Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.11.2002, Az. V ZR 297/01

V. Zivilsenat | REWIS RS 2002, 441

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[X.] DES VOLKESURTEILV ZR 297/01Verkündet am:29. November 2002K a n i k,[X.] Geschäftsstellein dem [X.] 2 -Der V. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] 29. November 2002 durch den Vizepräsidenten des [X.]Dr. [X.] und [X.] [X.], [X.], [X.] undDr. [X.] Recht erkannt:Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil [X.] Zivilsenats des [X.] vom 22. Mai2001 und das Urteil des [X.] aufgehoben.Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entschei-dung, auch über die Kosten der beiden Rechtsmittelverfah-ren, an das [X.] zurückverwiesen.Von Rechts [X.]:Die Klägerin beansprucht von den Beklagten die anteilige Erstattung [X.] im Zusammenhang mit der Unterhaltung und Instandsetzung des sog.E. -I. in [X.]und dessen Übergabe an die Stadt [X.] .Mit notariellem Vertrag vom 29. März 1989 kaufte die Klägerin von derdamaligen [X.] die Grundstücke des "[X.]-I "in [X.] zum Preis von 390 Mio. DM. Der Kauf umfaßte neben [X.] -nen bebauten Grundstücken, die mit Erbbaurechten und dinglichen [X.] zugunsten der Erbbauberechtigten belastet waren, sämtliche Flächeneines privaten [X.]s. Außerdem übertrug die [X.] der Klägerin ihre gegenüber der Landeshauptstadt [X.] über-nommene Verpflichtung, das private [X.] zu erhalten und zuunterhalten. Die Klägerin verpflichtete sich, die erforderlichen infrastrukturellenMaßnahmen "federführend" für alle Käufer auf deren Rechnung durchzufüh-ren. Dafür sollten die Käufer eine angemessene Vergütung zahlen. Als Fe-derführende durfte die Klägerin "alles ... noch Offene" nach billigem Ermessenbestimmen. Zur Erfüllung ihrer Aufgaben als Federführende erhielt die Kläge-rin von der [X.] einen einmaligen Zuschuß in Höhe von29 Mio. DM. Nach Abschnitt B § 4 der Urkunde darf die Klägerin die Käufererst dann in Anspruch nehmen, wenn der Zuschuß von 29 Mio. DM zuzüglichaufgelaufener Zinsen von 4 % p.a. verbraucht ist.Die Beklagten, die Erbbauberechtigte verschiedener Grundstücke wa-ren, übten in der Folgezeit ihr Vorkaufsrecht aus und wurden Eigentümer [X.]. Am 4. Juni 1991 veräußerten sie das Grundstück an dieStreitverkündeten T. zu hälftigem Miteigentum. Mit Vertrag vom 14. [X.] 1993/30. November 1994 veräußerte die Klägerin die gesamte privateInfrastruktur des E. -I. an die Landeshauptstadt [X.] .Die Klägerin behauptet, der von der [X.] gewährteZuschuß zuzüglich der vertraglichen Zinsgutschriften sei in Erfüllung der [X.] bereits bis zum April 1994 vollständig verbraucht [X.]. Über diesen Betrag hinaus sei sie weiter mit insgesamt 23.066.579 [X.] der Grundstückseigentümer in Vorlage getreten. Die Klägerin hat- 4 -beantragt, die Beklagten zur Zahlung des auf sie entfallenden anteiligen [X.] von 305.370,54 DM nebst Zinsen zu verurteilen. Die Beklagten habenbehauptet, die Klägerin habe einen erheblichen Teil des Zuschusses von29 Mio. DM vertragswidrig verwendet.Das [X.] hat der Klage dem Grunde nach stattgegeben. Die Be-rufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Hiergegen richtet sich die [X.]. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.Entscheidungsgründe:[X.] Berufungsgericht ist der Ansicht, es habe hier gemäß § 304 Abs. 1ZPO gesondert über den [X.] ein Zwischenurteil ergehen dürfen.Nach Darlegung der Klägerin sei der Verbrauch der 29 Mio. DM hinreichendwahrscheinlich, so daß darüber endgültig im Betragsverfahren entschiedenwerden könne. Die Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen habe die [X.] vorgetragen; die Beklagten seien deshalb dem Grunde nach zurÜbernahme der anteiligen Investitions- und Federführungskosten für die Er-haltung und Herstellung der Infrastruktur im [X.]-I. verpflichtet.II.Dies hält der Revision nicht stand.