Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.05.2015, Az. I ZR 183/13

I. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 10734

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
I
[X.]/13
Verkündet am:

21. Mai 2015

Führinger

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

Erfolgsprämie für die Kundengewinnung
[X.] § 4 Nr. 11; [X.] § 1 Abs. 5; [X.] § 305c Abs. 2
a)
Die Bestimmung des §
1 Abs.
5 [X.] Zahnärzte [X.], nach der der Zahnarzt keine Verpflichtung eingehen soll, die seine Unabhängigkeit bei der Berufsausübung beeinträchtigen kann, stellt eine Marktverhaltensregelung im Sinne von §
4 Nr.
11 [X.] dar.
b)
Ein Geschäftsmodell, an dem sich ein Zahnarzt beteiligt, ist mit §
1 Abs.
5 [X.] Zahnärzte [X.] unvereinbar, wenn es die Gefahr begründet, dass ein Zahnarzt sich bei der Behandlung nicht am Patientenwohl orientiert, son-dern an seinen eigenen wirtschaftlichen Interessen. Eine solche Gefahr ergibt sich nicht aus Bestimmungen in den [X.] des Betreibers des Geschäftsmodells, die die Auslegung zulassen, dass der Zahnarzt die Behandlung eines Patienten aus medizinischen Gründen ohne [X.] ablehnen kann.
[X.], Urteil vom 21. Mai 2015 -
I [X.]/13 -
KG Berlin

[X.]

-
2
-
Der [X.]
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 21.
Mai
2015
durch
den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr.
Büscher,
die Richter Prof.
Dr.
[X.], Dr.
Kirchhoff, Prof.
Dr.
Koch und Dr.
Löffler

für Recht erkannt:

Auf die Revision der [X.]n wird das Urteil des 5.
Zivilsenats des Kammergerichts vom 9.
August 2013 im Kostenpunkt und in-soweit aufgehoben, als hinsichtlich des Klageantrags zu
3 zum Nachteil der [X.]n erkannt worden ist.

Die Anschlussberufung der Klägerin gegen das Urteil der Zivil-kammer
52 des [X.] vom 28.
Juni 2012 wird [X.].

Die Kosten des Berufungsverfahrens und die außergerichtlichen Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens werden [X.] aufgehoben. Die Kosten der Revision fallen der Klä-gerin zur Last.

Von Rechts wegen
-
3
-
Tatbestand:

Die [X.]
vertreibt über das [X.]portal "

.de"
Gutscheine
für Waren
oder Dienstleistungen, die
Nutzer dieses Portals
zu rabattierten
Prei-sen erwerben
können, sofern
sich innerhalb eines bestimmten Zeitraums eine gewisse Mindestanzahl von Käufern
findet.

Den Angeboten liegen
Kooperationsverträge
zwischen der [X.]n und ihren Geschäftspartnern zugrunde, in denen die
angebotenen Produkte,
deren
Originalpreis,
der
ermäßigte
Angebotspreis und die
Höhe des Rabatts
festge-legt sind.
Die
Leistung der [X.]n besteht nach
den Kooperationsverträgen
darin, dass sie das Angebot des Partners unter den über das Portal "

.de" erreichbaren werblichen Angeboten der jeweiligen Stadt platziert. Die
[X.] verlangt
eine "Erfolgsprämie für die Kundengewinnung"
in Höhe von 50% des Angebotspreises zuzüglich Umsatzsteuer. Die für die [X.] ergänzend geltenden
Allgemeinen Geschäftsbedingungen der [X.]
enthalten
folgende Bestimmungen:

1. Leistungen von G.

1.1 G.

unterstützt den Partner beim Marketing im [X.], insbesondere
durch den Online-Verkauf von Gutscheinen. G.

verkauft als eigenständi-
ger Vertragspartner Gutscheine an interessierte Endkunden ("Gutscheinerwer-ber") und vermittelt dem Partner des Kooperationsvertrages diese Kunden für die im Kooperationsvertrag vorgesehenen Dienst-
oder Sachleistungen ("Leis-tungen"). Für diese wird G.

