Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.05.2014, Az. I ZR 137/12

I. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 5544

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
I [X.]
Verkündet am:

15. Mai
2014

Führinger

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

[X.]
UWG § 4 Nr. 11; Berufsordnung für Ärzte der [X.] § 18 Abs. 1 Satz 3 Fall 1; [X.] Art. 12 Abs. 1
Die Bestimmung des §
18 Abs.
1 Satz
3 Fall
1 der Berufsordnung für Ärzte der [X.], wonach eine Umgehung des §
31 der Berufsordnung und damit kein gemäß §
18 der Berufsordnung zulässiger Zusammenschluss zur gemeinsamen Ausübung des [X.] insbesondere dann vorliegt, wenn sich der Beitrag des Arztes auf das Erbringen medizinisch-technischer Leistungen auf Veranlassung der übrigen Mitglieder einer [X.] beschränkt, ist mit der durch Art.
12 Abs.
1 [X.] gewährleisteten Berufsausübungsfreiheit unvereinbar und deshalb nichtig.
[X.], Urteil vom 15. Mai 2014 -
I [X.] -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-
Der [X.]
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 22.
Januar 2014 durch die Richter Prof. Dr.
Büscher, Pokrant, Prof. Dr.
Schaffert, Dr.
Koch und Dr.
Löffler

für Recht erkannt:

Auf die Revision der [X.]n wird das Urteil des 6.
Zivilsenats des [X.] vom 27.
Juni 2012 im Kosten-punkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der [X.]n erkannt worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Be-rufungsgericht
zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die [X.] ist eine Partnerschaftsgesellschaft,
der
30
Ärzte
angehören, darunter vier Radiologen. Die Partner haben sich in §
2 Nr.
1 des [X.] außerhalb ihrer bisherigen Praxis zusätzlich zur gemeinsamen standortübergreifenden Erbringung privatärztlicher Leistungen verbunden. Ge-mäß
§
2 Nr.
4 des [X.] erbringen sie die Leistungen nach 1
-
3
-
den jeweiligen Normen der privatärztlichen Abrechnungen, sind alle dem jewei-ligen Fachgebiet und Beruf vorbehaltenen privatmedizinischen Leistungsmög-lichkeiten gemeinsamer Leistungsinhalt
und werden diese Leistungen im [X.] der Gesellschaft abgerechnet. Nach §
6 Nr.
2 des [X.] wird ein Prozent des von der Partnerschaft erzielten Gewinns vorab nach Köp-fen
und
der Rest nach
dem persönlich erbrachten Anteil an den gemeinschaftli-chen Leistungen verteilt. Dabei
stellt
die Anordnung einer Leistung, [X.] aus den Bereichen der Laboratoriumsmedizin, der Pathologie und der bild-gebenden Verfahren,
keinen solchen Leistungsanteil dar.

Die Klägerin, die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren [X.], hält die Beteiligung der Radiologen an der [X.]n für unzulässig, weil sie der Umgehung des §
31 der Berufsordnung für Ärzte der [X.] (im Weiteren: Berufsordnung) diene, wonach
Ärzte für die Zuweisung von Patienten weder Vorteile gewähren noch
sich versprechen [X.] dürfen.

Das [X.] hat die von der Klägerin deswegen erhobene Klage ab-gewiesen ([X.], Urteil vom 22.
Dezember 2010
3
O
13/10, juris).

Im zweiten Rechtszug hat die Klägerin -
soweit für die Revisionsinstanz von Bedeutung
-
beantragt,

1.
es der [X.]n
unter Androhung von
[X.]
zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des [X.]
mit Radiologen eine ärztliche Teilberufsausübungsgemeinschaft gemäß §
18 der Berufsordnung der [X.] zu betreiben und/oder betrei-ben zu lassen,
soweit deren Beitrag nicht über das Erbringen medizinisch-technischer Leistungen auf Veranlassung der übrigen Partner der ärztlichen Teilberufsausübungsgemeinschaft hinausgeht,

hilfsweise,
2
3
4
-
4
-

2.
es der [X.]n unter Androhung von [X.] zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des [X.] mit Radiologen eine ärztliche Teilberufsausübungsgemeinschaft gemäß §
18 der Berufsordnung der [X.] zu betreiben und/oder betrei-ben zu lassen, soweit deren Beitrag nicht über die Durchführung von [X.] und/oder [X.] und/oder [X.] und/oder Magnetresonanztomographien des Herzens und/oder Mamma-Magnetresonanztomographien auf Veranlas-sung der übrigen Partner der ärztlichen Teilberufsausübungsgemeinschaft hinausgeht.

