Bundesfinanzhof, Urteil vom 23.10.2013, Az. I R 89/12

1. Senat | REWIS RS 2013, 1750

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Gegenstand

Verdeckte Gewinnausschüttung wegen vorzeitiger Kapitalabfindung einer Pensionszusage - Anschlussrevision


Leitsatz

1. Findet eine GmbH die einem beherrschenden --oder infolge gleichgelagerter Interessen steuerrechtlich als beherrschend behandelten-- Gesellschafter-Geschäftsführer erteilte Zusage auf eine einmalige Kapitalleistung entgegen der zugrundeliegenden Versorgungsvereinbarung vor der Beendigung des Dienstverhältnisses in einem Einmalbetrag durch Auszahlung der fälligen Beträge aus einer Rückdeckungsversicherung ab, indiziert das die im Gesellschaftsverhältnis liegende Veranlassung der Kapitalabfindung.

2. Die Kapitalabfindung führt bei der GmbH auch dann zu einer Vermögensminderung als Voraussetzung einer verdeckten Gewinnausschüttung, wenn zeitgleich die für die Pensionszusage gebildete Pensionsrückstellung aufgelöst wird. Es gilt insofern eine geschäftsvorfallbezogene, nicht aber eine handelsbilanzielle Betrachtungsweise (Anschluss an Senatsurteile vom 14. März 2006 I R 38/05, BFH/NV 2006, 1515, und vom 5. März 2008 I R 12/07, BFHE 220, 454; Klarstellung des Senatsurteils vom 28. April 2010 I R 78/08, BFHE 229, 234, BStBl II 2013, 41).

Tatbestand

1

A. Die [X.]eschäftsanteile an der [X.]lägerin, Revisionsbeklagten und [X.]sklägerin ([X.]lägerin), einer im Jahre 1978 gegründeten [X.]mbH (i.L.) mit abweichendem Wirtschaftsjahr zum 30. September, hielten zunächst jeweils hälftig deren beide [X.]eschäftsführer, der am 29. Dezember 1941 geborene [X.] und der am 24. Dezember 1945 geborene [X.]. 2002 verkaufte [X.] seine Anteile an eine andere [X.]mbH, deren Anteilseigner [X.] zu 10 v.H. und dessen Söhne zu jeweils 45 v.H. waren.

2

Die [X.]lägerin hatte beiden [X.] am 15. August 1984 inhaltsgleiche Versorgungszusagen erteilt. Diese bestimmten u.a.:

"1. Sie erhalten eine einmalige [X.]apitalzahlung in Höhe von 750.000 DM, wenn Sie nach vollendetem 60. Lebensjahr aus unseren Diensten ausscheiden. Eine Erhöhung dieses [X.] in Anpassung an die Veränderung der Verhältnisse, insbesondere des allgemeinen [X.]ehaltniveaus, behalten wir uns vor.
2. Das [X.]apital wird mit Vollendung Ihres 60. Lebensjahres fällig, wenn Sie vorher wegen Invalidität aus unseren Diensten ausscheiden.
3. Sollten Sie vor Eintritt des Versorgungsfalls sterben, wird das – nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen berechnete – [X.] ausgezahlt an ihre Witwe, ersatzweise an Ihre unterhaltsberechtigten [X.]inder zu gleichen Teilen, soweit sie das 27. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und sich noch in Ausbildung befinden. In den ersten drei Jahren seit dieser Versorgungszusage beträgt das [X.] dann 500.000 DM; in den folgenden Jahren wächst es um je 25.000 DM an, bis der in Ziffer 1 genannte Betrag erreicht ist; das an Hinterbliebene zu zahlende [X.] ist jedoch nicht höher als der Auszahlungsbetrag aus der Rückdeckungsversicherung."

3

Mit Nachtrag vom 21. Februar 1996 wurde in Anpassung an das allgemeine [X.]ehaltsniveau die einmalige [X.]apitalzahlung gemäß Ziffer 1 der Zusage auf 850.000 DM erhöht.

4

Die zur Absicherung des Pensionsanspruchs des [X.]eschäftsführers [X.] abgeschlossene Rückdeckungsversicherung wurde aufgrund des [X.] am 30. Dezember 2005 in Höhe von 798.256,90 € auf ein [X.]onto der [X.]lägerin überwiesen, die die [X.] von 850.000 DM (434.598,09 €) am 13. Januar 2006 an [X.], der weiterhin bei ihr als [X.]eschäftsführer tätig war, auszahlte.

