Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.02.2001, Az. XII ZR 34/99

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2001, 3442

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]Verkündet am:21. Februar 2001Küpferle,[X.] Geschäftsstellein der [X.]:ja[X.]Z: jaBGB §§ 1353, 1579 [X.], Nr. 4Zur Frage der Herabsetzung des nachehelichen Unterhaltsanspruchs nach § 1579[X.], Nr. 4 BGB, wenn die Ehefrau sich einer homologen In-vitro-Fertilisation unterzieht, obwohl der Ehemann sein Einverständnis [X.].[X.], Urteil vom 21. Februar 2001 - [X.] - [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] 21. Februar 2001 durch [X.] [X.] und [X.], [X.], [X.] und [X.] Recht erkannt:Die Revision gegen das Urteil des 16. Zivilsenats- Familiensenat - des [X.] vom14. Januar 1999 wird auf Kosten des Antragsgegners zurückge-wiesen.Von Rechts [X.]:Die seit 8. September 1998 rechtskräftig geschiedenen Parteien [X.] den nachehelichen Unterhaltsanspruch der Ehefrau ([X.]) aus§ 1570 BGB wegen Betreuung eines Kindes, welches im Wege der homologenIn-vitro-Fertilisation (im folgenden [X.]) gezeugt wurde.Da die seit 1992 verheirateten Parteien auf natürlichem Wege keineKinder bekommen konnten und auch künstliche Inseminationen erfolglos blie-ben, entschlossen sie sich zu einer [X.]. Zu diesem Zweck wurden der Antrag-stellerin nach einer Hormonbehandlung mehrere Eizellen entnommen, die nachextrakorporaler Befruchtung mit dem Sperma des Antragsgegners in die Ge-bärmutter der Antragstellerin implantiert werden sollten. Drei im März, Juli und- 3 -Oktober 1996 durchgeführte Implantationen blieben erfolglos. Am [X.] 1996 unterzog sich die Antragstellerin erneut einer Implantation, die [X.] und am 21. September 1997 zur Geburt einer Tochter führte.Der Antragsgegner hatte im November 1996 während eines allein in [X.] verbrachten Urlaubs eine andere Frau, seine jetzige Ehefrau, kennenge-lernt. Nach seiner Rückkehr gestand er der Antragstellerin diese [X.] ein und bedeutete ihr, an der Ehe und an der Abrede der [X.] Befruchtung nicht mehr uneingeschränkt festhalten zu wollen. [X.] der Antragstellerin, sie am 24. Dezember 1996 zum Arzt zu be-gleiten, kam er nicht nach.Im Februar 1997 trennten sich die Parteien. Die Antragstellerin stellte imMai 1997 Scheidungsantrag. Nach der Geburt des Kindes gab sie wegen des-sen Betreuung und Erziehung ihre Berufstätigkeit auf, mit der sie bisher ca.monatlich netto 2.200 DM verdient hatte, und bezieht seither das staatlicheErziehungsgeld. Im Rahmen des Scheidungsverbundes hat sie erstinstanzlicheinen nachehelichen Unterhalt in Höhe von monatlich 1.245 DM geltend [X.].Das Amtsgericht hat ihren Unterhalt in Anwendung von § 1579 [X.]BGB und unter Anrechnung von Erziehungsgeld auf monatlich 700 DM be-schränkt. Auf ihre Berufung hat das [X.] das Urteil des [X.] abgeändert und ihr den in zweiter Instanz noch verlangten Unterhalt vonmonatlich 1.228 DM zuerkannt.Dagegen wendet sich der Antragsgegner mit der zugelassenen [X.], mit der er die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils [X.] -Entscheidungsgründe:Die Revision hat keinen Erfolg. Das Urteil des [X.]s (ver-öffentlicht in [X.], 1136) hält im Ergebnis, wenn auch nicht in [X.] der Begründung, einer Überprüfung stand.1. Zutreffend ist das [X.] dem Grunde nach von einemAnspruch auf Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB ausgegangen. Bei [X.] geborenen Tochter handelt es sich um ein gemeinschaftliches Kind [X.], wegen dessen Pflege und Erziehung von der Antragstellerin keineErwerbstätigkeit erwartet werden