Bundespatentgericht, Beschluss vom 06.04.2016, Az. 29 W (pat) 574/12

29. Senat | REWIS RS 2016, 13511

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "Nett von Netto (Wort-Bild-Marke)" – zum Dienstleistungsverzeichnis – Handel mit Dienstleistungen – hinreichend klare Bezeichnung der Dienstleistungen in Klasse 35


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2011 052 149.2

hat der 29. Senat ([X.]) des [X.] am 6. April 2016 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin [X.], der Richterin [X.] und des Richters am Landgericht Dr. von Hartz

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 des [X.] vom 10. September 2012 aufgehoben.

Gründe

I.

1

Das [X.] (gelb, rot)

Abbildung

2

ist am 22. September 2011 zur Eintragung als Marke in das beim [X.] ([X.]) geführte Register für Waren und Dienstleistungen der Klassen 18, 25, 35 und 36 angemeldet worden.

3

Mit Beschluss vom 10. September 2012 hat die Markenstelle für [X.] die Anmeldung teilweise nach § 36 Abs. 4 [X.] wegen mangelnder Bestimmtheit bzw. Nichterfüllung der formellen Anforderungen der §§ 32 Abs. 3, 65 Abs. 1 Nr. 2 [X.] i. V. m. § 20 Abs. 1 [X.] zurückgewiesen, nämlich für folgende Dienstleistungen:

4

[X.]:  Dienstleistungen des Einzel- und Großhandels, insbesondere die Zusammenstellung verschiedener Dienstleistungen für Dritte, um den Verbrauchern den Erwerb dieser Dienstleistungen zu erleichtern, insbesondere auch durch Einzelhandelsgeschäfte, Großhandelsverkaufsstellen, über Versandkataloge oder elektronische Medien, z. B. Websites oder [X.] hinsichtlich der folgenden Dienstleistungen: aus [X.]: Werbung, Geschäftsführung, Unternehmensverwaltung, Büroarbeiten; aus Klasse 36: Ausgabe von Gutscheinen oder Wertmarken; aus Klasse 39: Veranstaltung von Reisen; aus Klasse 41: Unterhaltung; aus Klasse 45: persönliche und [X.] Dienstleistungen betreffend individuelle Bedürfnisse.

5

Zur Begründung hat die Markenstelle ausgeführt, die zurückgewiesenen Dienstleistungen seien weder nach Inhalt noch Umfang klar und eindeutig von anderen Dienstleistungen abgrenzbar, so dass eine Klasseneinteilung nicht möglich sei. Unter den Begriff „Dienstleistung des Einzelhandels“ falle die gesamte Tätigkeit eines Wirtschaftsteilnehmers, die dieser entfalte, um zum Abschluss eines Kaufvertrages über die von ihm gehandelten Waren anzuregen. Diese Tätigkeit bestehe insbesondere in der Auswahl des Sortiments der zum Kauf angebotenen Waren und im Angebot verschiedener Dienstleistungen, die einen Verbraucher veranlassen sollen, den Kaufvertrag mit diesem Händler statt mit einem seiner Wettbewerber abzuschließen. Hierbei handele es sich im Wesentlichen um die in den erläuternden Anmerkungen zu [X.] der [X.] Klassifikation aufgeführten Dienstleistungen „das Zusammenstellen verschiedener Waren (ausgenommen deren Transport) für Dritte, um den Verbrauchern Ansicht und Erwerb dieser Waren zu erleichtern“. Nicht unter den Begriff der Einzelhandelsdienstleistung fielen dagegen sonstige Leistungen, die lediglich anlässlich des Warenvertriebs oder neben dem Einzelhandel erbracht würden und in erster Linie zum Tätigkeitsbereich anderer Wirtschaftsbereiche gehörten und für die in anderen Klassen eigenständiger Markenschutz vorgesehen sei. Dies gelte insbesondere für die hier in Rede stehenden Dienstleistungen „Werbung, Geschäftsführung, Unternehmensverwaltung, Büroarbeiten“ ([X.]), „Ausgabe von Gutscheinen oder Wertmarken“ (Klasse 36), „Veranstaltung von Reisen“ (Klasse 39), „Unterhaltung“ (Klasse 41) sowie „persönliche und [X.] Dienstleistungen betreffend individuelle Bedürfnisse“ (Klasse 45). Mit diesen trete der Einzelhändler nicht in Wettbewerb zu anderen Einzelhändlern, sondern zu den jeweiligen Dienstleistungsunternehmen wie Werbeagenturen, Unternehmensberatern, Reisebüros usw.. Wer für solche Dienstleistungen Markenschutz begehre, müsse seine Anmeldung ausdrücklich auf diese beziehen. Mit einer Einzelhandelsdienstleistungsmarke sei dieser Bereich nicht abgedeckt.

