Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.11.2013, Az. I ZR 143/12

I. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 1237

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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I
ZR
143/12

Verkündet am: 13.
November 2013
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:

ja
[X.]Z:

ja
[X.]R:

ja

[X.]

[X.] § 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2, § 32 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 2, § 32a Abs. 1 Satz 1
a)
An den [X.]sschutz von Werken der angewandten Kunst im Sinne von §
2 Abs.
1 Nr.
4, Abs.
2 [X.] sind grundsätzlich keine anderen Anforderungen zu stellen als an den [X.]sschutz von Werken der zweckfreien bildenden Kunst oder des literarischen und musikalischen Schaffens. Es genügt daher, dass sie eine [X.] erreichen, die es nach Auffassung der für Kunst empfänglichen und mit Kunstanschauungen einiger-maßen vertrdagegen nicht erforderlich, dass sie die Durchschnittsgestaltung deutlich überragen (Aufga-be von [X.], Urteil vom 22.
Juni 1995 -
I
ZR
119/93, [X.], 581 = [X.], 908
-
Silberdistel).
b)
Bei der Beurteilung, ob ein Werk der angewandten Kunst die für einen [X.]sschutz erforderliche [X.] erreicht, ist zu berücksichtigen, dass die ästhetische Wirkung der Gestaltung einen [X.]sschutz nur begründen kann, soweit sie nicht dem Ge-brauchszweck geschuldet ist, sondern auf einer künstlerischen Leistung beruht. Darüber hinaus ist zu beachten, dass eine zwar [X.]sschutz begründende, gleichwohl aber geringe [X.] zu einem entsprechend engen Schutzbereich des betreffenden Werkes führt.
c)
Der Anspruch auf Zahlung einer (weiteren) angemessenen Vergütung nach §
36 Abs.
1 [X.] aF oder §
32 Abs.
1 Satz
3, Abs.
2 Satz
2 [X.] und §
32a Abs.
1 Satz
1 [X.] ist bei der Verwertung eines Werkes der angewandten Kunst, das einem Geschmacksmuster-schutz zugänglich ist und die Durchschnittsgestaltung nicht deutlich überragt, nicht für [X.] begründet, die bis zum Inkrafttreten des [X.] vom 12.
März 2004 am 1.
Juni 2004 vorgenommen worden sind.
[X.], Urteil vom 13. November 2013 -
I [X.] -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-

Der [X.]
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 12.
September
2013
durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr.
Dr.
h.c.
[X.] und [X.], Prof. Dr.
Schaffert, Dr.
Koch
und Dr.
Löffler
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 6.
Zivilsenats des [X.] vom 22.
Juni 2012 im Kostenpunkt und insoweit
aufgehoben, als
hinsichtlich des [X.] auf Zahlung einer (weiteren) angemessenen Vergütung in Bezug auf
[X.], die nach dem 1.
Juni 2004 vorgenommen worden sind, sowie hinsichtlich des Anspruchs auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung zum Nachteil der Kläge-rin erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Be-rufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin ist selbständige [X.]designerin. Die Beklagte stellt [X.] her und vertreibt sie. Die Klägerin zeichnete
für die Beklagte im Jahr 1998 Entwürfe
für einen Zug aus Holz,
auf dessen Waggons sich Kerzen und Ziffern aufstecken lassen ([X.]),
und für ein Angelspiel. [X.] entwarf sie eine dem [X.] vergleichbare Tierkarawane ([X.]
-
3
-

burtstagskarawane). Als Honorar erhielt sie für den [X.] und das Angelspiel jeweils
400
DM und für die [X.] 1.102
DM. Für den [X.] und die [X.] zeichnete sie im [X.] er-gänzend die aufsteckbaren Ziffern
7, 8 und 9
(die ursprüngliche Ausstattung bestand nur aus den Ziffern
1 bis 6). Dafür erhielt sie 54

Der Entwurf für den [X.] ist nachfolgend
abgebildet:

Die Klägerin hält
ihre Entwürfe
für urheberrechtlich geschützte Werke. Sie meint, die vereinbarte
Vergütung sei jedenfalls angesichts des großen
Ver-kaufserfolgs der Artikel zu gering.
Die Klägerin nimmt die Beklagte deshalb auf Zahlung einer (weiteren) angemessenen Vergütung

36 [X.] aF,
§§
32, 32a [X.]) in Anspruch. Sie hat -
soweit noch von Bedeutung -
zuletzt beantragt, die Beklagte zur Aus-2
3
-
4
-

kunftserteilung und Rechnungslegung über die Zahl und den Preis der verkauf-ten Artikel [X.], Angelspiel

und [X.]

und zur Zahlung eines Nutzungsentgelts nach gerichtlichem Ermessen, wenigstens [X.] in Höhe von 5% des mit dem Verkauf der Werke vereinnahmten Nettoer-löses,
zu verurteilen.
Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. Mit ihrer vom [X.] zugelassenen Revision, deren Zu-rückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge
weiter.
Entscheidungsgründe:
[X.] Das Berufungsgericht hat angenommen, die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche seien nicht begründet, weil es sich bei den Entwürfen nicht um Werke im Sinne des [X.] handele. Dazu hat es ausgeführt:
Die von der Klägerin angefertigten Entwürfe seien nicht als Werke der angewandten Kunst im Sinne von
§
2 Abs.
1 Nr.
4 [X.] geschützt. Bei Werken der angewandten Kunst seien nach der hergebrachten Rechtsprechung des [X.] hohe Anforderungen an die für einen urheberrechtlichen Schutz erforderliche [X.] zu stellen. Danach komme keiner der von der Klägerin angefertigten Zeichnungen urheberrechtlicher Schutz als Entwurf eines Werkes der angewandten Kunst zu. Der [X.] habe zwar in seiner Entscheidung (Urteil vom 12.
Mai
2011 -
I
ZR
53/10, [X.], 58) offengelassen, ob an dieser Rechtsprechung festzuhalten sei. Diese Frage müsse jedoch auch im vorliegenden Verfahren nicht beantwortet werden. Ob die in den Jahren 1998 bis 2002 gefertigten Entwürfe der Klägerin urheber-4
5
6
-
5
-

