Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 25.08.2014, Az. 4 B 20/14

4. Senat | REWIS RS 2014, 3314

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Gegenstand

Versagung der Baugenehmigung trotz Einvernehmen der Gemeinde


Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs [X.] vom 17. Februar 2014 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

1

Die allein auf den [X.] nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte [X.]eschwerde bleibt ohne Erfolg. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche [X.]edeutung, die ihr die [X.]eschwerde beimisst.

2

Die [X.]eschwerde verfehlt bereits die Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Der [X.] der rechtsgrundsätzlichen [X.]edeutung setzt die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts voraus ([X.]eschluss vom 19. August 1997 - [X.]VerwG 7 [X.] 261.97 - [X.] 310 § 133 VwGO Nr. 26 unter [X.]ezugnahme auf [X.]eschluss vom 2. Oktober 1961 - [X.]VerwG 8 [X.] 78.61 - [X.]VerwGE 13, 90 <91 f.>). Daran fehlt es hier. Die [X.]eschwerde lässt zwar erkennen, dass es ihr um die „Klagebefugnis einer [X.] hinsichtlich eines belastenden Verwaltungsakts zu Lasten eines [X.]ürgers der [X.]" geht. Sie möchte ein Überdenken der bisherigen Rechtsprechung anstoßen, wonach eine Verletzung der Planungshoheit einer [X.] in einem [X.]augenehmigungsverfahren nur dann möglich ist, wenn die [X.] ihr nach § 36 [X.] erforderliches Einvernehmen versagt, die [X.]auaufsichtsbehörde die beantragte [X.]augenehmigung aber gleichwohl erteilt hat, nicht hingegen im umgekehrten Fall, in dem die [X.] ihr Einvernehmen erteilt, die [X.]auaufsichtsbehörde die [X.]augenehmigung jedoch versagt hat. Eine genau formulierte, auf den konkreten Fall bezogene Rechtsfrage fehlt indes.

3

Nur ergänzend sei deshalb angemerkt, dass die Revision selbst dann nicht zuzulassen wäre, wenn man zugunsten der [X.]eschwerde eine hinreichend genau formulierte Rechtsfrage unterstellte, etwa des Inhalts, dass geklärt werden soll, ob eine [X.] - entgegen der bisherigen Rechtsprechung des Senats - im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO eine eigene Rechtsverletzung auch dann geltend machen kann, wenn sie ihr nach § 36 [X.] erforderliches Einvernehmen erteilt, die [X.]auaufsichtsbehörde die beantragte [X.]augenehmigung jedoch versagt hat. Diese Frage wäre nicht entscheidungserheblich, weil für die angegriffene Entscheidung nicht tragend. Die verfassungsrechtlich gewährleistete Selbstverwaltungsgarantie der [X.]n (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG) wird - wie die [X.]eschwerde selbst einräumt - durch einfachgesetzliche Rechtsnormen konkretisiert und ausgestaltet. Im Rahmen der Vorschriften über die bauplanungs-rechtliche Zulässigkeit von Vorhaben (§§ 29 ff. [X.]) sichert § 36 [X.] die Planungshoheit der [X.]n (so bereits Urteil vom 19. November 1965 - [X.]VerwG 4 [X.] 184.65 - [X.]VerwGE 22, 342 <343>; vgl. auch [X.]eschluss vom 11. August 2008 - [X.]VerwG 4 [X.] - [X.] 406.11 § 36 [X.] Nr. 59 S. 1 ). Das in § 36 Abs. 1 Satz 1 [X.] näher geregelte Einvernehmenserfordernis knüpft tatbestandlich an die Entscheidung über die „Zulässigkeit von Vorhaben nach den §§ 31, 33 bis 35 [X.]" an. [X.] geht es vorliegend nicht. Gegenstand der angegriffenen Entscheidung ist eine bauaufsichtliche Abbruchanordnung, die die [X.]eklagte als zuständige [X.]auaufsichtsbehörde auf landesrechtlicher Grundlage (§ 65 [X.]) gegenüber einem [X.]bürger der Klägerin erlassen hat. § 36 [X.] findet hierauf keine Anwendung, wie sich schon aus dem Wortlaut der Vorschrift unzweifelhaft ergibt ([X.], in: [X.]/[X.]/[X.], [X.], 7. Aufl. 2013, § 36 Rn. 12). Soweit die [X.]eschwerde [X.]auplanungsrecht (§ 31 Abs. 2, § 36 [X.]) gleichwohl berührt sieht, weil die bauordnungsrechtliche Rechtsgrundlage tatbestandlich auch an bauplanungsrechtliche Zulässigkeitsfragen anknüpft, führt dieser Gedanke vorliegend schon deshalb nicht weiter, weil das [X.]augenehmigungsverfahren (zur nachträglichen Legalisierung des illegal errichteten Gartenhauses) nach den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs ([X.]) rechtskräftig abgeschlossen worden und die bauplanungsrechtliche Unzulässigkeit des Vorhabens damit bestandskräftig festgestellt ist.