6

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.

7

Nach Schluss der am 8. Mai 2013 stattgefundenen mündlichen Verhandlung ist das hiesige Beschwerdeverfahren durch Beschluss des Senats bis zur Entscheidung des [X.] über das Vorabentscheidungsersuchen im Parallelverfahren 29 W (pat) 573/12 ([X.]) ausgesetzt worden. Der Senat hatte dort mit Beschluss vom gleichen Tage auch dieses Beschwerdeverfahren ausgesetzt und dem [X.] zur Auslegung des Art. 2 der Richtlinie 2008/95/[X.] und des [X.] über die Marken vom 22. Oktober 2008 ([X.] Nr. L 299 vom 8. November 2008, [X.]) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

8

1. Ist Art. 2 der Richtlinie dahingehend auszulegen, dass unter einer Dienstleistung im Sinne dieser Vorschrift auch der Einzelhandel mit Dienstleistungen verstanden wird?

9

2. Falls die Frage 1 bejaht wird:

Ist Art. 2 der Richtlinie dahingehend auszulegen, dass die Dienstleistungen, die vom Einzelhändler angeboten werden, inhaltlich genauso konkretisiert werden müssen wie die Waren, die ein Einzelhändler vertreibt?

a) Reicht es für die Konkretisierung der Dienstleistungen aus, wenn angegeben wird

aa) nur der Dienstleistungsbereich allgemein oder Oberbegriffe,

bb) nur die Klasse(n) oder

cc) jede einzelne Dienstleistung im Konkreten?

b) Nehmen diese Angaben dann an der Festlegung des Anmeldetages teil oder ist bei der Angabe von Oberbegriffen oder Klassen ein Austausch oder eine Ergänzung möglich?

3. Falls die Frage 1 bejaht wird:

Ist Art. 2 der Richtlinie dahingehend auszulegen, dass sich der Schutzumfang der Einzelhandelsdienstleistungsmarke mit Dienstleistungen auch auf Dienstleistungen erstreckt, die der Einzelhändler selbst erbringt?

Der [X.] hat mit Urteil vom 10. Juli 2014 – [X.]/13 (vgl. [X.], 869 – [X.]) unter anderem wie folgt geantwortet:

Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass die Leistungen eines Wirtschaftsteilnehmers, die darin bestehen, Dienstleistungen zusammenzustellen, damit der Verbraucher diese bequem vergleichen und erwerben kann, unter den Begriff „Dienstleistungen“ gemäß Art. 2 der Richtlinie 2008/95 fallen können.

Die Richtlinie 2008/95 verlangt somit, dass die Waren oder Dienstleistungen, für die Markenschutz beantragt wird, vom Anmelder so klar und eindeutig angegeben werden, dass die zuständigen Behörden und die Wirtschaftsteilnehmer allein auf dieser Grundlage den Umfang des Markenschutzes bestimmen können (Urteil [X.], [X.]:[X.], Rn. 49).

Um dieser Anforderung zu genügen, ist es nicht erforderlich, dass der Anmelder einer Marke für eine Zusammenstellungsdienstleistung jede der Tätigkeiten konkret benennt, aus denen diese Dienstleistung besteht (vgl. in diesem Sinne Urteile Praktiker Bau- und Heimwerkermärkte, [X.]:[X.], Rn. 49, und [X.], [X.]:[X.], Rn. 45). Eine Beschreibung wie die in der von [X.] eingereichten Anmeldung, wonach die in Rede stehende Dienstleistung insbesondere die „Zusammenstellung verschiedener Dienstleistungen für Dritte, um den Verbrauchern den Erwerb dieser Dienstleistungen zu erleichtern, insbesondere auch durch Einzelhandelsgeschäfte, Großhandelsverkaufsstellen, über Versandkataloge oder elektronische Medien, z. B. Websites oder [X.]“ umfasst, erlaubt es den zuständigen Behörden und den Wirtschaftsteilnehmern, zu erkennen, dass sich die Anmeldung auf eine Dienstleistung bezieht, die in der Auswahl und Präsentation eines Sortiments von Dienstleistungen besteht, damit der Verbraucher bei einem einzigen Ansprechpartner unter diesen Dienstleistungen wählen kann.