rechtlichen Schutz genössen, bestimme sich nach dem seinerzeit gültigen rechtlichen Maßstab. Der [X.] habe die Frage, ob er an seiner Rechtsprechung
festhalte, ausschließlich im Blick auf die Reform des Ge-schmacksmusterrechts
im
Jahr
2004 aufgeworfen. Es gebe
keinen Grund, eine aus Anlass dieser Reform möglicherweise
erforderliche Neubestimmung der Anforderungen an den [X.]sschutz von Werken der angewandten Kunst auf noch unter Geltung der alten Rechtslage geschaffene Werke auszu-dehnen.
Die Zeichnungen seien auch nicht als Darstellungen technischer Art nach §
2 Abs.
1 Nr.
7 [X.] geschützt. Bei technischen Zeichnungen genieße allein die Form, nicht dagegen der Inhalt der Darstellung urheberrechtlichen Schutz. Deshalb ergebe sich aus
§
2 Abs.
1 Nr.
7 [X.] kein Schutz gegen den Nach-bau des Dargestellten. Darin liege der Unterschied zu Entwürfen für Werke der bildenden Kunst nach §
2 Abs.
1 Nr.
4 [X.], die gerade in Bezug auf die Aus-führung des [X.] geschützt seien. Die Beklagte
habe die Zeichnungen nicht etwa vervielfältigt und verkauft, sondern als Vorlage für die Herstellung der Artikel verwendet.
I[X.] Die
Revision der Klägerin
hat teilweise Erfolg. Die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche sind zwar
nicht begründet, soweit sie darauf ge-stützt sind, dass es sich bei
den in Rede stehenden Zeichnungen um urheber-rechtlich geschützte Darstellungen technischer Art im Sinne von
§
2 Abs.
1 Nr.
7, Abs.
2 [X.] handele
(dazu
1). Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann jedoch ein urheberrechtlicher Schutz der Zeichnungen als Entwürfe von Werken der angewandten Kunst im Sinne von §
2 Abs.
1 Nr.
4, Abs.
2 [X.] nicht verneint werden und können die von der Klägerin erhobenen Ansprüche nicht abgelehnt werden (dazu
2). Die Entscheidung des Berufungs-gerichts stellt sich insoweit allerdings aus anderen Gründen teilweise als richtig 7
8
-
6
-

dar; der mit der Klage erhobene Anspruch auf Zahlung einer (weiteren) ange-messenen Vergütung ist in Bezug auf
[X.] unbegründet, die bis zum 1.
Juni 2004 vorgenommen worden sind (dazu
3).
1. Die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche sind nicht begrün-det, soweit sie darauf gestützt sind, dass es sich bei den in Rede stehenden Zeichnungen um urheberrechtlich geschützte Darstellungen technischer Art im Sinne von §
2 Abs.
1 Nr.
7, Abs.
2 [X.] handele.
a) Die Klägerin macht gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung einer (weiteren) angemessenen Vergütung geltend, den sie auf §
36 Abs.
1 [X.] aF sowie auf §
32 Abs.
1 Satz
3, Abs.
2 Satz
2
[X.] und §
32a Abs.
1 Satz
1 [X.] stützt. Ein solcher Anspruch setzt zunächst voraus, dass der [X.] einem anderen ein Nutzungsrecht an einem Werk eingeräumt hat. Er setzt weiter voraus, dass entweder die vereinbarte Vergütung im [X.]punkt des Vertragsschlusses nicht dem entspricht, was im Geschäftsverkehr nach
Art und Umfang der
eingeräumten
Nutzungsmöglichkeit üblicher-
und redlicherweise zu leisten ist (§
32 Abs.
1 Satz
3 [X.]),
oder die vereinbarte Gegenleistung in ei-nem groben bzw. auffälligen Missverhältnis zu den Erträgnissen bzw. den [X.] und Vorteilen aus der Nutzung des Werkes steht (§
36 Abs.
1 [X.] aF
bzw.
§
32a Abs.
1 Satz
1 [X.]).
b) Die Klägerin trägt zur Begründung des geltend gemachten
Anspruchs vor, die in Rede stehenden Zeichnungen seien als Darstellungen technischer Art im Sinne von §
2 Abs.
1 Nr.
7, Abs.
2 [X.]
urheberrechtlich geschützt; die vereinbarte Vergütung sei -
jedenfalls angesichts des großen Verkaufserfolgs der Artikel -
zu gering. Damit ist der geltend gemachte Anspruch bereits nicht schlüssig dargelegt. Dabei kann offenbleiben, ob die in Rede stehenden Zeich-nungen als Darstellungen technischer Art im Sinne von §
2 Abs.
1 Nr.
7, Abs.
2 9
10
11
-
7
-

[X.]
urheberrechtlich geschützt
sind und die Klägerin der Beklagten die ent-sprechenden Nutzungsrechte eingeräumt hat. Der Verkauf von
nach den [X.] der Klägerin hergestellten Artikeln
stellt jedenfalls keine Nutzung dieser Entwürfe als Darstellungen technischer Art dar.
Bei einer Darstellung technischer Art genießt allein
die Form der [X.] urheberrechtlichen Schutz, nicht dagegen deren Inhalt (vgl. [X.], Urteil vom 15.
Dezember 1978 -
I
ZR
26/77, [X.]Z 73, 288, 292
f.
-
Flughafenpläne; Urteil vom 1.
Juni 2011 -
I
ZR
140/09, [X.], 803 Rn.
50 = WRP 2011,
1070 -
Lernspiele). Die Bestimmung des §
2 Abs.
1 Nr.
7 [X.] gewährt Schutz allein gegen die Verwertung der Darstellung, nicht aber gegen die Verwertung des Dargestellten. Darin liegt, wie das Berufungsgericht mit Recht angenom-men hat, der Unterschied zum
urheberrechtlichen Schutz des Entwurfs eines Werkes
der bildenden Kunst nach §
2 Abs.
1 Nr.
4 [X.], der sich auf die Aus-führung dieses Entwurfs erstreckt. Die Klägerin nimmt die Beklagte allein im Blick auf den Vertrieb von nach ihren Entwürfen hergestellten [X.] in An-spruch.

c) Auch die von der Klägerin zur Vorbereitung eines bezifferten [X.] erhobenen Ansprüche auf Auskunftserteilung und Rechnungs-legung sind danach nicht begründet, soweit sie auf ein Recht an den Zeichnun-gen als Darstellungen technischer Art im Sinne von §
2 Abs.
1 Nr.
7, Abs.
2 [X.] gestützt sind.
2. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein urhe-berrechtlicher Schutz der Zeichnungen als Entwürfe von Werken der ange-wandten Kunst im Sinne von §
2 Abs.
1 Nr.
4, Abs.
2 [X.] nicht verneint wer-den und können die von der Klägerin erhobenen Ansprüche nicht abgelehnt
werden.

