Bundesgerichtshof, Urteil vom 21.05.2015, Az. I ZR 183/13

1. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 10721

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Gegenstand

Wettbewerbsverstoß eines Vertreibers von Rabattgutscheinen im Internet: Kooperationsvereinbarungen mit Zahnärzten über die rabattierte Abrechnung zahnärztlicher Dienstleistungen für vermittelte Patienten - Erfolgsprämie für die Kundengewinnung


Leitsatz

Erfolgsprämie für die Kundengewinnung

1. Die Bestimmung des § 1 Abs. 5 BO Zahnärzte Nordrhein, nach der der Zahnarzt keine Verpflichtung eingehen soll, die seine Unabhängigkeit bei der Berufsausübung beeinträchtigen kann, stellt eine Marktverhaltensregelung im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG dar.

2. Ein Geschäftsmodell, an dem sich ein Zahnarzt beteiligt, ist mit § 1 Abs. 5 BO Zahnärzte Nordrhein unvereinbar, wenn es die Gefahr begründet, dass ein Zahnarzt sich bei der Behandlung nicht am Patientenwohl orientiert, sondern an seinen eigenen wirtschaftlichen Interessen. Eine solche Gefahr ergibt sich nicht aus Bestimmungen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Betreibers des Geschäftsmodells, die die Auslegung zulassen, dass der Zahnarzt die Behandlung eines Patienten aus medizinischen Gründen ohne Kostennachteile ablehnen kann.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 5. Zivilsenats des [X.] vom 9. August 2013 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als hinsichtlich des Klageantrags zu 3 zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.

Die Anschlussberufung der Klägerin gegen das Urteil der Zivilkammer 52 des [X.] vom 28. Juni 2012 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens und die außergerichtlichen Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben. Die Kosten der Revision fallen der Klägerin zur Last.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Beklagte vertreibt über das [X.]portal "    .de" Gutscheine für Waren oder Dienstleistungen, die Nutzer dieses Portals zu rabattierten Preisen erwerben können, sofern sich innerhalb eines bestimmten Zeitraums eine gewisse Mindestanzahl von Käufern findet.

2

Den Angeboten liegen Kooperationsverträge zwischen der [X.] und ihren Geschäftspartnern zugrunde, in denen die angebotenen Produkte, deren Originalpreis, der ermäßigte Angebotspreis und die Höhe des Rabatts festgelegt sind. Die Leistung der [X.] besteht nach den Kooperationsverträgen darin, dass sie das Angebot des Partners unter den über das Portal "    .de" erreichbaren werblichen Angeboten der jeweiligen Stadt platziert. Die Beklagte verlangt eine "Erfolgsprämie für die Kundengewinnung" in Höhe von 50% des Angebotspreises zuzüglich Umsatzsteuer. Die für die Kooperationsverträge ergänzend geltenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen der [X.] enthalten folgende Bestimmungen:

1. Leistungen von G.

1.1 [X.]unterstützt den Partner beim Marketing im [X.], insbesondere durch den Online-Verkauf von Gutscheinen. [X.]verkauft als eigenständiger Vertragspartner Gutscheine an interessierte Endkunden ("[X.]") und vermittelt dem Partner des Kooperationsvertrages diese Kunden für die im Kooperationsvertrag vorgesehenen Dienst- oder Sachleistungen ("Leistungen"). Für diese wird [X.]Gutscheine des Partners unter den über [X.].    .de erreichbaren werblichen Angeboten der jeweiligen Stadt (…) platzieren ("[X.]

2. Vergütung

2.1 Der Partner hat gegenüber [X.]einen Anspruch auf Zahlung des jeweiligen [X.] (…) pro beim Partner eingelösten Gutschein abzüglich der im Kooperationsvertrag vereinbarten [X.] ([X.] gesetzlicher Umsatzsteuer) pro eingelösten Gutschein. …

3. Leistung/Leistungsbenennungsrecht des Partners

3.3 Für die Leistungserbringung gegenüber dem [X.] ist allein der Partner verantwortlich. Dabei sind sich die Vertragsparteien einig, dass dem [X.] das Leistungsforderungsrecht hinsichtlich der im Gutschein verbrieften Leistung ausschließlich gegenüber dem Partner zusteht und hinsichtlich der im Gutschein verbrieften Leistung nur diesen gegenüber dem [X.] berechtigt und verpflichtet. Der Partner stellt [X.]von allen etwaigen Ansprüchen der [X.] im Hinblick auf die darin verbriefte Leistung frei.