Die Klägerin hat in der Berufungsinstanz zwei
weitere Hilfsanträge (Un-terlassungsanträge zu
3 und 4) gestellt, mit denen sie das Verbot zusätzlich darauf gestützt hat, dass der Gewinn ohne Grund in einer Weise verteilt wird, die nicht dem Anteil der von den Ärzten persönlich erbrachten Leistungen ent-spricht.

Das Berufungsgericht hat dem ersten Antrag stattgegeben ([X.], WRP 2012, 1434).

Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, erstrebt die [X.] weiterhin die
vollständige Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe:

[X.] Das Berufungsgericht hat die
auf
Unterlassung gerichtete Klage als mit dem ersten Antrag begründet angesehen
und
dazu ausgeführt:

Die [X.] verstoße gegen §
18 Abs.
1 Satz
3 Fall
1
der Berufsord-nung, weil der Beitrag der der Partnerschaft angehörenden Radiologen nach 5
6
7
8
9
-
5
-
dem Ergebnis der Berufungsverhandlung allein in [X.] bestehe, die auf Veranlassung der anderen Gesellschafter vorgenommen [X.].

Die Regelung des
§
18 Abs.
1 Satz
3 Fall
1
der Berufsordnung
sei durch sachgerechte und vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls gerechtfertigt und verfassungsrechtlich daher nicht zu beanstanden. Im
Gesundheitswesen seien
Maßnahmen gegenüber dem Patienten grundsätzlich allein am
medizinisch Sinnvollen auszurichten. Ausprägungen dieses Grundsatzes fänden sich für den Bereich des Kassenarztrechts in §
73 Abs.
7 SGB
V sowie
in den
§§
31
und
33
bis
35
der Berufsordnung. Das
Kassenarztrecht begegne
der von einer gesellschaftsrechtlichen Zusammenarbeit ausgehenden Missbrauchsgefahr durch die Regelung im inhaltlich mit §
18 Abs.
1 Satz
3
der Berufsordnung
übereinstimmenden §
33 Abs.
2 Satz
3 der Zulassungsverordnung für Ver-tragsärzte (Ärzte-ZV). Das Risiko einer Umgehung des Verbots
der entgeltli-chen Zuweisung von
Patienten sei besonders hoch, wenn sich der Beitrag [X.] eines Gesellschafters bei [X.]en auf die Erbringung medizinisch-technischer Leistungen beschränke. §
18 Abs.
1 Satz
3 Fall
1
der Berufsordnung
sei eine nationale Regelung für reglementierte Berufe im Sinne von Art.
2 Buchst.
l der Richtlinie 2005/29/[X.] über unlautere [X.], die damit nach Art.
3 Abs.
8 dieser Richtlinie von ihr unberührt bleibe. Die fragliche Bestimmung der Berufsordnung rechtfertige als
Marktver-haltensregelung im Sinne von §
4 Nr.
11 UWG das beantragte [X.], in dem
auch das Charakteristische der konkreten Verletzungsform zum Ausdruck komme.

I[X.]
Die hiergegen gerichtete Revision der [X.]n ist begründet und führt zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die von der Klägerin im zweiten Rechtszug gestellten [X.] zu
1 und 2 sind 10
11
-
6
-
zwar hinreichend bestimmt im Sinne von §
253 Abs.
2 Nr.
2 ZPO
(dazu un-ter
II
1). Die Beurteilung des Berufungsgerichts, der zuerkannte
Unterlassungs-anspruch
sei aus §§
8, 3, 4 Nr.
11 UWG in Verbindung mit §
18
Abs.
1 Satz
2 und
3 Fall
1
der
Berufsordnung
begründet, hält der rechtlichen Nachprüfung jedoch nicht stand; diese Bestimmung der Berufsordnung ist mit der durch Art.
12
Abs.
1 [X.] gewährleisteten Berufsausübungsfreiheit unvereinbar und nichtig
(dazu unter
II
2).