Dagegen ist es erforderlich, dass der Anmelder einer Marke für die Dienstleistung der Zusammenstellung von Dienstleistungen mit hinreichender Klarheit und Eindeutigkeit diese Dienstleistungen bezeichnet (vgl. entsprechend Urteile Praktiker Bau- und Heimwerkermärkte, [X.]:[X.], Rn. 50, und [X.], [X.]:[X.], Rn. 45). Ohne eine hinreichend klare und eindeutige Benennung der Dienstleistungen, die der Anmelder auszuwählen und dem Verbraucher zu präsentieren beabsichtigt, kann es sich nämlich insbesondere für die zuständigen Behörden als schwierig, wenn nicht gar unmöglich erweisen, eine vollständige Prüfung der Anmeldung vorzunehmen. Wenn diese Behörden der Anmeldung nicht entnehmen können, auf welche Dienstleistungen der Anmelder abzielt, können sie insbesondere nicht sachgerecht prüfen, ob das als Marke angemeldete Zeichen für eine oder mehrere Dienstleistungen, die der Anmelder auswählen und präsentieren möchte, beschreibend ist.

Im vorliegenden Fall hat [X.] für die Bezeichnung der Dienstleistungen, die sie zusammenzustellen beabsichtigt, auf die Klassen 35, 36, 39, 41 und 45 der [X.] Klassifikation verwiesen. Für die meisten dieser Klassen hat sie jedoch lediglich Oberbegriffe verwendet, die in den [X.] enthalten sind. Insoweit ist festzustellen, dass einige der in den [X.] der [X.] Klassifikation enthaltenen Oberbegriffe derart unterschiedliche Waren oder Dienstleistungen abdecken, dass sie den Anforderungen der Klarheit und Eindeutigkeit nicht genügen können. Folglich erlaubt die Richtlinie 2008/95 die Verwendung von Oberbegriffen aus den [X.] ohne zusätzliche Angaben nur in den Fällen, in denen diese Oberbegriffe für sich genommen hinreichend klar und eindeutig sind, damit die zuständigen Behörden und die Wirtschaftsteilnehmer den Umfang des beantragten Schutzes bestimmen können (vgl. Urteil [X.], [X.]:[X.], Rn. 54 und 56).

Es ist Sache der zuständigen Behörden, zu beurteilen, ob Angaben wie die in der von [X.] eingereichten Anmeldung enthaltenen Angaben „Unterhaltung“ und „persönliche und [X.] Dienstleistungen betreffend individuelle Bedürfnisse“ den Erfordernissen der Klarheit und der Eindeutigkeit genügen (vgl. entsprechend Urteil [X.], [X.]:[X.], Rn. 55).

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass ein [X.], wenn er für eine bestimmte Klasse alle Oberbegriffe der Überschrift dieser Klasse verwendet, in jedem Fall klarstellen muss, ob sich seine Anmeldung auf alle oder nur auf einige der in der alphabetischen Liste der betreffenden Klasse aufgeführten Waren oder Dienstleistungen bezieht. Falls sie sich nur auf einige dieser Waren oder Dienstleistungen beziehen soll, hat der Anmelder anzugeben, welche Waren oder Dienstleistungen dieser Klasse beansprucht werden (Urteil [X.], [X.]:[X.], Rn. 61).

