Bundesgerichtshof, Urteil vom 13.11.2013, Az. I ZR 143/12

1. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 1223

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Gegenstand

Urheberrechtsschutz von Werken der angewandten Kunst - Geburtstagszug


Leitsatz

Geburtstagszug

1. An den Urheberrechtsschutz von Werken der angewandten Kunst im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 UrhG sind grundsätzlich keine anderen Anforderungen zu stellen als an den Urheberrechtsschutz von Werken der zweckfreien bildenden Kunst oder des literarischen und musikalischen Schaffens. Es genügt daher, dass sie eine Gestaltungshöhe erreichen, die es nach Auffassung der für Kunst empfänglichen und mit Kunstanschauungen einigermaßen vertrauten Kreise rechtfertigt, von einer „künstlerischen“ Leistung zu sprechen. Es ist dagegen nicht erforderlich, dass sie die Durchschnittsgestaltung deutlich überragen (Aufgabe von BGH, Urteil vom 22. Juni 1995, I ZR 119/93, GRUR 1995, 581 = WRP 1995, 908 - Silberdistel).

2. Bei der Beurteilung, ob ein Werk der angewandten Kunst die für einen Urheberrechtsschutz erforderliche Gestaltungshöhe erreicht, ist zu berücksichtigen, dass die ästhetische Wirkung der Gestaltung einen Urheberrechtsschutz nur begründen kann, soweit sie nicht dem Gebrauchszweck geschuldet ist, sondern auf einer künstlerischen Leistung beruht. Darüber hinaus ist zu beachten, dass eine zwar Urheberrechtsschutz begründende, gleichwohl aber geringe Gestaltungshöhe zu einem entsprechend engen Schutzbereich des betreffenden Werkes führt.

3. Der Anspruch auf Zahlung einer (weiteren) angemessenen Vergütung nach § 36 Abs. 1 UrhG a.F. oder § 32 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 2 UrhG und § 32a Abs. 1 Satz 1 UrhG ist bei der Verwertung eines Werkes der angewandten Kunst, das einem Geschmacksmusterschutz zugänglich ist und die Durchschnittsgestaltung nicht deutlich überragt, nicht für Verwertungshandlungen begründet, die bis zum Inkrafttreten des Geschmacksmusterreformgesetzes vom 12. März 2004 am 1. Juni 2004 vorgenommen worden sind.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 6. Zivilsenats des [X.] vom 22. Juni 2012 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als hinsichtlich des Anspruchs auf Zahlung einer (weiteren) angemessenen Vergütung in Bezug auf [X.], die nach dem 1. Juni 2004 vorgenommen worden sind, sowie hinsichtlich des Anspruchs auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung zum Nachteil der Klägerin erkannt worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin ist selbständige [X.]designerin. Die Beklagte stellt [X.] her und vertreibt sie. Die Klägerin zeichnete für die [X.] Entwürfe für einen Zug aus Holz, auf dessen Waggons sich Kerzen und Ziffern aufstecken lassen („[X.]“), und für ein Angelspiel. [X.] entwarf sie eine dem [X.] vergleichbare Tierkarawane („[X.]“). Als Honorar erhielt sie für den [X.] und das Angelspiel jeweils 400 DM und für die [X.] 1.102 DM. Für den [X.] und die [X.] zeichnete sie im [X.] ergänzend die aufsteckbaren Ziffern 7, 8 und 9 (die ursprüngliche Ausstattung bestand nur aus den Ziffern 1 bis 6). Dafür erhielt sie 54 €. Der Entwurf für den [X.] ist nachfolgend abgebildet:

Abbildung

2

Die Klägerin hält ihre Entwürfe für urheberrechtlich geschützte Werke. Sie meint, die vereinbarte Vergütung sei jedenfalls angesichts des großen Verkaufserfolgs der Artikel zu gering.

3

Die Klägerin nimmt die Beklagte deshalb auf Zahlung einer (weiteren) angemessenen Vergütung (§ 36 [X.] aF, §§ 32, 32a [X.]) in Anspruch. Sie hat - soweit noch von Bedeutung - zuletzt beantragt, die Beklagte zur Auskunftserteilung und Rechnungslegung über die Zahl und den Preis der verkauften Artikel „[X.]“, „Angelspiel“ und „[X.]“ und zur Zahlung eines Nutzungsentgelts nach gerichtlichem Ermessen, wenigstens jedoch in Höhe von 5% des mit dem Verkauf der Werke vereinnahmten [X.], zu verurteilen.