5

Die [X.]lägerin buchte die erhaltene Versicherungsleistung gegen die bilanzierte Forderung (Rückdeckungsversicherung); den darüber hinausgehenden Betrag berücksichtigte sie gewinnerhöhend. Die Auszahlung des [X.] an [X.] buchte sie gegen die in der Bilanz vorhandene Pensionsrückstellung. Der die Rückstellung übersteigende Betrag in Höhe von 130.299,09 € (Rückstellung zum 30. September 2005: 304.299 €) wurde im Ergebnis gewinnmindernd behandelt.

6

Der Beklagte, Revisionskläger und [X.] (das Finanzamt --[X.]--) gelangte zur Annahme von verdeckten [X.]ewinnausschüttungen (v[X.]A): Die den [X.] im Jahre 1996 zugesagte Erhöhung der [X.]apitalbeträge um 100.000 DM könne steuerrechtlich nicht anerkannt werden, weil sie im Erhöhungszeitpunkt nicht mehr erdienbar gewesen sei. Die Auszahlung von 434.598 € im Streitjahr 2006 habe gegen den eindeutigen Wortlaut der Vereinbarung vom 15. August 1994 verstoßen, die für den Pensionsanspruch nicht nur die Vollendung des 60. Lebensjahres, sondern auch das Ausscheiden des Begünstigten aus den Diensten der [X.]lägerin vorausgesetzt habe, woran es bei [X.] aber mangele. Die durch die Auszahlung bedingte Vermögensminderung könne nicht mit der gleichzeitig erfolgten Auflösung der Pensionsrückstellung saldiert werden. Das ergebe sich zum einen aus den [X.]ründen des [X.] vom 14. März 2006 I R 38/05 ([X.], 1515). Zum anderen daraus, dass durch die unzulässige Vermögensauskehrung offensichtlich geworden sei, dass die ursprüngliche Pensionszusage nicht ernsthaft gemeint gewesen sei. Der Verzicht auf eine nicht ernsthaft gemeinte Pensionszusage habe im Ergebnis zur Folge, dass die mit dem Verzicht verbundene Einlage mit 0 € zu bewerten sei, da ein gedachter fremder Erwerber im Rahmen des Erwerbs des gesamten Betriebes für einen nicht ernsthaft gemeinten Pensionsanspruch kein Entgelt entrichten würde.

7

Infolgedessen ergingen für die Streitjahre 2005 und 2006 geänderte Steuerbescheide, in denen für 2005 eine v[X.]A in Höhe von 2.496 € (anteilige Zuführung zur Pensionsrückstellung im Hinblick auf die Erhöhung der Pensionszusage an [X.] um 100.000 DM) und für 2006 eine v[X.]A in Höhe von 432.102 € (Auszahlungsbetrag 434.598 € abzgl. bereits in 2005 erfasste v[X.]A von 2.496 €) berücksichtigt wurden.

8

Die dagegen mit Zustimmung des [X.] erhobene Sprungklage war bezogen auf die Festsetzungen der [X.]örperschaftsteuer und des [X.] 2006 sowie die Feststellungen des vortragsfähigen [X.]ewerbeverlusts auf den 31. Dezember 2005 und auf den 31. Dezember 2006 sowie des verbleibenden [X.] zur [X.]örperschaftsteuer auf den 31. Dezember 2007 teilweise erfolgreich. Das Finanzgericht (F[X.]) sah die Auszahlung des [X.] von 434.598 € zwar ebenfalls als vereinbarungswidrig an. Es war überdies der Auffassung, dass die Versorgungszusage bereits auf das 60. Lebensjahr deren Veranlassung durch das [X.]esellschaftsverhältnis "dem [X.]runde nach" indiziere, was die [X.]lägerin auch nicht habe widerlegen können. Die dadurch ausgelöste Vermögensminderung sei allerdings für 2005 der Höhe nach infolge des verfahrensrechtlichen Verböserungsverbots auf den hinzugerechneten Betrag begrenzt und werde für 2006 mit der zugleich aufgelösten Pensionsrückstellung teilweise kompensiert; lediglich der darüber hinausgehende Unterschiedsbetrag von 130.299,09 € sei insofern noch als v[X.]A hinzuzurechnen. Im Hinblick auf die weiterhin angefochtenen Bescheide ([X.]örperschaftsteuer 2005, 2007 und 2008, [X.] 2005, gesonderte Feststellungen des verbleibenden [X.] auf den 31. Dezember 2005 und den 31. Dezember 2008) wies es die [X.]lage als unzulässig ab. Das Urteil des [X.] vom 6. November 2012  6 [X.] 1093/10 [X.],[X.],F ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EF[X.]) 2013, 323 abgedruckt. Ihm vorangegangen ist ein Beschluss des F[X.] über die Aussetzung der Vollziehung, auf den das F[X.] zur Begründung seines Urteils verweist ([X.], Beschluss vom 3. August 2010  6 V 1868/10, EF[X.] 2010, 1720).