kann.2. Das [X.] hat Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Wider-spruchs des Antragsgegners gegen die Vornahme der künstlichen Befruchtunggeäußert, weil dieser am 24. Dezember 1996 die Antragstellerin weder [X.] gehindert noch dem Arzt gegenüber seine Einwilligung widerrufenhabe. Es hat diese Frage aber dahinstehen lassen, weil es für die Beurteilung,ob der Unterhaltsanspruch nach § 1579 [X.] oder Nr. 4 BGB auszuschließenoder zu beschränken sei, nicht darauf ankomme. Der Antragstellerin könnenämlich nicht vorgehalten werden, sich durch die künstliche Herbeiführung [X.] und die Geburt des Kindes mutwillig bedürftig gemacht undsich leichtfertig und verantwortungslos über die Vermögensinteressen des [X.] hinweggesetzt zu haben. Ob ein Ehegatte sich gegenüber [X.] verantwortungs- und rücksichtslos verhalte, sei an den [X.] messen, die sich für beide aus der ehelichen Lebensgemeinschaft gemäߧ 1353 Abs. 1 BGB ergäben. Die hieraus folgenden Bindungen hätten für [X.] zum Zeitpunkt der Implantation am 24. Dezember 1996 auch noch- 5 -bestanden, da zu diesem Zeitpunkt ihre Ehe zwar in der Krise, aber noch nichtgescheitert gewesen sei. Beide Ehegatten hätten im Rahmen ihrer Familien-planung den gemeinsamen Entschluß gefaßt, eine Schwangerschaft der An-tragstellerin im Wege extrakorporaler Befruchtung herbeizuführen. Diese [X.], an der der Antragsgegner mitgewirkt habe, stehe nicht zur einseiti-gen Disposition, sondern bleibe für beide Ehegatten bindend, solange auch nureiner von ihnen daran festhalte; ein späterer Gesinnungswandel eines [X.]n könne den anderen, auf der Vereinbarung beharrenden nicht ins [X.] setzen. [X.] handle vielmehr derjenige, der sich einseitig entge-gen der gemeinschaftlich getroffenen Entscheidung verhalte. Das sei hier [X.], der - unter Verstoß gegen seine eheliche Treuepflicht - sicheiner anderen Frau zugewandt habe und von der einvernehmlichen Familien-planung einseitig abgerückt sei. Dann aber sei die Antragstellerin nicht ver-pflichtet, auf seine durch den Treuebruch veränderte [X.] zu nehmen, sondern sei im Recht, wenn sie an der ursprünglich gemein-samen Familienplanung festhalte. Da die Freiheit der Entscheidung für [X.] zum [X.] der Persönlichkeit und ihrer Entfaltung in [X.] gehöre, könne man in der Wahrnehmung dieser Freiheit kein leicht-fertiges, von üblichen [X.] Standards abweichendes Verhalten sehen. [X.] habe den Antragsgegner auch nicht hintergangen, da sie ihnüber ihre Absichten, am 24. Dezember 1996 eine erneute Implantation vor-nehmen zu lassen, nicht im unklaren gelassen habe. Selbst wenn aber einHärtegrund nach § 1579 [X.] BGB anzunehmen wäre, würde die Erfüllung [X.] den Antragsgegner nicht grob unbillig belasten. Bei der nach§ 1579 BGB gebotenen Billigkeitsprüfung, die zusätzlich zur Feststellung [X.] erfolgen müsse, seien die Interessen der Antragstellerin an derErfüllung ihres Kinderwunsches, das Interesse des Antragsgegners an der- 6 -Verschonung von Unterhaltspflichten, das im Werden begriffene [X.] der befruchteten Eizelle und auch das Schutzbedürfnis des bereitsgeborenen Kindes an möglichst ungestörter Betreuung gegeneinander abzu-wägen. Folge man dabei dem [X.] in seiner Auffassung, daßjedem potentiellen Erzeuger die autonome Entscheidung über seine Eltern-schaft zukomme, seien die Interessen der Parteien gleichwertig. Vertrete mandagegen die Ansicht, daß sich derjenige ins Unrecht setze, der sich [X.] einer gemeinsamen Planung lossage, sei der Standpunkt der Antragstelle-rin eher rechtlich schützenswert. Ein Vorrang der Interessen des [X.] lasse sich nicht erkennen, zumal er die Empfängnis durch einen [X.] Einverständnisses dem Arzt gegenüber noch in letzter Minute hätte ver-hindern können.3. Dem kann nicht in allen Punkten gefolgt werden. Die Revision erhebtzu Recht Bedenken gegen den Ansatzpunkt des [X.]s, daß sichder Antragsgegner, dessen Gesinnungswandel auf seiner Beziehung zu eineranderen Frau und damit auf einem Verstoß gegen die eheliche Treuepflichtberuht habe, im Rahmen der noch bestehenden ehelichen Lebensgemein-schaft nicht einseitig von der gemeinsam verabredeten Familienplanung [X.]) Nach heutigem Eheverständnis ist ein bestimmter Eheinhalt nichtmehr vorgegeben. Auch eine kinderlose Ehe ist, gleich, ob die Kinderlosigkeitbiologisch vorgegeben ist oder auf freiwilligem Entschluß beruht, eine vollwer-tige Ehe. Kein Ehegatte kann daher von dem anderen unter Berufung auf daseheliche Pflichtenverhältnis nach § 1353 BGB die Zeugung oder den Empfangeines Kindes verlangen (vgl. [X.]. § 1353 [X.]. 32;FamK-Rolland/[X.] 1993 § 1353 BGB [X.]. 12; [X.]/[X.]/- 7 -[X.] BGB 13. Bearb. 2000 § 1353 [X.]. 34, 38; [X.]/[X.] 4. Aufl. § 18 V 7; Streck Generalklausel und unbestimmter [X.] Recht der allgemeinen Ehewirkungen, [X.] 1970, [X.], 89). Vielmehr [X.] die Ehegatten in freier gemeinsamer Verantwortung darüber, ob, zuwelchem Zeitpunkt und gegebenenfalls auf welche Weise sie Nachkommenhaben wollen. Jedoch kann sich aus einem solchen Konsens keine Bindungauf Dauer ergeben. Da der Entschluß, zur Entstehung eines neuen Lebensbeizutragen und in der Folge für dieses verantwortlich zu sein, für jedes Indivi-duum eine höchstpersönliche Angelegenheit ist, würde eine solche Bindungs-wirkung die grundrechtlich geschützte personale Würde und das [X.]srecht des einzelnen (Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG) verletzen, zu [X.] auch gehört, sich jederzeit erneut und frei für oder gegen ein Kind zu [X.]. Das gilt für Männer und Frauen in gleicher Weise. Ein anderes Ver-ständnis wäre auch mit dem Wesen der Ehe nicht zu vereinbaren, in der sichgleichberechtigte Partner in gegenseitiger Achtung der Person und Respektie-rung der individuellen Anschauungen des anderen, insbesondere was denengsten persönlichen Intimbereich angeht, zusammenfinden. Dem steht nichtentgegen, daß die Ehe auch eine Geschlechtsgemeinschaft ist, in der ein [X.] grundsätzlich darauf vertrauen kann, daß der andere Ehegatte sich sei-nem natürlichen Wunsch nach Kindern nicht verschließen werde. Die [X.] überläßt es jedoch den Ehegatten, bei widerstreitenden Ansichten zueinem Konsens zu kommen. Gelingt ihnen dies nicht und trägt dies zur Zerrüt-tung der ehelichen Lebensgemeinschaft bei, so kann dies allenfalls im Rahmender §§ 1565 ff. BGB Bedeutung erlangen (vgl. [X.]/[X.]/[X.] aaO§ 1353 [X.]. 39).Auch in der rechtswissenschaftlichen Literatur besteht weitgehend Ei-nigkeit darüber, daß [X.] über die Familienplanung, die den Kernbereich- 8 -der ehelichen Lebensgemeinschaft betreffen, keine Rechtsbindungswirkungentfalten und von jedem Ehegatten auch gegen den Willen des anderen aufge-kündigt werden können, da eine Bindungswirkung weder mit dem individuellenSelbstbestimmungsrecht eines jeden Ehegatten noch mit dem Wesen der Ehein Einklang zu bringen ist. Dies wird überwiegend am Fall der vereinbartenKinderlosigkeit erörtert, trifft aber ebenso auch auf den gemeinsamen [X.] zu, Kinder zu wollen. So wird die Abrede über den Gebrauch, aber auchumgekehrt über das Unterlassen von empfängnisverhütenden Mitteln als zumrechtsfreien Raum gehörend angesehen, der weder unmittelbar noch mittelbar- etwa im Rahmen eines Schadensersatzanspruches - zum Gegenstand ge-richtlicher Überprüfung gemacht werden kann (vgl. [X.] 1983, 184, 190;Beitzke/[X.] Familienrecht 27. Aufl. [X.]