Bundesgerichtshof, Urteil vom 05.09.2017, Az. X ZR 119/16

10. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 5807

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Gegenstand

Schenkungsvertrag: Objektive und subjektive Voraussetzungen; Abtretung eines Wertpapierübertragungsanspruchs gegen Auflagen


Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 12. Zivilsenats des [X.] vom 15. Februar 2016 aufgehoben, soweit das Berufungsgericht zum Nachteil des Beklagten entschieden hat.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt aus abgetretenem Recht vom [X.]n die Übertragung von Wertpapieren.

2

Die verstorbene Schwester des [X.]n (Erblasserin) führte zu Lebzeiten bei der [X.](nachfolgend: Sparkasse) ein Wertpapierdepot, in dem sich verschiedene Wertpapiere jeweils in doppelter Anzahl befanden, wie sie mit der Klage herausverlangt werden. Die Erblasserin vereinbarte mit der [X.] einen "Vertrag zugunsten Dritter für den Todesfall", in dem der [X.] und sein [X.] als Begünstigte benannt sowie bestimmt wurde, dass im Falle ihres Todes das (Mit-)Eigentum an den im Depot befindlichen Wertpapieren auf die Sparkasse als Treuhänder übergehen sollte sowie, dass die Begünstigten in diesem Falle von der Sparkasse die Übertragung dieses (Mit-)Eigentums an den Wertpapieren sollten verlangen können. Dieser Vertrag wurde dem [X.]n und seinem [X.] vorgelegt und von ihnen mitunterzeichnet.

3

Etwa zwei Monate vor ihrem Tod am 17. November 2012 setzte die Erblasserin mit handschriftlichem Testament die Mutter des [X.] als Erbin ein. Unter dem 12. Dezember 2012 und 26. Februar 2013 erklärte der [X.] - nach seinem Vorbringen zur Vermeidung einer "Doppelbesteuerung" und mit der Vereinbarung, dass nach Abführung der Steuern der dann noch verbliebene Wert der Wertpapiere an ihn zurückfließen solle - zusammen mit seinem [X.] die Freigabe des Depots an die Mutter des [X.] und bat die Sparkasse, jener die Wertpapiere zu überlassen. Im [X.] 2013 wies der [X.] die Sparkasse an, die Wertpapiere in sein Depot zu übertragen. Am 8. Mai 2014 trat die Mutter des [X.] alle Rechte und Ansprüche aus der Erbschaft betreffend das Wertpapierdepot an den Kläger ab.

4

Die Klage auf Übertragung der halben Anzahl der ursprünglich im Depot befindlichen Wertpapiere hat das [X.] abgewiesen. Auf die Berufung hat das Berufungsgericht der Klage im Wesentlichen stattgegeben. Hiergegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision des [X.]n, mit der er das Ziel einer vollständigen Klageabweisung weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe

5

Die zulässige Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

6

I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

7

Der [X.] und sein [X.] hätten mit den Schreiben vom 12. Dezember 2012 und 26. Februar 2013 ihren gegenüber der Sparkasse bestehenden Anspruch auf Übertragung der Wertpapiere an die Mutter des [X.] abgetreten. Auch wenn im Schreiben vom 26. Februar 2013 unter anderem erklärt werde, das aus dem Vertrag zugunsten Dritter erworbene Recht gemäß § 333 [X.] zurückzuweisen, habe es damit nicht sein Bewenden, weil eine solche Zurückweisung nach bereits erfolgter Annahme nicht mehr möglich gewesen sei. Vielmehr ergebe sich aus dem Schreiben deutlich der Wille, den Anspruch auf Übertragung der Wertpapiere an die Mutter des [X.] abzutreten. Diese habe die Abtretung angenommen, indem sie unter Vorlage der Schreiben ihre Ansprüche bei der Sparkasse angemeldet habe. Damit sei zugleich eine darin liegende Schenkung vollzogen und deren Formmangel nach § 518 Abs. 2 [X.] geheilt worden.