4

Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe

5

I. Das Berufungsgericht hat angenommen, die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche seien nicht begründet, weil es sich bei den Entwürfen nicht um Werke im Sinne des [X.] handele. Dazu hat es ausgeführt:

6

Die von der Klägerin angefertigten Entwürfe seien nicht als Werke der angewandten Kunst im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 4 [X.] geschützt. Bei Werken der angewandten Kunst seien nach der hergebrachten Rechtsprechung des [X.] hohe Anforderungen an die für einen urheberrechtlichen Schutz erforderliche [X.] zu stellen. Danach komme keiner der von der Klägerin angefertigten Zeichnungen urheberrechtlicher Schutz als Entwurf eines Werkes der angewandten Kunst zu. Der [X.] habe zwar in seiner Entscheidung „Seilzirkus“ (Urteil vom 12. Mai 2011 - [X.], [X.], 58) offengelassen, ob an dieser Rechtsprechung festzuhalten sei. Diese Frage müsse jedoch auch im vorliegenden Verfahren nicht beantwortet werden. Ob die in den Jahren 1998 bis 2002 gefertigten Entwürfe der Klägerin urheberrechtlichen Schutz genössen, bestimme sich nach dem seinerzeit gültigen rechtlichen Maßstab. Der [X.] habe die Frage, ob er an seiner Rechtsprechung festhalte, ausschließlich im Blick auf die Reform des Geschmacksmusterrechts im Jahr 2004 aufgeworfen. Es gebe keinen Grund, eine aus Anlass dieser Reform möglicherweise erforderliche Neubestimmung der Anforderungen an den [X.]sschutz von Werken der angewandten Kunst auf noch unter Geltung der alten Rechtslage geschaffene Werke auszudehnen.

7

Die Zeichnungen seien auch nicht als Darstellungen technischer Art nach § 2 Abs. 1 Nr. 7 [X.] geschützt. Bei technischen Zeichnungen genieße allein die Form, nicht dagegen der Inhalt der Darstellung urheberrechtlichen Schutz. Deshalb ergebe sich aus § 2 Abs. 1 Nr. 7 [X.] kein Schutz gegen den Nachbau des Dargestellten. Darin liege der Unterschied zu Entwürfen für Werke der bildenden Kunst nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 [X.], die gerade in Bezug auf die Ausführung des [X.] geschützt seien. Die Beklagte habe die Zeichnungen nicht etwa vervielfältigt und verkauft, sondern als Vorlage für die Herstellung der Artikel verwendet.

8

II. Die Revision der Klägerin hat teilweise Erfolg. Die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche sind zwar nicht begründet, soweit sie darauf gestützt sind, dass es sich bei den in Rede stehenden Zeichnungen um urheberrechtlich geschützte Darstellungen technischer Art im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 7, Abs. 2 [X.] handele (dazu 1). Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann jedoch ein urheberrechtlicher Schutz der Zeichnungen als Entwürfe von Werken der angewandten Kunst im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 [X.] nicht verneint werden und können die von der Klägerin erhobenen Ansprüche nicht abgelehnt werden (dazu 2). Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich insoweit allerdings aus anderen Gründen teilweise als richtig dar; der mit der Klage erhobene Anspruch auf Zahlung einer (weiteren) angemessenen Vergütung ist in Bezug auf [X.] unbegründet, die bis zum 1. Juni 2004 vorgenommen worden sind (dazu 3).

9

1. Die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche sind nicht begründet, soweit sie darauf gestützt sind, dass es sich bei den in Rede stehenden Zeichnungen um urheberrechtlich geschützte Darstellungen technischer Art im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 7, Abs. 2 [X.] handele.

a) Die Klägerin macht gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung einer (weiteren) angemessenen Vergütung geltend, den sie auf § 36 Abs. 1 [X.] aF sowie auf § 32 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 2 [X.] und § 32a Abs. 1 Satz 1 [X.] stützt. Ein solcher Anspruch setzt zunächst voraus, dass der Urheber einem anderen ein Nutzungsrecht an einem Werk eingeräumt hat. Er setzt weiter voraus, dass entweder die vereinbarte Vergütung im [X.]punkt des Vertragsschlusses nicht dem entspricht, was im Geschäftsverkehr nach Art und Umfang der eingeräumten Nutzungsmöglichkeit üblicher- und redlicherweise zu leisten ist (§ 32 Abs. 1 Satz 3 [X.]), oder die vereinbarte Gegenleistung in einem groben bzw. auffälligen Missverhältnis zu den Erträgnissen bzw. den Erträgen und Vorteilen aus der Nutzung des Werkes steht (§ 36 Abs. 1 [X.] aF bzw. § 32a Abs. 1 Satz 1 [X.]).

b) Die Klägerin trägt zur Begründung des geltend gemachten Anspruchs vor, die in Rede stehenden Zeichnungen seien als Darstellungen technischer Art im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 7, Abs. 2 [X.] urheberrechtlich geschützt; die vereinbarte Vergütung sei - jedenfalls angesichts des großen Verkaufserfolgs der Artikel - zu gering. Damit ist der geltend gemachte Anspruch bereits nicht schlüssig dargelegt. Dabei kann offenbleiben, ob die in Rede stehenden Zeichnungen als Darstellungen technischer Art im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 7, Abs. 2 [X.] urheberrechtlich geschützt sind und die Klägerin der Beklagten die entsprechenden Nutzungsrechte eingeräumt hat. Der Verkauf von nach den Entwürfen der Klägerin hergestellten Artikeln stellt jedenfalls keine Nutzung dieser Entwürfe als Darstellungen technischer Art dar.