- 5 -1. Zu Recht nimmt das Berufungsgericht allerdings an, daß die [X.] an die [X.] aus dem Kaufvertrag vom 29. März1989 gebunden sind. Seit dem Urteil vom 14. Juli 1995 ([X.], [X.], 3183) entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Senats, daß mitder Ausübung des Vorkaufsrechts der Vorkäufer die Verpflichtung der Klägerinübernommen hat, die Aufgabenstellung, Funktion und Tätigkeit der Federfüh-renden hinzunehmen, die sich aus dem dem eigentlichen Kaufvertrag vom29. März 1989 vorgeschalteten Auftragsverhältnis ergeben. Da Rechte [X.] aus dem Auftragsverhältnis selbst nicht Gegenstand des [X.] der Parteien des Kaufvertrags vom 29. März1989 geworden sind, ist zwischen der Klägerin und den Beklagten ein Feder-führungsvertrag nicht zustande gekommen. Mithin können die Beklagten [X.] auch nicht kündigen, so daß es auf die von der [X.] aufgeworfene Frage, ob die Klägerin wegen Vorenthaltung der für eineKündigung erforderlichen Informationen den Beklagten zum Schadensersatzverpflichtet ist, nicht mehr [X.] Das Berufungsurteil hat jedoch deshalb keinen Bestand, weil das vom[X.] erlassene Grundurteil unzulässig [X.]) Eine Vorabentscheidung über den Grund des Anspruchs gemäߧ 304 Abs. 1 ZPO ist nur dann zulässig, wenn einerseits sämtliche den [X.] Anspruchs betreffenden Fragen zur Entscheidung reif sind (vgl. [X.], [X.]. 23. September 1992, [X.], NJW-RR 1993, 91) und [X.] dem Sach- und Streitstand zumindest eine hohe Wahrscheinlichkeit [X.] gegeben ist, daß der Anspruch in irgendeiner rechnerischen Höhe besteht(vgl. Senat, [X.]Z 79, 45, 46; Urt. v. 20. Juli 2001, [X.]/00, [X.] -302, 304; auch [X.]Z 97, 97, 109; 111, 125, 133; 126, 217, 219), für [X.] also nichts als die Feststellung der Höhe des Anspruchs übrigbleibt (vgl. [X.], Urt. v. 13. Mai 1980, [X.], [X.] ZPO § 304 Nr. 43).Danach war der Erlaß eines Grundurteils auf der Grundlage der bisher getrof-fenen Feststellungen unzulässig.b) Allerdings weist das Berufungsgericht zutreffend darauf hin, daߧ 304 ZPO prozeßwirtschaftlichen Erwägungen entspringt und daher dogmati-sche Erwägungen bei Auslegung dieser Vorschrift in den Hintergrund tretenkönnen ([X.]Z 108, 256, 259). Bedeutung gewinnt die prozeßwirtschaftlicheAusrichtung der Norm namentlich bei der Abgrenzung der Fragen, die bei [X.] des Grundurteils geklärt sein müssen, gegenüber den Fragen, deren Klä-rung dem Betragsverfahren überlassen werden kann (vgl. Musielak, [X.]., § 304 Rdn. 16). Gründe der [X.] können es jedochnicht rechtfertigen, die der gesetzlichen Regelung zugrunde liegende Unter-scheidung zwischen Grund- und Betragsverfahren zugunsten einer davon [X.] punktuellen Entscheidung über beliebige einzelne Tatbestandsvor-aussetzungen einer Anspruchsnorm aufzugeben. Festzuhalten ist daher ins-besondere daran, daß ein Grundurteil erst dann ergehen darf, wenn mit hoherWahrscheinlichkeit anzunehmen ist, daß der eingeklagte Anspruch [X.] irgendeiner Höhe besteht.c) An den Voraussetzungen für den Erlaß eines Grundurteils fehlt es.Das Berufungsgericht geht zwar zu Recht davon aus, daß ein Anspruch derKlägerin nur dann besteht, wenn der von der Verkäuferin geleistete Zuschußnebst den aufgelaufenen Zinsen und Verkaufserlösen für Infrastrukturmaß-nahmen aufgebraucht ist (so bereits Senat, Urt. v. 14. Juli 1995, [X.],- 7 -NJW 1995, 3183, 3185). Es beachtet jedoch nicht, daß hiernach die [X.] Verwendung des Vorschusses Anspruchsvoraussetzung ist, mithinzum Grund des geltend gemachten Anspruchs zählt. Die Beklagten sind voreiner Inanspruchnahme durch die Klägerin solange geschützt, als diese [X.] nicht vollständig vertragsgemäß verbraucht hat und hierüber einenentsprechenden Nachweis führt. Erst wenn der vertragsgemäße Verbrauchbewiesen ist, bleibt Raum für einen gegebenenfalls dem Betragsverfahrenvorbehaltenen Streit über die Begründetheit und