Gutscheine des Partners unter den über
www.

.de erreichbaren werblichen Angeboten der jeweiligen Stadt ()
platzieren ("Aktion").

2. Vergütung

2.1 Der Partner hat gegenüber G.

einen Anspruch auf Zahlung des jewei-

der im Kooperationsvertrag vereinbarten [X.] ([X.] gesetzlicher Umsatzsteuer)

1
2
-
4
-

3. Leistung/ Leistungsbenennungsrecht des Partners

3.3 Für die Leistungserbringung gegenüber dem [X.] ist allein der Partner verantwortlich. Dabei sind sich die Vertragsparteien einig, dass dem [X.] das Leistungsforderungsrecht hinsichtlich der im Gutschein verbrieften Leistung ausschließlich gegenüber dem Partner zusteht und hin-sichtlich der im Gutschein verbrieften Leistung nur diesen gegenüber dem [X.] berechtigt und verpflichtet. Der Partner stellt G.

von allen
etwaigen Ansprüchen der [X.] im Hinblick auf die darin verbriefte Leistung frei.

Auf der Grundlage von
Kooperationsverträgen
bot die [X.] auf der [X.]plattform "

.de" unter anderem
Gutscheine für professionelle
Zahnreinigungen, Bleachings, kieferorthopädische Zahnkorrekturen, Implantat-versorgungen, prothetische Versorgungen und Zahnfüllungen von Zahnärzten aus [X.]-Westfalen an.

Die Klägerin ist die berufliche Vertretung der Zahnärzte im Bereich [X.]. Sie sieht in der von den Zahnärzten an die [X.] zu zahlenden
Er-folgsprämie eine mit dem berufsrechtlichen Gebot der Unabhängigkeit der Zahnärzte unvereinbare Provision für die Vermittlung von Patienten. Die [X.] sei an den Verstößen der Zahnärzte gegen ihr Berufsrecht
als Gehilfin
beteiligt.

Die Klägerin hat mit ihrem in der
Revisionsinstanz allein noch [X.] Klageantrag zu
3
zuletzt beantragt,
die [X.] unter Androhung [X.] Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken
mit Zahnärzten Vereinba-rungen bezüglich einer Zahnreinigung
und/oder
eines Bleachings
und/oder
ei-ner kieferorthopädischen Zahnkorrektur
und/oder
einer Implantatversorgung
und/oder
einer prothetischen Versorgung und/oder einer Zahnfüllung zu treffen, die vorsehen, dass Zahnärzte für die Zuweisung von Patienten ein Entgelt ver-sprechen oder gewähren, wenn dies geschieht wie in der [in das Berufungsur-3
4
5
-
5
-
teil eingeblendeten] Kooperationsvereinbarung nebst [X.] der [X.]n
für Kooperationsverträge.

Das [X.] hat den allgemein gegen das Versprechen eines Ent-gelts für die Zuweisung von Patienten gerichteten Klageantrag
abgewiesen
([X.], [X.], 241). Die dagegen gerichtete Anschlussberufung der Kläge-rin hat zur Verurteilung der
[X.]n
nach dem in der Berufungsinstanz zuletzt gestellten Klageantrag zu
3 geführt
(KG, [X.] 2014, 132). Mit ihrer vom Senat insoweit zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, erstrebt
die [X.] weiterhin die
Abweisung der Klage mit dem Klageantrag zu
3.