Bei einer Darstellung technischer Art genießt allein die Form der Darstellung urheberrechtlichen Schutz, nicht dagegen deren Inhalt (vgl. [X.], Urteil vom 15. Dezember 1978 - [X.], [X.]Z 73, 288, 292 f. - Flughafenpläne; Urteil vom 1. Juni 2011 - [X.], [X.], 803 Rn. 50 = [X.], 1070 - Lernspiele). Die Bestimmung des § 2 Abs. 1 Nr. 7 [X.] gewährt Schutz allein gegen die Verwertung der Darstellung, nicht aber gegen die Verwertung des Dargestellten. Darin liegt, wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat, der Unterschied zum urheberrechtlichen Schutz des Entwurfs eines Werkes der bildenden Kunst nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 [X.], der sich auf die Ausführung dieses Entwurfs erstreckt. Die Klägerin nimmt die Beklagte allein im Blick auf den Vertrieb von nach ihren Entwürfen hergestellten Spielwaren in Anspruch.

c) Auch die von der Klägerin zur Vorbereitung eines bezifferten Zahlungsanspruchs erhobenen Ansprüche auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung sind danach nicht begründet, soweit sie auf ein Recht an den Zeichnungen als Darstellungen technischer Art im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 7, Abs. 2 [X.] gestützt sind.

2. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein urheberrechtlicher Schutz der Zeichnungen als Entwürfe von Werken der angewandten Kunst im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 [X.] nicht verneint werden und können die von der Klägerin erhobenen Ansprüche nicht abgelehnt werden.

a) Nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 [X.] gehören Werke der bildenden Kunst einschließlich der Werke der Baukunst und der angewandten Kunst und Entwürfe solcher Werke zu den urheberrechtlich geschützten Werken, sofern sie nach § 2 Abs. 2 [X.] persönliche geistige Schöpfungen sind. Soweit die Regelung des § 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 [X.] auch Entwürfe solcher Werke schützt, entspricht sie dem allgemeinen Grundsatz, dass auch Vorstufen eines Werkes geschützt sind, sofern sie eine persönliche geistige Schöpfung darstellen (vgl. [X.], Urteil vom 9. Mai 1985 - [X.], [X.]Z 94, 276, 281 f. - Inkasso-Programm; Urteil vom 23. Juni 2005 - I ZR 227/02, [X.], 854, 856 = [X.], 1173 - Karten-Grundsubstanz; [X.], [X.], 4. Aufl., § 2 [X.] Rn. 133; [X.] in Dreier/[X.], [X.], 4. Aufl., § 2 Rn. 187). Eine persönliche geistige Schöpfung ist eine Schöpfung individueller Prägung, deren ästhetischer Gehalt einen solchen Grad erreicht hat, dass nach Auffassung der für Kunst empfänglichen und mit Kunstanschauungen einigermaßen vertrauten Kreise von einer „künstlerischen“ Leistung gesprochen werden kann (st. Rspr.; vgl. [X.], Urteil vom 27. Januar 1983 - [X.], GRUR 1983, 377, 378 = [X.], 484 - [X.]; Urteil vom 10. Dezember 1986 - [X.], [X.], 903, 904 - Le-Corbusier-Möbel; Urteil vom 1. Juni 2011 - [X.], [X.], 803 Rn. 31 - Lernspiele; [X.], [X.], 58 Rn. 17 - Seilzirkus).

b) Die von der Klägerin entworfenen Spielwaren dienen einem [X.] und sind daher dem Bereich der angewandten Kunst und nicht dem der zweckfreien („reinen“) Kunst zuzurechnen (vgl. [X.], Urteil vom 22. Juni 1995 - I ZR 119/93, [X.], 581, 582 = [X.], 908 - Silberdistel; Urteil vom 14. Mai 2009 - [X.], [X.]Z 181, 98 Rn. 45 - Tripp-Trapp-Stuhl; [X.], [X.], 803 Rn. 31 - Lernspiele; [X.], 58 Rn. 17 - Seilzirkus).

c) Das Berufungsgericht ist zwar mit Recht davon ausgegangen, dass nach der hergebrachten Rechtsprechung des [X.] bei Werken der angewandten Kunst höhere Anforderungen an die [X.] (den Grad des ästhetischen Gehalts) eines Werkes zu stellen sind als bei Werken der zweckfreien Kunst (dazu [X.]). Es hat auch zutreffend angenommen, dass die von der Klägerin angefertigten Zeichnungen danach keinen [X.]sschutz als Entwürfe von Werken der angewandten Kunst genießen (dazu [X.]). Die Revision rügt jedoch mit Recht, dass das Berufungsgericht angenommen hat, eine möglicherweise erforderliche Änderung dieser Rechtsprechung betreffe nicht den hier in Rede stehenden [X.]raum (dazu cc).