1. Die nach rechtskräftiger Abweisung der Klage mit dem von der Kläge-rin ursprünglich gestellten Unterlassungshauptantrag in Rede stehenden
[X.] zu
1 und 2 sind hinreichend bestimmt im Sinne von §
253 Abs.
2 Nr.
2 ZPO. Der Umstand, dass diese Anträge sehr weitgehend an den Wortlaut des §
18 Abs.
1 Satz
3 Fall
1 der Berufsordnung angelehnt sind, steht dem nicht entgegen.

a) Nach ständiger Rechtsprechung darf ein Verbotsantrag im Hinblick auf §
253 Abs.
2 Nr.
2 ZPO nicht derart undeutlich gefasst sein, dass Gegenstand und Umfang der Entscheidungsbefugnis des Gerichts (§
308 Abs.
1 ZPO) nicht erkennbar abgegrenzt sind, sich der [X.] deshalb nicht erschöpfend [X.] kann und letztlich die Entscheidung darüber, was dem [X.]n verbo-ten ist, dem Vollstreckungsgericht überlassen bleibt. Aus diesem Grund sind insbesondere [X.], die lediglich den Wortlaut eines Gesetzes wiederholen, grundsätzlich als zu unbestimmt und damit unzulässig anzusehen. Etwas anderes kann dann gelten, wenn entweder
bereits der gesetzliche [X.] selbst entsprechend eindeutig und konkret gefasst
ist
oder wenn der Anwendungsbereich einer Rechtsnorm durch eine gefestigte Auslegung geklärt ist oder wenn der Kläger hinreichend deutlich macht, dass er nicht ein
Verbot im Umfang des Gesetzeswortlauts beansprucht, sondern sich mit sei-nem Unterlassungsbegehren an der konkreten Verletzungshandlung orientiert. 12
13
-
7
-
Die Bejahung der Bestimmtheit setzt in solchen Fällen allerdings grundsätzlich voraus, dass zwischen den [X.]en kein Streit darüber besteht, dass das be-anstandete Verhalten das fragliche Tatbestandsmerkmal erfüllt ([X.], Urteil vom 2.
Februar 2012
I
ZR
81/10, [X.], 945 Rn.
16 = WRP 2012, 1222

Tribenuronmethyl).

b) Nach diesen Maßstäben sind die im Streitfall in Rede stehenden Un-terlassungsanträge zu
1 und 2 als hinreichend bestimmt anzusehen. Zwischen den [X.]en besteht vorliegend kein Streit darüber, dass die [X.] eine [X.] im Sinne des §
18 der Berufsordnung betreibt, dass an dieser Gemeinschaft Radiologen als Partner beteiligt sind und diese auf Veranlassung der übrigen Partner medizinisch-technische Leistungen er-bringen. Die [X.]en streiten
in tatsächlicher Hinsicht vielmehr allein darüber, inwieweit
die Radiologen den anderen der [X.]n angehörenden Ärzten
be-ratend zur Seite stehen und Meinungen zu "[X.]" und "[X.]" äußern. [X.] wird keine Unsicherheit in den Rechtsstreit hineingetragen, die zu ei-ner
Unbestimmtheit der Anträge führt. Soweit zwischen den [X.]en weiterhin Streit darüber besteht, ob die betreffenden Tätigkeiten der der [X.]n [X.] Radiologen mangels Abrechenbarkeit außer Betracht bleiben müs-sen, geht es um Rechtsfragen, zu denen sich gegebenenfalls das Gericht zu äußern hätte. Auf die Bestimmtheit der Klageanträge ist dies ohne Einfluss.

