Bundesgerichtshof, Beschluss vom 09.11.2010, Az. 4 StR 447/10

4. Strafsenat | REWIS RS 2010, 1574

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Gegenstand

Verfall: Ansprüche des Verletzten nur bei Vermögensvorteil "aus der Tat"


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 27. Mai 2010 hinsichtlich der Feststellung nach § 111i Abs. 2 StPO aufgehoben; die Feststellung entfällt.

2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen gewerbs- und bandenmäßig begangenen Betruges in sechs vollendeten und 16 versuchten Fällen sowie wegen Beihilfe zum gewerbs- und bandenmäßigen Betrug zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt; außerdem hat es festgestellt, dass der Anordnung des Verfalls von Wertersatz in Höhe von 8.000 Euro Ansprüche Verletzter entgegenstehen. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat den aus der [X.] ersichtlichen geringfügigen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

2

1. Die Überprüfung des Urteils auf Grund der [X.] hat zum Schuld- und zum Strafausspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.

3

2. Dagegen hält die vom [X.] nicht näher begründete Feststellung nach § 111i Abs. 2 StPO, deren Voraussetzungen auf die Sachrüge zu prüfen sind, rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

4

a) Nach den hierzu vom [X.] rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen hat der Angeklagte für 13 Gutachten, die er zur Durchführung der Betrugstaten zum Nachteil von Kraftfahrzeugversicherungen erstellt hat, jeweils 250 € sowie für die Anwerbung eines weiteren Tatbeteiligten 500 €, insgesamt also 3.750 €, erhalten ([X.]); die Zahlungen erfolgten unabhängig davon, ob die in Anspruch genommenen Versicherungen für die vorgetäuschten Unfallschäden aufkamen.

5

b) Diese Feststellungen tragen die Entscheidung nach § 111i Abs. 2 StPO nicht.

6

Voraussetzung für die Anwendung dieser Vorschrift ist, dass das Gericht nur deshalb nicht auf Verfall, Verfall von Wertersatz oder erweiterten Verfall erkannt hat, weil Ansprüche eines Verletzten im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegenstehen. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB hindert eine Verfallsentscheidung aber nur dann, wenn der Täter oder Teilnehmer "aus der Tat" einen Vermögensvorteil erlangt hat und Gegenansprüche eines Verletzten bestehen; das "für die Tat" [X.] unterliegt dem Verfall hingegen ohne Rücksicht auf Ansprüche Verletzter (vgl. [X.], 12. Aufl., § 73 Rn. 40; [X.]/[X.] StGB § 73 Rn. 37).

7

"Aus der Tat" sind diejenigen Vermögenswerte erlangt, die dem Täter oder Teilnehmer unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestandes selbst in irgendeiner Phase des [X.] zugeflossen sind, insbesondere also die Beute. Um Vorteile "für die Tat" handelt es sich demgegenüber, wenn die Vermögenswerte als Gegenleistung für [X.] gewährt werden, etwa wenn ein Lohn für die Tatbegehung gezahlt wird (vgl. [X.], Urteil vom 22. Oktober 2002 - 1 [X.], [X.]R StGB § 73 [X.]s 4 m.w.N.).

8

Im vorliegenden Fall fand eine Beuteteilung zwischen dem Angeklagten und den übrigen Bandenmitgliedern nicht statt, vielmehr wurde der Angeklagte "für seine Tatbeiträge" unabhängig vom Eintritt des [X.] bezahlt. Die Ausnahmeregelung des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB findet somit keine Anwendung. Damit hat auch die Anordnung nach § 111i Abs. 2 StPO keinen Bestand.

9

Der Senat hebt das Urteil daher insoweit auf und lässt die Anordnung entfallen, da eine Zurückverweisung zur Nachholung einer Verfallsanordnung nach §§ 73 Abs. 1 Satz 1, 73a Satz 1 StGB im Hinblick auf das Verschlechterungsverbot (§ 358 Abs. 2 StPO) nicht in Betracht kommt (vgl. hierzu [X.], Beschluss vom 10. November 2009 - 4 [X.] Rn. 10).

3. Der nur geringfügige Teilerfolg der Revision rechtfertigt es nicht, den Angeklagten gemäß § 473 Abs. 4 StPO teilweise von den durch sein Rechtsmittel entstandenen Kosten und Auslagen freizustellen.

[X.]     

     Solin-Stojanović     

Roggenbuck

Ri[X.] Dr. Franke befindet
sich im Urlaub und ist daher
gehindert zu unterschreiben.

[X.]

Bender     

Meta

4 StR 447/10

09.11.2010

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Saarbrücken, 27. Mai 2010, Az: 6 KLs 8/10, Urteil

§ 73 Abs 1 S 2 StGB, § 111i Abs 2 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 09.11.2010, Az. 4 StR 447/10 (REWIS RS 2010, 1574)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 1574

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