12
13
14
-
8
-

a) Nach §
2 Abs.
1 Nr.
4 [X.] gehören Werke der bildenden Kunst ein-schließlich der Werke der Baukunst und der angewandten Kunst und
Entwürfe solcher Werke zu den urheberrechtlich geschützten Werken, sofern sie nach §
2 Abs.
2 [X.] persönliche geistige Schöpfungen sind.
Soweit die Regelung
des §
2 Abs.
1 Nr.
4, Abs.
2
[X.] auch Entwürfe solcher Werke schützt, ent-spricht sie dem allgemeinen Grundsatz, dass auch Vorstufen eines Werkes ge-schützt sind, sofern sie eine persönliche geistige Schöpfung darstellen (vgl. [X.], Urteil vom 9.
Mai
1985 -
I
ZR
52/83, [X.]Z 94, 276, 281
f.
-
Inkasso-Programm; Urteil vom 23.
Juni 2005 -
I
ZR
227/02, [X.], 854, 856 = [X.], 1173 -
Karten-Grundsubstanz; [X.]/Loewen-heim, [X.], 4.
Aufl., §
2 [X.] Rn.
133; [X.] in Dreier/[X.], [X.], 4.
Aufl., §
2
Rn.
187). Eine persönliche geistige Schöpfung ist eine Schöpfung individueller Prägung, deren ästhetischer Gehalt einen solchen Grad erreicht hat, dass nach Auffassung der für Kunst empfänglichen und mit Kunst-s-tung gesprochen werden kann (st. Rspr.; vgl. [X.], Urteil vom 27.
Januar
1983 -
I
ZR
177/80, GRUR 1983, 377, 378 = [X.], 484 -
Brombeer-Muster; Ur-teil vom 10.
Dezember 1986 -
I
ZR
15/85, [X.], 903, 904 -
Le-Corbu-sier-Möbel; Urteil vom 1.
Juni 2011 -
I
ZR
140/09, [X.], 803 Rn.
31 -
Lernspiele; [X.], [X.], 58 Rn.
17 -
Seilzirkus).
b) Die von der Klägerin entworfenen [X.] dienen einem Ge-brauchszweck und sind daher dem Bereich der angewandten Kunst und nicht dem der zweckfreien
(reinen) Kunst zuzurechnen
(vgl. [X.], Urteil vom 22.
Juni 1995 -
I
ZR
119/93, [X.], 581, 582 = [X.], 908 -
Silber-distel; Urteil vom 14.
Mai
2009 -
I
ZR
98/06, [X.]Z 181, 98 Rn.
45 -
Tripp-Trapp-Stuhl; [X.], [X.], 803 Rn.
31 -
Lernspiele; [X.], 58 Rn.
17 -
Seilzirkus).
15
16
-
9
-

c) Das Berufungsgericht ist zwar mit Recht
davon ausgegangen, dass nach der hergebrachten Rechtsprechung des [X.] bei Werken der angewandten Kunst höhere Anforderungen an die [X.] (den Grad des ästhetischen Gehalts)
eines Werkes zu stellen sind als bei Werken der zweckfreien Kunst (dazu
[X.]). Es hat auch
zutreffend angenommen, dass die von der Klägerin angefertigten Zeichnungen danach
keinen [X.]s-schutz als Entwürfe von Werken der angewandten Kunst genießen
(dazu
bb). Die Revision rügt jedoch mit Recht, dass das Berufungsgericht angenommen hat, eine möglicherweise erforderliche Änderung dieser Rechtsprechung [X.] nicht den hier in Rede stehenden [X.]raum (dazu
[X.]).
[X.]) Nach der Rechtsprechung des [X.] ist bei Werken der zweckfreien bildenden Kunst -
ebenso wie im Bereich des literarischen und musikalischen Schaffens -
die sogenannte kleine Münze anerkannt, die einfa-che Schöpfungen umfasst. Dagegen ist bei Werken der angewandten Kunst, soweit sie einem [X.] zugänglich sind, ein deutliches Überragen der Durchschnittsgestaltung gefordert. Dies wird damit begründet, dass zwischen dem [X.] und dem Geschmacksmusterrecht kein [X.], sondern nur ein gradueller Unterschied bestehe. Da sich be-reits die geschmacksmusterschutzfähige Gestaltung von der nicht geschützten Durchschnittsgestaltung -
dem rein Handwerksmäßigen und Alltäglichen -
ab-heben müsse, sei für die [X.]sschutzfähigkeit ein noch weiterer [X.], das heißt ein deutliches Überragen der Durchschnittsgestaltung zu [X.]. Für den [X.]sschutz sei danach ein höherer schöpferischer Ei-gentümlichkeitsgrad als bei nur geschmacksmusterfähigen Gegenständen zu verlangen, wobei die Grenze zwischen beiden nicht zu niedrig angesetzt wer-den dürfe (st. Rspr.;
vgl. [X.], Urteil vom 22.
Juni 1995 -
I
ZR
119/93, [X.], 581, 582 = [X.], 908 -
Silberdistel, [X.]; vgl. auch [X.] [Kam-17
18
-
10
-

mer], Beschluss vom 26.
Januar
2005 -
1
BvR
157/02, [X.], 410 -
Lau-fendes Auge).