2. Die Revision wendet sich jedoch mit
Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, die in §
18 Abs.
1 Satz
3 Fall
1
der Berufsordnung
enthalte-ne Regelung sei durch sachgerechte und vernünftige Erwägungen des [X.] gerechtfertigt und daher verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Die
vom Berufungsgericht insoweit vorgenommene
Beurteilung ist mit der in
14
15
-
8
-
Art.
12
Abs.
1 [X.] grundrechtlich verbürgten Berufsausübungsfreiheit unverein-bar.

a) Nach §
18 Abs.
1 Satz
1 der Berufsordnung dürfen sich Ärzte zu [X.] zusammenschließen. Der Zusammenschluss von Ärzten zur gemeinsamen Berufsausübung
kann nach §
18 Abs.
1 Satz
2 der Berufsordnung zum Erbringen einzelner Leistungen erfolgen, wenn er nicht lediglich einer Umgehung des in §
31 der Berufsordnung
geregelten Verbots dient. §
31 der Berufsordnung regelt die unerlaubte Zuweisung. Danach
ist es Ärzten nicht gestattet,
ein Entgelt oder andere Vorteile für die Zuweisung von Patienten sich versprechen oder gewähren zu lassen oder selbst zu verspre-chen oder zu gewähren. Diese Bestimmungen
haben ihre Grundlage in §
31 Abs.
2 Nr.
7 und 11 des [X.]. Da-nach können
die Berufsordnungen Vorschriften über die gemeinsame Aus-übung der Berufstätigkeit sowie
über das berufliche Verhalten gegenüber ande-ren Berufsangehörigen und die Zusammenarbeit zwischen Berufsangehörigen und Angehörigen anderer Berufe enthalten. Sie dienen dem Zweck, die Unab-hängigkeit ärztlicher Entscheidungen von merkantilen Erwägungen zu [X.] (vgl. [X.] in [X.]/[X.], Kommentar zur Musterberufsordnung der [X.] Ärzte [[X.]], 5.
Aufl., §
31 Rn.
1) und unterliegen
damit
-
was auch beide Vorinstanzen angenommen haben und
wovon ebenfalls die Revision ausgeht
-
keinen
rechtlichen Bedenken.
Dasselbe gilt grundsätzlich auch für die Regelung in §
18 Abs.
1 Satz
3 Fall
2 der Berufsordnung,
wonach eine Umge-hung des §
31 der Berufsordnung
dann vorliegt, wenn der Gewinn einer [X.] ohne Grund in einer Weise verteilt wird, die nicht dem Anteil der jeweiligen
persönlich erbrachten Leistungen entspricht.
Eine solche ungleichmäßige Gewinnverteilung wird regelmäßig auf
eine Umge-hung
des Verbots
der Gewährung von unzulässigen Vorteilen nach §
31 der Berufsordnung hinweisen. Entsprechendes gilt ferner für die Bestimmung des 16
-
9
-
§
18 Abs.
1 Satz 4 der Berufsordnung, wonach die Anordnung einer Leistung aus den Bereichen der Labormedizin, der Pathologie und der bildgebenden Verfahren, keinen Leistungsanteil im Sinne von §
18 Abs.
1 Satz
3 der Berufs-ordnung darstellt.
Diese Regelung
verhindert, dass eine Zuweisung von Patien-ten oder Untersuchungsmaterial, für die bei nicht miteinander kooperierenden Ärzten keine Vorteile versprochen oder gewährt werden dürfen, innerhalb von beruflichen Kooperationen als zu vergütende Leistung behandelt werden kann.

b) Mit der in
Art.
12 Abs.
1
[X.] grundrechtlich verbürgten Berufsaus-übungsfreiheit unvereinbar und deshalb unwirksam ist dagegen die Regelung in
§
18 Abs.
1 Satz
3 Fall
1
der Berufsordnung, wonach eine Umgehung des §
31
der Berufsordnung
und damit kein gemäß §
18 der Berufsordnung zulässiger
Zusammenschluss zur gemeinsamen Ausübung des [X.] immer dann vorliegt, wenn sich der Beitrag des Arztes auf das Erbringen medizinisch-technischer Leistungen auf Veranlassung der übrigen Mitglieder einer [X.] beschränkt.
Da es sich bei der Berufsordnung nicht um ein förmliches Landesgesetz handelt, ist insoweit keine Entscheidung des [X.] gemäß Art.
100 Abs.
1 [X.] einzuholen (vgl. Sturm/[X.] in [X.], [X.], 6.
Aufl., Art.
100 Rn.
7 mwN).
Vielmehr hat der Senat über die Vereinbarkeit der in Rede stehenden Bestimmung mit dem Grundgesetz selbst zu entscheiden.