9

Das [X.] stützt seine Revision, die sich nach der Revisionsschrift auf alle angefochtenen Bescheide erstreckt, auf die Verletzung materiellen Rechts. Die Revisionsbegründung wurde der [X.]lägerin ausweislich des vorliegenden Empfangsbekenntnisses am 2. April 2013 zugestellt, verbunden mit einer durch die [X.]eschäftsstelle des [X.] des [X.] ([X.]) im richterlichen Auftrag auf den 15. Mai 2013 gesetzten Frist zur Stellungnahme.

Das [X.] beantragt, das F[X.]-Urteil aufzuheben und die [X.]lage vollen Umfangs abzuweisen.

Die [X.]lägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen sowie im Wege der [X.] die angefochtenen Steuerbescheide dahin abzuändern, dass v[X.]A in Höhe von 2.496 € (für 2005) und 432.102 € (für 2006) nicht angesetzt werden, hilfsweise, ihr für die Einlegung der [X.] Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

Das [X.] beantragt die Zurückweisung der [X.] der [X.]lägerin.

Das [X.] hat die angefochtenen Bescheide über [X.]örperschaftsteuer 2008 sowie den verbleibenden Verlustabzug zur [X.]örperschaftsteuer auf den 31. Dezember 2008 während des Revisionsverfahrens durch Bescheide vom 30. Juli 2013 geändert.

Entscheidungsgründe

B. I. Das Revisionsverfahren wird im Hinblick auf die angefochtenen Bescheide 2005, 2007 und 2008 eingestellt, nachdem das [X.] seine Revision insoweit zurückgenommen hat (§ 125 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Aus gleichem Grunde --und schon von daher-- scheitert die [X.] der Klägerin, soweit sich diese auch auf das [X.] bezieht; die (unselbständige) [X.] (gemäß § 155 Satz 1 [X.]O i.V.m. der analogen Anwendung von § 554 der Zivilprozessordnung --ZPO--) kann nicht weiter gehen als die Hauptrevision (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 120 Rz 86).

II. Im Übrigen kann unbeantwortet bleiben, ob die [X.] der Klägerin der Sache nach überhaupt als eine solche [X.] verstanden werden konnte. Denn eine solche [X.] wäre ohnehin unzulässig. Zulässig wäre sie nämlich nur, wenn sie bis zum Ablauf eines Monats nach der Zustellung der Revisionsbegründung erklärt (vgl. § 554 Abs. 2 Satz 2 ZPO) und in der [X.] begründet worden wäre (§ 554 Abs. 3 ZPO). Die besondere [X.] wurde im Streitfall indessen --was letztlich auch die Klägerin einräumt-- nicht eingehalten: Die Revisionsbegründung wurde der Klägerin ausweislich des vorliegenden Empfangsbekenntnisses am 2. April 2013 zugestellt; deren möglicherweise als [X.] zu deutender Schriftsatz vom 7. Mai 2013 ist erst an diesem Tage bei der Geschäftsstelle des [X.] eingegangen. Der Beginn des [X.] konnte nicht deswegen hinausgeschoben werden, weil der zugestellten Revisionsbegründung eine Schriftsatzfrist zur Erwiderung auf die Revisionsbegründung des [X.] bis zum 15. Mai 2013 beigefügt war. Der gesetzliche Fristlauf für die [X.] einerseits und der gewillkürte Fristlauf für die Revisionserwiderung andererseits sind zweierlei und voneinander unabhängig. Da die [X.] kein Rechtsmittel ist (vgl. Gräber/Ruban, a.a.[X.], § 120 Rz 78, m.w.N.), bedurfte es dafür und für den Fristlauf auch keiner besonderen Rechtsmittelbelehrung.