4

Abgesehen davon wäre die Frage auch nicht klärungsbedürftig. Die [X.]eschwerde räumt selbst ein, dass die sich aus § 36 [X.] ergebenden subjektiven Rechtspositionen der [X.] in der Rechtsprechung des Senats geklärt sind: Entscheidet die [X.]auaufsichtsbehörde im Anwendungsbereich des § 36 Abs. 1 Satz 1 [X.] über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens ohne [X.]eteiligung der [X.], führt allein die Missachtung des gesetzlich gewährleisteten Rechts der [X.] auf [X.]eteiligung auf deren Klage zur Aufhebung der [X.]augenehmigung ([X.]eschluss vom 11. August 2008 a.a.[X.] Rn. 4 f.). Ist das [X.]eteiligungsrecht der [X.] nach § 36 Abs. 1 Satz 1 [X.] verletzt, weil ein [X.]augenehmigungsverfahren, das unter [X.]eteiligung der [X.] hätte durchgeführt werden müssen, rechtswidrig unterblieben ist, hat der Senat (Urteil vom 12. Dezember 1991 - [X.]VerwG 4 [X.] 31.89 - [X.] 406.11 § 36 [X.] Nr. 46 S. 10 ) der [X.] überdies einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie [X.]escheidung ihres Antrags auf Anordnung der [X.]eseitigung des Vorhabens zugebilligt. Das [X.]eteiligungsrecht der [X.] ist schließlich verletzt, wenn die [X.]auaufsichtsbehörde eine [X.]augenehmigung für ein Vorhaben erteilt, zu dem die [X.] ihr Einvernehmen versagt hat (Urteil vom 10. August 1988 - [X.]VerwG 4 [X.] 20.84 - [X.] 406.11 § 36 [X.]/[X.] Nr. 40 S. 3 <4> m.w.N.), sofern das Einvernehmen nicht ersetzt wird oder als erteilt gilt (§ 36 Abs. 2 Satz 2 [X.]). Demgegenüber ist die [X.]auaufsichtsbehörde durch die Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens nicht gehindert, die beantragte [X.]augenehmigung zu versagen ([X.]eschluss vom 16. Dezember 1969 - [X.]VerwG 4 [X.] - [X.] 406.11 § 2 [X.] Nr. 4 S. 1 ). Die gegenteilige Ansicht wäre schon mit dem [X.]egriff des Einvernehmens nicht in Einklang zu bringen; sie widerspräche der in § 36 Abs. 1 Satz 1 [X.] geforderten Willensübereinstimmung zwischen [X.] und [X.]auaufsichtsbehörde als Voraussetzung für die Erteilung der [X.]augenehmigung, die einem „Zwei-Schlüssel-Prinzip" gleicht ([X.], a.a.[X.] § 36 Rn. 49 f.). Infolgedessen kann die [X.] im Fall der Einvernehmenserteilung auch nicht in eigenen Rechten verletzt sein. Soweit die [X.]eschwerde unabhängig von § 36 [X.] eine „grundrechtsintendierte" Auslegung des § 42 Abs. 2 VwGO für geboten hält, gibt dies schon deshalb keinen Anlass, die dargestellte ständige Rechtsprechung des Senats zu überdenken, weil sich die [X.]eschwerde insoweit nicht mit den Gründen der bisherigen Rechtsprechung auseinandersetzt (zu diesem Erfordernis [X.]eschluss vom 27. August 1997 - [X.]VerwG 1 [X.] 145.97 - [X.] 310 § 58 VwGO Nr. 67). Der abstrakte Hinweis auf verfassungsrechtliche Gewährleistungen (Planungshoheit, Finanzhoheit) und gesetzgeberische Zielsetzungen (Verhinderung von Popularklagen) genügt hierfür nicht.

5

[X.] beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung stützt sich auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.

Meta

4 B 20/14

25.08.2014

Bundesverwaltungsgericht 4. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, 17. Februar 2014, Az: 5 S 1667/12, Urteil

Art 28 Abs 2 S 1 GG, § 36 Abs 1 S 1 BauGB, § 31 Abs 2 BauGB, § 42 Abs 2 VwGO

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 25.08.2014, Az. 4 B 20/14 (REWIS RS 2014, 3314)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 3314

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