Bundesgerichtshof, Beschluss vom 22.08.2019, Az. 1 StR 205/19

1. Strafsenat | REWIS RS 2019, 4237

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Gegenstand

Beuteverteilung bei der Hehlerei durch eine Kontoüberweisung


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten E.         wird das Urteil des [X.] vom 11. Dezember 2018, soweit es diesen Angeklagten betrifft,

a) in den Fällen [X.] und [X.] 11. der Urteilsgründe,

b) im gesamten Strafausspruch und

c) im Ausspruch über die Anordnung der Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 900 € (Fall [X.] der Urteilsgründe) und 43.244 € (Fall [X.] 11. der Urteilsgründe)

mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

2. Die weitergehende Revision des Angeklagten E.         sowie die Revisionen der Angeklagten P.     und [X.]               gegen das vorgenannte Urteil werden als unbegründet verworfen.

3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels des Angeklagten E.         , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

4. Die Angeklagten P.     und [X.]               haben jeweils die Kosten ihrer Rechtsmittel zu tragen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten [X.]     wegen schweren Bandendiebstahls in Tateinheit mit Sachbeschädigung, wegen gewerbsmäßiger Bandenhehlerei und wegen gewerbsmäßiger Hehlerei unter Teilfreisprechung im Übrigen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Gegen den Angeklagten [X.]     hat es wegen schweren Bandendiebstahls in Tateinheit mit Sachbeschädigung in zwei Fällen und wegen Diebstahls mit Sachbeschädigung in sechs Fällen eine Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verhängt. Den Angeklagten [X.]hat das [X.] wegen schweren Bandendiebstahls in Tateinheit mit Sachbeschädigung in zwei Fällen und wegen Diebstahls mit Sachbeschädigung in fünf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Zudem hat es [X.] getroffen. Die gegen seine Verurteilung gerichtete Revision des Angeklagten [X.]     , mit der er die Verletzung sachlichen Rechts beanstandet, hat den aus der [X.] ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist sein Rechtsmittel und sind die jeweils auf die Sachrüge gestützten Revisionen der Angeklagten [X.]und [X.]     unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

I. Revision des Angeklagten E.

2

1. Die Verurteilung des Angeklagten [X.]     wegen gewerbsmäßiger Bandenhehlerei im Fall [X.] der Urteilsgründe und wegen gewerbsmäßiger Hehlerei im Fall [X.] 11. der Urteilsgründe hält der sachlichrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Der [X.] hat hierzu zutreffend ausgeführt:

"a) Hinsichtlich der Tat Ziff. 5 ([X.] f.) vermögen die Feststellungen eine Verurteilung wegen gewerbsmäßiger Bandenhehlerei (§ 259 Abs. 1, § 260a Abs. 1 [X.]) nicht zu tragen.

aa) Nach den Feststellungen hat der Angeklagte der zuvor getroffenen [X.] entsprechend ([X.]) ʹbei der Verteilung der Beute aus dieser [X.] geholfen, indem er am 7. März 2017 an [X.], die Tochter des Angeklagten [X.]     , 400 € überwies ([X.] 12).

bb) Diesen Feststellungen lässt sich nicht entnehmen, dass der Angeklagte eine der in § 259 Abs. 1 [X.] genannten [X.] erfüllt hat.