3

Auf der Grundlage von Kooperationsverträgen bot die Beklagte auf der [X.]plattform "    .de" unter anderem Gutscheine für professionelle Zahnreinigungen, Bleachings, kieferorthopädische Zahnkorrekturen, Implantatversorgungen, prothetische Versorgungen und Zahnfüllungen von Zahnärzten aus [X.] an.

4

Die Klägerin ist die berufliche Vertretung der Zahnärzte im Bereich [X.]. Sie sieht in der von den Zahnärzten an die Beklagte zu zahlenden Erfolgsprämie eine mit dem berufsrechtlichen Gebot der Unabhängigkeit der Zahnärzte unvereinbare Provision für die Vermittlung von Patienten. Die Beklagte sei an den Verstößen der Zahnärzte gegen ihr Berufsrecht als Gehilfin beteiligt.

5

Die Klägerin hat mit ihrem in der Revisionsinstanz allein noch interessierenden Klageantrag zu 3 zuletzt beantragt, die Beklagte unter Androhung bestimmter Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken mit Zahnärzten Vereinbarungen bezüglich einer Zahnreinigung und/oder eines Bleachings und/oder einer kieferorthopädischen Zahnkorrektur und/oder einer Implantatversorgung und/oder einer prothetischen Versorgung und/oder einer Zahnfüllung zu treffen, die vorsehen, dass Zahnärzte für die Zuweisung von Patienten ein Entgelt versprechen oder gewähren, wenn dies geschieht wie in der [in das Berufungsurteil eingeblendeten] Kooperationsvereinbarung nebst Allgemeinen Geschäftsbedingungen der [X.] für Kooperationsverträge.

6

Das [X.] hat den allgemein gegen das Versprechen eines Entgelts für die Zuweisung von Patienten gerichteten Klageantrag abgewiesen ([X.], [X.], 241). Die dagegen gerichtete Anschlussberufung der Klägerin hat zur Verurteilung der [X.] nach dem in der Berufungsinstanz zuletzt gestellten Klageantrag zu 3 geführt (KG, [X.] 2014, 132). Mit ihrer vom Senat insoweit zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, erstrebt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage mit dem Klageantrag zu 3.

Entscheidungsgründe

7

I. Das Berufungsgericht hat den Klageantrag zu 3 als begründet angesehen, weil sich die [X.] mit dem Abschluss der [X.] mit Zahnärzten an deren Verstößen gegen das berufsrechtliche Gebot der zahnärztlichen Unabhängigkeit beteiligt habe. Dazu hat es ausgeführt:

8

Die von den Zahnärzten übernommene Verpflichtung, an die [X.] für die Kundengewinnung eine Erfolgsprämie zu zahlen, verstoße gegen § 1 Abs. 5 der Berufsordnung der [X.] vom 26. November 2005 (im Folgenden: [X.] Zahnärzte [X.]) und die entsprechenden Regelungen in den Berufsordnungen der anderen Zahnärztekammern. Die an die [X.] zu zahlende Erfolgsprämie stelle ein mit der zahnärztlichen Unabhängigkeit unvereinbares Entgelt für die Zuweisung von Patienten dar. Nach der Kooperationsvereinbarung sei die an die [X.] zu zahlende Prämie nicht die Gegenleistung für die Bereitstellung eines Werbemediums, sondern die Gegenleistung für den Abschluss eines Vertrags der [X.]n mit dem für den Zahnarzt als Patient gewonnenen Erwerber des Gutscheins, der mittelbar die zahnärztlichen Leistungen zum Gegenstand habe.