. 214 (3); [X.]/[X.] aaO § 1353[X.]. 32; [X.]/[X.]/[X.] aaO [X.]. 41; Soergel/Lange BGB 12. Aufl.§ 1353 [X.]. 11; im Grundsatz ebenso [X.] 1994, 339, 347, der [X.] in der Vornahme der [X.] gegen den Willen des Ehemannes eine [X.] zum Schadensersatz verpflichtende Persönlichkeitsverletzung sieht;a.A., nämlich für eine Bindungswirkung, wohl [X.]/[X.] BGB60. Aufl. § 1353 [X.]. 7; [X.]/Coester-Waltjen aaO, die jedoch bei [X.] eines Ehegatten gegen die Abrede einen Schadensersatzanspruch aus-drücklich verneinen).Der [X.] hat in drei ähnlich gelagerten Bereichen eben-falls die Bindungswirkung einer Abrede über die Familienplanung verneint. [X.] im Zusammenhang mit den Fällen fehlgeschlagener Sterilisation ausge-führt, daß die freie Entscheidung für oder gegen eine Elternschaft [X.] unserer Verfassung entspreche, die der Einzelpersönlichkeit [X.] innersten Bereich der [X.] einen Freiheitsraum ge-- 9 -währe, zu dem die [X.] keinen Zugang habe. Gegenüber dem [X.] eines Ehegatten müßten etwa entgegenstehende Wünsche [X.] des anderen Ehegatten zurücktreten. Solche Entscheidungen [X.] eigener Selbstbestimmung für sich ([X.]Z 67, 48, 51, 54). Es [X.] dem verfassungsrechtlich geschützten Selbstbestimmungsrecht einesjeden Menschen, daß ihm die Entscheidung über die eigene Fortpflanzungfreigestellt sein müsse ([X.], Urteil vom 27. Juni 1995 - [X.] -NJW 1995, 2407, 2409).In einem Fall, in dem der Vater des Kindes von seiner nichtehelichenLebenspartnerin die Erstattung des [X.] verlangt hat, weil sie abre-dewidrig empfängnisverhütende Mittel abgesetzt hatte, hat der [X.] die Möglichkeit sowohl eines vertraglichen als auch eines deliktischenSchadensersatzanspruches verneint. Zur personalen Würde und zum [X.] gehöre es, sich immer wieder neu undfrei für ein Kind entscheiden zu können. Sie müßten daher in ihrer Entschei-dung über den Gebrauch empfängnisverhütender Mittel frei bleiben, da dieseEntscheidung den [X.] ihrer Persönlichkeit und ihrer Entfaltung [X.] betreffe. Daher könne sich ein Partner nicht wirksam im [X.] zur regelmäßigen Anwendung von Empfängnisverhütungsmitteln ver-pflichten. Auch unterliege der Intimbereich von Partnern grundsätzlich auchdann nicht dem Deliktsrecht, wenn der eine den anderen abredewidrig über dieAnwendung solcher Mittel getäuscht habe ([X.]Z 97, 372, 379).Die Frage, ob das vorherige Einverständnis des Ehemannes mit [X.] einer heterologen Insemination bei seiner Ehefrau sein Recht [X.] der Ehelichkeit des dann geborenen Kindes vernichte, hat der[X.] angesichts der rechtlichen, ethischen, gesellschaftlichen- 10 -und religiösen Tragweite einer solchen Zustimmung und des notwendigenrechtlichen Schutzes des Ehemannes vor unüberlegten Entscheidungen ver-neint und einen Verzicht auf das Anfechtungsrecht als rechtlich wirkungslosangesehen ([X.]Z 87, 169, 174). Bis zur Durchführung der zur [X.] könne der Ehemann seine Zustimmung derEhefrau gegenüber grundsätzlich frei widerrufen und auf diese Weise die mitder Zustimmung verbundene Vereinbarung kündigen, und zwar auch dann,wenn er aufgrund veränderter Umstände oder auch nur aufgrund einer Sinnes-änderung eine auf diese Weise zustande gekommene Schwangerschaft derEhefrau nicht mehr wolle. Eine unwiderrufliche Bindung sei unwirksam, weil siegegen elementare Grundsätze des Familienrechts und des [X.]