Im vorliegenden Fall hat [X.] in der Anmeldung angegeben, dass sich die Dienstleistung der Zusammenstellung, für die sie Markenschutz beantragt, u. a. auf die Zusammenstellung der Dienstleistungen „Werbung, Geschäftsführung, Unternehmensverwaltung, Büroarbeiten“ bezieht. Vorbehaltlich der Überprüfung durch das vorlegende Gericht stellt diese Anmeldung offenbar nicht klar, ob die Klägerin des Ausgangsverfahrens, indem sie die gesamte Überschrift der [X.] wiedergibt, den Schutz dieser Marke für die Zusammenstellung sämtlicher in der alphabetischen Liste dieser Klasse aufgeführten Dienstleistungen oder nur für die Zusammenstellung einiger dieser Dienstleistungen begehrt. Im Hinblick auf die unterschiedlichen Betrachtungsweisen innerhalb der [X.] in Bezug darauf, wie die Verwendung der Überschrift einer Klasse der [X.] Klassifikation zu verstehen ist, kann eine Anmeldung, die es nicht erlaubt, festzustellen, ob der Anmelder mit der Verwendung einer Klassenüberschrift auf alle oder nur auf einige der von dieser Klasse erfassten Waren oder Dienstleistungen abzielt, nicht als hinreichend klar und eindeutig angesehen werden (Urteil [X.], [X.]:[X.], Rn. 58, 59 und 62).

Nach alledem ist auf die zweite Frage zu antworten, dass die Richtlinie 2008/95 dahin auszulegen ist, dass nach dieser Richtlinie die Anmeldung einer Marke für eine Dienstleistung, die in der Zusammenstellung von Dienstleistungen besteht, so klar und eindeutig formuliert werden muss, dass die zuständigen Behörden und die anderen Wirtschaftsteilnehmer erkennen können, welche Dienstleistungen der Anmelder zusammenzustellen beabsichtigt.

Die dritte Frage (ob sich der Begriff „Handel“ tatsächlich nur auf Fremd- oder auch auf Eigenprodukte beziehen kann) hat der [X.] für unzulässig erklärt.

Im Rahmen des fortgesetzten Beschwerdeverfahrens hat die Anmelderin mit Schriftsatz vom 1. April 2016 unter Bezugnahme auf den mittlerweile im Verfahren 29 W (pat) 573/12 – [X.] ergangenen Senatsbeschluss vom 12. Januar 2016 ihr Waren- und Dienstleistungsverzeichnis bezüglich der verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen - wie im Parallelverfahren - wie folgt neu gefasst:

,,[X.]:

(. . .)

Dienstleistungen des Einzel- und Großhandels, insbesondere die Zusammenstellung verschiedener Dienstleistungen für Dritte, um den Verbrauchern den Erwerb dieser Dienstleistungen zu erleichtern, insbesondere auch durch Einzelhandelsgeschäfte, Großhandelsverkaufsstellen, über Versandkataloge oder elektronische Medien, z. B. Websites oder [X.] hinsichtlich der folgenden Dienstleistungen aus:

[X.]: Werbung, Geschäftsführung, Unternehmensverwaltung, Büroarbeiten;

Klasse 36: Ausgabe von Gutscheinen, Wertmarken;

Klasse 39: Veranstaltung von Reisen;

Klasse 41: Unterhaltung;

Klasse 45: Adoptionsvermittlung; Ahnenforschung; Babysitting; Begleitung von Personen als Gesellschafter; Bestattungsdienstleistungen; Dienstleistungen auf dem Gebiet der nicht-juristischen Streitregelung; Dienstleistungen eines Detektivs; Ehevermittlung; Einbalsamierungsdienste; Erdbestattung; Erstellung von Horoskopen; Feuerbestattung; Haushüten; Hüten von Haustieren; Mediation; Nachforschung in Rechtsangelegenheiten; Nachforschungen nach vermissten Personen; Nachforschungen über Personen; Öffnen von Türschlössern; Online- Dienstleistungen zum Knüpfen [X.]r Kontakte; Organisation von religiösen Veranstaltungen; Planung und Vorbereitung von Hochzeitsfeiern; [X.]; Tauben aufsteigen lassen zu besonderen Anlässen; Vermietung von Bekleidungsstücken; Vermietung von Kleidung und Kostümen; Vermittlung von Bekanntschaften“.

Sie beantragt,

den Beschluss der Markenstelle für [X.] des [X.]es vom 10. September 2012 aufzuheben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die nach §§ 66, 64 Abs. 6 [X.] zulässige Beschwerde ist begründet.