bb) Das Berufungsgericht hat angenommen, nach diesen Maßstäben komme keiner der von der Klägerin gefertigten Zeichnungen urheberrechtlicher Schutz als Entwurf eines Werkes der angewandten Kunst zu. Die Revision hat diese Beurteilung nicht angegriffen. Sie lässt auch keinen Rechtsfehler erken-nen.
[X.]) Die Revision wendet sich jedoch mit Recht
gegen die Annahme des Berufungsgerichts, eine Änderung dieser Rechtsprechung beträfe
nicht den hier in Rede stehenden [X.]raum.
(1) Der [X.] hat im Urteil

offengelassen, ob nach der [X.] des Geschmacksmusterrechts durch das Geschmacksmusterreform-gesetz vom 12.
März
2004 und im Blick auf die [X.] [X.]sent-wicklung daran festzuhalten
ist, dass bei Werken der angewandten Kunst höhe-re Anforderungen an die [X.] eines Werkes zu stellen sind als bei Werken der zweckfreien Kunst
([X.], [X.], 58 Rn.
33 bis 36). Diese Frage war in jenem Rechtsstreit nicht entscheidungserheblich, da bereits nicht angenommen werden konnte, dass es sich bei den dort in Rede stehenden Ge-staltungen
um Schöpfungen individueller Prägung handelte
([X.], [X.], 58 Rn.
26
bis 32
-
Seilzirkus).
(2) Das Berufungsgericht hat zu Unrecht angenommen, diese Frage
könne auch im vorliegenden Rechtsstreit offenbleiben, weil für die Beurteilung des [X.]sschutzes der in den Jahren 1998 bis 2002 gefertigten [X.] der Klägerin die in jenen
Jahren geltende Rechtslage maßgeblich sei.
Der [X.] habe die Frage, ob er an seiner Rechtsprechung festhalte, 19
20
21
22
-
11
-

ausschließlich im Blick auf die Reform des Geschmacksmusterrechts im Jahr
2004 aufgeworfen. Es gebe keinen Grund, eine aus Anlass dieser Reform mög-licherweise erforderliche Neubestimmung der Anforderungen an den [X.]schutz von Werken der angewandten Kunst auf noch unter Geltung der alten Rechtslage geschaffene Werke auszudehnen.
Mit dieser Begründung kann den von der Klägerin geschaffenen Entwür-fen der [X.]sschutz schon deshalb nicht versagt werden, weil der [X.] die Frage, ob er an seiner Rechtsprechung festhalte, entge-gen der Darstellung des Berufungsgerichts nicht allein im Blick auf die Reform des Geschmacksmusterrechts im Jahr 2004, sondern auch im Blick auf die eu-ropäische [X.]sentwicklung aufgeworfen hat.
Darüber hinaus hat das Berufungsgericht nicht hinreichend berücksich-tigt, dass die Änderung einer lange [X.] geltenden höchstrichterlichen Recht-sprechung nicht nur Bedeutung für zukünftige Sachverhalte hat, sondern grundsätzlich auch auf einen in der Vergangenheit liegenden, noch nicht abge-schlossenen Sachverhalt einwirkt. Gerichte sind regelmäßig nicht an eine fest-stehende Rechtsprechung gebunden, die sich im Licht besserer Erkenntnis als nicht mehr haltbar erweist (vgl. [X.], Urteil vom 29.
Februar
1996 -
IX
ZR
153/95, [X.]Z 132, 119, 129 [X.]; Urteil vom 7.
März
2007 -
VIII
ZR
125/06, NJW 2007, 2987 Rn.
28).
Die gesetzliche Regelung
in
§
2 Abs.
1 Nr.
4, Abs.
2 [X.], die unter anderem bestimmt, dass Entwürfe von
Werken der angewandten Kunst zu den urheberrechtlich geschützten Werken gehören, sofern sie persönliche geistige Schöpfungen sind, ist
seit ihrem In-krafttreten am 1.
Januar
1966 nicht geändert
worden. Es war und ist lediglich umstritten, ob diese Regelung
dahin auszulegen ist, dass bei Werken der an-gewandten Kunst höhere Anforderungen an die für einen [X.]sschutz erforderliche [X.] zu stellen sind als bei Werken der zweckfreien 23
24
-
12
-

Kunst. Die Frage, ob die von der Klägerin in den Jahren 1998 bis 2002 entwor-fenen [X.] urheberrechtlichen Schutz genießen, ist daher entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht auf der Grundlage der hergebrachten Rechtsprechung des [X.] zu §
2 Abs.
1 Nr.
4, Abs.
2 [X.] zu beantworten, sofern an dieser Rechtsprechung nicht mehr festgehalten wird.
3.
Soweit das Berufungsgericht die auf einen urheberrechtlichen Schutz der Zeichnungen als Entwürfe von Werken der angewandten Kunst im Sinne von §
2 Abs.
1 Nr.
4, Abs.
2 [X.] gestützten Ansprüche der Klägerin verneint
hat, stellt sich
seine Entscheidung allerdings aus anderen Gründen zum Teil
als im Ergebnis richtig dar (§
561 ZPO). Der [X.] hält zwar nicht daran fest, dass der [X.]sschutz für Werke der angewandten Kunst, die einem [X.] zugänglich sind, ein deutliches Überragen der Durch-schnittsgestaltung voraussetzt (dazu
a). Der mit der Klage erhobene Anspruch auf Zahlung einer (weiteren) angemessenen Vergütung nach §
36 Abs.
1 [X.] aF oder §
32 Abs.
1 Satz
3, Abs.
2 Satz
2 [X.] und §
32a Abs.
1 Satz
1 [X.] ist jedoch
gleichwohl für [X.] nicht begründet, die bis zum 1. Juni 2004 vorgenommen worden sind
(dazu
b).
a) Der [X.] hält nicht daran
fest, dass der [X.]sschutz für
Werke der angewandten Kunst, die einem [X.] zugäng-lich sind, ein
deutliches Überragen der Durchschnittsgestaltung voraussetzt.
An
den [X.]sschutz von Werken
der angewandten Kunst sind
grundsätz-lich keine anderen Anforderungen zu stellen als an den [X.]sschutz von Werken der zweckfreien bildenden Kunst oder des literarischen und musi-kalischen Schaffens. Es genügt daher, dass sie eine [X.] errei-chen, die es nach Auffassung der für Kunst empfänglichen und mit Kunstan-schauungen einigermaßen vertrauten Kreise rechtfertigt, voi-Eine Aufgabe der hergebrachten Rechtsprechung 25
26
-
13
-