Der in Anbetracht dessen hilfsweise beantragten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 121 i.V.m. § 56 [X.]O ist nicht zu entsprechen, weil der Klägerin die Fristversäumnis als verschuldet anzulasten ist. Sie wurde von einer Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft vertreten, bei der allgemein und gerade im Revisionsverfahren (vgl. § 62 Abs. 4 [X.]O) zu unterstellen ist, dass ihr die einschlägigen Verfahrens- und Fristenregelungen geläufig sind. Die Schriftsatzfrist zur Erwiderung auf die Revisionsbegründung des [X.] bis zum 15. Mai 2013 ändert daran nichts; diese Schriftsatzfrist war weder darauf gerichtet noch geeignet, die Frist für eine etwaige [X.] zu setzen oder auch nur den entsprechenden Eindruck zu erwecken.

III. Die Revision des [X.] ist begründet. Der Vorinstanz ist darin zuzustimmen, dass jedenfalls die Kapitalauszahlung durch das Gesellschaftsverhältnis im Streitjahr 2006 veranlasst ist; die Klägerin hat den Kapitalbetrag ausgezahlt, obschon der vereinbarte Leistungsfall noch nicht eingetreten war. Dass sie damit einhergehend die bis dato gebildete Pensionsrückstellung aufgelöst hat, lässt die infolge der Kapitalauszahlung bewirkte Vermögensminderung allerdings nicht entfallen. Das [X.] hat deshalb im Ergebnis zu Unrecht das Vorliegen einer vGA auch im Umfang der getätigten Kapitalauszahlung verneint.

1. Unter einer vGA i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 des [X.] ([X.]), für die Gewerbesteuer i.V.m. § 7 Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes, ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrages gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes i.V.m. § 8 Abs. 1 [X.] auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht. Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat der [X.] die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte. Ist der begünstigte Gesellschafter ein beherrschender, so kann eine vGA auch dann anzunehmen sein, wenn die Kapitalgesellschaft eine Leistung an ihn erbringt, für die es an einer klaren, im Voraus getroffenen, zivilrechtlich wirksamen und tatsächlich durchgeführten Vereinbarung fehlt. Von einer beherrschenden Stellung ist nach der Rechtsprechung des [X.] im Regelfall auszugehen, wenn der Gesellschafter die Mehrheit der Stimmrechte besitzt und er deshalb bei Gesellschafterversammlungen entscheidenden Einfluss ausüben kann. Dies ist im Allgemeinen der Fall, wenn er über mehr als 50 v.H. der Stimmrechte verfügt. Verfügt ein Gesellschafter --wie im Streitfall im Zeitpunkt der Zusage sowie der Erhöhung der [X.] über lediglich 50 v.H. oder weniger der Gesellschaftsanteile, wird er aber dennoch einem beherrschenden Gesellschafter gleichgestellt, wenn er mit anderen gleichgerichtete Interessen verfolgenden Gesellschaftern zusammenwirkt, um eine ihren Gesellschafterinteressen entsprechende Willensbildung der Kapitalgesellschaft herbeizuführen. All das entspricht der ständigen Spruchpraxis des [X.]s.

2. Die Vorinstanz ist von diesen Grundsätzen ausgegangen. Sie hat in diesem Sinne bezogen auf den Zusagezeitpunkt zutreffend das Vorliegen gleichgerichteter Interessen von [X.] und [X.] angenommen und sie deswegen trotz ihrer jeweils nur hälftigen Kapitalbeteiligung den Anforderungen unterworfen, die das Steuerrecht sonst nur bei beherrschenden Gesellschaftern einfordert (vgl. [X.], [X.], 2. Aufl., § 8 Rz 221 f.). Der vom [X.] festgestellte Sachverhalt gibt keinen Anhalt, diese Einschätzung für unzutreffend zu halten. Sie rechtfertigt sich durch den Umstand, dass die finanzielle Ausstattung bei beiden [X.], sowohl was die laufenden Gehälter als auch was die Versorgungszusagen anbelangt, übereinstimmte. Das wird letzten Endes auch von der Klägerin nicht in Frage gestellt.