[X.]) Nach der Rechtsprechung des [X.] ist bei Werken der zweckfreien bildenden Kunst - ebenso wie im Bereich des literarischen und musikalischen Schaffens - die sogenannte kleine Münze anerkannt, die einfache Schöpfungen umfasst. Dagegen ist bei Werken der angewandten Kunst, soweit sie einem Geschmacksmusterschutz zugänglich sind, ein deutliches Überragen der Durchschnittsgestaltung gefordert. Dies wird damit begründet, dass zwischen dem [X.] und dem Geschmacksmusterrecht kein Wesensunterschied, sondern nur ein gradueller Unterschied bestehe. Da sich bereits die geschmacksmusterschutzfähige Gestaltung von der nicht geschützten Durchschnittsgestaltung - dem rein Handwerksmäßigen und Alltäglichen - abheben müsse, sei für die [X.]sschutzfähigkeit ein noch weiterer Abstand, das heißt ein deutliches Überragen der Durchschnittsgestaltung zu fordern. Für den [X.]sschutz sei danach ein höherer schöpferischer Eigentümlichkeitsgrad als bei nur geschmacksmusterfähigen Gegenständen zu verlangen, wobei die Grenze zwischen beiden nicht zu niedrig angesetzt werden dürfe (st. Rspr.; vgl. [X.], Urteil vom 22. Juni 1995 - I ZR 119/93, [X.], 581, 582 = [X.], 908 - Silberdistel, mwN; vgl. auch [X.] [Kammer], Beschluss vom 26. Januar 2005 - 1 BvR 157/02, [X.], 410 - Laufendes Auge).

[X.]) Das Berufungsgericht hat angenommen, nach diesen Maßstäben komme keiner der von der Klägerin gefertigten Zeichnungen urheberrechtlicher Schutz als Entwurf eines Werkes der angewandten Kunst zu. Die Revision hat diese Beurteilung nicht angegriffen. Sie lässt auch keinen Rechtsfehler erkennen.

cc) Die Revision wendet sich jedoch mit Recht gegen die Annahme des Berufungsgerichts, eine Änderung dieser Rechtsprechung beträfe nicht den hier in Rede stehenden [X.]raum.

(1) Der [X.] hat im Urteil „Seilzirkus“ offengelassen, ob nach der Neugestaltung des Geschmacksmusterrechts durch das Geschmacksmusterreformgesetz vom 12. März 2004 und im Blick auf die [X.] [X.]sentwicklung daran festzuhalten ist, dass bei Werken der angewandten Kunst höhere Anforderungen an die [X.] eines Werkes zu stellen sind als bei Werken der zweckfreien Kunst ([X.], [X.], 58 Rn. 33 bis 36). Diese Frage war in jenem Rechtsstreit nicht entscheidungserheblich, da bereits nicht angenommen werden konnte, dass es sich bei den dort in Rede stehenden Gestaltungen um Schöpfungen individueller Prägung handelte ([X.], [X.], 58 Rn. 26 bis 32 - Seilzirkus).

(2) Das Berufungsgericht hat zu Unrecht angenommen, diese Frage könne auch im vorliegenden Rechtsstreit offenbleiben, weil für die Beurteilung des [X.]sschutzes der in den Jahren 1998 bis 2002 gefertigten Entwürfe der Klägerin die in jenen Jahren geltende Rechtslage maßgeblich sei. Der [X.] habe die Frage, ob er an seiner Rechtsprechung festhalte, ausschließlich im Blick auf die Reform des Geschmacksmusterrechts im Jahr 2004 aufgeworfen. Es gebe keinen Grund, eine aus Anlass dieser Reform möglicherweise erforderliche Neubestimmung der Anforderungen an den [X.]sschutz von Werken der angewandten Kunst auf noch unter Geltung der alten Rechtslage geschaffene Werke auszudehnen.

Mit dieser Begründung kann den von der Klägerin geschaffenen Entwürfen der [X.]sschutz schon deshalb nicht versagt werden, weil der [X.] die Frage, ob er an seiner Rechtsprechung festhalte, entgegen der Darstellung des Berufungsgerichts nicht allein im Blick auf die Reform des Geschmacksmusterrechts im Jahr 2004, sondern auch im Blick auf die [X.] [X.]sentwicklung aufgeworfen hat.