9

Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der [X.]n begründeten die Gefahr, dass der mit der [X.]n vertraglich verbundene Zahnarzt die Behandlung des Erwerbers eines Gutscheins nicht am Wohl des Patienten, sondern an seinen wirtschaftlichen Interessen ausrichte. Nach Nummer 3.3 Satz 3 der Vertragsbedingungen müsse der Zahnarzt für die Erstattung des Betrags, den der Erwerber eines Gutscheins für die zahnärztliche Leistung an die [X.] gezahlt habe, auch einstehen, wenn er die Behandlung aus medizinischen Gründen ablehne. Die Kooperationsvereinbarung begründe für den Zahnarzt angesichts einer Laufzeit von 24 Monaten, des nur in begrenztem Umfang bestehenden Rechts des Zahnarztes zu Leistungsänderungen und der unbestimmten Vielzahl der einzulösenden Gutscheine ein erhebliches finanzielles Risiko. Damit bestehe die Gefahr, dass der Zahnarzt bei seiner Entscheidung über die Behandlung des Erwerbers eines Gutscheins medizinische Bedenken aus finanziellem Eigeninteresse zurückstellen werde.

Die [X.] hafte für die von den Zahnärzten begangenen Verstöße gegen das Berufsrecht als Teilnehmerin, weil sie das berufswidrige Verhalten der Zahnärzte durch den Abschluss der [X.] und durch das Angebot der zahnärztlichen Leistungen auf ihrer [X.]plattform fördere.

II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision hat Erfolg und führt zur Wiederherstellung des Urteils erster Instanz, soweit mit ihm der Klageantrag zu 3 abgewiesen worden ist. Das Berufungsgericht hat die insoweit auf § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2, §§ 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 1 Abs. 5 [X.] Zahnärzte [X.] und inhaltsgleiche Regelungen der Berufsordnungen der anderen Zahnärztekammern gestützte Klage zwar zutreffend als zulässig (dazu unter [X.] und 2), zu Unrecht aber als begründet angesehen (dazu unter [X.]).

1. Der Klageantrag zu 3 ist hinreichend bestimmt im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO und damit zulässig. Der Umstand, dass er die Wendung "für die Zuweisung von Patienten ein Entgelt versprechen oder gewähren" in § 31 Abs. 1 der Musterberufsordnung für die in [X.] tätigen Ärztinnen und Ärzte vom 29. August 2011 (M[X.] Ärzte) aufnimmt, steht dem nicht entgegen.

a) Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO darf ein Unterlassungsantrag - und nach § 313 Abs. 1 Nr. 4 ZPO eine darauf beruhende Verurteilung - nicht derart undeutlich gefasst sein, dass der Streitgegenstand und der Umfang der Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis des Gerichts (§ 308 Abs. 1 ZPO) nicht erkennbar abgegrenzt sind, sich der [X.] deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und die Entscheidung darüber, was dem [X.]n verboten ist, letztlich dem Vollstreckungsgericht überlassen bleibt. Aus diesem Grund sind [X.], die lediglich den Wortlaut eines Gesetzes wiederholen, grundsätzlich als zu unbestimmt und damit als unzulässig anzusehen. Abweichendes kann gelten, wenn entweder bereits der gesetzliche [X.] selbst eindeutig und konkret gefasst ist oder der Anwendungsbereich einer Rechtsnorm durch eine gefestigte Auslegung geklärt ist oder der Kläger hinreichend deutlich macht, dass er kein Verbot im Umfang des Gesetzeswortlauts beansprucht, sondern sich mit seinem Unterlassungsbegehren an der konkreten Verletzungshandlung orientiert. Die Bejahung der Bestimmtheit setzt in solchen Fällen allerdings grundsätzlich voraus, dass zwischen den Parteien kein Streit darüber besteht, dass das beanstandete Verhalten das fragliche Tatbestandsmerkmal erfüllt (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Urteil vom 2. Februar 2012 - [X.], [X.], 945 Rn. 16 = [X.], 1222 - Tribenuronmethyl; Urteil vom 15. Mai 2014 - I ZR 137/12, [X.], 791 Rn. 13 = [X.], 844 - [X.]). Die Wiedergabe des gesetzlichen [X.]s in der Antragsformulierung ist auch unschädlich, wenn sich das mit dem selbst nicht hinreichend klaren Antrag Begehrte im Tatsächlichen durch Auslegung unter Heranziehung des Sachvortrags des Klägers eindeutig ergibt und die betreffende tatsächliche Gestaltung zwischen den Parteien nicht in Frage steht, sondern sich deren Streit auf die rechtliche Qualifizierung der angegriffenen Verhaltensweise beschränkt (vgl. [X.], Urteil vom 29. April 2010 - [X.], [X.], 749 Rn. 21 = [X.], 1030 - Erinnerungswerbung im [X.]; Urteil vom 6. Oktober 2011 - [X.], [X.], 405 Rn. 11 = [X.], 461 - [X.]). Eine auslegungsbedürftige Antragsformulierung kann im Übrigen hinzunehmen sein, wenn dies zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes erforderlich ist (st. Rspr.; vgl. [X.], [X.], 945 Rn. 16 - Tribenuronmethyl; [X.], Urteil vom 19. Juli 2012 - [X.], [X.], 421 Rn. 42 = [X.], 479 - Pharmazeutische Beratung über Call-Center; Urteil vom 13. September 2013 - I ZR 230/11, [X.]Z 194, 314 Rn. 55 - Biomineralwasser; [X.], [X.], 791 Rn. 28 - [X.]).

