Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.11.2010, Az. V ZB 143/10

V. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 1428

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[X.]BESCHLUSS [X.] vom 11. November 2010 in der [X.] Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja[X.] § 15; [X.] § 44; [X.] § 29, § 30 Der Notar ist nicht verpflichtet, eine aus mehreren Teilen bestehende Urkunde so zu heften, dass die [X.] der verbundenen Schriftstücke erhalten bleibt. Sind Teile der Urkunde lesbar, aber auf Grund der Heftung nicht kopierfähig, muss er die Urkunde nicht neu heften. [X.], [X.]schluss vom 11. November 2010 - [X.] - [X.] (Oder) - 2 - Der [X.] hat am 11. November 2010 durch [X.] [X.], [X.] [X.], [X.] und [X.] und die Richterin Dr. [X.] beschlossen: [X.] gegen den [X.]schluss der 9. Zivilkammer des [X.] (Oder) vom 13. April 2010 wird auf Kosten der [X.]teiligten zurückgewiesen. Der Gegenstandswert des [X.] wird auf 3.000 • festgesetzt. Gründe: [X.] [X.]führerin begehrt die Entsiegelung und Neuheftung einer notariellen Urkunde, aus der sie die Zwangsvollstreckung betreiben will. 1 Die vollstreckbare Urkunde wurde zur [X.]. 160/1995 der Notarin