aa)
Nach §
18 Abs.
1 Satz
3 Fall
1 der Berufsordnung kann sich ein Arzt, der auf Veranlassung anderer Ärzte medizinisch-technische Leistungen er-bringt, nur dann
an einer von den ihn beauftragenden Ärzten betriebenen [X.] beteiligen, wenn sich sein Leistungsanteil
nicht auf das Erbringen solcher medizinisch-technischer Leistungen beschränkt. Auf die Frage, ob der Gewinn entsprechend dem Anteil der jeweiligen persönlich erbrachten Leistungen verteilt wird, kommt es in diesem Zusammenhang nicht 17
18
-
10
-
an. Die Berufsordnung fingiert damit eine Umgehung des §
31 mit der Folge eines Verbots einer [X.] auch in Fällen, in [X.] eine unerlaubte Zuweisung nach den erkennbaren Umständen nicht vor-liegt.

bb) Die in §
18 Abs.
1 Satz
3 Fall
1 der Berufsordnung enthaltene Rege-lung stellt danach
nicht nur einen
Eingriff
in die Vertragsfreiheit der betroffenen Ärzte dar (vgl. [X.]/Halbe/[X.], [X.], 2.
Aufl., S.
126
ff.; [X.]/[X.], [X.], 24, 29), sondern verletzt auch deren durch Art.
12
Abs.
1 [X.] gewährleistete Berufsausübungsfreiheit.

(1) Die Bestimmung des §
18 Abs.
1 Satz
3 Fall
1 der Berufsordnung greift in die durch Art.
12 Abs.
1 [X.] geschützte Berufsausübungsfreiheit ein. Sie schließt unter den näher bezeichneten Voraussetzungen eine Beteiligung von Ärzten, die medizinisch-technische Leistungen erbringen, an [X.]en mit anderen Ärzten aus. Zur Berufsausübung gehört das Recht, sich beruflich zusammenzuschließen ([X.] 54, 237, 246; 80, 269, 278; 108, 150, 165). Die beklagte Partnerschaftsgesellschaft, in der sich Radiologen mit anderen Ärzten zusammengeschlossen haben, kann sich gemäß Art.
19 Abs.
3 [X.] auf den Schutz dieses Grundrechts ebenfalls berufen, weil Art.
12 Abs.
1 [X.] seinem Wesen nach auf juristische Personen
des Privat-rechts und diesen
gleichstehende Personengesellschaften des Privatrechts an-wendbar ist ([X.] 23, 208, 223; 50, 290, 363; 53, 1, 13; 97, 228, 253; 102, 197, 212
f.). Im vorliegenden Fall ist die [X.] auch selbst durch die [X.], die sich in ihr zusammenschließen können, in ihrem Recht auf freie Berufsausübung beeinträchtigt.

Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit sind nur dann mit Art.
12 Abs.
1 [X.] vereinbar, wenn sie vernünftigen Zwecken des Gemeinwohls dienen und 19
20
21
-
11
-
den Berufstätigen nicht übermäßig oder unzumutbar treffen, also dem Grund-satz der Verhältnismäßigkeit genügen (vgl. [X.], [X.] vom 1.
Juni 2011
1
BvR
233/10 und 235/10, [X.], 838, 839 =
[X.], 1438
Zahnarzt für Implantologie; [X.] vom 14.
Juli 2011

1
BvR
407/11, [X.], 72, 73 =
[X.], 1435
[X.]; [X.] vom 7.
März 2012
1
BvR
1209/11, [X.] 2012, 360, 361 =
[X.], 516 -
Zentrum für Zahnmedizin).

