Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.09.2003, Az. 1 StR 343/03

1. Strafsenat | REWIS RS 2003, 1553

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[X.]/03vom23. September 2003in der Strafsachegegenwegenschwerer [X.] 2 -Der 1. Strafsenat des [X.] hat am 23. September 2003 be-schlossen:1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 30. April 2003 im [X.] den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere Strafkammer des [X.] Die weitergehende Revision wird mit der Maßgabe verworfen,daß der Angeklagte der schweren Brandstiftung, der Brand-stiftung, des Diebstahls in drei Fällen, davon in einem Fall [X.] mit versuchter Brandstiftung, sowie des [X.] in zwei Fällen und der Sachbeschädigung schuldigist.Gründe:Das [X.] hat den Angeklagten wegen "schwerer Brandstiftung,Brandstiftung, Diebstahls in einem besonders schweren Fall in Tateinheit mitversuchter Brandstiftung, Diebstahls in einem besonders schweren Fall, ver-suchten besonders schweren Diebstahls in zwei Fällen, Diebstahls und [X.]" zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und [X.] verurteilt. Mit seiner Revision rügt er die Verletzung förmlichen undsachlichen Rechts.1. Das Rechtsmittel ist unbegründet, soweit es dem Schuldspruch gilt(§ 349 Abs. 2 StPO). Der Senat berichtigt lediglich den [X.], dadas Vorliegen gesetzlicher Regelbeispiele für besonders schwere Fälle nichtauszuführen ist (vgl. [X.], 624).2. [X.] ist jedoch - bereits auf die Sachbeschwerde hin, so daß esauf die Verfahrensbeschwerde nicht mehr ankommt - im [X.] aufzuheben, weil die Verneinung der Voraussetzungen einer erhebli-chen Verminderung der Schuldfähigkeit nach § 21 StGB der rechtlichen Über-prüfung nicht standhält.Nach den Feststellungen wurde der Angeklagte, der im Alter von zweiJahren einen schweren Unfall "mit Hirnverletzungen" erlitten hatte, bereits alsKind psychiatrisch behandelt. Er hat eine Sonderschule besucht und keine Be-rufsausbildung erfahren. Er befand sich fast 20 Jahre lang im [X.] psychiatrischen Anstalten. Den in den Jahren 1983 und 1994 erfolgten An-ordnungen der Unterbringung gemäß § 63 StGB lagen zum einen Diebstahl,Betrug, Urkundenfälschung, Vortäuschen einer Straftat und gefährliche Kör-perverletzung, zum anderen schwere Brandstiftung zugrunde. Im April 2000 istdie Unterbringung zur Bewährung ausgesetzt worden. Dem vorliegenden Ver-fahren liegen acht Tatkomplexe zugrunde, in denen der Angeklagte u.a. [X.], einen in einer Garage abgestellten Pkw und einen [X.] setzte, dies bei einem Vereinsheim versuchte und eine Reihe von [X.] zumeist mittels Einbruchs - beging.- 4 -Das [X.] teilt als Ergebnis des psychiatrischen Sachverständi-gengutachtens mit: Bei dem Angeklagten liege keine psychiatrische Erkran-kung oder hirnorganisch bedingte Wesensänderung im Sinne einer krankhaf-ten seelischen Störung vor. Zu konstatieren sei eine schwerwiegende, seit derKindheit andauernde Persönlichkeitsstörung mit überwiegend histrionischenund dissozialen Komponenten. Diese sei zwar als andere schwere seelischeAbartigkeit zu werten. Die Steuerungsfähigkeit sei bezüglich der Diebstahls-und [X.] jedoch nicht im Ausmaß des § 21 StGB vermindert. [X.] bleibe "vieles unklar". Ein zwanghaftes Handeln [X.] erkennbar. Mangels zusätzlicher konstellativer Momente (situative Be-lastung, Alkoholeinfluß, abnorme Stimmungslabilität) könnten auch in Bezugauf die Branddelikte die Voraussetzungen des § 21 StGB nicht bejaht werden.Dieser Bewertung des Sachverständigen hat sich die Strafkammer ange-schlossen.Diese knappen Erwägungen werden den Besonderheiten des Fallesnicht gerecht. Schon angesichts des Tatgeschehens in den [X.], in denen der Angeklagte ohne erkennbares Motiv gehandelt hat, ist [X.] des [X.]s nicht ohne weiteres verständlich. Insbesondere aberwar hier in Rechnung zu stellen, daß der Lebensweg des Angeklagten [X.] an bis in die [X.] der verfahrensgegenständlichen Taten von erhebli-chen psychiatrischen Auffälligkeiten geprägt war, die wiederholt zur [X.] verminderten Schuldfähigkeit geführt haben. Angesichts dessen ist es eindurchgreifender [X.], daß die Urteilsgründe nicht erkennbarmachen, warum der gehörte Sachverständige - und damit auch das Tatgericht -von den zahlreichen, die Voraussetzungen des § 21 StGB bejahenden ärztli-chen Befunden und gutachtlichen Äußerungen, wie sie insbesondere im Rah-men der den Angeklagten betreffenden Unterbringungsentscheidungen ange-- 5 -fallen sind, abgewichen ist. Die Kammer hätte diese darlegen und sich mit ih-nen auseinandersetzen müssen. Deshalb kann der [X.] Bestand haben.Auf den Schuldspruch hat der Rechtsfehler keine Auswirkungen, weil ei-ne Schuldunfähigkeit des Angeklagten nach den Feststellungen auszuschlie-ßen ist.3. Sofern der neue Tatrichter zur positiven Feststellung eines [X.] Sinne des § 21 StGB gelangt, würde auch die Frage einer erneuten Unter-bringung in einem psychiatrischen Krankenhaus zu erörtern sein. Daß nur [X.] Revision eingelegt hat, hindert die Nachholung einer [X.] nicht (§ 358 Abs. 2 StPO).4. Für das weitere Verfahren weist der Senat vorsorglich darauf hin, daßes Aufgabe des Tatrichters ist, das Gutachten des Sachverständigen zu über-prüfen und sich über den Zustand des Angeklagten eine eigene Überzeugungzu bilden (vgl. [X.], 1645, 1646). Insbesondere ist auch die Frageder Erheblichkeit der Verminderung der Steuerungsfähigkeit eine Rechtsfrage,- 6 -die deshalb vom [X.], nicht aber vom Sachverständigen zu beantworten ist(st. Rspr.; vgl. BGHSt 43, 66, 77; [X.], [X.]Wahl Schluckebier Kolz Elf

Meta

1 StR 343/03

23.09.2003

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.09.2003, Az. 1 StR 343/03 (REWIS RS 2003, 1553)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 1553

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