b) Nach diesen Grundsätzen ist der Klageantrag zu 3 als hinreichend bestimmt anzusehen. Die Klägerin hat dadurch, dass sie in dem Antrag auf die Kooperationsvereinbarung Bezug genommen hat, sowie durch ihr Klagevorbringen deutlich gemacht, dass sie die von den Zahnärzten an die [X.] zu zahlende Erfolgsprämie verboten haben möchte, da sie diese Prämie als ein Entgelt für die Zuweisung von Patienten ansieht. Zwischen den Parteien stehen die tatsächlichen Umstände, aufgrund deren die [X.] die Prämie verlangt, außer Frage. Der Streit der Parteien beschränkt sich darauf, ob diese Prämie eine nach den insoweit einschlägigen berufsrechtlichen Bestimmungen unzulässige Vergütung für die Zuweisung von Patienten an den Zahnarzt darstellt.

2. Die Klägerin ist als berufsständische Vertretung der Zahnärzte (§§ 1, 6 HeilBerG [X.]) gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG befugt, Wettbewerbsverstöße zu verfolgen, die von ihren Mitgliedern oder von deren Wettbewerbern begangen werden (vgl. [X.], Urteil vom 6. April 2006 - I ZR 272/03, [X.], 598 Rn. 12 = [X.], 891 - Zahnarztbriefbogen, mwN). Sie kann daher auch gegen von Außenstehenden begangene Wettbewerbsverstöße vorgehen, soweit die Verstöße den Wettbewerb ihrer Mitglieder berühren (vgl. [X.] 111, 366, 376 f.; [X.] in [X.]/[X.], UWG, 33. Aufl., § 8 Rn. 3.33 mwN).

3. Der Klageantrag zu 3 ist jedoch unbegründet. Die von der [X.]n nach dem Kooperationsvertrag und ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen beanspruchte Prämie für die Vermittlung von Patienten stellt kein nach § 1 Abs. 5 [X.] Zahnärzte [X.] und den entsprechenden Regelungen zur zahnärztlichen Unabhängigkeit in den Berufsordnungen der anderen Zahnärztekammern unzulässiges Entgelt für die Zuweisung von Patienten dar.

a) Das Berufungsgericht ist im rechtlichen Ansatz allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass die Bestimmung des § 1 Abs. 5 [X.] Zahnärzte [X.] eine Marktverhaltensregelung im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG darstellt.