Entscheidungsgründe:

[X.] Das Berufungsgericht hat den Klageantrag
zu
3 als begründet angese-hen, weil sich die [X.] mit dem
Abschluss der
Kooperationsverträge
mit Zahnärzten an deren Verstößen gegen das berufsrechtliche Gebot der zahn-ärztlichen Unabhängigkeit beteiligt
habe.
Dazu hat es ausgeführt:

Die von den Zahnärzten übernommene Verpflichtung, an die [X.] für die Kundengewinnung eine Erfolgsprämie zu zahlen, verstoße gegen §
1 Abs.
5 der Berufsordnung der Zahnärztekammer
[X.] vom 26.
November 2005 (im Folgenden: [X.] Zahnärzte [X.]) und die entsprechenden
Regelungen in den Berufsordnungen der anderen Zahnärztekammern.
Die an die [X.] zu zahlende Erfolgsprämie stelle ein mit der zahnärztlichen Unabhängigkeit [X.] Entgelt für die Zuweisung von Patienten dar. Nach der
Kooperati-onsvereinbarung sei
die an die [X.] zu zahlende Prämie nicht die
Gegen-leistung für die Bereitstellung eines Werbemediums, sondern die Gegenleistung 6
7
8
-
6
-
für den Abschluss eines Vertrags
der [X.]n mit dem
für den Zahnarzt als Patient gewonnenen Erwerber des Gutscheins, der
mittelbar die zahnärztlichen Leistungen zum Gegenstand habe.

Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der [X.]n begründeten die Gefahr, dass der mit der [X.]n vertraglich verbundene Zahnarzt die [X.] des Erwerbers
eines Gutscheins
nicht am Wohl des Patienten, son-dern an seinen wirtschaftlichen Interessen ausrichte. Nach Nummer
3.3 Satz
3 der
Vertragsbedingungen
müsse der Zahnarzt für die Erstattung des Betrags, den der Erwerber eines Gutscheins
für die zahnärztliche Leistung an die [X.] gezahlt
habe, auch einstehen, wenn er die Behandlung aus medizini-schen Gründen ablehne. Die Kooperationsvereinbarung begründe für den Zahnarzt angesichts
einer Laufzeit von 24
Monaten, des nur in begrenztem [X.] bestehenden Rechts des Zahnarztes zu Leistungsänderungen und der unbestimmten Vielzahl der einzulösenden
Gutscheine ein erhebliches finanziel-les Risiko.
Damit bestehe
die Gefahr, dass der Zahnarzt
bei seiner Entschei-dung über die Behandlung des Erwerbers eines Gutscheins medizinische Be-denken aus finanziellem Eigeninteresse zurückstellen
werde.

Die [X.] hafte für die von den Zahnärzten begangenen Verstöße gegen das Berufsrecht als Teilnehmerin, weil sie das
berufswidrige Verhalten der Zahnärzte durch den Abschluss der Kooperationsverträge
und durch das Angebot der zahnärztlichen Leistungen auf ihrer
[X.]plattform fördere.

I[X.] Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision hat Erfolg
und führt
zur Wiederherstellung des Urteils erster Instanz, soweit mit ihm
der
Klageantrag zu
3 abgewiesen worden ist.
Das Berufungsgericht hat die
insoweit
auf §
8 Abs.
1,
Abs.
3 Nr.
2, §§
3, 4 Nr.
11 [X.] in Verbindung mit §
1 Abs.
5
[X.] Zahnärzte [X.]
und
inhaltsgleiche
Regelungen der Berufsordnungen der 9
10
11
-
7
-
anderen Zahnärztekammern gestützte Klage zwar zutreffend als zulässig (dazu unter II
1 und 2), zu Unrecht
aber als begründet angesehen (dazu unter II
3).

