Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19.07.2023, Az. 4 StR 19/23

4. Strafsenat | REWIS RS 2023, 5326

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Gegenstand

Erforderlichkeit der Anrechnung von gemeinnützigen Arbeitsleistungen in Einbeziehung einer Gesamtfreiheitsstrafe


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 30. September 2022 aufgehoben

a) soweit eine Entscheidung über die Anrechnung von Leistungen unterblieben ist, die nach der Strafaussetzung zur Bewährung im Urteil des [X.] vom 24. Juni 2020 zur Erfüllung von Auflagen erbracht worden sind,

b) im Ausspruch über die [X.], soweit die [X.] aus dem Strafbefehl des [X.] vom 17. Juni 2019, dem Urteil des [X.] vom 24. Juni 2020 und dem Urteil des [X.] vom 5. Dezember 2019 in Verbindung mit dem Beschluss des [X.] vom 1. September 2020 (2 [X.]) aufrechterhalten wurden.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen schwerer räuberischer Erpressung in drei Fällen, wobei es in einem Fall beim Versuch blieb, schuldig gesprochen und ihn „deswegen unter Auflösung der Gesamtgeldstrafe nach dem Beschluss des [X.] vom [X.] und unter Einbeziehung der dort einbezogenen Geldstrafen nach den Strafbefehlen des [X.] vom 17.06.2019 (1 Cs 811 Js 12712/19) und des [X.] vom [X.] (17 Cs 130 Js 18379/19), unter Einbeziehung der im Urteil des [X.] vom 24.06.2020 (12 [X.] jug) verhängten [X.] und unter Auflösung der im Urteil des [X.]s Frankfurt am Main vom 16.02.2021 (5/12 KLs 3626 Js 208082/19 (25/20)) ‒ in Verbindung mit dem Beschluss des [X.]s Frankfurt am Main vom 06.04.2022 gebildeten Gesamtstrafe und unter Einbeziehung der dort verhängten [X.]n zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 6 Jahren verurteilt“. Zudem hat es einen Vollstreckungsabschlag von drei Monaten wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung bestimmt und die Einziehung von [X.] in Höhe von 2.803,96 Euro angeordnet. Außerdem hat es angeordnet, dass „die [X.] nach dem Strafbefehl des [X.] vom 17.06.2019 (1 Cs 811 Js 12712/19), dem Urteil des [X.] vom 24.06.2020 (12 [X.] jug) und dem Urteil des [X.]s Frankfurt am Main vom 05.12.2019 (5-28 KLs 13/19 ‒ 3628 Js 208082/19) ‒ in Verbindung mit dem Beschluss des [X.] vom 01.09.2020 ‒ 2 StR 264/20)“ aufrechterhalten bleiben.

2

Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet.

3

1. Das Urteil war aufzuheben, soweit eine Entscheidung über die Anrechnung von gemeinnützigen Arbeitsleistungen (37 Stunden) unterblieben ist, die im Rahmen der Strafaussetzung zur Bewährung der Strafe aus dem Urteil des [X.] vom 24. Juni 2020 erbracht worden sind. Werden wie hier Strafen nach § 55 Abs. 1 Satz 1 StGB in eine nicht zur Bewährung ausgesetzte Gesamtfreiheitstrafe einbezogen, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden war, entfällt die ursprünglich gewährte Strafaussetzung zur Bewährung. Das [X.] war daher gehalten, gemäß § 58 Abs. 2 Satz 2, § 56f Abs. 3 Satz 2 StGB über die Anrechnung von Leistungen zu entscheiden, die der Angeklagte zur Erfüllung von Auflagen aus dem Bewährungsbeschluss des Amtsgerichts erbracht hat (vgl. [X.], Beschluss vom 15. August 2018 – 4 StR 250/18, juris Rn. 6; zu einem möglichen Anrechnungsmaßstab vgl. [X.], Beschluss vom 2. April 2009 – 2 StR 11/09; Beschluss vom 2. November 2017 – 2 StR 439/17). Eine Berücksichtigung bei der Bemessung der Gesamtfreiheitsstrafe genügt regelmäßig nicht (vgl. [X.], Beschluss vom 22. Februar 2017 ‒ 1 [X.], [X.], 199 f.; Beschluss vom 18. Februar 2014 ‒ 3 [X.], [X.], 138; Beschluss vom 20. März 1990 ‒ 1 StR 283/89, [X.]St 36, 378, 381 ff.; jeweils mwN).

4

2. Zudem steht die Entscheidung des [X.]s, die im Tenor des Urteils im Einzelnen aufgeführten [X.] aufrechtzuerhalten, mit der Rechtsprechung des [X.] zur Einbeziehung früherer Entscheidungen nicht in Einklang (vgl. [X.], Beschluss vom 1. August 2019 ‒ 4 [X.], juris Rn. 17). Denn die Einbeziehung geschieht – trotz des auf die Aufrechterhaltung der früheren Entscheidungen gerichteten Wortlauts des § 55 Abs. 2 StGB – durch das Zusammenzählen der Beträge aus der früheren und der aktuellen Einziehungsentscheidung (vgl. [X.], Beschluss vom 1. August 2019 ‒ 4 [X.], juris Rn. 17 f.; Beschluss vom 27. Juli 2021 – 3 [X.], juris Rn. 6). Damit wird die Einziehungsentscheidung in dem früheren Urteil gegenstandslos im Sinne des § 55 Abs. 2 StGB und bedarf keiner Aufrechterhaltung; die entsprechende Anordnung entfällt ([X.], Beschluss vom 1. August 2019 ‒ 4 [X.], juris Rn. 18 f.; Beschluss vom 27. Juli 2021 – 3 [X.], juris Rn. 6; Urteil vom 29. Mai 2008 – 3 [X.], [X.], 275, 276). An einer demgemäßen Änderung der Einziehungsentscheidung in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO ist der Senat vorliegend gehindert, da das angefochtene Urteil die den einbezogenen Erkenntnissen zu Grunde liegenden [X.] nicht mitteilt.

5

Die Sache bedarf auch insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung.

6

3. Die weitergehende umfassende Überprüfung des Urteils hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.

Quentin     

        

Rommel     

        

Ri[X.] Dr. Maatsch ist
wegen Urlaubs gehindert
zu unterschreiben.

                                   

Quentin

        

Momsen-Pflanz     

        

Marks     

        

Meta

4 StR 19/23

19.07.2023

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Landau (Pfalz), 30. September 2022, Az: 3 KLs 7108 Js 10934/18

§ 55 Abs 1 S 1 StGB, § 56f Abs 3 S 2 StGB, § 58 Abs 2 S 2 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19.07.2023, Az. 4 StR 19/23 (REWIS RS 2023, 5326)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 5326

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3 StR 203/21

4 StR 477/18

3 StR 442/13

1 StR 555/16

4 StR 250/18

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