3. Folgt man auf dieser Basis der vom [X.] bevorzugten Lesart der am 15. August 1984 gegebenen Versorgungszusage, ist die aus Anlass des vollendeten 60. Lebensjahres an [X.] getätigte Kapitalauszahlung durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst. Denn danach ist der in Nr. 1 der Vereinbarung aufgenommene [X.] "Sie erhalten eine einmalige Kapitalzahlung in Höhe von 750.000 DM, wenn Sie nach vollendetem 60. Lebensjahr aus unseren Diensten ausscheiden" so zu verstehen, dass die Leistungsfälligkeit auch von dem Ausscheiden des [X.] aus dem aktiven Dienst abhängt. Diese Lesart ist aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden: Die Würdigung des festgestellten Sachverhalts obliegt in erster Linie dem [X.]; der [X.] ist daran gebunden (vgl. § 118 Abs. 2 [X.]O). Lediglich Verstöße gegen die Denkgesetze oder die allgemeinen Erfahrungssätze könnten daran etwas ändern. Solche Fehler sind im Streitfall jedoch nicht ersichtlich. Vielmehr deckt sich das Verständnis des [X.] durchaus mit der zitierten Formulierung der Zusage. Es wird nicht zuletzt dadurch gestützt, dass der Versorgungsfall in Nr. 2 der Zusage alternativ und abweichend wie folgt bestimmt wird: "Das Kapital wird mit Vollendung Ihres 60. Lebensjahres fällig, wenn Sie vorher wegen Invalidität aus unseren Diensten ausscheiden." Mit anderen Worten: Während die Fälligkeit bei Eintritt einer [X.] Invalidität und dem dadurch bewirkten Ausscheiden von [X.] auf das vollendete 60. Lebensjahr festgelegt wurde ("mit"), verlangt Nr. 1 der Zusage die Vollendung jenes Lebensjahres und zusätzlich das Ausscheiden aus dem Dienst und bestimmt hierfür als Fälligkeitszeitpunkt nicht das vollendete 60. Lebensjahr, sondern einen Zeitpunkt danach ("nach"), was zwanglos so aufzufassen ist, dass es für diese Alternative auf besagtes Ausscheiden aus dem Dienst ankommt.

Wird das Kapital dessen ungeachtet und trotz unveränderter Weiterbeschäftigung von [X.] als Geschäftsführer bereits "mit" vollendetem 60. Lebensjahr ausbezahlt, dann indiziert dies die im Gesellschaftsverhältnis gründende Veranlassung der Zahlung. Die vorzeitige Auszahlung dürfte sich in der Tat --wie das [X.] zutreffend ausführt-- nur durch die gesellschaftsrechtliche Verbundenheit des Geschäftsführers erklären lassen: Bei einem fremden Dritten wäre überprüft worden, ob und wann die Zahlung zu erfolgen hat. Dass sich die Klägerin alleine auf den Zeitpunkt der Auszahlung des Versicherungsguthabens durch die Rückdeckungsversicherung verlassen hat, ohne auf die vertraglich vereinbarte Fälligkeit zu achten, ist allein der gesellschaftsrechtlichen Stellung des Geschäftsführers geschuldet.

Ob sich gleichermaßen und unabhängig davon eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis bereits "dem Grunde" der Versorgungsleistung nach daraus ableiten lässt, dass die Leistung dem Begünstigten auf das vollendete 60. Lebensjahr --statt auf das andernfalls übliche 63. oder 65. Lebensjahr (s. dazu [X.], a.a.[X.], § 8 Rz 1092; [X.] in [X.]/[X.]/ [X.], [X.], 5. Aufl., [X.] Rz 290, m.w.[X.] versprochen wurde, kann angesichts dessen dahinstehen.

4. Die daraus abzuleitende Konsequenz --das Vorliegen einer vGA-- scheitert nicht an dem Fehlen einer hierfür erforderlichen Vermögensminderung.