8

Der Verpflichtung des [X.]n zur Übertragung der Wertpapiere stehe nicht dessen Vorbringen entgegen, mit der Mutter des [X.] sei vereinbart gewesen, nach Abführung der Steuern solle der verbleibende Wert der Wertpapiere an ihn zurückfließen. Auch danach hätten dem [X.]n nicht die Wertpapiere, sondern allenfalls deren Wert - nach Abzug von Steuern - zustehen sollen. Zudem sei der [X.] nicht schutzwürdig, weil er sich durch treuwidriges Verhalten in den Besitz der Wertpapiere gebracht habe.

9

II. Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Ein Anspruch auf Übertragung der Wertpapiere kann nicht mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung bejaht werden.

1. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass der zwischen der Erblasserin und der Sparkasse geschlossene Vertrag vom 20. November 2001 bis zuletzt wirksam war, keiner Anpassung wegen veränderter Umstände gemäß § 313 [X.] zu unterziehen ist und insbesondere von der Erblasserin nicht widerrufen wurde. Die Auslegung des Berufungsgerichts, den in den Monaten vor ihrem Tod abgegebenen Willenserklärungen sei ein solcher Widerruf nicht zu entnehmen, begegnet keinen rechtlichen Bedenken und wird auch von den Parteien im Revisionsverfahren nicht in Zweifel gezogen.

2. Das Berufungsgericht hat jedoch rechtsfehlerhaft einen Anspruch des [X.] gegen den [X.]n aus den Schreiben vom 12. Dezember 2012 und 26. Februar 2013 auf Übertragung der Wertpapiere bejaht. Aus diesen Schreiben ergab sich kein solcher Anspruch der Mutter des [X.] gegenüber dem [X.]n, den der Kläger aufgrund der weiteren, an ihn erfolgten Abtretung vom 8. Mai 2014 geltend machen könnte.

a) Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Berufungsgericht die Erklärungen in den Schreiben vom 12. Dezember 2012 und 26. Februar 2013 als rechtlich wirksam erachtet; die darin enthaltenen rechtsgeschäftlichen Erklärungen wurden nicht wegen arglistiger Täuschung gemäß § 123 Abs. 1 Alt. 1 [X.] oder wegen eines [X.] gemäß § 119 Abs. 1 [X.] wirksam angefochten. Dahingehende Anfechtungsrechte hat das Berufungsgericht zutreffend verneint, was von der Revision nicht in Zweifel gezogen wird.

Ebenso begegnet die Auslegung dieser Schreiben als eine Abtretung des Anspruchs des [X.]n und seines [X.]es gegenüber der Sparkasse auf Übereignung der Wertpapiere an die Mutter des [X.] keinen rechtlichen Bedenken.

b) Die Abtretung begründete hingegen keinen unmittelbaren Anspruch gegen den [X.]n (und seinen [X.]).

Das Berufungsgericht kommt auch für das dieser Abtretung zugrunde liegende Kausalgeschäft - insoweit zutreffend - nicht zu einer Auslegung, wonach der [X.] und sein [X.] sich zu mehr als der Vornahme dieser Abtretung hätten verpflichten wollen, denn sie selbst waren noch nicht Eigentümer der Wertpapiere, sondern nur Inhaber des gegenüber der [X.]. Mit der Abtretung dieses [X.]s sollte es deshalb sein Bewenden haben. Der [X.] wurde vom [X.]n und seinem [X.] mit den beiden genannten Schreiben erfüllt und ist damit erloschen (§ 362 Abs. 1 [X.]).

III. Die Entscheidung des Berufungsgerichts erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als im Ergebnis zutreffend.

1. Nach Erfüllung eines Anspruchs, der auf die Abtretung eines anderen Anspruchs gerichtet ist, kommt allerdings ein Schadensersatzanspruch gemäß § 280 [X.] in Frage, wenn der Zedent dem Zessionar die mit der Abtretung verbundenen Vorteile entzieht oder wesentlich schmälert und damit die Pflicht verletzt, den Vertragszweck nicht nachträglich zu gefährden oder zu vereiteln (vgl. [X.], Urteil vom 24. Oktober 1989 - [X.], NJW-RR 1990, 141 unter [X.] b mwN). Ein solcher Schadensersatzanspruch kann - bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen - im Wege der Naturalrestitution gemäß § 249 Abs. 1 [X.] vom Zedenten auch dadurch zu erfüllen sein, dass er den abgetretenen Anspruch seinem Inhalt nach erfüllt, wenn er durch sein pflichtwidriges Verhalten Eigentümer des Gegenstands des abgetretenen Anspruchs geworden und damit in der Lage ist, diesen Anspruch anstelle des ursprünglichen Gläubigers zu erfüllen.