(2) Die in §
18 Abs.
1 Satz
3 Fall
1 der Berufsordnung enthaltene Rege-lung verstößt gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, weil das dort statu-ierte abstrakte Verbot zwar geeignet ist, dem Zweck zu dienen, die Unabhän-gigkeit ärztlicher Entscheidungen von merkantilen Erwägungen zu gewährleis-ten, insoweit aber weder ein erforderliches
noch ein angemessenes Mittel dar-stellt, um diesen Zweck zu erreichen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass bereits die in §
18 Abs.
1 Satz
2, Satz
3 Fall
2 und Satz
4 der Berufsordnung enthalte-nen Regelungen dazu bestimmt und geeignet sind, dem genannten Zweck zu dienen. Diese sehen ein Verbot der Umgehung des §
31 der Berufsordnung und im Grundsatz eine Gewinnverteilung vor, die dem Anteil der persönlich er-brachten Dienstleistungen entspricht. Zwar liegt die Darlegungs-
und Beweislast dafür, dass eine nach diesen Bestimmungen unzulässige Zusammenarbeit vor-liegt, bei demjenigen, der
wie im Streitfall die Klägerin
die
Unzulässigkeit
gel-tend macht. Diese Darlegung und Beweislast ist hier allerdings dadurch ge-mildert, dass die [X.] insoweit eine sekundäre Darlegungslast trifft. Vor diesem Hintergrund ist nichts dafür ersichtlich, dass nicht bereits die in §
18 Abs.
1 Satz
2, Satz
3 Fall
2 und Satz
4 der Berufsordnung enthaltenen Rege-lungen einen effektiven Schutz
vor
Formen der beruflichen Zusammenarbeit von Ärzten gewährleisten, bei denen die Unabhängigkeit der dabei zu treffen-den ärztlichen Entscheidungen
durch merkantile Erwägungen beeinträchtigt wird.
22
-
12
-
Das in §
18 Abs.
1 Satz
3 Fall
1 statuierte Verbot ist auch nicht im [X.] auf die besondere Anfälligkeit der medizinisch-technischen Überweisungs-fächer für "[X.]" gerechtfertigt; denn die [X.] über verhältnismäßigere Kontrollmechanismen und können sich etwa die Gesellschaftsverträge zur Prüfung vorlegen lassen (vgl. §
18 Abs.
1 Satz
5 der Berufsordnung) sowie erforderlichenfalls mit berufsrechtlichen Mitteln gegen-steuern (vgl. [X.]/[X.]/[X.], [X.], 377, 380
f.).

3.
Das mit der Revision angefochtene Urteil des Berufungsgerichts hat danach weder mit der von diesem
gegebenen Begründung noch,
da das Beru-fungsgericht insoweit
-
aus seiner Sicht folgerichtig
-
keine Feststellungen ge-troffen hat, aus anderen Gründen Bestand; es ist deshalb aufzuheben (§§
561, 562 Abs.
1 ZPO).

Da
sich
die Klägerin im zweiten Rechtszug
weiterhin
dagegen gewandt hat, dass
das [X.] auch
Verstöße
gegen §
18 Abs.
1 Satz
3 Fall
2 und gegen §
31 der Berufsordnung verneint
hat, ist die Sache nicht zur
Endent-scheidung reif
und
deshalb
zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht
zurückzuverweisen

563 Abs.
1 Satz
1 ZPO).

Der Senat hat davon abgesehen, die Klage mit den [X.] zu
1 und 2 bereits jetzt abzuweisen, weil diese Anträge in den Unterlas-sungsanträgen zu
3 und 4 wieder aufgegriffen werden und die Klägerin das Verhältnis der Anträge
3 und 4 zu den Anträgen
1 und 2 klarstellen muss.