Es wird Bezug genommen auf das Urteil des [X.] zur Zulässigkeit der Eintragung von Marken für [X.]en mit näher bezeichneten Dienstleistungen ([X.] [X.], 869 – [X.] AG & Co. KG/[X.] [[X.]]), das auf das Vorlageersuchen des hiesigen Senats im Parallelverfahren ergangen ist und auf den daraufhin ergangenen Beschluss vom 12. Januar 2016 ([X.], 29 W (pat) 573/12; zu finden auf der Homepage des [X.] unter [X.]) Unter Berücksichtigung der vorgenannten Entscheidungen und unter Zugrundelegung des mit Schriftsatz vom 1. April 2016 eingereichten Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses weist die vorliegende Anmeldung keine formellen Mängel nach §§ 32 Abs. 3, 65 Abs. 1 Nr. 2 [X.] i. V. m. §§ 3 Abs. 1 Nr. 3, 20 [X.] auf, so dass ein Zurückweisungsgrund nach § 36 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 [X.] nicht (mehr) besteht.

Das Verzeichnis der Waren und Dienstleistungen ist nicht nur gemäß § 20 Abs. 1 [X.] so zu fassen, dass die Klassifizierung jeder einzelnen Ware und Dienstleistung in eine Klasse der Klasseneinteilung nach § 19 Abs. 1 [X.] möglich ist. Die beanspruchten Waren und Dienstleistungen sind außerdem vom Anmelder so klar und eindeutig anzugeben, dass die zuständigen Behörden und die Wirtschaftsteilnehmer allein auf dieser Grundlage den Umfang des Markenschutzes bestimmen können, und zwar schnell, umfassend und unmissverständlich. Die Waren und Dienstleistungen müssen nach Inhalt und Umfang klar und eindeutig von anderen Waren und Dienstleistungen abgrenzbar sein (vgl. [X.] in [X.]/[X.], [X.], 11. Auflage, § 32 Rn. 105; [X.] [X.], 822, Nr. 47, 48 – [X.]/[X.] [IP TRANSLATOR]). Dabei müssen nicht zwingend die Bezeichnungen der Klassifikation von [X.] verwendet werden. Diese Bezeichnungen „sollen“ zwar verwendet werden (§ 20 Abs. 2 Satz 1 [X.]). Es können aber auch in der Klassifikation von [X.] nicht enthaltene, aber verkehrsübliche Bezeichnungen verwendet werden (§ 20 Abs. 2 Satz 2 [X.]). Die notwendigen Klarstellungen müssen zudem die allgemeinen und objektiven Eigenschaften und Zweckbestimmungen der Waren und Dienstleistungen in einer wirtschaftlich nachvollziehbaren und damit rechtlich abgrenzbaren Weise betreffen (vgl. [X.] in [X.]/[X.], a. a. [X.] § 32 Rn. 107). Im Falle einer Neuformulierung des Verzeichnisses darf keine unzulässige Erweiterung erfolgen (vgl. [X.] in [X.]/[X.], a. a. [X.], § 39 Rn. 3); eine Einschränkung oder Präzisierung ist aber auch noch im Beschwerdeverfahren ohne weiteres möglich.

Das verfahrensgegenständliche Dienstleistungsverzeichnis genügt den vorgenannten Anforderungen.

1. Mit Beantwortung der ersten Vorlagefrage in seinem [X.]-Urteil hat der [X.] klargestellt, dass er den Handel mit Dienstleistungen - als Dienstleistung der [X.] der [X.] Klassifikation - anerkennt.

2. Bei der Beantwortung der zweiten Frage hat der [X.] hinsichtlich der Konkretisierung der beanspruchten Handels- bzw. Zusammenstellungsdienstleistungen Bezug genommen auf seine Entscheidungen „[X.]“ ([X.], 822) und „Praktiker“ ([X.], 764 - Praktiker Bau- und Heimwerkermärkte); die Anforderungen an die Formulierung der beanspruchten [X.] als solcher entsprechen danach denjenigen, die für die Zusammenstellungsdienstleistung mit Waren gefordert werden. Eine inhaltliche Konkretisierung der geschützten [X.] als solche, also die konkrete Bezeichnung der einzelnen Tätigkeiten dieser Dienstleistungen ist daher - auch weiterhin - nicht erforderlich. Der [X.] hat im Übrigen ausdrücklich bestätigt, dass die - auch im hiesigen Verfahren - von der Anmelderin gewählte Formulierung „…

3. Die Überprüfung der Frage, ob in den jeweiligen Einzelfällen der Grad der Präzisierung des gehandelten [X.] ausreicht, ist den nationalen Behörden und Gerichten vorbehalten worden (vgl. [X.], a. a. [X.] Rn. 52 - [X.]). Die vorliegende Anmeldung erfüllt nach Ansicht des Senats die insoweit vom [X.] geforderten Konkretisierungserfordernisse auch im Hinblick auf die gehandelten bzw. „zusammengestellten“ Dienstleistungen.