ist zwar nicht durch das [X.] der [X.] geboten (da-zu
[X.]); sie erscheint aber im Blick auf die Neugestaltung des Geschmacksmus-terrechts durch das Geschmacksmusterreformgesetz vom 12.
März
2004 erfor-derlich (dazu
bb).
[X.]) Das
[X.] der [X.] steht der Annahme nicht entgegen, dass der [X.]sschutz von Werken der angewandten Kunst eine besondere [X.] voraussetzt
([X.] in [X.], 2010, S.
61, 63
ff.; [X.], [X.], 1019
ff.; [X.], [X.], 761, 763; für ein Absenken der [X.] im Blick auf die [X.] [X.]sentwicklung [X.]/[X.]
[X.]O
§
2 [X.] Rn.
34 und 160; A.
[X.] in [X.]/[X.], [X.], 10.
Aufl., §
2 [X.] Rn.
150; [X.]/[X.]/[X.], Gewerblicher Rechtsschutz [X.] Medienrecht, 2.
Aufl., §
2 [X.] Rn.
47; [X.], [X.], 555, 559
f.;
Handig, [X.]. 2012, 9, 11).
(1) Aus der Richtlinie 2001/29/[X.] zur Harmonisierung bestimmter As-pekte des [X.]s und der verwandten Schutzrechte in der [X.] geht lediglich hervor, dass sich die dort geregelten Verwertungs-rechte des [X.] auf ein Werk
als Schutzobjekt beziehen. Diese Richtlinie bestimmt jedoch nicht, unter welchen Voraussetzungen ein bestimmtes Schutz-gut als ein Werk anzusehen ist. Computerprogramme, Datenbankwerke und Lichtbildwerke sind gemäß Art.
1 Abs.
3 Satz
1 der Richtlinie 2009/24/[X.] über den Rechtsschutz von Computerprogrammen, Art.
3 Abs.
1 Satz
1 der Richtlinie 96/9/[X.] über den rechtlichen Schutz von Datenbanken und Art.
6 Satz
1 der Richtlinie 2006/116/[X.] über die Schutzdauer des [X.]s und bestimm-ter verwandter Schutzrechte urheberrechtlich geschützt, wenn sie individuelle Werke in dem Sinne darstellen, dass sie das Ergebnis der eigenen geistigen Schöpfung ihres [X.] sind. Die Voraussetzungen eines urheberrechtlichen 27
28
-
14
-

Schutzes von Werken der angewandten Kunst sind
im [X.] der Euro-päischen [X.] dagegen nicht ausdrücklich geregelt.
(2) Der Gerichtshof der [X.] hat aus dem Umstand, dass die Richtlinie 2001/29/[X.] einen harmonisierten Rechtsrahmen des [X.] festlegt, geschlossen, der in dieser Richtline vorausgesetzte [X.] beruhe auf demselben Grundsatz wie derjenige der Richtlinie 2009/24/[X.] über den Rechtsschutz von Computerprogrammen, der Richtlinie 96/9/[X.] über den rechtlichen Schutz von Datenbanken und der Richtlinie 2006/116/[X.] über die Schutzdauer des [X.]s und bestimmter verwandter Schutzrechte. Das [X.] im Sinne der Richtlinie 2001/29/[X.] könne daher nur in Bezug auf ein Schutzobjekt angewandt werden, bei dem es sich um ein Original in dem Sinne handele, dass es eine eigene geistige Schöpfung seines [X.] dar-stelle
([X.], Urteil vom 16.
Juli 2009 -
C-5/08, [X.]. 2009, [X.] = [X.], 1041 Rn.
33 bis 37
-
Infopaq/[X.];
Urteil vom 22.
Dezember 2010 -
C-393/09, [X.]. 2010, I-13971 Rn.
45 = [X.], 220 -
BSA/Kulturministeri-um; Urteil vom 4.
Oktober 2011 -
C-403/08 und [X.]/08, [X.], 156 Rn.
97 und 155 = [X.], 434 -
Football Association [X.] und [X.]; Urteil vom 1.
Dezember 2011 -
C-145/10, [X.], 166 Rn.
87 -
Painer/Standard u.a.; Urteil vom 1.
März
2012 -
C-604/10, [X.], 386 Rn.
37 = [X.], 695 -
Football [X.] u.a./Yahoo
u.a.; Urteil vom 2.
Mai
2012 -
C-406/10, [X.], 814 Rn.
65
= [X.], 802 -
SAS Institute/[X.]). Demnach können die in der Richtlinie 2001/29/[X.] geregelten Verwer-tungsrechte auch an einem Werk der angewandten Kunst nur bestehen, wenn es sich dabei um eine eigene geistige Schöpfung des [X.] handelt.
(3) Zur Bestimmung der Schutzfähigkeit von
Computerprogrammen, Da-tenbankwerken
und Lichtbildwerken sind gemäß Art.
1 Abs.
3 Satz
2 der Richt-linie 2009/24/[X.] über den Rechtsschutz von Computerprogrammen, Art.
3 29
30
-
15
-

Abs.
1 Satz
2 der Richtlinie 96/9/[X.] über den rechtlichen Schutz von [X.] und Art.
6 Satz
2 der Richtlinie 2006/116/[X.] über die Schutzdauer des [X.]s und bestimmter verwandter Schutzrechte keine anderen Krite-rien als die
der eigenen geistigen Schöpfung