(1) Insbesondere hat der Angeklagte die [X.] nicht einem Dritten verschafft, indem er 400 € an [X.] überwiesen hat. Denn dadurch hat [X.] nicht das entwendete Geld aus [X.] erlangt, sondern einen Auszahlungsanspruch gegenüber der das [X.] führenden Bank. Hierbei handelt es sich schon nicht um einen körperlichen Gegenstand im Sinne des § 90 BGB und damit nicht um ein nach § 259 Abs. 1 [X.] taugliches Tatobjekt ([X.], [X.], 66. Aufl., § 259 Rn. 2; MüKo[X.]/ [X.], 3. Aufl., § 259 Rn. 15; [X.], § 259 Rn. 5). Auch ist der Auszahlungsanspruch nicht mit dem Geld aus [X.] identisch. Die sogenannte Ersatzhehlerei wird durch § 259 Abs. 1 [X.] nicht erfasst ([X.] [,Beschluss vom 31. Oktober 2018 - 2 [X.] Rn. 53, [X.]St 63, 228] NJW 2019, 1311; [Urteil vom 12. Mai 1956 - 4 StR 60/56,] [X.]St 9, 137 [,139]; [X.] [,Urteil vom 23. April 1969 - 3 [X.],] NJW 1969, 1260 [,1261]; [X.], [X.], 66. Aufl., § 259 Rn. 7; MüKo[X.]/[X.], 3. Aufl., § 259 Rn. 51 f.; S/[X.], [X.], 30. Aufl., § 259 Rn. 12 f.; [X.]/Kühl, [X.], 29. Aufl., § 259 Rn. 8; [X.], § 259 Rn. 13). Dasselbe gilt für die Überweisung i.H.v. 500 € an die Mutter des Angeklagten ([X.] 22). Dass der Angeklagte sonst einem Dritten [X.] verschafft hätte, lässt sich den Urteilsgründen nicht entnehmen. Insbesondere geben die Urteilsgründe nichts dafür her, dass der Angeklagte das entwendete Geld vor den Überweisungen bei seiner Bank einzahlen ließ (vgl. [X.], Urteil vom 21. Dezember 1988 - 2 StR 508/88 [Rn. 2]).

(2) Den Urteilsgründen kann zudem nicht - auch nicht im Gesamtzusammenhang - entnommen werden, dass der Angeklagte sich das entwendete Geld aus [X.] oder einen Teil davon verschafft hat. Denn dazu wäre erforderlich, dass er im Einverständnis mit den [X.] tatsächlich eigene Sachherrschaft über das entwendete Geld erlangt hat in dem Sinn, dass er über die Sache als eigene oder zu eigenen Zwecken verfügen konnte und dies auch wollte ([X.], [X.], 66. Aufl., § 259 Rn. 15). Dem Umstand, dass der Angeklagte geholfen hat, die Beute zu verteilen, lässt sich das nicht entnehmen. Das [X.] erblickt die Beuteverteilung in der vorgenommenen Überweisung an [X.] ([X.]), weshalb schon unklar bleibt, ob der Angeklagte überhaupt (Mit-)Besitz an dem entwendeten Geld hatte. Dass dem Angeklagten aus der Tat in irgendeiner Form Vermögen zugewachsen ist, das es ihm erst ermöglicht hat, die Überweisungen über insgesamt 900 € vorzunehmen ([X.] 22), genügt nicht. Dem Umstand, dass er sich und einem Dritten, wie in der rechtlichen Würdigung ausgeführt wird ([X.] 43), Gelder verschafft hat, welche aus der Tat stammen, lässt sich auch nicht eindeutig entnehmen, dass es sich hierbei um mit dem entwendeten Geld identisches Geld handelt.

(3) Auch die übrigen [X.] des § 259 Abs. 1 [X.] kommen nicht in Betracht.

cc) Die Feststellungen reichen auch nicht aus, um eine Beteiligung des Angeklagten an der Vortat, dem Diebstahl in Tateinheit mit Sachbeschädigung ([§ 242 Abs. 1,] § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, 2 und 3, § 303 Abs. 1 [X.]) in der Bäckerei B.     ([X.]), zu belegen.

(1) Zwar sollte sich der Angeklagte nach der jedenfalls vor der Tat Ziff. 5 der Urteilsgründe getroffenen [X.] jeweils [sowohl] um die Tatvorbereitung und den Transport der tatbeteiligten Personen zum und vom [X.] als auch um die Beuteverteilung kümmern ([X.]).

(2) Die [X.] hat aber nicht zwingend zur Folge, dass der Angeklagte Beteiligter hinsichtlich einer zu ihrer Ausführung begangenen Tat ist. ..."