Höhe zusätzlicher Aufwen-dungen. Das Berufungsgericht hätte demnach vor Erlaß eines Grundurteilszunächst feststellen müssen, daß der Zuschuß von 29 Mio. DM zuzüglich auf-gelaufener Zinsen und Verkaufserlösen tatsächlich und berechtigterweise auf-gezehrt ist; eine nur "hinreichende Wahrscheinlichkeit" des Verbrauchs genügtinsoweit nicht.Die Bezeichnung der Zuwendung als "Zuschuß" führt zu keiner anderenBetrachtungsweise. Dies besagt lediglich, daß die Vertragsparteien 1989 da-von ausgingen, es würden über die 29 Mio. DM hinaus Kosten entstehen. [X.] die Klägerin weder von einem konkreten Nachweis der im Rahmen ihrerFederführung angefallenen Kosten, noch erlaubt es ihr eine beliebige Verwen-dung des Geldes.Auch der Umstand, daß der Klägerin von der [X.]vorab (A § 15 der Vertragsurkunde) das Recht eingeräumt worden ist, allesnoch Offene nach billigem Ermessen zu bestimmen, ändert daran nichts. [X.] Inhalt einer entsprechenden Ermessensentscheidung der Klägerin wäreeiner gerichtlichen Nachprüfung unterworfen; im Falle ihrer Unbilligkeit könntedie Maßnahme als unverbindlich angesehen werden (vgl. Senat, Urt. v. 14. [X.] -1995, aaO, 3185). Die nicht willkürliche bzw. vertragsfremde, sondern (im [X.] des Kaufvertrags vom 29. März 1989) vertragsgemäße Verwendung [X.] ist demnach eine - zur Überprüfung der Ermessensausübungfestzustellende - grundsätzliche Bedingung für eine Inanspruchnahme der [X.]. d) Die vom Berufungsgericht geprüfte "hinreichende Wahrscheinlich-keit" des Verbrauchs erlangt danach nur insoweit Bedeutung, als es um ver-tragsgemäße Aufwendungen und Entgelte der Klägerin geht, die den [X.] Verkäuferin einschließlich der mit ihm erzielten Erlöse überschreiten. [X.] abgesehen, ist das Urteil des Berufungsgerichts aber auch im Hinblick aufden herangezogenen Prüfungsmaßstab nicht frei von [X.]. Das Be-rufungsgericht begründet die von ihm bejahte Wahrscheinlichkeit lediglich mitder "Darlegung der Klägerin". Dies kann für die Annahme der erforderlichenWahrscheinlichkeit nicht genügen; denn ansonsten müßte jeder Klägervortrag,soweit er überhaupt nach § 138 Abs. 1, 2 ZPO prozessual beachtlich ist, fürden Erlaß eines Grundurteils ausreichen. Tatsächlich fehlt es aber dann aneiner hohen Wahrscheinlichkeit für das Bestehen des [X.], wenndie ernsthafte Möglichkeit besteht, daß sich bei näherer Prüfung der Klagefor-derung ein Anspruch in irgendeiner Höhe nicht feststellen läßt ([X.], Urt. [X.] Juni 1976, [X.], [X.], 987, 988). Dies kann nicht geprüftwerden, ohne daß auch der Vortrag der Beklagten, die eingehend und nach-drücklich bestritten haben, daß die Klägerin den Zuschuß in voller Höhezweckentsprechend für Infrastrukturmaßnahmen verbrauchte, Berücksichti-gung findet. Das Berufungsgericht wird daher - sollte es die [X.] feststellen - nicht allein auf Grund des Klägervortrags über die aus-reichende Wahrscheinlichkeit vertragsgemäßer Aufwendungen und Entgelte ineinem den Zuschuß übersteigenden Umfang entscheiden [X.] 9 -3. Das Berufungsurteil kann somit keinen Bestand haben. Die Sache istaber - auf die Rüge der Revision (vgl. Senat, Urt. v. 22. März 1991, [X.], NJW 1991, 2082, 2083) - nicht an das Berufungsgericht, sondern andas [X.] zurückzuverweisen. Denn schon das erstinstanzliche Verfah-ren litt an einem wesentlichen Verfahrensmangel im Sinne von § 539 ZPO a.[X.] Berufungsgericht hätte bereits nach dieser Vorschrift das Urteil des Land-gerichts aufheben und die Sache an dieses zurückverweisen müssen (vgl.auch [X.], Urt. v. 12. Januar 1994, [X.], NJW-RR 1994, 379, 381m.w.N.).[X.] Krüger Klein Gaier Schmidt-Räntsch

Meta

V ZR 297/01

29.11.2002

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.11.2002, Az. V ZR 297/01 (REWIS RS 2002, 441)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2002, 441

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