Bundesgerichtshof, Beschluss vom 28.04.2020, Az. 2 ARs 312/19

2. Strafsenat | REWIS RS 2020, 1705

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Gegenstand

Strafvollstreckungssache: Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer für eine nachträgliche Entscheidung zur Bewährung


Tenor

Für die nachträglichen Entscheidungen, die sich auf die Strafaussetzung zur Bewährung aus dem Urteil des [X.] vom 22. Juli 2014 - 1 Ds 220 Js 42665/13, beziehen, ist die Strafvollstreckungskammer des [X.] zuständig.

Gründe

1

Zwischen dem [X.] und den Landgerichten [X.] und [X.] besteht Streit, wer für die nachträglichen Entscheidungen zuständig ist, die sich auf die Strafaussetzung zur Bewährung aus dem Urteil des [X.] vom 22. Juli 2014 beziehen.

2

1. Das [X.] hat die [X.] am 22. Juli 2014 u.a. wegen Betruges unter Einbeziehung von Einzelstrafen zu einer zur Bewährung ausgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und elf Monaten verurteilt. Die Bewährungszeit hat es zunächst auf drei Jahre festgesetzt und mit Beschluss vom 23. August 2017 um ein Jahr verlängert.

3

Die Staatsanwaltschaft hat die Verurteilte am 22. Juni 2018 und am 6. August 2018 wegen weiterer Straftaten, deretwegen sie seit dem 29. Mai 2018 Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt [X.] verbüßte, vor dem Amtsgericht [X.] angeklagt. Abschriften dieser Anklagen gingen am 28. Juni und am 9. August 2018 beim [X.] ein. Mit Urteil vom 20. September 2018 hat das Amtsgericht [X.] die Verurteilte u.a. wegen Betruges zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Das Urteil wurde am 28. September 2018 rechtskräftig; die Untersuchungshaft ging sodann in Strafhaft über. Am 12. November 2018 wurde die Verurteilte in die [X.] verlegt.

4

Das [X.] hat in der weiteren Folge mehrfach versucht, die nachträglichen Entscheidungen, die sich auf die Strafaussetzung zur Bewährung aus dem Urteil vom 22. Juli 2014 beziehen, gemäß § 462a StPO auf die Strafvollstreckungskammer beim Landgericht [X.] bzw. beim Landgericht [X.] zu übertragen. Die Strafvollstreckungskammern der Landgerichte [X.] und [X.] haben jeweils unter Ablehnung der Übernahme die Akten zurückgeleitet. Mit Beschluss vom 13. November 2019 hat das [X.] die Sache dem [X.] zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt.

5

2. Die Voraussetzungen für die beantragte Gerichtsstandbestimmung nach § 14 StPO liegen vor.

6

a) Der [X.] ist als gemeinschaftliches oberes Gericht des [X.] (Bezirk des Oberlandesgerichts [X.]) sowie der Landgerichte [X.] (Bezirk des Oberlandesgerichts [X.]) und [X.] (Bezirk des [X.]) zuständig.

7

b) Für die nachträglichen Entscheidungen, die sich auf die Strafaussetzung zur Bewährung aus dem Urteil des [X.] vom 22. Juli 2014 - 1 Ds 220 Js 42665/13, beziehen, ist die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts [X.] zuständig.

8

aa) Wird gegen den Verurteilten Freiheitsstrafe vollstreckt, dann ist für die Entscheidung über den Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung nach § 462a Abs. 1 Satz 1 StPO die Strafvollstreckungskammer zuständig, in deren Bezirk zum Zeitpunkt der zu treffenden Entscheidung die Freiheitsstrafe vollstreckt wird. Dies gilt auch dann, wenn das Gericht des ersten [X.] schon mit der Entscheidung über den Widerruf befasst war. Die Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer verdrängt stets die Zuständigkeit des Gerichts des ersten [X.]; eine Zuständigkeitsfixierung durch [X.] des Tatgerichts gibt es insoweit nicht (Senat, Beschluss vom 27. Februar 2019 - 2 ARs 8/19, NStZ-RR 2019, 160; [X.], 8. Aufl., § 462a Rn. 16 und 30, jeweils mwN).

9

bb) So liegt der Fall hier: Mit Eintritt der Rechtskraft des Urteils des Amtsgerichts [X.] am 28. September 2018 ging die Untersuchungshaft in dortiger Sache in Strafhaft über, so dass seit diesem Zeitpunkt gegen die Verurteilte eine Freiheitsstrafe im Bezirk des Landgerichts [X.] vollstreckt wurde. Mit Eintritt der Rechtskraft ging somit die sachliche Zuständigkeit für die zu treffende Entscheidung und damit auch die Befasstheit kraft Gesetzes (§ 462a Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 StPO) auf die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts [X.] über. Die spätere Verlegung der Verurteilten in die [X.] hat nicht zu einem Wechsel der örtlichen Zuständigkeit geführt. Das [X.] der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts [X.] endet erst, wenn diese in der Sache abschließend entschieden hat (Senat, Beschlüsse vom 8. Juli 1975 - 2 [X.], BGHSt 26, 165, 166; vom 13. Februar 1976 - 2 [X.], BGHSt 26, 278, 279, und vom 25. Mai 2011 - 2 [X.], [X.], 252, 253; [X.], aaO, § 462a Rn. 13 mwN).

Franke     

        

Appl     

        

Zeng   

        

Grube     

        

Schmidt     

        

Meta

2 ARs 312/19

28.04.2020

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: ARs

§ 462a Abs 1 S 1 StPO, § 56 StGB, § 56f StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 28.04.2020, Az. 2 ARs 312/19 (REWIS RS 2020, 1705)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 1705

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Referenzen
Wird zitiert von

2 ARs 312/19

Zitiert

2 ARs 8/19

2 ARs 164/11

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