Hierzu im Einzelnen:

a) Beim Handel mit Dienstleistungen sind - entsprechend den [X.]en mit Waren - in Bezug auf die Dienstleistungen oder Arten von Dienstleistungen, die der Anmelder auszuwählen und den Kunden zu präsentieren beabsichtigt, nähere Angaben zu fordern; der Gegenstand der [X.] muss dabei - worauf der [X.] ausdrücklich hin- weist -, mit „hinreichender Klarheit und Eindeutigkeit“ benannt werden ([X.] a. a. [X.], Rn. 46 – [X.]). Damit hat der [X.] die Vorgaben aus seiner „[X.]“-Entscheidung nicht nur auf die Angabe der beanspruchten [X.] als solcher bezogen, sondern sie weiter erstreckt auf die erforderlichen Spezifizierungen im Zusammenhang mit den „zusammengestellten“ Dienstleistungen, d. h. auf das Sortiment, mit dem gehandelt wird. Den Ausführungen des [X.] in den Randnummern 46 bis 50 kann eine Angleichung der Maßstäbe hinsichtlich der erforderlichen Konkretisierung entnommen werden. Die Prüfung, ob Waren- und [X.]n ausreichend klar und eindeutig sind, ist aus Sicht des Senats daher unabhängig davon vorzunehmen, ob diese als solche beansprucht werden oder als Handelssortiment. Denn eine nicht ausreichend klare und eindeutige Waren- oder [X.] wird nicht dadurch präziser, dass sie „nur“ als gehandeltes Sortiment beansprucht wird.

Nicht ausreichend sind daher nur [X.] (z. B. „Groß- und Einzelhandelsdienstleistung mit Dienstleistungen aus den Klassen 35, 41 und 43“). Die bloße Angabe einer Klasse vermittelt ohne Zuhilfenahme der jeweils gültigen Fassung der Klasseneinteilung und der alphabetischen Liste nach § 19 [X.] keine aus sich heraus verständliche Information über den Bereich des gehandelten Sortiments; der Schutzumfang kann daher nicht unmittelbar dem Register entnommen werden. Die gegenteilige Auffassung würde voraussetzen, dass Öffentlichkeit und Wirtschaftsteilnehmer derart spezielle Klassifikationskenntnisse besitzen, dass sie genau wissen, welche Waren und Dienstleistungen welcher Klasse zuzuordnen sind; hiervon kann nicht ausgegangen werden.

Auch allgemeine, klassenübergreifende Bereichsangaben (z. B. „Groß- und Einzelhandelsdienstleistungen mit Dienstleistungen aus dem medizinischen Bereich“ oder „Einzelhandelsdienstleistungen im Zusammenhang mit Gesundheit, Lifestyle, Wellness“) genügen den Vorgaben der Klarheit und Eindeutigkeit nicht, weil das Sortiment nicht ausreichend abgrenzbar ist und damit insbesondere die Bestimmung des [X.] nicht bzw. kaum möglich ist. „Nähere Angaben“ – so der [X.] schon in seinem Urteil zu „Praktiker“ ([X.], 764 – Rn. 51) – erleichtern im Kollisionsfall die Anwendung der Art. 4 Abs. 1 und 5 Abs. 1 RL 89/104/EG  [Markenrechts-RL 1989] ohne den Markenschutz spürbar zu begrenzen. Eine Verlagerung dieser Problematik in nachfolgende Widerspruchs- oder Verletzungsverfahren ist daher weder sinnvoll noch mit der Funktion des Markenregisters vereinbar, wonach allein auf Grundlage der Dienstleistungsformulierung der Schutzumfang der Marke schnell, umfassend und unmissverständlich bestimmbar sein muss.

b) Die von der Anmelderin gewählten Formulierungen zur Konkretisierung des gehandelten Sortiments setzen sich jeweils zusammen aus [X.] einerseits sowie Begriffen der [X.] [X.] oder Einzelbegriffen der [X.] Klassifikation andererseits. Sie grenzen damit den Bereich sowie das Sortiment der gehandelten Dienstleistungen ausreichend eindeutig und klar ein.