B. errichtet. Mit ihr übernahmen die Eheleute [X.]. die persönliche Haftung wegen einer vor dem Notar R. zur [X.]. [X.]/1994 bestellten Grundschuld in Höhe von 125.000 DM. Eine voll-streckbare Ausfertigung der Urkunde [X.]. [X.]/1994 ist der Urkunde [X.]. 160/1995 beigeheftet, ferner Zustellungsurkunden, ein Quittierungsvermerk sowie ein Erbschein. 2 - 3 - Am 26. Oktober 2009 versah der verwahrende Notar die Urkunde mit [X.]. Er öste und siegelte die Gesamturkunde. 3 Die [X.]teiligte beantragte bei dem Notar, die vollstreckbare Ausfertigung der Urkunde wieder zu öffnen und eine kopierfähige Urkunde herzustellen. Zur [X.]gründung führte sie aus, durch die vorgenommene neue Ösung könnten [X.] Blätter nicht mehr vollständig kopiert werden. Diesen Antrag wies der [X.] zurück, weil es sich um eine Gesamturkunde handele. Er sei nicht berech-tigt, den Zusammenhang der nicht von ihm stammenden Urkunden zu lösen und die entsprechenden Siegel zu brechen. 4 Mit der [X.]schwerde hat die [X.]teiligte verlangt, den Notar anzuweisen, die versiegelte Grundschuldbestellungsurkunde zu öffnen und eine kopierfähige Urkunde aus den verschiedenen Urkunden herzustellen. Im Laufe des [X.]-schwerdeverfahrens erteilte der Notar der [X.]teiligten auf deren Antrag eine be-glaubigte Abschrift der Urkunde. Dabei handelt es sich um eine Fotokopie der Urkunde, bei der einzelne nicht lesbare Teile handschriftlich ergänzt worden sind. Das [X.] hat die [X.]schwerde mit dem angefochtenen [X.]schluss zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die [X.]teiligte mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde und begehrt hilfsweise festzustellen, dass der Notar die Rechtsbeschwerdeführerin in ihren Rechten verletzt hat, indem er ihrem Antrag vom 14. Februar 2010 nicht entsprochen hat. 5 I[X.] Das [X.]schwerdegericht verneint das Rechtsschutzbedürfnis für den [X.], weil die [X.]teiligte die Erteilung einer beglaubigten Abschrift der Urkunde verlangen könne. Die Vervielfältigung könne auch durch eine Abschrift erfolgen. [X.]i [X.] könne die Heftung häufig dazu führen, dass die Fotoko-pierfähigkeit der einzelnen Urkunden leide. Die Heftung müsse die Lesbarkeit, nicht aber die Kopierfähigkeit erhalten. 6 - 4 - II[X.] [X.] ist gemäß § 15 Abs. 2 [X.], § 70 Abs. 1 FamFG statthaft. Sie ist auch im Übrigen zulässig. Insbesondere ist die [X.]-schwer für den Hauptantrag nicht wegen der zwischenzeitlich erteilten beglau-bigten Abschrift entfallen. Denn der Notar hat die in erster Linie begehrte Hand-lung nicht vorgenommen. Zudem ist nicht festgestellt, ob die beglaubigte Ab-schrift wegen der handschriftlichen Ergänzungen für die Vollstreckung ausrei-chen wird. 7 In der Sache hat die Rechtsbeschwerde keinen Erfolg, weil die [X.] Entscheidung keine Rechtsfehler aufweist. Der Notar hat die Urkundstätig-keit, zu der auch der Vollzug der Urkunde und damit eine mögliche Entheftung zählt, nicht ohne ausreichenden Grund im Sinne von § 15 Abs. 1 Satz 1 [X.] verweigert. 8 Im Grundsatz ist der Notar zu Urkundstätigkeiten verpflichtet. Ein ausrei-chender Grund für die Verweigerung im Sinne von § 15 Abs. 1 Satz 1 [X.] besteht sowohl, wenn das [X.]urkundungsgesetz die Amtsausübung untersagt, als auch dann, wenn der [X.]urkundung [X.] entgegenstehen, die der Notar bei seiner Amtsführung zu beachten hat ([X.] in [X.]/[X.]/ [X.], [X.], 6. Aufl., § 15 Rn. 63 ff.; [X.]/Vaasen/[X.], [X.] - [X.], 2. Aufl., § 15 [X.] Rn. 24). 9 a) Gemäß § 44 [X.] sollen Urkunden, die aus mehreren Blättern be-stehen, ebenso wie der Niederschrift beigefügte Schriftstücke, Karten, Zeich-nungen und Abbildungen mit Schnur und Prägesiegel verbunden werden. Unter Verweis hierauf sieht § 30 [X.] vor, dass jede Urschrift, Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift, die mehr als einen Bogen oder ein Blatt umfasst, zu [X.] und der [X.] ist. Ferner sind gemäß § 29 Abs. 1 [X.] 10 - 5 - Urschriften, Ausfertigungen und beglaubigte Abschriften notarieller Urkunden so herzustellen, dass sie gut lesbar, dauerhaft und fälschungssicher sind. Die Heftung und Siegelung soll unter Erhaltung der Lesbarkeit sowohl gewährleisten, dass die Urkunde vollständig bleibt, als auch verhindern, dass andere Schriftstücke nachträglich eingefügt werden. Wird die Sollvorschrift des § 44 [X.] nicht eingehalten, kann dies unter Umständen den [X.]weiswert der Urkunde mindern ([X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.] - [X.], 5. Aufl., § 44 [X.] Rn. 6; [X.], [X.], 16. Aufl., § 44 Rn. 11). 11 b) Weil die Heftung einer Gesamturkunde eine dauerhafte Verbindung der Urkunden schaffen soll, kann eine Entheftung nur in engen Ausnahmefällen in [X.]tracht kommen. Allerdings wird eine Pflicht des Notars angenommen, die Verbindung einer fehlerhaft gebundenen Urkunde zu lösen und sie neu zu ver-binden. Angeführt wird dabei eine fehlerhafte Urkunde, bei der entweder die Reihenfolge der Blätter nicht zutrifft oder einzelne Blätter fehlen ([X.] in [X.]/[X.]/[X.] aaO, § 44 [X.] Rn. 6; [X.] in [X.]/[X.]/ [X.] aaO, § 30 [X.] Rn. 4; [X.], [X.]urkundungsrecht für die notarielle Praxis (2007) Rn. 211; [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., Rn. 463; [X.] aaO, § 44 Rn. 11). 12 c) Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Auch wenn unterstellt wird, dass die Kopierfähigkeit einzelner Urkundsteile aufgrund der Heftung nicht mehr be-steht, ist die Heftung deshalb nicht fehlerhaft. 13 Dass bei der festen Verbindung die [X.] einzelner Schrift-stücke erhalten bleiben muss, ergibt sich aus keiner der genannten [X.]. Dies ist auch nach Sinn und Zweck von § 44 [X.] und §§ 29 Abs. 1, 30 [X.] nicht geboten. Nach § 29 Abs. 1 [X.] müssen Ausfertigungen nur so hergestellt werden, dass sie unter anderem gut lesbar sind. Dass hier Teile der 14 - 6 - Urkunde nicht mehr lesbar wären, hat das [X.]schwerdegericht nicht festgestellt und behauptet auch die Rechtsbeschwerde nicht. Die Kopierfähigkeit muss dagegen nicht zwingend erhalten bleiben. [X.]i [X.] kann die dauerhafte Verbindung durch Schnur und Prägesie-gel nämlich leicht dazu führen, dass einzelne Teile der Urkunde zwar lesbar, nicht aber kopierfähig bleiben. Der Notar soll die Ösung sogar so im oberen Drittel des Seitenrandes anbringen, dass der Heftfaden durch eine Lochung nicht beschädigt werden kann ([X.]/[X.] aaO, Rn. 470 mwN). Würde ihm gleichzeitig die Pflicht auferlegt, die Kopierfähigkeit der einzelnen Teile der Gesamturkunde zu erhalten, könnte die dauerhafte Zusammenfügung häufig nicht sichergestellt werden. Letztere hat aber Vorrang gegenüber der Kopierfä-higkeit einzelner Teile, weil der [X.]weiswert der Gesamturkunde erhalten blei-ben muss. 15 d) Es besteht auch kein [X.]dürfnis für eine Entheftung der Urkunde. 16 aa) Das [X.]schwerdegericht hat zutreffend auf die Erteilung einer be-glaubigten Abschrift gemäß § 49 [X.] verwiesen, die in jeder Form der [X.], unter anderem durch Abschrift erfolgen kann (vgl. § 39 [X.], § 29 [X.]; vgl. [X.] aaO, § 49 Rn. 5). Eine solche kann die [X.]teiligte von dem Notar gemäß § 48 [X.] verlangen, weil er verwahrende Stelle im Sinne dieser Vorschrift ist. Eine [X.]glaubigungsgebühr ist hierfür nicht zu erheben, § 132 KostO. 17 bb) Ein [X.]dürfnis für die Entheftung lässt sich auch nicht - wie die Rechtsbeschwerde meint - aus dem infolge der Erteilung der beglaubigten Ab-schrift entstehenden Zeitverlust herleiten. Die Entheftung und [X.] erfordert ebenfalls eine notarielle Tätigkeit. Es ist nicht vorgetragen und nicht ohne weiteres ersichtlich, dass der hierfür benötigte Zeitaufwand geringer wäre als derjenige für die Erteilung einer beglaubigten Abschrift. 18 - 7 - Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG. Die Festsetzung des [X.] folgt aus § 30 Abs. 2 Satz 1 KostO. 19 [X.] [X.] Schmidt-Räntsch

Roth [X.] Vorinstanz: [X.] (Oder), Entscheidung vom 13.04.2010 - 19 T 59/10 -

Meta

V ZB 143/10

11.11.2010

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.11.2010, Az. V ZB 143/10 (REWIS RS 2010, 1428)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 1428

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15 W 298/05 (Oberlandesgericht Hamm)


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