anzuwenden.
Damit ist gemeint, dass der [X.]sschutz dieser [X.] nicht von einer besonderen [X.] abhängig gemacht werden darf
(vgl. für Computerprogramme [X.], Urteil vom 14. Juli 1993 -
I
ZR
47/91, [X.]Z 123, 208, 210
f.
-
Buchhal-tungsprogramm; Urteil vom 3.
März
2005 -
I
ZR
111/02, [X.], 860, 861 = [X.], 1263 -
Fash 2000; für Datenbankwerke
[X.], Urteil vom
24.
Mai
2007 -
I
ZR
130/04, [X.], 685 Rn.
21 = [X.], 989 -
Gedichttitellis-te I; für Lichtbildwerke [X.], Urteil vom 3.
November 1999 -
I
ZR
55/97, [X.], 317, 318 = [X.], 203 -
Werbefotos).
Für andere [X.] sieht das [X.] der [X.] keine derartige Einschränkung vor. Soweit der Gerichtshof es für möglich gehal-ten
hat, dass bereits elf aufeinander folgende Wörter eines [X.]ungsartikels eine geistige Schöpfung darstellen ([X.], [X.], 1041 Rn.
48 -
In-fopaq/[X.]), folgt daraus nicht, dass auch der [X.]sschutz von Sprachwerken oder anderen
[X.] nicht von einer bestimmten
Gestal-tungshöhe abhängig gemacht werden darf. Im Übrigen hat der Gerichtshof die Prüfung
der Frage, ob es sich bei einem bestimmten Gegenstand nach den von
ihm aufgestellten Maßstäben um eine eigene geistige Schöpfung des [X.] handelt, in diesem Fall wie auch in anderen Fällen den nationalen Gerichten zugewiesen
(vgl. [X.], [X.], 1041 Rn.
48 -
Infopaq/[X.]; [X.], 220 Rn.
47
-
BSA/Kulturministerium; [X.], 156 Rn.
158 -
Football Association [X.] und [X.]; [X.], 166 Rn.
94 -
Pai-ner/Standard u.a.; [X.], 386 Rn.
43 -
Football [X.] u.a./Yahoo
u.a.; [X.], 814 Rn.
68 -
SAS Institute/[X.]).

31
-
16
-

Im Blick auf Werke, die -
wie insbesondere Werke der angewandten Kunst -
einem Geschmackmusterschutz zugänglich sind, geht zudem aus
Art.
17 der [X.]/[X.] über den rechtlichen Schutz von Mustern und Modellen eindeutig hervor, dass die Mitgliedst[X.]ten berechtigt sind, deren
ur-heberrechtlichen Schutz von einer besonderen [X.] abhängig zu machen (vgl. auch Erwägungsgrund 8 der [X.]/[X.]). Gemäß Art.
17 Satz
1 der [X.]/[X.] ist das Muster, das nach Maßgabe dieser Richt-linie durch ein -
in einem oder mit Wirkung für einen Mitgliedst[X.]t -
eingetrage-nes
Recht an einem Muster geschützt
ist, auch nach dem [X.] dieses St[X.]tes von dem [X.]punkt an schutzfähig, zu
dem das Muster geschaffen oder in irgendeiner Form festgelegt wurde. In welchem Umfang und unter welchen Bedingungen ein solcher Schutz gewährt wird, wird gemäß Art.
17 Satz
2 der Richtlinie -
einschließlich der erforderlichen [X.] -
von dem [X.] Mitgliedst[X.]t festgelegt
(vgl. auch [X.], Urteil vom 27.
Januar
2011 -
C-168/09, [X.]. 2011, [X.] = [X.], 216 Rn.
35
ff.
-
Flos/Semeraro).
Be-reits aus diesem Grund lässt der Umstand, dass der Gerichtshof es für möglich gehalten hat, dass die grafische Benutzerfläche eines [X.] darstellt, ohne eine bestimmte [X.] als Schutzvoraussetzung zu erwähnen
([X.], [X.], 220 Rn.
46
-
BSA/Kulturministerium), nicht darauf schließen, dass an die [X.] eines Werkes der angewandten Kunst keine besonderen Anforderungen ge-stellt werden dürfen.
bb) Eine Aufgabe der hergebrachten Rechtsprechung erscheint jedoch im Blick auf die Neugestaltung des Geschmacksmusterrechts durch das [X.] vom 12.
März
2004 erforderlich
([X.]/[X.]
[X.]O
§
2 [X.] Rn.
34 und 160; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 3.
Aufl., §
2 [X.] Rn.
98; [X.], [X.], 555
ff.; [X.], [X.], 73, 75
ff.; [X.] in [X.]/v.
Falckenstein, 32
33
-
17
-

[X.], 4.
Aufl., Allgemeines zum Designrecht Rn.
32; vgl. auch A.
Norde-mann in [X.]/[X.]
[X.]O
§
2 [X.] Rn.
146
ff.; [X.]. in [X.], Handbuch des [X.]s, 2.
Aufl., §
9 Rn.
22
ff.; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 3.
Aufl.
§
2 [X.] Rn.
62
ff.; [X.]/[X.]/Ahlberg, [X.], 2.
Aufl., §
2 Rn.
110
ff.;
aA [X.] in Dreier/[X.]
[X.]O
§
2 Rn.
174; [X.]. in [X.]
[X.]O §
9 Rn.
98; [X.], Urheber-
und Urhebervertrags-recht, 5.
Aufl.,
Rn.
232; [X.] in [X.], 2010, S.
61, 72; [X.],
[X.], 731, 733).
(1) Nachdem das Geschmacksmusterrecht durch das [X.] vom 12.
März
2004, mit dem die [X.]/[X.] über den rechtlichen Schutz von Mustern und Modellen umgesetzt wurde, neu gestaltet worden ist, besteht zwischen dem Geschmacksmusterrecht und dem [X.] kein Stufenverhältnis mehr in dem Sinne, dass das [X.] den Unterbau eines
wesensgleichen [X.]s bildet. Mit einem sol-chen Stufenverhältnis können die erhöhten Anforderungen an den [X.]schutz von Werken der angewandten Kunst daher
nicht mehr begründet werden.
Der Gesetzgeber hat mit dem Geschmacksmusterrecht ein eigenständi-ges gewerbliches Schutzrecht geschaffen und den engen Bezug zum [X.] beseitigt
(Begründung zum Regierungsentwurf des Geschmacksmusterre-formgesetzes, BT-Drucks. 15/1075, [X.]). Das kommt bereits in den jeweiligen Überschriften des früheren sowie des geltenden [X.], des

Gesetzes
betreffend das [X.] an Mustern und Modellen

einer-seits sowie des

Gesetzes
über den rechtlichen Schutz von Mustern und Model-len

andererseits (ab dem 1.
Januar
2014

, vgl. Art.
1 Nr.
1, Art.
7 Abs.
2 des Gesetzes zur Modernisierung des [X.] sowie zur Änderung der Regelungen über die 34
35
-
18
-