aa) Nach Auffassung des Senats genügen - so bereits in dem Vorlagegesuch des [X.] an den [X.] (s. dort S. 26/27) - die [X.]en betreffend die Dienstleistungen aus der „

Anders als bis vor kurzem das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt ([X.]) verfolgen das [X.] und die nationale Rechtsprechung nicht das sogenannte „class heading covers all“- Prinzip; nach diesem umfasst die Benennung der [X.] automatisch sämtliche der jeweiligen Klasse der [X.] Klassifikation zugeordnete Waren oder Dienstleistungen. Bei nationalen Markenanmeldungen müssen und mussten dagegen die Waren oder Dienstleistungen, die dem Markenschutz unterliegen sollen, stets eindeutig benannt werden oder durch die Oberbegriffe abgedeckt sein. Dieses in [X.] geltende Prinzip des „means what it says“ ist – auch unter Hinweis auf die [X.]-Entscheidungen „[X.]“ und „[X.]“ – vom [X.] (Beschluss vom 15.01.2015, 25 W (pat) 76/11 – [X.]/[X.]) als zutreffend bestätigt worden. Bezüglich der berechtigten Kritik an der früheren [X.]-Praxis – diese wurde mittlerweile ohnehin geändert (vgl. neuer Art. 28 der [X.]smarkenverordnung, die am 23. März 2016 in [X.] getreten ist) - und den Bedenken im Einzelnen wird auf die Ausführungen in diesem Beschluss verwiesen (vgl. zur aktuellen Praxis auch „Gemeinsame Mitteilung des [X.] und der nationalen Ämter zur Anwendung von [X.]“ vom 02.05.2013, zu finden auf der Homepage des [X.] und des [X.]).

Der Senat sieht angesichts der nationalen [X.], der gefestigten Rechtsprechung hierzu (vgl. [X.] in [X.]/[X.], a. a. [X.], § 26 Rn. 253) und der rechtlichen Bedenken in Bezug auf die frühere Praxis des [X.] keine Notwendigkeit zu der vom [X.] angesprochenen Klarstellung.

bb) Auch soweit sich die [X.]en auf die Dienstleistungen der

cc) Wenngleich die von der Klassifikation verwendete [X.]

dd) Keine Bedenken bestehen des Weiteren im Hinblick auf die einzeln aufgeführten [X.]n der

Eine unzulässige Erweiterung enthält das Verzeichnis insoweit nicht, vielmehr handelt es sich jeweils um konkrete Einzelaufzählungen von Dienstleistungen, die unter den ursprünglich genannten Klassenoberbegriff „persönliche und [X.] Dienstleistungen betreffend individuelle Bedürfnisse“ zu subsumieren sind. Unter Berücksichtigung und in Umsetzung der [X.]-Rechtsprechung zu [X.] wurde von den an der Harmonisierung teilnehmenden Markenämtern mittlerweile der in den [X.] der [X.] Klassifikation enthaltene Oberbegriff „persönliche und [X.] Dienstleistungen betreffend individuelle Bedürfnisse“ - aus Sicht des Senats zutreffend - für nicht klar und eindeutig genug befunden; ohne eine weitere Spezifizierung ist er als solcher daher nicht zulässig (vgl. Gemeinsame Mitteilung zur gemeinsamen Praxis für die Zulässigkeit von [X.] v1.0 vom 20.02.2014, vgl. Homepage des [X.] und des [X.]). Dem entsprechend lässt die Angabe „persönliche und [X.] Dienstleistungen betreffend individuelle Bedürfnisse“ auch keine ausreichende Spezifizierung derjenigen Dienstleistungen zu, mit denen gehandelt wird. Die geänderte Fassung des verfahrensgegenständlichen Verzeichnisses trägt diesen Bedenken Rechnung.

Die mit der Beschwerde beanspruchten [X.]en für Dienstleistungen sind nach dem Vorgesagten ausreichend spezifiziert; der angefochtene Beschluss war daher aufzuheben.

Meta

29 W (pat) 574/12

06.04.2016

Bundespatentgericht 29. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 06.04.2016, Az. 29 W (pat) 574/12 (REWIS RS 2016, 13511)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 13511

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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