. Die Rechtsordnung erkenne eine vertragliche Verpflichtung [X.] zu einer bestimmten Familienplanung nicht an, was auch gelte, [X.] Kind nicht durch natürliche, sondern durch künstliche (hier: heterologe)Befruchtung gezeugt werden solle. Erst dann, wenn durch die [X.] Fakten geschaffen worden seien, komme ein Widerruf nichtmehr in Betracht (Senatsurteile [X.]Z 129, 297, 307 ff. und vom 12. Juli 1995- XII ZR 128/94 - FamRZ 1995, 1272 [X.]) Aus welchen Gründen ein Ehegatte sein Einverständnis mit einer ver-einbarten Familienplanung aufgibt, ist unbeachtlich. Eine Unterscheidung da-nach, ob diese Gründe etwa moralisch-sittlich gerechtfertigt sind oder nicht,verbietet sich aus der höchstpersönlichen Rechtsnatur der Entscheidung. Es istnicht Aufgabe der Rechtsordnung, den Ehegatten auf diesem Gebiet [X.]. Daher kann aus der Annahme, daß der Gesinnungswandel [X.] auf seiner Beziehung zu einer anderen Frau und damit aufeinem Verstoß gegen die eheliche Treuepflicht beruhe, entgegen der [X.] des [X.]s nichts dafür hergeleitet werden, daß die [X.] -barung bindend, die einseitige Aufkündigung durch den Antragsgegner pflicht-widrig und deshalb die Antragstellerin im Recht sei, wenn sie an der ursprüng-lich gemeinsamen Familienplanung festhalte. Die Verwirklichung des [X.]es der Antragstellerin - gegen den Willen des Antragsgegners - bedarfeiner solchen Rechtfertigung, die nach dieser unzutreffenden Auffassung ihreneigentlichen Grund im Fehlverhalten des Antragsgegners hätte, auch [X.]) Die Frage, ob der Antragsgegner dem Unterhaltsanspruch der An-tragstellerin aus § 1570 BGB die Einwände aus § 1579 [X.] BGB ([X.]) oder Nr. 4 BGB (mutwilliges Hinwegsetzen überschwerwiegende Vermögensinteressen) entgegenhalten kann, ist zu vernei-nen.Dabei bestehen vorab Zweifel, ob die Anwendung des § 1579 BGB nichtbereits im Ansatz ausscheiden muß. Geht man von dem Grundgedanken aus(vgl. u.a. [X.]Z 97 aaO; [X.]/[X.] aaO [X.]. 32 m.N.), daß die Ent-scheidung für oder gegen Nachkommenschaft zum nicht justiziablen engstenpersönlichen Intimbereich der Partner gehört und weder einer rechtsgeschäftli-chen Regelung noch dem Deliktsrecht unterliegt, so ist fraglich, ob eine mittel-bare Überprüfung im Rahmen des § 1579 BGB überhaupt zulässig ist. Die Ver-sagung des Unterhaltsanspruchs nach § 1579 [X.] oder Nr. 4 BGB wäre näm-lich eine Sanktion gegen ein mißbilligenswertes Verhalten der [X.] käme in dieser Wirkungsweise einem Schadensersatzanspruch gleich, deraber nach ganz überwiegender Auffassung dem Antragsgegner nicht zustehenwürde. Entsprechendes könnte auch für den Einwand aus § 1579 BGB gelten(vgl. auch [X.]/[X.]/[X.] aaO [X.]. 41). Die Frage kann aber aufsich beruhen, weil jedenfalls ein Härtegrund weder gemäß § 1579 [X.] [X.]. 4 BGB gegeben ist.- 12 -Nach [X.] kann der Unterhaltsanspruch des Berechtigten versagt, teil-weise herabgesetzt oder zeitlich begrenzt werden, soweit die Inanspruchnah-me des Verpflichteten - auch unter Wahrung der Kindesbelange - grob unbilligwäre, weil der Unterhaltsberechtigte seine Bedürftigkeit mutwillig herbeigeführthat. Nach der Rechtsprechung des Senats bedeutet Mutwilligkeit zwar nicht,daß das Verhalten vorsätzlich im Sinne einer zweckgerichteten Herbeiführungder Bedürftigkeit zu Lasten des Unterhaltspflichtigen sein muß, andererseitsreicht einfaches Verschulden für die Sanktion der [X.] nicht aus. § 1579 [X.]BGB soll seiner Zielrichtung nach den Bereich zumutbarer nachehelicher Soli-darität gegen grob unbillige Unterhaltsforderungen abgrenzen und vermeiden,daß der Unterhaltspflichtige die Folgen einer leichtfertigen Herbeiführung derBedürftigkeit