1. Der Klageantrag zu
3 ist hinreichend bestimmt
im Sinne von §
253 Abs.
2 Nr.
2 ZPO
und damit zulässig. Der Umstand, dass er die Wendung "für die Zuweisung von Patienten ein Entgelt versprechen oder gewähren" in §
31 Abs.
1 der Musterberufsordnung für die in [X.] tätigen Ärztinnen und Ärzte vom 29.
August 2011 (M[X.] Ärzte) aufnimmt, steht dem nicht entgegen.

a) Nach §
253 Abs.
2 Nr.
2 ZPO darf ein Unterlassungsantrag -
und nach §
313 Abs.
1 Nr.
4 ZPO eine darauf beruhende Verurteilung
-
nicht derart un-deutlich gefasst sein, dass der Streitgegenstand und der
Umfang der Prüfungs-
und Entscheidungsbefugnis des Gerichts (§
308 Abs.
1
ZPO) nicht erkennbar abgegrenzt sind, sich der [X.] deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und die Entscheidung darüber, was dem [X.]n verboten ist, letztlich dem Vollstreckungsgericht überlassen bleibt. Aus diesem Grund sind
Unterlas-sungsanträge, die lediglich den Wortlaut eines Gesetzes wiederholen, grund-sätzlich
als zu unbestimmt und damit als unzulässig anzusehen.
Abweichendes
kann gelten, wenn entweder bereits der gesetzliche [X.] selbst eindeutig und konkret gefasst ist oder der Anwendungsbereich einer Rechts-norm durch eine gefestigte Auslegung geklärt ist oder
der Kläger hinreichend deutlich macht, dass er kein Verbot im Umfang des Gesetzeswortlauts bean-sprucht, sondern sich mit seinem Unterlassungsbegehren an der konkreten Verletzungshandlung orientiert. Die Bejahung der Bestimmtheit setzt in solchen Fällen allerdings grundsätzlich voraus, dass zwischen den Parteien kein Streit darüber besteht, dass das beanstandete Verhalten das fragliche Tatbestands-merkmal erfüllt
(st.
Rspr.; vgl. nur [X.], Urteil vom 2.
Februar 2012

I
ZR
81/10, [X.], 945 Rn.
16 =
[X.], 1222 -
Tribenuronmethyl;
Urteil vom 15.
Mai 2014 -
I
ZR
137/12, [X.], 791 Rn.
13 = [X.], 12
13
-
8
-
844 -
Teil-Berufsausübungsgemeinschaft).
Die Wiedergabe des gesetzlichen [X.]s in der Antragsformulierung ist auch unschädlich, wenn sich das mit dem selbst nicht hinreichend klaren Antrag Begehrte im Tatsächlichen durch Auslegung unter Heranziehung des Sachvortrags des Klägers eindeutig ergibt und die betreffende tatsächliche Gestaltung zwischen den Parteien nicht in Frage
steht, sondern sich
deren
Streit
auf die rechtliche Qualifizierung der angegriffenen Verhaltensweise beschränkt (vgl. [X.], Urteil vom 29.
April 2010 -
I
ZR
202/07, [X.], 749 Rn.
21 = [X.], 1030

Erinnerungs-werbung im [X.]; Urteil vom 6.
Oktober 2011 -
I
ZR
54/10, [X.], 405 Rn.
11 = [X.], 461 -
Kreditkontrolle).
Eine auslegungsbedürftige Antrags-formulierung kann im Übrigen hinzunehmen sein, wenn dies zur [X.] effektiven Rechtsschutzes erforderlich ist
(st.
Rspr.; vgl. [X.], [X.], 945 Rn.
16 -
Tribenuronmethyl;
[X.], Urteil vom 19.
Juli 2012

I
ZR
40/11, [X.], 421 Rn.
42 =
[X.], 479
Pharmazeutische Beratung über Call-Center;
Urteil vom 13.
September 2013
I
ZR
230/11, [X.]Z 194, 314 Rn.
55
-
Biomineralwasser; [X.], [X.], 791 Rn.
28

Teil-Berufsausübungsgemeinschaft).