Nach § 1 Abs. 5 [X.] Zahnärzte [X.], der seine Grundlage in § 29 Abs. 1, § 32 Satz 2 Nr. 1 HeilberG [X.] hat, soll der Zahnarzt keine Verpflichtung eingehen, die seine Unabhängigkeit bei der Berufsausübung beeinträchtigen kann. Mit dieser Bestimmung soll zwar nicht unmittelbar bestehenden Gesundheitsgefahren begegnet, aber verhindert werden, dass sich die Zahnärzte bei der Ausübung ihres Berufs statt an medizinischen Notwendigkeiten an ökonomischen Erfolgskriterien orientieren und sich dadurch bedingt langfristig negative Rückwirkungen auf die medizinische Versorgung der Bevölkerung ergeben. Die Bestimmung des § 1 Abs. 5 [X.] Zahnärzte [X.] soll gewährleisten, dass der Zahnarzt die Entscheidung, ob und wie er einen Patienten behandelt, nicht an sachfremden wirtschaftlichen Eigeninteressen, sondern allein an medizinischen Erwägungen mit Blick auf das Patientenwohl ausrichtet (vgl. [X.], Urteil vom 13. Januar 2011 - [X.], [X.], 345 Rn. 68 = [X.], 451 - Hörgeräteversorgung II, zu §§ 31, 34 Abs. 5 M[X.] Ärzte aF; Urteil vom 23. Februar 2012 - I ZR 231/10, [X.], 1050 Rn. 23 = [X.], 1226 - [X.], zu § 8 Abs. 5 der Musterberufsordnung der [X.] und zu § 1 Abs. 5 [X.] Zahnärzte [X.]; [X.], [X.], 791 Rn. 16 - [X.], zu §§ 18 und 31 der Berufsordnung für Ärzte der [X.]; [X.]/[X.], Medizinrecht, 2. Aufl., § 31 M[X.] Ärzte Rn. 1 f.; [X.] in [X.]/[X.], Musterberufsordnung der [X.] Ärzte [M[X.]], 6. Aufl., § 31 Rn. 3). Die Vorschrift ist somit dazu bestimmt, das Marktverhalten der Zahnärzte im Interesse der Verbraucher zu regeln (vgl. zum nach § 3 Abs. 2 der Musterberufsordnung der [X.] Ärztinnen und Ärzte und den auf diese Bestimmung zurückgehenden Vorschriften der [X.] grundsätzlich bestehenden Verbot, im Zusammenhang mit der Ausübung der beruflichen Tätigkeit Waren oder andere Gegenstände abzugeben oder abgeben zu lassen sowie gewerbliche Dienstleistungen zu erbringen oder erbringen zu lassen ([X.], Urteil vom 2. Juni 2005 - [X.], [X.], 875, 876 f. = [X.], 1240 - Diabetesteststreifen; Urteil vom 9. Juli 2009 - [X.], [X.], 977 Rn. 12 = [X.], 1076 - Brillenversorgung I; [X.] in [X.]/[X.] aaO § 4 Rn. 11.74; [X.].UWG/[X.], 2. Aufl., § 4 Nr. 11 Rn. 140; Großkomm.UWG/[X.], 2. Aufl., § 4 Nr. 11 Rn. 72).

Der Anwendung des § 4 Nr. 11 UWG steht nicht entgegen, dass nach Art. 4 der Richtlinie 2005/29/[X.] über unlautere Geschäftspraktiken diejenigen Vorschriften der Mitgliedstaaten über unlautere Geschäftspraktiken vollständig harmonisiert werden sollen, die die wirtschaftlichen Interessen der Verbraucher beeinträchtigen. Nach Art. 3 Abs. 8 der Richtlinie 2005/29/[X.] bleiben alle spezifischen Regeln für reglementierte Berufe unberührt, damit die strengen [X.] gewährleistet bleiben, die die Mitgliedstaaten den in dem Beruf tätigen Personen nach Maßgabe des Unionsrechts auferlegen können. Dementsprechend ist die Anwendung des § 4 Nr. 11 UWG auf berufsrechtliche Bestimmungen, die - wie vorliegend die Bestimmung des § 1 Abs. 5 [X.] Zahnärzte [X.] und die Regelungen zur zahnärztlichen Unabhängigkeit in den Berufsordnungen der anderen Zahnärztekammern - das Marktverhalten in unionsrechtskonformer Weise regeln, nach dem UWG 2008 ebenfalls zulässig (vgl. [X.], [X.], 977 Rn. 12 - Brillenversorgung I; [X.], Urteil vom 1. Juni 2011 - [X.], [X.], 79 Rn. 11 = [X.], 964 - Rechtsberatung durch Einzelhandelsverband; Urteil vom 17. Juli 2013 - [X.], [X.], 1056 Rn. 15 = [X.], 1336 - Meisterpräsenz; Urteil vom 24. Juli 2014 - [X.], [X.], 283 Rn. 23 = [X.], 344 - Hörgeräteversorgung III; [X.] in [X.]/[X.] aaO § 4 Rn. [X.]; [X.].UWG/[X.] aaO § 4 Nr. 11 Rn. 15; [X.].UWG/[X.] aaO § 4 Nr. 11 Rn. 9, jeweils mwN).