Bekanntmachungen zum Ausstellungsschutz vom 10.
Oktober 2013, BGBl.
I
S.
3799)
zum Ausdruck. Vor allem aber wird die nunmehr vom [X.] abweichende Schutzrichtung des Geschmacksmusterrechts darin deutlich, dass der Schutz als Geschmacksmuster nach seiner Neugestaltung nicht mehr die Eigentümlichkeit (§
1 Abs.
2 [X.])
und damit die [X.], sondern die Eigenart (§
2 Abs.
1 und 3 [X.])
und damit die Unterschied-lichkeit
des Musters voraussetzt.
Ein Muster hat gemäß §
2 Abs.
3 Satz
1 [X.] Eigenart, wenn sich der Gesamteindruck, den es beim informierten Benutzer hervorruft, von dem Gesamteindruck unterscheidet, den ein anderes Muster bei diesem Benutzer hervorruft, das vor dem Anmeldetag offenbart worden ist. Für die Ermittlung der Eigenart ist danach die Unterschiedlichkeit der Muster
das maßgebliche Kriteri-um. Die im [X.] Geschmacksmusterrecht vor der Umsetzung der [X.] 98/71/[X.] über den rechtlichen Schutz
von Mustern und Modellen durch das Geschmacksmusterreformgesetz vom 12.
März
2004 erforderliche Eigentüm-lichkeit und [X.] (vgl. [X.], Urteil vom 18. Oktober 2007 -
I
ZR
100/05, [X.], 153 Rn.
24
f.
und 33 = [X.], 241 -
Dacheinde-ckungsplatten) ist keine
Schutzvoraussetzung mehr
(vgl. zu Art.
6 [X.] [X.], Urteil vom 22.
April
2010 -
I
ZR
89/08, [X.]Z 185, 224 Rn.
32 -
Verlängerte Li-mousinen, [X.]).
Bei der Beurteilung der Eigenart wird allerdings
nach §
2 Abs.
3 Satz
2 [X.] der Grad der
Gestaltungsfreiheit des Entwerfers bei der [X.] berücksichtigt. Damit ist die Berücksichtigung der in dem je-weiligen Muster verkörperten gestalterischen Leistung zwar nicht ausgeschlos-sen (vgl. zu Art.
6 Abs.
2 [X.] [X.]Z 185, 224 Rn.
32 -
Verlängerte Limousi-nen, [X.]). Das ändert aber nichts daran, dass der Schutz eines Musters keine bestimmte [X.] mehr voraussetzt.
Es ist notwendig,
aber auch 36
37
-
19
-

ausreichend, dass sich der Gesamteindruck des Musters vom vorbekannten Formenschatz unterscheidet (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf des [X.]es, BT-Drucks. 15/1075, S. 33).
(2)
Ein deutliches Überragen der Durchschnittsgestaltung als Vorausset-zung des [X.]sschutzes von Werken, die einem Geschmacksmuster-schutz zugänglich sind, lässt sich auch nicht damit begründen, dass mit dem Geschmacksmuster -
und insbesondere mit dem nicht eingetragenen Gemein-schaftsgeschmacksmuster (Art.
1 Abs.
2 Buchst.
a
[X.]), das für eine Frist von drei Jahren geschützt ist (Art.
11 [X.]) -
unabhängig von der jeweiligen Schutz-richtung des [X.]s einerseits und des Geschmacksmusterrechts ande-rerseits eine wesensadäquate Schutzform für Gestaltungen geringer Eigenart besteht (aA [X.]
[X.]O Rn.
232; [X.], [X.], 731, 733).
[X.] und [X.]sschutz schließen sich nicht aus, sondern können nebeneinander bestehen
(vgl. Art.
17 der [X.]/[X.] über den rechtlichen Schutz von Mustern und Modellen
und
Art.
96 Abs.
2 [X.]; vgl. auch [X.], [X.], 216 Rn.
28
ff.
-
Flos/Semeraro). Sie haben nicht nur verschiedene Schutzrichtungen, sondern auch unterschiedliche Schutzvoraussetzungen und Rechtsfolgen. Der Umstand, dass eine Gestaltung dem [X.] zugänglich ist, rechtfertigt es daher nicht, ihr den [X.]sschutz zu versagen
oder von besonderen Voraussetzungen abhängig zu machen. Durch die Gewährung von [X.]sschutz wird der [X.] auch nicht überflüssig. Eine Gestaltung
kann auf-grund ihrer Unterschiedlichkeit zum
vorbekannten Formenschatz
einem [X.] zugänglich sein, ohne die für einen [X.]s-schutz erforderliche [X.] zu erreichen.
38
39
-
20
-

Zwar
ist es
insbesondere
im Blick auf die ausgesprochen lange [X.] Schutzfrist -
das [X.] erlischt gemäß §
64 [X.] siebzig [X.] nach dem Tode des [X.] -
geboten, für den urheberrechtlichen Schutz eine nicht zu geringe [X.] zu fordern
(vgl. auch [X.], [X.], 16.
Aufl., Rn.
61). Es erscheint aber im Blick darauf, dass es sich beim Geschmacksmusterrecht nicht mehr um ein wesensgleiches Minus zum [X.]
handelt,
nicht gerechtfertigt, an den [X.]sschutz von Werken der angewandten Kunst höhere Anforderungen zu stellen als an den [X.]schutz von Werken
der zweckfreien Kunst.
Es ist auch nicht zu befürchten, dass damit in der angewandten Kunst die Nutzung eines weiten
Bereichs
freier Formen übermäßig eingeschränkt wird. Auch wenn bei Werken der angewandten Kunst keine höheren Anforde-rungen an die [X.] eines Werkes zu stellen sind als bei Werken der zweckfreien Kunst, ist
bei der Beurteilung, ob ein solches Werk die für einen [X.]sschutz erforderliche [X.] erreicht, zu [X.], dass die ästhetische Wirkung der Gestaltung einen [X.]sschutz nur begründen kann, soweit sie nicht dem [X.] geschuldet ist, sondern auf einer künstlerischen Leistung beruht (vgl. [X.], [X.], 58 Rn.
36 -
Seilzirkus). Eine eigene geistige Schöpfung des [X.] setzt voraus, dass ein Gestaltungsspielraum besteht und vom Urheber dafür genutzt wird, seinen schöpferischen Geist in origineller Weise zum Ausdruck zu bringen (vgl. [X.], [X.], 1041 Rn.
45 -
Infopaq/[X.]; [X.], 220 Rn.
48 bis 50 -
BSA/Kulturministerium; [X.], 156 Rn.
98 -
Football Association [X.] und [X.]; [X.], 166 Rn.
89
bis 93 -
Painer/Standard u.a.; [X.], 386 Rn.
38
f.
-
Football [X.] u.a./Yahoo u.a.; [X.], 814 Rn.
67
-
SAS Institute/[X.]). Bei Gebrauchsgegenständen, die durch den [X.] bedingte Gestaltungsmerkmale aufweisen
müssen, ist der Spielraum für eine
künstlerische Gestaltung regelmäßig eingeschränkt. Deshalb 4040
41
-
21
-