II[X.] In der wiedereröffneten Berufungsinstanz wird
das Berufungsgericht folgende Gesichtspunkte zu berücksichtigen haben:

23
24
25
26
27
-
13
-
1. Das Berufungsgericht wird nach den vorstehend dargestellten Maß-stäben (Rn.
13) zu prüfen haben, ob die weiteren,
hilfsweise gestellten [X.] zu
3 und 4, mit denen sie einen Verstoß gegen §
18 Abs.
1 Satz
3 Fall
2 der Berufsordnung aufgegriffen hat, hinreichend bestimmt im [X.] von §
253 Abs.
2 Nr.
2 ZPO sind. Die Bedenken gegen die weite Fassung dieser [X.] könnten zurückzustellen sein, wenn sich entweder das Unterlassungsbegehren an der konkreten Verletzungsform orientiert oder eine auslegungsbedürftige Antragsformulierung hinzunehmen ist, um Rechts-schutz im Hinblick auf eine unzulässige geschäftliche Handlung zu gewährleis-ten (vgl. [X.], Urteil vom 16.
November 2006
I
ZR
191/03, [X.], 607 Rn.
16 =
WRP 2007, 775
Telefonwerbung für "Individualverträge").

2. Nach der Ansicht des Berufungsgerichts war die Vernehmung des Zeugen Dr.
H. zu der von der [X.]n im Berufungsverfahren mit Schriftsatz vom 11.
April 2012 aufgestellten Behauptung, die Tätigkeit der Radiologen in-nerhalb der [X.]n bestehe überwiegend darin, den anderen Ärzten bera-tend zur Seite zu stehen und Meinungen zu [X.] und [X.] zu äußern, deshalb verzichtbar, weil diese Behauptung in Widerspruch zu der Darstellung im Schriftsatz der [X.]n vom 29.
Februar 2012 stand, die Tä-tigkeit der Radiologen sei im Wesentlichen auf die Osteodensitometrie be-schränkt.

Sollte es im wiedereröffneten [X.] im Zusammenhang mit einem Verstoß gegen §
18 Abs.
1 Satz
3 Fall
2 der Berufsordnung hierauf ankommen, wird das Berufungsgericht den von der [X.]n in dieser Hinsicht gehaltenen und unter Beweis gestellten Vortrag nicht unberücksichtigt lassen dürfen. Die von ihm angenommene Widersprüchlichkeit des Vorbringens der [X.]n
änderte daran nichts und
rechtfertigte insbesondere nicht die Nicht-erhebung des angebotenen Beweises. Eine [X.] ist nicht gehindert, ihr Vor-28
29
30
-
14
-
bringen im Laufe des Rechtsstreits zu ändern und insbesondere auch zu be-richtigen. Eine etwaige Widersprüchlichkeit im [X.]vortrag ist allein im Rah-men der Beweiswürdigung zu berücksichtigen ([X.], Urteil vom 18.
April 2013

I
ZR
66/12, [X.] 2014, 80
Rn.
41 mwN). Die Zurückweisung eines [X.] ist nur dann zulässig, wenn ent-weder
die unter Beweis gestellte Tatsache so ungenau bezeichnet ist, dass ihre Erheblichkeit nicht beurteilt werden kann, oder die Bezeichnung der Tatsache zwar in das Gewand einer bestimmt aufgestellten Behauptung gekleidet, aber "ins Blaue
hinein" aufgestellt ist und der Beweisantrag sich deshalb als rechts-missbräuchlich darstellt oder ein Beweisantrag gestellt wird, um bei Gelegenheit

-
15
-

der beantragten Beweisaufnahme Tatsachen in Erfahrung zu bringen, die [X.] Vorbringen oder die Benennung weiterer Beweismittel erst ermögli-chen (vgl. [X.], Urteil vom 28.
Februar 2013
I
ZR
180/11, [X.] 2013, 290 Rn.
39
= VersR 2014, 219; [X.], [X.] 2014, 80
Rn.
41, jeweils mwN). Im Streitfall liegt keiner dieser Fälle
vor.

Büscher
Pokrant
Schaffert

Koch
Löffler
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 22.12.2010 -
3 O 13/10 -

OLG [X.], Entscheidung vom 27.06.2012 -
6 U 15/11 -

Meta

I ZR 137/12

15.05.2014

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.05.2014, Az. I ZR 137/12 (REWIS RS 2014, 5544)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 5544

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

I ZR 277/14

Zitiert

I ZR 137/12

Zitieren mit Quelle:
x

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