b) Das Berufungsgericht hat zwar zu Recht angenommen, dass § 1 Abs. 5 [X.] Zahnärzte [X.] und die entsprechenden Regelungen in den Berufsordnungen der anderen Zahnärztekammern es den Zahnärzten verbieten, an Betreiber von [X.]portalen für die Zuweisung von Patienten Provisionen zu zahlen (dazu unter [X.] [X.]). Zu Unrecht hat es aber gemeint, das Geschäftsmodell der [X.]n begründe die Gefahr, dass vertraglich mit der [X.]n verbundene Zahnärzte sich bei der Behandlung von Gutscheininhabern nicht am Wohl der Patienten, sondern an ihren eigenen wirtschaftlichen Interessen orientierten (dazu unter [X.] b bb).

aa) Gemäß § 1 Abs. 5 [X.] Zahnärzte [X.] und den entsprechenden Regelungen in Berufsordnungen der anderen Zahnärztekammern ist es dem Zahnarzt nicht gestattet, sich im Vorfeld einer Behandlung in der Weise zu binden, dass er [X.] für die Zuweisung von Patienten eine Gegenleistung verspricht oder gewährt (vgl. [X.], Urteil vom 21. April 2005 - [X.], [X.], 1059, 1060 = [X.], 1508 - Quersubventionierung von Laborgemeinschaften, zu § 31 Abs. 1 M[X.] Ärzte 1997; [X.], [X.], 1050 Rn. 23 - [X.]; [X.]/[X.] aaO § 31 M[X.] Ärzte Rn. 1 und 5). Zulässig ist dagegen die Vereinbarung einer Vergütung als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen einer [X.]plattform zum Anbieten freiberuflicher Leistungen und für die im Zusammenhang damit geleisteten Dienste (vgl. [X.], [X.] vom 19. Februar 2008 - 1 BvR 1886/06, [X.], 618, 620 = [X.], 492, zu § 49b Abs. 3 Satz 1 [X.]; [X.] vom 8. Dezember 2010 - 1 BvR 1287/08, [X.], 530, 532 = [X.], 207, zu § 8 Abs. 5 der Berufsordnung für Zahnärzte der [X.]; [X.], Urteil vom 1. Dezember 2010 - [X.], [X.], 343 Rn. 22 = [X.], 449 - [X.], zu § 8 Abs. 5 der Berufsordnung für die [X.] Zahnärzte; Urteil vom 24. März 2011 - [X.], [X.], 652 Rn. 14 = [X.], 755, zu § 7 Abs. 5 der Berufsordnung für [X.] Zahnärztinnen und Zahnärzte aF).

bb) Entscheidend ist, ob das Geschäftsmodell der [X.]n die Gefahr begründet, dass ein vertraglich mit ihr verbundener Zahnarzt sich bei der Behandlung eines Gutscheininhabers nicht am Patientenwohl orientiert, sondern an seinen eigenen wirtschaftlichen Interessen. Davon ist auch das Berufungsgericht zutreffend ausgegangen. Zu Unrecht hat es aber gemeint, bei dem Geschäftsmodell bestehe eine entsprechende Gefahr.