b) Nach diesen Grundsätzen ist der Klageantrag zu
3 als hinreichend be-stimmt anzusehen. Die Klägerin hat dadurch, dass sie in dem Antrag
auf die Kooperationsvereinbarung Bezug genommen hat,
sowie
durch ihr Klagevor-bringen deutlich
gemacht, dass sie
die
von den Zahnärzten an die [X.] zu zahlende
Erfolgsprämie verboten haben möchte, da
sie diese Prämie als ein Entgelt für die Zuweisung von Patienten ansieht. Zwischen den Parteien stehen die tatsächlichen Umstände, aufgrund deren
die [X.] die Prämie verlangt, außer
Frage. Der Streit der Parteien beschränkt sich darauf, ob diese
Prämie
eine nach den insoweit
einschlägigen berufsrechtlichen Bestimmungen
unzu-lässige
Vergütung
für die Zuweisung von Patienten an den Zahnarzt darstellt.

14
-
9
-
2. Die Klägerin ist als berufsständische Vertretung der Zahnärzte (§§
1, 6 HeilBerG [X.]) gemäß §
8 Abs.
3 Nr.
2 [X.] befugt, Wettbewerbsverstöße zu verfolgen, die von ihren Mitgliedern oder von deren Wettbewerbern begangen werden (vgl. [X.], Urteil vom 6.
April 2006 -
I
ZR 272/03, [X.], 598 Rn.
12 =
[X.], 891 -
Zahnarztbriefbogen, mwN). Sie kann daher auch gegen von Außenstehenden begangene Wettbewerbsverstöße vorgehen, so-weit die Verstöße den Wettbewerb ihrer Mitglieder berühren (vgl. [X.] 111, 366, 376
f.; [X.]
in [X.]/[X.], [X.], 33.
Aufl., §
8 Rn.
3.33 mwN).

3. Der Klageantrag zu 3
ist jedoch unbegründet.
Die
von der [X.]n nach
dem Kooperationsvertrag und ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen
beanspruchte Prämie für die Vermittlung von Patienten stellt kein nach §
1 Abs.
5 [X.] Zahnärzte [X.] und den entsprechenden
Regelungen zur zahnärztlichen Unabhängigkeit in den Berufsordnungen der anderen [X.]kammern unzulässiges Entgelt für die Zuweisung von Patienten dar.

a) Das Berufungsgericht ist im rechtlichen Ansatz allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass die Bestimmung des §
1 Abs.
5 [X.] Zahnärzte [X.]
eine Marktverhaltensregelung im Sinne von §
4 Nr.
11 [X.] darstellt.

Nach §
1 Abs.
5 [X.] Zahnärzte [X.], der seine Grundlage in §
29 Abs.
1, §
32 Satz
2 Nr.
1 HeilberG [X.] hat, soll der Zahnarzt keine Verpflich-tung eingehen, die seine Unabhängigkeit bei der Berufsausübung beeinträchti-gen kann. Mit dieser Bestimmung
soll zwar nicht unmittelbar bestehenden Ge-sundheitsgefahren begegnet, aber verhindert werden, dass sich die Zahnärzte bei der Ausübung ihres Berufs statt an medizinischen Notwendigkeiten an öko-nomischen Erfolgskriterien orientieren und sich dadurch bedingt langfristig [X.] Rückwirkungen auf die medizinische Versorgung der Bevölkerung [X.]. Die Bestimmung des §
1 Abs.
5 [X.] Zahnärzte [X.] soll gewährleis-15
16
17
18
-
10
-
ten, dass der Zahnarzt die Entscheidung, ob und wie er einen Patienten behan-delt, nicht an sachfremden wirtschaftlichen Eigeninteressen, sondern allein an medizinischen Erwägungen mit Blick auf das Patientenwohl ausrichtet (vgl. [X.], Urteil vom 13.
Januar 2011 -
I
ZR
111/08, [X.], 345 Rn.
68 =
[X.], 451
Hörgeräteversorgung
II, zu §§
31, 34 Abs.
5 M[X.] Ärzte
aF; Urteil vom 23.
Februar 2012 -
I
ZR
231/10, [X.], 1050 Rn.
23 = [X.], 1226 -
Dentallaborleistungen, zu §
8 Abs.
5 der Musterberufsordnung der Bundeszahnärztekammer
aF und zu §
1 Abs.
5 [X.] Zahnärzte [X.]; [X.], [X.], 791 Rn.
16 -
Teil-Berufsausübungsgemeinschaft, zu §§ 18 und 31 der Berufsordnung für Ärzte der [X.]; [X.]/[X.], Medizinrecht, 2.
Aufl., §
31 M[X.] Ärzte Rn.
1
f.; [X.] in Rat-zel/[X.], Musterberufsordnung der
[X.] Ärzte [M[X.]], 6.
Aufl., §
31 Rn.
3). Die Vorschrift ist somit dazu bestimmt, das Marktverhalten der [X.] im Interesse der Verbraucher zu regeln
(vgl.
zum
nach §
3 Abs.
2 der Mus-terberufsordnung der [X.] Ärztinnen und Ärzte und den auf diese Be-stimmung zurückgehenden Vorschriften der Ärztekammern
für Ärzte grundsätz-lich bestehenden Verbot, im Zusammenhang mit der Ausübung der beruflichen Tätigkeit Waren oder andere Gegenstände abzugeben oder abgeben zu lassen sowie gewerbliche Dienstleistungen zu erbringen oder erbringen zu lassen
([X.], Urteil vom 2.
Juni 2005