3

Insoweit fehlt es bereits an Feststellungen, welche Beiträge der Angeklagte [X.]     zum Diebstahl im Fall [X.] der Urteilsgründe leistete und wie er selbst die [X.] in diesem Einzelfall umsetzte. Weder eine Fahrt zum oder vom [X.] noch das Stellen von Einbruchswerkzeug ist festgestellt. Auch eine Beteiligung durch psychische Beihilfe, etwa durch die Zusage, die [X.] zu verteilen, ist für diese Einzeltat nicht belegt: Ob dies den Angeklagten [X.]     und den unbekannt gebliebenen Mittäter in ihrem Vorhaben bestärkte (vgl. [X.], Beschlüsse vom 1. Februar 2011 - 3 StR 432/10 Rn. 12 und vom 18. Februar 2004 - 2 [X.] Rn. 9), ist nicht ausgeführt. Zum Zeitpunkt der Überweisungen war die Vortat bereits beendet.

4

b) Seinen Aufhebungsantrag bezüglich der Verurteilung wegen gewerbsmäßiger Hehlerei hat der [X.] zutreffend wie folgt begründet:

"Auch die Feststellungen hinsichtlich der Tat Ziff. 11 ([X.] 14) vermögen eine Verurteilung wegen gewerbsmäßiger Hehlerei gemäß § 259 Abs. 1, § 260 Abs. 1 Nr. 1 [X.] nicht zu tragen.

aa) Nach den Feststellungen hat der Angeklagte [X.] der Tat in Kenntnis des zuvor erfolgen Einbruchs die Beute teilweise an die [X.] verteilt und [X.] davon durch Dritte nach [X.] schaffenʹ lassen ([X.] 14).

bb) Auch diesen Feststellungen lässt sich nicht entnehmen, dass der Angeklagte eine der in § 259 Abs. 1 [X.] genannten [X.] erfüllt hat.

(1) Einem Dritten wird das Tatobjekt der Hehlerei verschafft, wenn die wirtschaftliche Verfügungsgewalt über die Sache nicht auf den Täter übergeht, sondern durch das Handeln des [X.] unmittelbar vom Vorbesitzer an einen dritten Erwerber weitergeleitet wird oder der Täter das [X.], ohne selbst Besitz an ihm zu erlangen, in seinem Interesse unmittelbar einem Dritten zukommen lässt ([X.], [Urteil vom 8. März 2012 - 4 StR 629/11 Rn. 9, [X.]R [X.] § 259 Abs. 1 Sichverschaffen 12,] NStZ-RR 2012, 247).

(1.1) Soweit der Angeklagte die Beute an Tatbeteiligte verteilt hat, handelt es sich hierbei möglicherweise um Vortäter. § 259 Abs. 1 [X.] unterschiedet im objektiven Tatbestand den Vortäter als ʹanderenʹ von dem [X.], dem die Sache verschafft werden kann ([X.] [,Urteil vom 18. Mai 1995 - 4 StR 41/95 Rn. 8-10, [X.]R [X.] § 259 Abs. 1 Absatzhilfe 6,] NStZ 1995, 595), weshalb ein Verschaffen an den Vortäter nicht unter den Tatbestand des § 259 Abs. 1 [X.] fällt.

(1.2) Soweit der Angeklagte Teile durch Dritte nach [X.] verschaffen ließ, hat er ihnen die Beute nicht verschafft, weil sie keine wirtschaftliche Verfügungsgewalt über die Beutestücke erhalten, sondern diese nur nach [X.] verbringen sollten.

(1.3) Dass der Angeklagte die Beutestücke dritten Personen in [X.] verschafft hat, wird durch die Feststellungen nicht belegt und ergibt sich auch nicht aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe. Der Beweiswürdigung ([X.] 41) ist nur zu entnehmen, dass er sich über SMS-Nachrichten und Telefonate mit einem oder zwei verschiedenen anderen Tatbeteiligten über die Verteilung der Beute stritt, wobei auch eine [X.] Telefonnummer verwendet wurde.