Darüber hinaus hat das Berufungsgericht nicht hinreichend berücksichtigt, dass die Änderung einer lange [X.] geltenden höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht nur Bedeutung für zukünftige Sachverhalte hat, sondern grundsätzlich auch auf einen in der Vergangenheit liegenden, noch nicht abgeschlossenen Sachverhalt einwirkt. Gerichte sind regelmäßig nicht an eine feststehende Rechtsprechung gebunden, die sich im Licht besserer Erkenntnis als nicht mehr haltbar erweist (vgl. [X.], Urteil vom 29. Februar 1996 - [X.], [X.]Z 132, 119, 129 mwN; Urteil vom 7. März 2007 - [X.], NJW 2007, 2987 Rn. 28). Die gesetzliche Regelung in § 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 [X.], die unter anderem bestimmt, dass Entwürfe von Werken der angewandten Kunst zu den urheberrechtlich geschützten Werken gehören, sofern sie persönliche geistige Schöpfungen sind, ist seit ihrem Inkrafttreten am 1. Januar 1966 nicht geändert worden. Es war und ist lediglich umstritten, ob diese Regelung dahin auszulegen ist, dass bei Werken der angewandten Kunst höhere Anforderungen an die für einen [X.]sschutz erforderliche [X.] zu stellen sind als bei Werken der zweckfreien Kunst. Die Frage, ob die von der Klägerin in den Jahren 1998 bis 2002 entworfenen Spielwaren urheberrechtlichen Schutz genießen, ist daher entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht auf der Grundlage der hergebrachten Rechtsprechung des [X.] zu § 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 [X.] zu beantworten, sofern an dieser Rechtsprechung nicht mehr festgehalten wird.

3. Soweit das Berufungsgericht die auf einen urheberrechtlichen Schutz der Zeichnungen als Entwürfe von Werken der angewandten Kunst im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 [X.] gestützten Ansprüche der Klägerin verneint hat, stellt sich seine Entscheidung allerdings aus anderen Gründen zum Teil als im Ergebnis richtig dar (§ 561 ZPO). Der [X.] hält zwar nicht daran fest, dass der [X.]sschutz für Werke der angewandten Kunst, die einem Geschmacksmusterschutz zugänglich sind, ein deutliches Überragen der Durchschnittsgestaltung voraussetzt (dazu a). Der mit der Klage erhobene Anspruch auf Zahlung einer (weiteren) angemessenen Vergütung nach § 36 Abs. 1 [X.] aF oder § 32 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 2 [X.] und § 32a Abs. 1 Satz 1 [X.] ist jedoch gleichwohl für [X.] nicht begründet, die bis zum 1. Juni 2004 vorgenommen worden sind (dazu b).

a) Der [X.] hält nicht daran fest, dass der [X.]sschutz für Werke der angewandten Kunst, die einem Geschmacksmusterschutz zugänglich sind, ein deutliches Überragen der Durchschnittsgestaltung voraussetzt. An den [X.]sschutz von Werken der angewandten Kunst sind grundsätzlich keine anderen Anforderungen zu stellen als an den [X.]sschutz von Werken der zweckfreien bildenden Kunst oder des literarischen und musikalischen Schaffens. Es genügt daher, dass sie eine [X.] erreichen, die es nach Auffassung der für Kunst empfänglichen und mit Kunstanschauungen einigermaßen vertrauten Kreise rechtfertigt, von einer „künstlerischen“ Leistung zu sprechen. Eine Aufgabe der hergebrachten Rechtsprechung ist zwar nicht durch das [X.] der [X.] geboten (dazu [X.]); sie erscheint aber im Blick auf die Neugestaltung des Geschmacksmusterrechts durch das Geschmacksmusterreformgesetz vom 12. März 2004 erforderlich (dazu [X.]).

[X.]) Das [X.] der [X.] steht der Annahme nicht entgegen, dass der [X.]sschutz von Werken der angewandten Kunst eine besondere [X.] voraussetzt ([X.] in [X.], 2010, [X.], 63 ff.; [X.], [X.], 1019 ff.; [X.], [X.], 761, 763; für ein Absenken der [X.] im Blick auf die [X.] [X.]sentwicklung [X.] [X.]O § 2 [X.] Rn. 34 und 160; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 2 [X.] Rn. 150; [X.]/[X.]/[X.], Gewerblicher Rechtsschutz [X.] Medienrecht, 2. Aufl., § 2 [X.] Rn. 47; [X.], [X.], 555, 559 f.; Handig, [X.]. 2012, 9, 11).

(1) Aus der Richtlinie 2001/29/[X.] zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des [X.]s und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft geht lediglich hervor, dass sich die dort geregelten Verwertungsrechte des Urhebers auf ein Werk als Schutzobjekt beziehen. Diese Richtlinie bestimmt jedoch nicht, unter welchen Voraussetzungen ein bestimmtes Schutzgut als ein Werk anzusehen ist. Computerprogramme, Datenbankwerke und Lichtbildwerke sind gemäß Art. 1 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2009/24/[X.] über den Rechtsschutz von Computerprogrammen, Art. 3 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 96/9/[X.] über den rechtlichen Schutz von Datenbanken und Art. 6 Satz 1 der Richtlinie 2006/116/[X.] über die Schutzdauer des [X.]s und bestimmter verwandter Schutzrechte urheberrechtlich geschützt, wenn sie individuelle Werke in dem Sinne darstellen, dass sie das Ergebnis der eigenen geistigen Schöpfung ihres Urhebers sind. Die Voraussetzungen eines urheberrechtlichen Schutzes von Werken der angewandten Kunst sind im [X.] der [X.] dagegen nicht ausdrücklich geregelt.