Diese Vermögensminderung liegt in der Hingabe des [X.] und in dem entsprechenden Vermögensabgang. Dass die Klägerin uno actu die bis dahin von ihr gebildete Pensionsrückstellung aufgelöst hat, ändert nichts. Denn die Auflösung der Rückstellung ist unmittelbare Folge des Umstandes, dass der [X.] mit der Zahlung des versprochenen Betrages aus zivilrechtlicher Sicht erfüllt war. Dies ist zwar auf die getätigte Auszahlung zurückzuführen. Doch bleibt es dabei, dass die Auszahlung aus den beschriebenen Gründen durch das Gesellschaftsverhältnis und nicht betrieblich veranlasst war, was wiederum die spezifisch körperschaftsteuerrechtliche Konsequenz der [X.] Hinzurechnung des Vermögensabgangs als vGA nach sich zieht. Eine "Neutralisierung" dieser Konsequenz infolge einer wechselseitigen Saldierung der jeweiligen Geschäftsvorfälle scheidet aus. Der besagten körperschaftsteuerrechtlichen Konsequenz unterfällt normspezifisch-steuerrechtlich der jeweilige Geschäftsvorfall, nicht der (handelsbilanzielle) [X.] aus der Vermögensminderung hier --der durch das Gesellschaftsverhältnis bedingten [X.] und der Vermögensmehrung dort --der bilanzrechtlich bedingten [X.]. Beide Vorfälle sind vielmehr auseinanderzuhalten und steuerrechtlich eigenständig zu behandeln. Der [X.] hält insofern an dem fest, was er durch seine Urteile in [X.]/NV 2006, 1515 --dort ebenfalls bezogen auf eine Anwartschaftsabfindung gegen einen Teilverzicht des [X.] und vom 5. März 2008 I R 12/07 ([X.]E 220, 454, unter [X.] der Entscheidungsgründe) entschieden hat (vgl. im Einzelnen z.B. [X.], a.a.[X.], § 8 Rz 398; [X.]/ [X.] in [X.]/[X.]/[X.], § 8 [X.] Rz 303; [X.], daselbst, § 8 [X.] Rz 108), und folgt nicht der dagegen geäußerten Kritik (z.B. [X.], [X.] --GmbHR-- 2008, 565; [X.], GmbHR 2006, 824 und GmbH-Steuerberater 2010, 371; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], a.a.[X.], [X.] Rz 430; s.a. [X.]/[X.], Betriebsrentenrecht, [X.], [X.], Rz 3137 ff.).

Das [X.]surteil vom 28. April 2010 I R 78/08 ([X.]E 229, 234, [X.], 41) widerspricht dem nicht. In jener Entscheidung sind zwar --zum einen (unter [X.] der Entscheidungsgründe)-- die getätigten Rentenzahlungen nach Eintritt des [X.] mit der gegenläufigen entsprechenden Minderung der Pensionsrückstellung verrechnet worden. Doch betraf das nur die Situation, dass die außerbilanzielle Hinzurechnung der als vGA zu beurteilenden Zuführungen zur Pensionsrückstellung in der [X.] unterblieben war und sie infolge zwischenzeitlicher Bestandskraft der betreffenden Steuerbescheide auch nicht mehr nachgeholt werden konnte. So verhält es sich im Streitfall, in dem die Abfindung als solche ein durch das Gesellschaftsverhältnis mitveranlasster Geschäftsvorfall ist, jedoch nicht (s. auch [X.], [X.]/PR 2010, 376). Zum anderen (unter [X.] der Entscheidungsgründe) betraf das Urteil die Zahlung von Kapitalabfindungen im Zusammenhang mit der Übertragung von Versorgungsverpflichtungen auf einen anderen Rechtsträger, die vom [X.] gerade nicht als ein durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasster Vorfall angesehen wurde. Soweit dort allerdings zusätzlich auf den Aspekt der fehlenden Vermögensminderung abgestellt worden ist, mag das missgedeutet werden können und ist deswegen im vorgenannten Sinne abzugrenzen und klarzustellen.

5. Ob und ggf. mit welchen Konsequenzen die Zahlung des [X.] unbeschadet der uneingeschränkt fortgeführten Tätigkeit von [X.] als Geschäftsführer den Grundsätzen widerspricht, die der [X.] in seinem Urteil in [X.]E 220, 454 aufgestellt hat, kann in Anbetracht dessen im Streitfall dahinstehen.

6. Die Vorinstanz hat im Ergebnis ein davon abweichendes Rechtsverständnis vertreten. Ihr Urteil ist bezogen auf die Festsetzungen der Körperschaftsteuer und des [X.] 2006 sowie die Feststellungen des vortragsfähigen Gewerbeverlusts auf den 31. Dezember 2005 und den 31. Dezember 2006 sowie des verbleibenden [X.] zur Körperschaftsteuer auf den 31. Dezember 2007 aufzuheben; die Klage ist auch insoweit vollen Umfangs abzuweisen.

Meta

I R 89/12

23.10.2013

Bundesfinanzhof 1. Senat

Urteil

vorgehend FG Düsseldorf, 6. November 2012, Az: 6 K 1093/10 K,G,F, Urteil

§ 8 Abs 3 S 2 KStG 2002, § 6a EStG 2002, EStG VZ 2005, EStG VZ 2006, EStG VZ 2007, EStG VZ 2008, § 554 Abs 2 ZPO, § 554 Abs 3 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 23.10.2013, Az. I R 89/12 (REWIS RS 2013, 1750)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 1750

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