Bundesgerichtshof, Beschluss vom 12.04.2016, Az. 2 StR 483/15

2. Strafsenat | REWIS RS 2016, 13171

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Gegenstand

Strafverfahren wegen sexueller Nötigung in mehreren Fällen: Strafzumessung bei psychischen Schäden des Tatopfers und langem Tatzeitraum


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 13. Mai 2015 im Strafausspruch mit den Feststellungen aufgehoben.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen sexueller Nötigung in fünf Fällen, Körperverletzung in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Nötigung, sowie wegen versuchter Nötigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge im Strafausspruch Erfolg; im Übrigen ist sie offensichtlich unbegründet.

2

Der Strafausspruch hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Strafkammer hat bei der [X.] und bei der konkreten Zumessung der Einzelstrafen unter anderem strafschärfend berücksichtigt, dass die Nebenklägerin infolge der Taten psychologische Unterstützung zur Bewältigung des Geschehens benötige und dass die Taten sich insgesamt über einen sehr langen Zeitraum erstreckten. Dies begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

3

Die bisherigen Feststellungen ergeben nicht, dass sich die Notwendigkeit einer psychologischen Behandlung zur Behandlung von sich aus der Tat ergebenden seelischen Beeinträchtigungen bereits nach der ersten Tat eingestellt hat. Sind die festgestellten psychischen Schäden aber (erst) Folgen aller Taten, so können sie dem Angeklagten nur einmal - bei der Gesamtstrafenbildung - angelastet werden. Sind sie dagegen unmittelbare Folge allein einzelner Taten, so können sie mit ihrem vollen Gewicht nur in diesen Fällen, nicht aber in gleicher Weise auch bei der Bemessung sämtlicher anderer Einzelstrafen in Ansatz gebracht werden (vgl. nur Senat, NStZ 2014, 701; NStZ-RR 2014, 340).

4

Auch dass die Taten sich über einen langen Zeitraum erstreckten, durfte nicht bei der [X.] und der konkreten Zumessung der Einzelstrafen zu Ungunsten des Angeklagten berücksichtigt werden. Dass einer ersten oder zweiten Tat weitere nachgefolgt sind, ist regelmäßig für deren Unrechtsgehalt ohne strafzumessungsrelevante Bedeutung. Dies mag anders sein, wenn von vornherein eine Mehrzahl von Taten geplant sind und darin die nach § 46 Abs. 2 StGB berücksichtigungsfähige "rechtsfeindliche Gesinnung" des [X.] zum Ausdruck kommt (vgl. Fischer, StGB, 63. Aufl., § 40 Rn. 34a). Entsprechende Feststellungen hat das [X.] nicht getroffen; sie liegen mit Blick auf die sich situativ ergebenden Straftaten in den Fällen [X.] 1-3 der Urteilsgründe und den Umstand, dass zwischen den fünf weiteren Taten der sexuellen Nötigung jeweils größere zeitliche Abstände lagen, auch nicht unbedingt nahe.

5

Dies führt zur Aufhebung aller Einzelstrafen und bedingt den Wegfall des Gesamtstrafenausspruchs. Es ist nicht auszuschließen, dass die Strafzumessung auf diesem Rechtsfehler beruht.

Fischer                        Appl                         Krehl
             Eschelbach                       Ott

Meta

2 StR 483/15

12.04.2016

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Bonn, 13. Mai 2015, Az: 23 KLs 11/15

§ 46 Abs 2 StGB, § 177 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 12.04.2016, Az. 2 StR 483/15 (REWIS RS 2016, 13171)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 13171

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

2 StR 423/22

2 StR 580/16

2 StR 581/16

2 StR 483/15

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