Bundesfinanzhof, Beschluss vom 04.04.2012, Az. I B 96/11

1. Senat | REWIS RS 2012, 7482

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Gegenstand

Zuführung zu Pensionsrückstellung als verdeckte Gewinnausschüttung - Eintritt des Versorgungsfalls - Abgrenzung zwischen Altersrente und Berufsunfähigkeitsrente


Leitsatz

NV: Die Frage, ob Zuführungen zu einer Pensionsrückstellung nach Eintritt des Versorgungsfalles als verdeckte Gewinnausschüttung zu beurteilen sind, wenn die Zuführungen zur Pensionsrückstellung während der Anwartschaftsphase die sog. 75 v.H.-Grenze überschreiten, stellt sich nicht, wenn bezüglich der Berufsunfähigkeitsrente der Versorgungsfall eingetreten ist. Die Fragestellung lässt außer Acht, dass zwischen der Zusage einer Altersrente und einer Berufsunfähigkeitsrente zu unterscheiden ist .

Tatbestand

1

I. [X.]esellschafter und [X.]eschäftsführer der Klägerin und Beschwerdegegnerin (Klägerin), einer [X.]mb[X.], waren die Eheleute [X.] und [X.] Die Klägerin sagte beiden [X.] 1991 eine Alters- und Invalidenrente in [X.]öhe von jährlich 120.000 [X.] ([X.]) und 80.000 [X.] ([X.]) sowie eine [X.]interbliebenenrente in [X.]öhe von jährlich 100.000 [X.] ([X.]) und 80.000 [X.] ([X.]) zu. 1991 betrug das Jahresgehalt von [X.] ca. 75.000 [X.] und das von [X.] ca. 31.000 [X.]. Der Anspruch auf Zahlung der Altersrente sollte mit Vollendung des 65. Lebensjahres entstehen. Im August 1998 erlitt [X.] einen Unfall und war seither querschnittsgelähmt. Ab 1. Februar 1999 erhielt er eine Berufsunfähigkeitsrente. Die [X.]ehaltszahlungen an [X.] betrugen im Jahr 1997  66.634 [X.], im Jahr 1998  43.509 [X.], im Jahr 1999  110.000 [X.], und ab dem [X.]  120.000 [X.]. 2005 verstarb [X.].

2

Der Beklagte und Beschwerdeführer (das Finanzamt --[X.]--) bemängelte die [X.]öhe der Pensionszusagen an [X.] und [X.] für die Streitjahre (1999 bis 2003), weil diese zusammen mit den Anwartschaften aus der gesetzlichen Rentenversicherung 75 v.[X.]. der Bezüge der [X.]esellschafter-[X.]eschäftsführer überschritten. Zudem wurde auch die Zusage der [X.]interbliebenenversorgungen als unüblich angesehen. Die Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente an [X.] sei nur insoweit betrieblich veranlasst, als sie dem unter Berücksichtigung der 75 v.[X.].-[X.]renze anzuerkennenden Teilbetrag der [X.] entsprochen habe. Dabei ging das [X.] vom Jahresgehalt 1997, dem letzten Jahresgehalt vor dem Unfall des [X.], als [X.] aus. Den darüber hinausgehenden Teil der Berufsunfähigkeitsrente behandelte das [X.] als verdeckte [X.]ewinnausschüttung (v[X.]A). Es teilte die Pensionsrückstellung für die Zusage an [X.] entsprechend auf und rechnete den nicht betrieblich veranlassten Teil der Zuführungen dem [X.]ewinn der Klägerin [X.] wieder zu, weil eine innerbilanzielle Korrektur der [X.]öhe der Pensionsrückstellung nur während der [X.] und nicht aber nach Eintritt des [X.] möglich sei. Im Einzelnen ging das [X.] davon aus, dass aufgrund des Unfalls des [X.] und dessen Berufsunfähigkeit zum 31. Dezember 1998 der [X.] zu passivieren und um 1/3 nach unten zu korrigieren gewesen wäre. Die Wertansätze der Pensionsrückstellungen wurden ab 1999 entsprechend korrigiert und die nicht betrieblich veranlassten Teile der Pensionsrückstellungen sowie der nicht betrieblich veranlasste Teil der an [X.] gezahlten Berufsunfähigkeitsrente als v[X.]A behandelt.

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Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage wies das [X.] (F[X.]) mit Urteil vom 11. Mai 2011 ([X.]. 12 K 12075/08) überwiegend ab. In der mündlichen Verhandlung vor dem F[X.] haben die Beteiligten sich über die steuerliche Behandlung der Rentenzahlungen an [X.] geeinigt. Lediglich die Zuführungen zur Pensionsrückstellung des [X.] ab Eintritt des [X.] konnten nach Auffassung des F[X.] nicht teilweise [X.] dem [X.]ewinn der Klägerin hinzugerechnet werden. Das F[X.] beruft sich insoweit auf das Senatsurteil vom 28. April 2010 [X.]/08 (BF[X.]E 229, 234), wonach nach Eintritt des [X.] Zuführungen zur Pensionsrückstellung nicht wie v[X.]A [X.] dem [X.]ewinn hinzugerechnet werden können. Die Pensionsrückstellung des [X.] sei vor Eintritt des [X.] nicht deshalb [X.] gewesen, weil sie einem Fremdvergleich nicht standgehalten hätte, sondern deshalb, weil der Teilwert der Pensionsrückstellung insoweit § 6a des Einkommensteuergesetzes (ESt[X.]) nicht entsprochen habe. Wenn aber die Pensionszusage in der [X.] dem [X.]rund nach anzuerkennen sei und die Zuführungen, weil dem Fremdvergleich standhaltend, nicht als v[X.]A angesehen werden könnten, sondern lediglich aus [X.]ründen der steuerlichen Bewertungsregeln eine innerbilanzielle Korrektur der Pensionsrückstellung vorzunehmen sei, so könne nicht nach Eintritt des [X.] davon ausgegangen werden, dass die Zuführungen teilweise nicht betrieblich veranlasst seien.