(2) Der Gerichtshof der [X.] hat aus dem Umstand, dass die Richtlinie 2001/29/[X.] einen harmonisierten Rechtsrahmen des [X.]s festlegt, geschlossen, der in dieser Richtlinie vorausgesetzte [X.] beruhe auf demselben Grundsatz wie derjenige der Richtlinie 2009/24/[X.] über den Rechtsschutz von Computerprogrammen, der Richtlinie 96/9/[X.] über den rechtlichen Schutz von Datenbanken und der Richtlinie 2006/116/[X.] über die Schutzdauer des [X.]s und bestimmter verwandter Schutzrechte. Das [X.] im Sinne der Richtlinie 2001/29/[X.] könne daher nur in Bezug auf ein Schutzobjekt angewandt werden, bei dem es sich um ein Original in dem Sinne handele, dass es eine eigene geistige Schöpfung seines Urhebers darstelle ([X.], Urteil vom 16. Juli 2009 - [X.]/08, [X.]. 2009, [X.] = [X.], 1041 Rn. 33 bis 37 - [X.]/[X.]; Urteil vom 22. Dezember 2010 - [X.]/09, [X.]. 2010, [X.] Rn. 45 = [X.], 220 - [X.]/Kulturministerium; Urteil vom 4. Oktober 2011 - [X.]/08 und [X.]/08, [X.], 156 Rn. 97 und 155 = [X.], 434 - [X.] und [X.]; Urteil vom 1. Dezember 2011 - [X.]/10, [X.], 166 Rn. 87 - Painer/Standard u.a.; Urteil vom 1. März 2012 - [X.]/10, [X.], 386 Rn. 37 = [X.], 695 - Football [X.] u.a.; Urteil vom 2. Mai 2012 - C-406/10, [X.], 814 Rn. 65 = [X.], 802 - [X.]/[X.]). Demnach können die in der Richtlinie 2001/29/[X.] geregelten Verwertungsrechte auch an einem Werk der angewandten Kunst nur bestehen, wenn es sich dabei um eine eigene geistige Schöpfung des Urhebers handelt.

(3) Zur Bestimmung der Schutzfähigkeit von Computerprogrammen, Datenbankwerken und Lichtbildwerken sind gemäß Art. 1 Abs. 3 Satz 2 der Richtlinie 2009/24/[X.] über den Rechtsschutz von Computerprogrammen, Art. 3 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie 96/9/[X.] über den rechtlichen Schutz von Datenbanken und Art. 6 Satz 2 der Richtlinie 2006/116/[X.] über die Schutzdauer des [X.]s und bestimmter verwandter Schutzrechte keine anderen Kriterien als die der „eigenen geistigen Schöpfung“ anzuwenden. Damit ist gemeint, dass der [X.]sschutz dieser [X.] nicht von einer besonderen [X.] abhängig gemacht werden darf (vgl. für Computerprogramme [X.], Urteil vom 14. Juli 1993 - [X.], [X.]Z 123, 208, 210 f. - Buchhaltungsprogramm; Urteil vom 3. März 2005 - [X.], [X.], 860, 861 = [X.], 1263 - [X.]; für Datenbankwerke [X.], Urteil vom 24. Mai 2007 - [X.], [X.], 685 Rn. 21 = [X.], 989 - Gedichttitelliste I; für Lichtbildwerke [X.], Urteil vom 3. November 1999 - [X.], [X.], 317, 318 = [X.], 203 - Werbefotos).

Für andere [X.] sieht das [X.] der [X.] keine derartige Einschränkung vor. Soweit der Gerichtshof es für möglich gehalten hat, dass bereits elf aufeinander folgende Wörter eines [X.]ungsartikels eine geistige Schöpfung darstellen ([X.], [X.], 1041 Rn. 48 - [X.]/[X.]), folgt daraus nicht, dass auch der [X.]sschutz von Sprachwerken oder anderen [X.] nicht von einer bestimmten [X.] abhängig gemacht werden darf. Im Übrigen hat der Gerichtshof die Prüfung der Frage, ob es sich bei einem bestimmten Gegenstand nach den von ihm aufgestellten Maßstäben um eine eigene geistige Schöpfung des Urhebers handelt, in diesem Fall wie auch in anderen Fällen den nationalen Gerichten zugewiesen (vgl. [X.], [X.], 1041 Rn. 48 - [X.]/[X.]; [X.], 220 Rn. 47 - [X.]/Kulturministerium; [X.], 156 Rn. 158 - [X.] und [X.]; [X.], 166 Rn. 94 - Painer/Standard u.a.; [X.], 386 Rn. 43 - Football [X.] u.a.; [X.], 814 Rn. 68 - [X.]/[X.]).

