicht geeig-net,
eine konkrete Erfolgsaussicht der angeordneten Maßregel im Sinne des
§ 64 Satz 2 StGB zu begründen.

Wenngleich nicht jedes Risiko, dass in einer Entziehungsanstalt ein nachhaltiger Behandlungserfolg nicht erzielt wird, zugleich
bedeutet, dass keine 4
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hinreichend konkrete Erfolgsaussicht besteht (vgl. [X.], Beschluss vom 22.
März 2017

3
StR 38/17, [X.], 283, 284), hätte
es der einge-henden Darlegung der für eine hinreichend konkrete Erfolgsaussicht sprechen-den Gesichtspunkte unter Mitteilung der diesbezüglichen Ausführungen der von der [X.] hinzugezogenen psychiatrischen Sachverständigen bedurft (st. Rspr.; vgl. [X.], Beschluss vom 27.
November 2014

5
StR 454/14, juris Rn.
6). Die [X.] wäre gehalten gewesen, das Risiko
eines Scheiterns der Behandlung -
als mehr oder weniger hoch bzw. gering
-
zu gewichten, um die [X.] nachvollziehbar zu bewerten. Dabei wären die im Urteilszeitpunkt gegebenen prognosegünstigen Faktoren (bekundete
Therapie-bereitschaft, relativ gute Deutschkenntnisse) gegen die prognoseungünstigen Faktoren (langjährige Drogenabhängigkeit, wiederholte Inhaftierung, mehrfache erfolglose Langzeittherapien, fehlender [X.] Empfangsraum und berufliche Perspektivlosigkeit) in die Beurteilung einzubeziehen gewesen.
Einer eingehenden Auseinandersetzung mit der Erfolgsprognose hätte es insbesondere auch deshalb bedurft, weil der Angeklagte primär eine Zurück-stellung nach §
35 BtMG erstrebt, die Sachverständige eine Therapienotwen-digkeit von zwei Jahren prognostiziert und die [X.] lediglich eine Begleitstrafe
von zwei Jahren und sechs Monaten verhängt hat. Unter Berück-sichtigung der bereits vollstreckten sieben Monate Untersuchungs-
und der noch erforderlichen Organisationshaft
würde
die erwartete Dauer der Maßregel die noch zu vollstreckende Restfreiheitsstrafe übersteigen. Vor diesem Hinter-grund bedurfte die gegenüber der Sachverständigen geäußerte Therapiebereit-schaft des Angeklagten einer näheren Erörterung, da diese angesichts des an-geklagten Vorwurfs des bewaffneten Handeltreibens möglicherweise vor dem Hintergrund einer höheren Straferwartung durch den Angeklagten erklärt [X.] war.
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5
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3. Über die Frage der Unterbringung des Angeklagten in einer Entzie-hungsanstalt muss deshalb -
wiederum unter Hinzuziehung eines [X.] (§ 246a StPO)
-
neu verhandelt und entschieden werden.
Appl

Krehl

Eschelbach

Zeng

Schmidt

8

Meta

2 StR 387/17

02.11.2017

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.11.2017, Az. 2 StR 387/17 (REWIS RS 2017, 3056)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 3056

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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