4

[X.]iergegen wendet sich das [X.] mit seiner Beschwerde, mit der es die Zulassung der Revision begehrt.

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Die Klägerin beantragt die Zurückweisung der Beschwerde.

Entscheidungsgründe

6

II. [X.] [X.] genügt nicht den Anforderungen an die Darlegung der in § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) genannten Gründe für die Zulassung der Revision (§ 116 Abs. 3 Satz 3 [X.]O). Sie ist deshalb als unzulässig zu verwerfen.

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1. Das gilt zunächst für den Vortrag, dem Rechtsstreit komme deshalb grundsätzliche Bedeutung zu (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 [X.]O), weil zu klären sei, ob auch nach Eintritt des [X.] Zuführungen zu einer Pensionsrückstellung teilweise nicht betrieblich veranlasst und damit als vGA zu beurteilen sind, wenn die Zuführungen zur Pensionsrückstellung während der [X.] wegen Überschreitung der 75 v.[X.].-Grenze im Sinne der Rechtsprechung des [X.] (BF[X.]) innerbilanziell zu korrigieren waren oder gewesen wären und die in diesem Sinne überhöhte Rente tatsächlich gezahlt wird. Der Vortrag lässt außer [X.], dass zwischen der Zusage einer Altersrente und einer Invalidenrente zu unterscheiden ist. Im Streitfall ist nach den insoweit bindenden Feststellungen des [X.] (§ 118 Abs. 2 [X.]O) bezüglich der Berufsunfähigkeitsrente des [X.] im Jahr 1998 eingetreten. Zuführungen zur Pensionsrückstellung des [X.] erfolgten nur noch im [X.]inblick auf die Zusage einer Altersrente. Diesbezüglich war der Versorgungsfall noch nicht eingetreten, da [X.] die vereinbarte Altersgrenze nicht erreicht hatte; die Pensionszusage im [X.]inblick auf die Altersrente befand sich noch in der [X.]. Ausgehend von dieser grundlegenden Unterscheidung stellt sich die vom [X.] aufgeworfene Frage im anhängigen Verfahren nicht. Nach der Rechtsprechung des Senats führt eine Überversorgung, die typisierend dann angenommen wird, wenn die [X.] zusammen mit der [X.] aus der gesetzlichen Rentenversicherung 75 v.[X.]. der am Bilanzstichtag bezogenen Aktivbezüge übersteigt, grundsätzlich zu einer Kürzung der Pensionsrückstellung. Denn künftige noch ungewisse Pensionssteigerungen oder -minderungen dürfen, auch wenn deren Eintritt wahrscheinlich ist, nach § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Satz 4 EStG am Bilanzstichtag noch nicht berücksichtigt werden (ständige Rechtsprechung seit BF[X.]-Urteil vom 13. November 1975 [X.]/73, BF[X.]E 117, 367, [X.] 1976, 142; vgl. im [X.] daran Senatsurteil vom 17. Mai 1995 [X.], BF[X.]E 178, 203, [X.] 1996, 204, und zuletzt Senatsurteile vom 31. März 2004 [X.]/03, BF[X.]E 206, 37, [X.] 2004, 937; [X.], BF[X.]E 206, 52, [X.] 2004, 940; vom 15. September 2004 [X.]/03, BF[X.]E 207, 443, [X.] 2005, 176). Eine Vorwegnahme künftiger Entwicklungen liegt jedoch nicht mehr vor, wenn der Versorgungsfall bereits eingetreten ist. Lediglich für diesen Fall einer ausfinanzierten Anwartschaft (vgl. [X.] in [X.], EStG, 11. Aufl., § 6a Rz 17) sieht der BF[X.] im Fall der "Überversorgung" keinen Raum für eine entsprechende Auflösung der Rückstellung (Senatsurteil in BF[X.]E 229, 234). Da die Zuführungen zur Pensionsrückstellung in Bezug auf die Altersrente des [X.] nicht nach Eintritt des [X.] erfolgten, sind sie allein nach der Bewertungsregel des § 6a EStG zu beurteilen.

8

2. Das [X.] hat ferner hilfsweise geltend gemacht, eine Entscheidung des BF[X.] sei zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung erforderlich (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 [X.]O), indes weder eine schlüssige Divergenzrüge erhoben noch einen sog. qualifizierten [X.] dargetan (zu den Voraussetzungen im Einzelnen vgl. BF[X.]-Beschluss vom 17. Januar 2006 VIII B 172/05, BF[X.]/NV 2006, 799). Die (vermeintliche) Divergenzentscheidung des BF[X.] wird zwar genau benannt, allerdings wird die Rechtsfrage, in welcher das [X.] von der Rechtsprechung des BF[X.] konkret abgewichen sein soll, weder bezeichnet noch herausgearbeitet.

Meta

I B 96/11

04.04.2012

Bundesfinanzhof 1. Senat

Beschluss

vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg, 11. Mai 2011, Az: 12 K 12075/08, Urteil

§ 6a Abs 3 S 2 Nr 1 S 4 EStG 2002, § 8 Abs 3 S 2 KStG 2002, § 115 Abs 2 FGO, § 116 Abs 3 S 3 FGO, § 6a Abs 3 S 2 Nr 1 S 4 EStG 1997, § 8 Abs 3 S 2 KStG 1999

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 04.04.2012, Az. I B 96/11 (REWIS RS 2012, 7482)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 7482

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