I
ZR
215/02, [X.], 875, 876
f. = [X.], 1240

Diabetesteststreifen; Urteil vom 9.
Juli 2009 -
I
ZR
13/07, [X.], 977 Rn.
12 =
[X.], 1076 -
Brillenversorgung
I; [X.] in [X.]/[X.] aaO §
4 Rn.
11.74; [X.].[X.]/[X.], 2.
Aufl., §
4 Nr.
11 Rn.
140;
Großkomm.[X.]/[X.], 2.
Aufl., §
4 Nr.
11 Rn.
72).

Der Anwendung des §
4 Nr.
11 [X.] steht
nicht entgegen, dass nach Art.
4 der Richtlinie 2005/29/[X.] über unlautere Geschäftspraktiken diejenigen Vorschriften der Mitgliedstaaten über unlautere Geschäftspraktiken vollständig harmonisiert werden sollen, die die wirtschaftlichen Interessen der Verbraucher 19
-
11
-
beeinträchtigen. Nach Art.
3 Abs.
8 der Richtlinie 2005/29/[X.] bleiben alle spe-zifischen Regeln für reglementierte Berufe unberührt, damit die strengen [X.] gewährleistet bleiben, die die Mitgliedstaaten den in dem Beruf tätigen Personen nach Maßgabe des Unionsrechts auferlegen können. [X.] ist die Anwendung des §
4 Nr.
11 [X.] auf berufsrechtliche [X.], die -
wie vorliegend
die Bestimmung des §
1 Abs.
5 [X.] Zahnärzte [X.]
und die Regelungen zur zahnärztlichen Unabhängigkeit in den Be-rufsordnungen der anderen Zahnärztekammern
-
das Marktverhalten in unions-rechtskonformer Weise regeln, nach dem [X.]
2008 ebenfalls zulässig
(vgl. [X.], [X.], 977
Rn.
12

Brillenversorgung
I; [X.], Urteil vom 1.
Juni 2011 -
I
ZR
58/10, [X.], 79 Rn.
11 =
WRP
2012, 964

Rechtsberatung durch Einzelhandelsverband; Urteil vom 17.
Juli 2013
I
ZR
222/11, [X.], 1056 Rn.
15
= [X.], 1336

Meisterpräsenz; Urteil vom 24.
Juli 2014 -
I
ZR
68/13, [X.], 283 Rn.
23
= [X.], 344