(2) Die Feststellungen belegen auch nicht, dass er sich selbst einen Teil der Beute verschafft hat. Denn zwar hatte er Zugang zu der [X.], die sich in der von ihm und seinem Bruder, dem Mitangeklagten [X.], bewohnten Wohnung befand ([X.] 14, 40). Den [X.] ist aber nicht zu entnehmen, dass er unabhängig von den [X.], insbesondere unabhängig [von] seinem Bruder [X.], allein über die jeweiligen Beutestücke verfügen konnte ([X.], Beschluss vom 18. Februar 2004 - 2 [X.] [Rn. 7, [X.]R [X.] § 259 Abs. 1 Sichverschaffen 11]; Beschluss vom 28. April 1998 - 4 StR 167/98 [Rn. 3 f.]). Vielmehr war er nach den im Rahmen der Beweiswürdigung aufgeführten Telefonaten und [X.] hierzu gerade nicht ermächtigt ([X.] 41).

(3) Die weiteren [X.] des § 259 Abs. 1 [X.] kommen nach den getroffenen Feststellungen nicht in Betracht.

cc) Eine Beteiligung an der Vortat, dem Diebstahl in Tateinheit mit Sachbeschädigung ([§ 242 Abs. 1,] § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 3, § 303 Abs. 1 [X.]) in dem Juweliergeschäft [X.]([X.] 14), wird von den Feststellungen nicht getragen. Insbesondere konnte sich die [X.] nicht die Überzeugung verschaffen, dass der Angeklagte den bei der Tat verwendeten Vorschlaghammer beschafft hat ([X.] 40)."

5

2. Die Aufhebung der Verurteilung in den Fällen [X.] und [X.] 11. der Urteilsgründe bedingt die Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs und der zughörigen [X.] (§ 73 Abs. 1, § 73c Satz 1 [X.]). Auch die wegen des schweren Bandendiebstahls im Fall [X.] 9. der Urteilsgründe verhängte [X.] hat keinen Bestand. Denn das [X.] hat auch in diesem Einzelfall straferschwerend die [X.] und den gesamten Sachschaden aus allen drei Taten berücksichtigt.

II. Revisionen der Angeklagten [X.]und [X.]

6

Die Revisionen der beiden Mitangeklagten [X.]und [X.]     sind unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO). Der Senat sieht bei den [X.] keine zum Eingriff nötigende Beschwer darin, dass eine gesamtschuldnerische Haftung mit unbekannt gebliebenen Mittätern nicht tenoriert worden ist. Die Einwendung der Erfüllungswirkung (§ 422 Abs. 1 Satz 1 BGB) im Falle der erfolgreichen Inanspruchnahme solcher Mittäter durch den Staat wird den Angeklagten durch die unterlassene Tenorierung nicht genommen.

III.

7

Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat vorsorglich auf Folgendes hin: Sollte das neue Tatgericht in den Fällen [X.] und [X.] 11. der Urteilsgründe konkrete Beiträge des Angeklagten [X.]     zu den [X.] - was vorrangig aufzuklären ist - nicht feststellen, wird es zu prüfen haben, ob dieser Beschwerdeführer durch die Überweisungen etwa den Straftatbestand der Begünstigung (§ 257 [X.]) oder der Geldwäsche (§ 261 [X.]) erfüllte; für diesen Fall wird zu beachten sein, ob solche Anschlusstaten von der Anklageschrift (§ 264 StPO) umfasst sind.

Jäger     

        

Bellay     

        

Hohoff

        

Leplow     

        

Pernice     

        

Meta

1 StR 205/19

22.08.2019

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Nürnberg-Fürth, 11. Dezember 2018, Az: 374 Js 17865/17 jug KLs

§ 259 Abs 1 StGB, § 260a StGB, § 90 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 22.08.2019, Az. 1 StR 205/19 (REWIS RS 2019, 4237)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 4237

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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