durch den anderen Ehegatten unterhaltsrechtlich mit tragen muß.Erforderlich ist demgemäß ein leichtfertiges, vom üblichen [X.] [X.] Verhalten, bei dem sich die Vorstellungen und Antriebe, die die-sem Verhalten zugrunde liegen, auch auf die Bedürftigkeit als Folge diesesVerhaltens erstrecken müssen (sog. unterhaltsbezogene [X.] in diesem Sinn handelt, wer seine Arbeitskraft oder sein Vermögen,also die Faktoren, die ihn in die Lage versetzen, seinen Lebensunterhalt selbstzu bestreiten, auf sinnlose Art aufs Spiel setzt und einbüßt. Dabei muß er sichunter grober Nichtachtung dessen, was jedem einleuchten muß, oder in [X.] und Rücksichtslosigkeit gegen den Unterhaltspflichtigenüber die erkannten möglichen nachteiligen Folgen für seine Bedürftigkeit hin-wegsetzen (st.Rspr. vgl. u.a. Senatsurteile vom 8. Juli 1981 - [X.] [X.] 1981, 1042 ff.; 14. Dezember 1983 - [X.] - [X.] ff.; 13. Januar 1988 - [X.] - FamRZ 1988, 375 ff.; vgl. zuletzt auchUrteil vom 12. April 2000 - [X.] - [X.], 815 ff.). Die vom [X.] entschiedenen Sachverhalte, in denen eine Anwendung des [X.] in- 13 -Rede stand, betrafen im wesentlichen Unterhaltsberechtigte, die in vorwerfbarleichtfertiger Weise ihre Erwerbsfähigkeit durch Alkohol- oder Drogenmiß-brauch beziehungsweise das Unterlassen rechtzeitiger Entzugsmaßnahmenverloren, Vermögen verschwendet oder verspielt, eine berufliche Aus- [X.] unterlassen oder ihren Arbeitsplatz durch eine vorsätzlicheStraftat verloren haben.Das Verhalten der Antragstellerin erfüllt diese Voraussetzungen nicht.Selbst wenn man zugunsten des Antragsgegners unterstellt, daß sie ihre spä-tere Unterhaltsbedürftigkeit als Folge ihrer Schwangerschaft und der [X.] erkannt und in Kauf genommen hat (was nicht zwingend ist, da sieeinen Beruf hatte, den sie - bei anderweitiger Sicherstellung der Betreuung [X.] - gegebenenfalls weiter ausüben konnte), so kann man ihr die [X.] ihres Kinderwunsches nicht als sinnloses leichtfertiges Verhalten vor-werfen, welches ein verständiger Mensch in vergleichbarer Situation vermiedenhätte. Ein Kind zu bekommen, auch in der Situation der Antragstellerin, ist we-der sinnlos noch weicht es vom [X.] Standard ab. Daß sich der [X.] nur durch die - heute noch ungewöhnliche - Methode der [X.] bewerk-stelligen ließ, kann die Anwendung des § 1579 [X.] BGB ebenfalls nicht be-gründen.Aus entsprechenden Erwägungen kann der Antragstellerin auch nichtvorgehalten werden, sich mutwillig über schwerwiegende Vermögensinteressendes Antragsgegners hinweggesetzt zu haben (§ 1579 Nr. 4 BGB).Da es somit schon am Tatbestandsmerkmal des [X.] fehlt,kommt es auf die Frage der unbilligen Belastung des Antragsgegners nichtmehr an. Das [X.] hat daher im Ergebnis zu Recht eine Herab-setzung des Unterhalts gemäß § 1579 BGB verneint und das [X.] -der Antragstellerin nicht gemäß § 9 Satz 2 Bundeserziehungsgeldgesetz aufihren Unterhaltsanspruch [X.] Daß das [X.] nach dem Sachvortrag des [X.] einen Unterhaltsverzicht der Antragstellerin gegenüber dem Antragsgeg-ner verneint hat, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.- 15 -5. Die Berechnung des Unterhaltsanspruchs der Höhe nach läßt keinenRechtsfehler zum Nachteil des Antragsgegners und Revisionsführers erken-nen, so daß die Entscheidung auch insoweit Bestand hat.[X.] Hahne Ger-ber [X.] Weber-Monecke

Meta

XII ZR 34/99

21.02.2001

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.02.2001, Az. XII ZR 34/99 (REWIS RS 2001, 3442)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2001, 3442

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