Hörge-räteversorgung
III; [X.] in [X.]/[X.] aaO
§
4 Rn.
11.6k; Münch-Komm.[X.]/[X.] aaO §
4 Nr.
11 Rn.
15; [X.].[X.]/[X.] aaO §
4 Nr.
11 Rn.
9, jeweils mwN).

b) Das Berufungsgericht hat zwar zu Recht angenommen, dass §
1 Abs.
5 [X.] Zahnärzte [X.] und die entsprechenden Regelungen in den Berufsordnungen der anderen Zahnärztekammern es den Zahnärzten verbie-ten, an Betreiber von [X.]portalen für die Zuweisung von Patienten Provisi-onen zu zahlen (dazu unter II
3
b
aa). Zu Unrecht hat es aber gemeint, das Ge-schäftsmodell der [X.]n begründe die Gefahr, dass vertraglich mit
der
[X.]n
verbundene Zahnärzte sich
bei der Behandlung von Gutscheininhabern nicht am Wohl der Patienten, sondern an ihren eigenen wirtschaftlichen Interes-sen orientierten
(dazu unter II
3
b
bb).

20
21
-
12
-
aa) Gemäß §
1 Abs.
5 [X.] Zahnärzte [X.] und den entsprechenden Regelungen in Berufsordnungen der anderen Zahnärztekammern
ist es dem Zahnarzt nicht gestattet, sich im Vorfeld einer Behandlung in der Weise zu bin-den, dass er [X.] für die Zuweisung von Patienten
eine Gegenleistung ver-spricht oder gewährt (vgl. [X.], Urteil vom 21.
April 2005
I
ZR
201/02, [X.], 1059, 1060 = [X.], 1508

Quersubventionierung von Laborge-meinschaften, zu §
31 Abs.
1 M[X.] Ärzte 1997; [X.], [X.], 1050 Rn.
23 -
Dentallaborleistungen; [X.]/[X.] aaO §
31 M[X.] Ärzte Rn.
1 und 5). Zulässig ist dagegen die Vereinbarung einer Vergütung als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen einer [X.]plattform zum Anbieten freiberuflicher Leistungen und für die im Zusammenhang damit geleisteten Dienste (vgl. [X.], [X.] vom 19.
Februar 2008
1
BvR
1886/06, [X.], 618, 620 =
[X.], 492, zu §
49b Abs.
3 Satz
1 BRAO; [X.] vom 8.
Dezember 2010
1
BvR
1287/08, [X.], 530, 532 = [X.], 207, zu §
8 Abs.
5 der Berufsordnung für Zahnärzte der Landeszahnärz-tekammer Baden-Württemberg
aF; [X.], Urteil vom 1.
Dezember 2010

I
ZR
55/08, [X.], 343 Rn.
22 = [X.], 449 -
Zweite Zahnarztmei-nung, zu §
8 Abs.
5 der Berufsordnung für die [X.] Zahnärzte; Urteil vom 24.
März 2011 -
III
ZR
69/10, [X.], 652 Rn.
14 = [X.], 755, zu §
7 Abs.
5 der Berufsordnung für [X.] Zahnärztinnen und [X.]
aF).

bb) Entscheidend ist, ob das Geschäftsmodell der [X.]n die Gefahr begründet, dass ein vertraglich mit ihr verbundener Zahnarzt sich bei der [X.] eines Gutscheininhabers nicht am Patientenwohl orientiert, sondern an seinen eigenen wirtschaftlichen Interessen. Davon ist auch das Berufungs-gericht zutreffend ausgegangen. Zu Unrecht hat es aber gemeint, bei
dem Ge-schäftsmodell bestehe eine entsprechende Gefahr.