2. Die Feststellungen des Berufungsgerichts rechtfertigen jedoch nicht die Annahme, dass der Mutter des [X.] ein Anspruch zustand, demzufolge sie von dem [X.]n (und seinem [X.]) eine Abtretung des gegenüber der [X.] hätte verlangen können und der damit einen sekundären Schadensersatzanspruch begründen könnte. Während hierfür zwar grundsätzlich auch ein bereits erfüllter Schenkungsanspruch in Frage kommt, ist indessen nach dem der revisionsrechtlichen Beurteilung zugrunde zu legenden Vorbringen des [X.]n insbesondere in Betracht zu ziehen, dass die Mutter des [X.] nur als Beauftragte des [X.]n (und seines [X.]es) die Wertpapiere veräußern, die anfallenden Steuern entrichten und ihm (und seinem [X.]) den Restwert auskehren sollte. Ein solches Auftragsverhältnis vermittelte der Mutter des [X.] weder einen eigenen Anspruch auf die Abtretung noch auf deren Vollzug (vgl. [X.]/[X.]/[X.], [X.], Neubearb. 2017, § 662 Rn. 44).

Die Annahme des Berufungsgerichts, der Abtretung habe ein Schenkungsvertrag zugrunde gelegen, wird durch seine Feststellungen nicht getragen und ist mit dem Vorbringen des [X.]n nicht vereinbar. Die Revision rügt zu Recht, das Berufungsgericht habe für die rechtliche Einordnung des der Abtretung zugrunde liegenden Kausalverhältnisses die streitige, unter Beweis gestellte Behauptung des [X.]n nicht berücksichtigt, gemäß den weiteren Vereinbarungen mit der Mutter des [X.]n anlässlich der mit den Schreiben vom 12. Dezember 2012 und 26. Februar 2013 erklärten Abtretung habe diese dem [X.]n und seinem [X.] den Restwert der Wertpapiere nach Abzug von (etwaigen) Steuern in Geld geschuldet.

a) Ein Schenkungsvertrag setzt gemäß § 516 [X.] objektiv eine durch die Erfüllung des Vertrags bewirkte Entreicherung des [X.]s und eine sich daraus ergebende Bereicherung des Beschenkten, mithin eine auf dem [X.]vermögen beruhende Mehrung des Vermögens des Beschenkten, sowie subjektiv die Übereinstimmung der Beteiligten voraus, dass diese Zuwendung unentgeltlich erfolgen, die Vermögensmehrung des Beschenkten mithin nicht (vollständig) durch eine Gegenleistung an den [X.] ausgeglichen werden soll (vgl. [X.], Urteile vom 1. Juli 1987 - [X.], [X.]Z 101, 229, 232; vom 21. Mai 1986 - [X.], NJW-RR 1986, 1135 unter I[X.]). Die gewollte Begünstigung ist insbesondere die Rechtfertigung dafür, für das Schenkungsversprechen grundsätzlich die notarielle Form vorauszusetzen (§ 518 Abs. 1 [X.]) und dem [X.] das Recht auf eine spätere Rückabwicklung wegen Verarmung (§ 528 [X.]) oder groben Undanks (§ 530 f. [X.]) zuzubilligen.

Eine objektive Bereicherung ist danach nicht gegeben, wenn der Vermögensgegenstand dem Zuwendungsempfänger nur treuhänderisch, insbesondere im Rahmen eines Auftragsverhältnisses, zugewendet wird und nicht materiell im Vermögen des Empfängers verbleiben soll (vgl. [X.], Urteil vom 10. Dezember 2003 - [X.], [X.]Z 157, 178, 182 f. unter II 3).