stellt sich bei ihnen in besonderem Maß die Frage, ob sie über ihre
von der Funktion vorgegebene Form hinaus künstlerisch gestaltet sind und diese Ge-staltung eine [X.] erreicht,
die [X.]sschutz rechtfertigt (vgl. [X.], [X.], 58 Rn.
25 -
Seilzirkus, [X.]). Darüber hinaus ist zu beachten, dass eine zwar [X.]sschutz begründende, gleichwohl aber geringe [X.] zu einem entsprechend engen Schutzbereich des be-treffenden Werkes führt (vgl. [X.], Urteil vom 20. November 1986 -
I
ZR
160/84, [X.], 360, 361 -
Werbepläne; Urteil vom 28.
Februar
1991 -
I
ZR
88/89, [X.], 529, 530 -
Explosionszeichnungen, [X.]; [X.], [X.], 803 Rn.
63 -
Lernspiele).
b) Der Anspruch auf Zahlung einer (weiteren) angemessenen Vergütung nach §
36 Abs.
1 [X.] aF oder §
32 Abs.
1 Satz
3, Abs.
2 Satz
2 [X.] und §
32a Abs.
1 Satz
1 [X.] ist bei der Verwertung eines Werkes der [X.] Kunst, das einem [X.] zugänglich ist und die Durch-schnittsgestaltung nicht deutlich überragt, jedoch nicht für Verwertungshand-lungen begründet, die bis zum Inkrafttreten des [X.] vom 12.
März
2004 am 1.
Juni
2004 vorgenommen worden sind.

Zwar hat die Änderung einer lange [X.] geltenden höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht nur Bedeutung für zukünftige Sachverhalte, sondern wirkt grundsätzlich auch auf einen in der Vergangenheit liegenden, noch nicht abge-schlossenen Sachverhalt ein (vgl. oben Rn.
24). Im vorliegenden Fall ist jedoch zu berücksichtigen, dass der [X.] seine lange [X.] geltende Rechtsprechung zu
den besonderen Anforderungen an den [X.]sschutz von Werken der angewandten Kunst ausschließlich mit dem Verhältnis des [X.]s zum Geschmacksmusterrecht begründet hat und nunmehr allein wegen der Änderung dieses Verhältnisses durch das Gesetz zur Reform des Ge-schmacksmusterrechts aufgibt. Unter diesen Umständen erscheint das Ver-42
43
-
22
-

trauen des Vertragspartners eines
[X.], wegen der Verwertung
eines Wer-kes der angewandten Kunst, das einem [X.] zugänglich ist und die Durchschnittsgestaltung nicht deutlich überragt, nicht auf Zahlung einer (weiteren) angemessenen Vergütung in Anspruch genommen zu werden, hinsichtlich von [X.] schutzwürdig, die bis zum Inkrafttreten des Geschmacksmusterreformgesetzes
vorgenommen worden sind.
Dagegen können auf
der Grundlage der vom Berufungsgericht bislang getroffenen Feststellungen weder der Anspruch auf Zahlung einer (weiteren) angemessenen Vergütung für [X.], die nach dem 1.
Juni
2004 vorgenommen worden sind, noch der Anspruch auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung
verneint werden. Insbesondere ist es nicht ausgeschlos-sen, dass
sich der Anspruch auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung auf die Zahl und den Preis von Artikeln erstreckt, die vor dem 1.
Juni
2004 verkauft worden sind; denn
im Rahmen der Prüfung, ob die vereinbarte Gegenleistung in einem groben bzw. auffälligen Missverhältnis zu den Erträgnissen bzw. den [X.] und Vorteilen aus der Nutzung des Werkes steht (§
36 Abs.
1 [X.] aF bzw. §
32a Abs.
1 Satz
1 [X.]) sind sämtliche Erträgnisse bzw. Erträge und Vorteile zu berücksichtigen
(vgl. zu §
132 Abs.
3 Satz
2 [X.] [X.], Urteil vom 22. September 2011 -
I
ZR
127/10, [X.], 496 Rn.
53
ff.
= [X.], 565 -
Das Boot).
II[X.] Danach ist auf die Revision der Klägerin das Berufungsurteil aufzuhe-ben, soweit das Berufungsgericht hinsichtlich des Anspruchs auf Zahlung einer (weiteren) angemessenen Vergütung in Bezug auf
[X.], die in der [X.] nach dem 1.
Juni
2004 vorgenommen worden sind, sowie hinsicht-lich des Anspruchs auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung zum Nachteil der Klägerin erkannt hat.
Im Umfang der Aufhebung ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. 44
45
-
23
-

Die Beantwortung der Frage, ob
einem Erzeugnis [X.] zu-kommt
und ob es insbesondere einen ausreichenden Grad [X.] offenbart, ist im wesentlichen Sache des Tatrichters
(st. Rspr.;
vgl. [X.], [X.], 581, 582 -
Silberdistel).
Das Berufungsgericht hat
-
von seinem Standpunkt aus folgerichtig -
nicht geprüft, ob die von der Klägerin entworfenen [X.] den geringeren Anforderungen genügen, die nunmehr an die [X.] der angewandten Kunst zu stellen sind.
[X.]
Pokrant
Schaffert

Koch
Löffler

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 01.12.2010 -
2 [X.]/09 -

OLG [X.], Entscheidung vom 22.06.2012 -
6 [X.] -

Meta

I ZR 143/12

13.11.2013

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.11.2013, Az. I ZR 143/12 (REWIS RS 2013, 1237)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 1237

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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XI R 15/20

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I ZR 143/12

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