22
-
13
-
(1) Das Berufungsgericht hat das Bestehen einer solchen Gefahr mit der Regelung in Nr.
3.3 Satz
3
der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der [X.] begründet, nach der der Zahnarzt die [X.] von allen Ansprüchen der [X.] im Hinblick auf die verbriefte Leistung freistellt. Danach müsse
so das Berufungsgericht
der Zahnarzt auch für die Rückerstattung des vom [X.] gezahlten Betrags einstehen, wenn er die [X.] aus medizinischen Gründen zu Recht ablehne. Es ist jedoch
anders als das Berufungsgericht gemeint hat
durchaus zweifelhaft, ob diese Regelung andere Ansprüche der [X.] als solche wegen Schlecht-
oder Falschbehandlung durch den mit der [X.]n kooperierenden Zahnarzt er-fasst. Die in
dieser Hinsicht
bestehenden Zweifel an der Reichweite der ge-nannten Haftungsregelung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der [X.]n gehen nach §
305c Abs.
2 [X.] zu deren Lasten. Dementsprechend
ist davon auszugehen, dass den Zahnarzt keine Freistellungsverpflichtung und damit keine Haftung trifft, wenn er die Behandlung des [X.]s

aus welchen Gründen auch immer
ablehnt.

(2) Bei diesen Gegebenheiten begründet auch der Umstand, dass die Kooperationsverträge der [X.]n nach Nr.
5.1 ihrer [X.] eine Laufzeit von 24
Monaten haben, nicht die Gefahr, dass sich mit der [X.]n kooperierende Zahnärzte bei der Behandlung von Patienten nicht an deren Wohl, sondern an ihren eigenen wirtschaftlichen Interessen
orientieren. Dasselbe gilt für das den Zahnärzten nach dem Kooperationsver-trag nur in begrenztem Umfang zustehende Recht zur Vornahme von Leis-tungsänderungen
und das der
[X.]n
nach dem Kooperationsvertrag zu-stehende Recht, Gutscheine in beliebiger Zahl zu verkaufen.

(3) Nach dem vorstehend Ausgeführten
hat die Kooperation der [X.] mit Zahnärzten, soweit sie von der Klägerin mit dem Klageantrag zu
3 an-23
24
25
-
14
-
gegriffen wird, letztlich keine anderen Auswirkungen
auf das Patientenwohl als das kostenpflichtige Zurverfügungstellen einer [X.]plattform zum Anbieten freiberuflicher Leistungen, das als solches als zulässig anzusehen ist (vgl. oben Rn.
21). Damit kann eine solche Kooperation ebenfalls nicht unter dem
Ge-sichtspunkt eines Berufsrechtsverstoßes als unzulässig angesehen werden. Die Frage, ob die Verhaltensweise der [X.]n unter einem anderen Gesichts-punkt
wie etwa wegen
Irreführung der kooperierenden Zahnärzte
als wett-bewerbswidrig anzusehen sein könnte, steht mangels eines Sachvortrags der Klägerin hierzu nicht zur Entscheidung.

II[X.] Danach ist das angefochtene Urteil aufzuheben, soweit das [X.] die [X.] nach dem Klageantrag zu
3 verurteilt hat (§
562 Abs.
1 ZPO).

Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, weil das Berufungsur-teil nur wegen der Anwendung des Gesetzes auf den festgestellten Sachverhalt aufzuheben und die Sache nach diesem Sachverhalt zur Endentscheidung reif ist (§
563 Abs.
3
ZPO). Das den Klageantrag zu
3 abweisende Urteil des Land-gerichts ist daher wiederherzustellen.

26
27
-
15
-
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf §
92 Abs.
1, §
97 Abs.
1 ZPO.

Büscher
[X.]
Kirchhoff

Koch
Löffler
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 28.06.2012 -
52 [X.]/11 -

KG Berlin, Entscheidung vom 09.08.2013 -
5 [X.] -

28

Meta

I ZR 183/13

21.05.2015

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.05.2015, Az. I ZR 183/13 (REWIS RS 2015, 10734)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 10734

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I ZR 183/13

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