Im Blick auf Werke, die - wie insbesondere Werke der angewandten Kunst - einem Geschmackmusterschutz zugänglich sind, geht zudem aus Art. 17 der [X.]/[X.] über den rechtlichen Schutz von Mustern und Modellen eindeutig hervor, dass die Mitgliedst[X.]ten berechtigt sind, deren urheberrechtlichen Schutz von einer besonderen [X.] abhängig zu machen (vgl. auch Erwägungsgrund 8 der [X.]/[X.]). Gemäß Art. 17 Satz 1 der [X.]/[X.] ist das Muster, das nach Maßgabe dieser Richtlinie durch ein - in einem oder mit Wirkung für einen Mitgliedst[X.]t - eingetragenes Recht an einem Muster geschützt ist, auch nach dem [X.] dieses St[X.]tes von dem [X.]punkt an schutzfähig, zu dem das Muster geschaffen oder in irgendeiner Form festgelegt wurde. In welchem Umfang und unter welchen Bedingungen ein solcher Schutz gewährt wird, wird gemäß Art. 17 Satz 2 der Richtlinie - einschließlich der erforderlichen [X.] - von dem einzelnen Mitgliedst[X.]t festgelegt (vgl. auch [X.], Urteil vom 27. Januar 2011 - [X.]/09, [X.]. 2011, [X.] = [X.], 216 Rn. 35 ff. - [X.]/[X.]). Bereits aus diesem Grund lässt der Umstand, dass der Gerichtshof es für möglich gehalten hat, dass die grafische Benutzerfläche eines Computerprogramms eine geistige Schöpfung darstellt, ohne eine bestimmte [X.] als Schutzvoraussetzung zu erwähnen ([X.], [X.], 220 Rn. 46 - [X.]/Kulturministerium), nicht darauf schließen, dass an die [X.] eines Werkes der angewandten Kunst keine besonderen Anforderungen gestellt werden dürfen.

[X.]) Eine Aufgabe der hergebrachten Rechtsprechung erscheint jedoch im Blick auf die Neugestaltung des Geschmacksmusterrechts durch das Geschmacksmusterreformgesetz vom 12. März 2004 erforderlich ([X.] [X.]O § 2 [X.] Rn. 34 und 160; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., § 2 [X.] Rn. 98; [X.], [X.], 555 ff.; [X.], [X.], 73, 75 ff.; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 4. Aufl., Allgemeines zum Designrecht Rn. 32; vgl. auch [X.] in [X.]/[X.] [X.]O § 2 [X.] Rn. 146 ff.; [X.]. in [X.], Handbuch des [X.]s, 2. Aufl., § 9 Rn. 22 ff.; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 3. Aufl. § 2 [X.] Rn. 62 ff.; [X.]/[X.]/Ahlberg, [X.], 2. Aufl., § 2 Rn. 110 ff.; [X.] in Dreier/[X.] [X.]O § 2 Rn. 174; [X.]. in [X.] [X.]O § 9 Rn. 98; [X.], Urheber- und Urhebervertragsrecht, 5. Aufl., Rn. 232; [X.] in [X.], 2010, [X.], 72; [X.], [X.], 731, 733).

(1) Nachdem das Geschmacksmusterrecht durch das Geschmacksmusterreformgesetz vom 12. März 2004, mit dem die [X.]/[X.] über den rechtlichen Schutz von Mustern und Modellen umgesetzt wurde, neu gestaltet worden ist, besteht zwischen dem Geschmacksmusterrecht und dem [X.] kein Stufenverhältnis mehr in dem Sinne, dass das Geschmacksmusterrecht den Unterbau eines wesensgleichen [X.]s bildet. Mit einem solchen Stufenverhältnis können die erhöhten Anforderungen an den [X.]sschutz von Werken der angewandten Kunst daher nicht mehr begründet werden.

Der Gesetzgeber hat mit dem Geschmacksmusterrecht ein eigenständiges gewerbliches Schutzrecht geschaffen und den engen Bezug zum [X.] beseitigt (Begründung zum Regierungsentwurf des [X.], BT-Drucks. 15/1075, [X.]). Das kommt bereits in den jeweiligen Überschriften des früheren sowie des geltenden [X.], des „Gesetzes betreffend das [X.] an Mustern und Modellen“ einerseits sowie des „Gesetzes über den rechtlichen Schutz von Mustern und Modellen“ andererseits (ab dem 1. Januar 2014 „Gesetz über den rechtlichen Schutz von Design“, vgl. Art. 1 Nr. 1, Art. 7 Abs. 2 des [X.] [X.] sowie zur Änderung der Regelungen über die Bekanntmachungen zum Ausstellungsschutz vom 10. Oktober 2013, [X.] I S. 3799) zum Ausdruck. Vor allem aber wird die nunmehr vom [X.] abweichende Schutzrichtung des Geschmacksmusterrechts darin deutlich, dass der Schutz als Geschmacksmuster nach seiner Neugestaltung nicht mehr die Eigentümlichkeit (§ 1 Abs. 2 [X.] aF) und damit die [X.], sondern die Eigenart (§ 2 Abs. 1 und 3 [X.]) und damit die Unterschiedlichkeit des Musters voraussetzt.