Ebenso kann es an einer subjektiv gewollten Begünstigung fehlen, wenn der Zuwendungsempfänger Gegenleistungen in einem Umfang zu erbringen hat, deren Wert nach den subjektiven Vorstellungen der [X.] den Wert der Zuwendung erreicht oder übersteigt (vgl. [X.], Urteil vom 18. Oktober 2011 - [X.], NJW 2012, 605 Rn. 17). Eine Gegenleistung kann sich als Auflage gemäß § 525 [X.] darstellen. Im Falle einer objektiven Gleichwertigkeit von Zuwendung und Auflage kommt jedoch auch in Betracht, dass die [X.] einen gegenseitigen oder treuhänderisch beidseitigen Vertrag schließen wollten, der insbesondere für den Zuwendungsempfänger weder mit einer gesteigerten Dankbarkeit im Sinne von § 530 [X.] verbunden sein noch eine Rückabwicklung im Falle der Verarmung des Zuwendenden gemäß § 528 [X.] ermöglichen soll (vgl. [X.], 238, 242).

b) Da die Mutter des [X.] nach dem Vortrag des [X.]n den Wert der Wertpapiere nach Abzug von Steuern in Geld an den [X.]n und seinen [X.] hätte auszahlen müssen, liegen nach diesen Grundsätzen die Voraussetzungen für eine Schenkung nicht vor. Die Mutter des [X.] ist nach diesem revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Vortrag durch die Abtretung des [X.] weder objektiv bereichert worden noch sollte darin subjektiv eine Begünstigung für sie liegen. Vielmehr hätte sie exakt den Wert der Wertpapiere in Geld zum Teil an den Fiskus abführen und im Übrigen an den [X.]n und seinen [X.] auszahlen müssen.

3. Ebenso wenig erweist sich das Berufungsurteil aufgrund des erstmals in der Revisionserwiderung geltend gemachten Anspruchs nach § 816 Abs. 2 [X.] als im Ergebnis zutreffend.

Die Revisionserwiderung macht hierzu geltend, die Sparkasse habe keine Kenntnis von einer Abtretung des von ihr zu erfüllenden [X.] gehabt, weil ihr in Bezug auf die Auslegung der vorgelegten Schreiben vom 12. Dezember 2012 und 26. Februar 2013 Zweifel verblieben seien, die einer Gewissheit für das Vorliegen einer wirksamen Abtretung entgegen stünden. Demnach habe die Sparkasse gemäß § 407 Abs. 1 [X.] die Wertpapiere mit befreiender Wirkung auf den [X.]n übertragen. Der Kläger habe weiterhin mit der Erhebung der Klage im Streitfall die Übertragung der Wertpapiere seitens der Sparkasse auf den [X.]n genehmigt.

Ob ein solcher Anspruch vom Streitgegenstand der Klage umfasst und von den Feststellungen des Berufungsgerichts getragen würde, kann dahinstehen. Nach dem der revisionsrechtlichen Beurteilung zugrunde zu legenden [X.]nvorbringen kann jedenfalls nicht ausgeschlossen werden, dass der [X.] auch einem Anspruch des [X.] aus § 816 Abs. 2 [X.] die mit der Mutter des [X.] getroffene Vereinbarung und den daraus resultierenden Anspruch auf den nach Steuerabzug verbleibenden Geldwert entgegenhalten kann.

IV. Das angefochtene Urteil ist demnach aufzuheben und die Sache mangels Entscheidungsreife an das Berufungsgericht zurückzuweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

[X.]     

      

Gröning     

      

Grabinski

      

[X.]     

      

Kober-Dehm     

      

Meta

X ZR 119/16

05.09.2017

Bundesgerichtshof 10. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Koblenz, 15. Februar 2016, Az: 12 U 409/15

§ 398 BGB, § 516 BGB, § 525 BGB, § 662 BGB, § 528 BGB, § 530 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 05.09.2017, Az. X ZR 119/16 (REWIS RS 2017, 5807)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 5807

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

X ZR 7/20

Zitiert

X ZR 45/10

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