(1) Das Berufungsgericht hat das Bestehen einer solchen Gefahr mit der Regelung in Nr. 3.3 Satz 3 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der [X.]n begründet, nach der der Zahnarzt die [X.] von allen Ansprüchen der Gutscheinerwerber im Hinblick auf die verbriefte Leistung freistellt. Danach müsse - so das Berufungsgericht - der Zahnarzt auch für die Rückerstattung des vom Gutscheinerwerber gezahlten Betrags einstehen, wenn er die Behandlung aus medizinischen Gründen zu Recht ablehne. Es ist jedoch - anders als das Berufungsgericht gemeint hat - durchaus zweifelhaft, ob diese Regelung andere Ansprüche der Gutscheinerwerber als solche wegen Schlecht- oder Falschbehandlung durch den mit der [X.]n kooperierenden Zahnarzt erfasst. Die in dieser Hinsicht bestehenden Zweifel an der Reichweite der genannten Haftungsregelung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der [X.]n gehen nach § 305c Abs. 2 BGB zu deren Lasten. Dementsprechend ist davon auszugehen, dass den Zahnarzt keine Freistellungsverpflichtung und damit keine Haftung trifft, wenn er die Behandlung des Gutscheinerwerbers - aus welchen Gründen auch immer - ablehnt.

(2) Bei diesen Gegebenheiten begründet auch der Umstand, dass die [X.] der [X.]n nach Nr. 5.1 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Laufzeit von 24 Monaten haben, nicht die Gefahr, dass sich mit der [X.]n kooperierende Zahnärzte bei der Behandlung von Patienten nicht an deren Wohl, sondern an ihren eigenen wirtschaftlichen Interessen orientieren. Dasselbe gilt für das den Zahnärzten nach dem Kooperationsvertrag nur in begrenztem Umfang zustehende Recht zur Vornahme von Leistungsänderungen und das der [X.]n nach dem Kooperationsvertrag zustehende Recht, Gutscheine in beliebiger Zahl zu verkaufen.

(3) Nach dem vorstehend Ausgeführten hat die Kooperation der [X.]n mit Zahnärzten, soweit sie von der Klägerin mit dem Klageantrag zu 3 angegriffen wird, letztlich keine anderen Auswirkungen auf das Patientenwohl als das kostenpflichtige Zurverfügungstellen einer [X.]plattform zum Anbieten freiberuflicher Leistungen, das als solches als zulässig anzusehen ist (vgl. oben Rn. 21). Damit kann eine solche Kooperation ebenfalls nicht unter dem Gesichtspunkt eines Berufsrechtsverstoßes als unzulässig angesehen werden. Die Frage, ob die Verhaltensweise der [X.]n unter einem anderen Gesichtspunkt - wie etwa wegen Irreführung der kooperierenden Zahnärzte - als wettbewerbswidrig anzusehen sein könnte, steht mangels eines Sachvortrags der Klägerin hierzu nicht zur Entscheidung.

III. Danach ist das angefochtene Urteil aufzuheben, soweit das Berufungsgericht die [X.] nach dem Klageantrag zu 3 verurteilt hat (§ 562 Abs. 1 ZPO).

Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, weil das Berufungsurteil nur wegen der Anwendung des Gesetzes auf den festgestellten Sachverhalt aufzuheben und die Sache nach diesem Sachverhalt zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Das den Klageantrag zu 3 abweisende Urteil des [X.] ist daher wiederherzustellen.

IV. [X.] beruht auf § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

Büscher                  [X.]                       Kirchhoff

                Koch                        [X.]

Meta

I ZR 183/13

21.05.2015

Bundesgerichtshof 1. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend BGH, 17. November 2014, Az: I ZR 183/13, Beschluss

§ 4 Nr 11 UWG, § 1 Abs 5 ZÄBerufsO NR, § 305c Abs 2 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 21.05.2015, Az. I ZR 183/13 (REWIS RS 2015, 10721)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 10721


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. I ZR 183/13

Bundesgerichtshof, I ZR 183/13, 21.05.2015.


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