Ein Muster hat gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 [X.] Eigenart, wenn sich der Gesamteindruck, den es beim informierten Benutzer hervorruft, von dem Gesamteindruck unterscheidet, den ein anderes Muster bei diesem Benutzer hervorruft, das vor dem Anmeldetag offenbart worden ist. Für die Ermittlung der Eigenart ist danach die Unterschiedlichkeit der Muster das maßgebliche Kriterium. Die im [X.] Geschmacksmusterrecht vor der Umsetzung der [X.]/[X.] über den rechtlichen Schutz von Mustern und Modellen durch das Geschmacksmusterreformgesetz vom 12. März 2004 erforderliche Eigentümlichkeit und [X.] (vgl. [X.], Urteil vom 18. Oktober 2007 - [X.], [X.], 153 Rn. 24 f. und 33 = [X.], 241 - Dacheindeckungsplatten) ist keine Schutzvoraussetzung mehr (vgl. zu Art. 6 [X.] [X.], Urteil vom 22. April 2010 - [X.], [X.]Z 185, 224 Rn. 32 - Verlängerte Limousinen, mwN).

Bei der Beurteilung der Eigenart wird allerdings nach § 2 Abs. 3 Satz 2 [X.] der Grad der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers bei der Entwicklung des Musters berücksichtigt. Damit ist die Berücksichtigung der in dem jeweiligen Muster verkörperten gestalterischen Leistung zwar nicht ausgeschlossen (vgl. zu Art. 6 Abs. 2 [X.] [X.]Z 185, 224 Rn. 32 - Verlängerte Limousinen, mwN). Das ändert aber nichts daran, dass der Schutz eines Musters keine bestimmte [X.] mehr voraussetzt. Es ist notwendig, aber auch ausreichend, dass sich der Gesamteindruck des Musters vom vorbekannten Formenschatz unterscheidet (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf des [X.], BT-Drucks. 15/1075, S. 33).

(2) Ein deutliches Überragen der Durchschnittsgestaltung als Voraussetzung des [X.]sschutzes von Werken, die einem Geschmacksmusterschutz zugänglich sind, lässt sich auch nicht damit begründen, dass mit dem Geschmacksmuster - und insbesondere mit dem nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmuster (Art. 1 Abs. 2 Buchst. a [X.]), das für eine Frist von drei Jahren geschützt ist (Art. 11 [X.]) - unabhängig von der jeweiligen Schutzrichtung des [X.]s einerseits und des Geschmacksmusterrechts andererseits eine wesensadäquate Schutzform für Gestaltungen geringer Eigenart besteht (aA [X.] [X.]O Rn. 232; [X.], [X.], 731, 733).

Geschmacksmusterschutz und [X.]sschutz schließen sich nicht aus, sondern können nebeneinander bestehen (vgl. Art. 17 der [X.]/[X.] über den rechtlichen Schutz von Mustern und Modellen und Art. 96 Abs. 2 [X.]; vgl. auch [X.], [X.], 216 Rn. 28 ff. - [X.]/[X.]). Sie haben nicht nur verschiedene Schutzrichtungen, sondern auch unterschiedliche Schutzvoraussetzungen und Rechtsfolgen. Der Umstand, dass eine Gestaltung dem Geschmacksmusterschutz zugänglich ist, rechtfertigt es daher nicht, ihr den [X.]sschutz zu versagen oder von besonderen Voraussetzungen abhängig zu machen. Durch die Gewährung von [X.]sschutz wird der Geschmacksmusterschutz auch nicht überflüssig. Eine Gestaltung kann aufgrund ihrer Unterschiedlichkeit zum vorbekannten Formenschatz einem Geschmacksmusterschutz zugänglich sein, ohne die für einen [X.]sschutz erforderliche [X.] zu erreichen.

Zwar ist es insbesondere im Blick auf die ausgesprochen lange urheberrechtliche Schutzfrist - das [X.] erlischt gemäß § 64 [X.] siebzig Jahre nach dem Tode des Urhebers - geboten, für den urheberrechtlichen Schutz eine nicht zu geringe [X.] zu fordern (vgl. auch [X.], [X.], 16. Aufl., Rn. 61). Es erscheint aber im Blick darauf, dass es sich beim Geschmacksmusterrecht nicht mehr um ein wesensgleiches Minus zum [X.] handelt, nicht gerechtfertigt, an den [X.]sschutz von Werken der angewandten Kunst höhere Anforderungen zu stellen als an den [X.]sschutz von Werken der zweckfreien Kunst.

Es ist auch nicht zu befürchten, dass damit in der angewandten Kunst die Nutzung eines weiten Bereichs freier Formen übermäßig eingeschränkt wird. Auch wenn bei Werken der angewandten Kunst keine höheren Anforderungen an die [X.] eines Werkes zu stellen sind als bei Werken der zweckfreien Kunst, ist bei der Beurteilung, ob ein solches Werk die für einen [X.]sschutz erforderliche [X.] erreicht, zu berücksichtigen, dass die ästhetische Wirkung der Gestaltung einen [X.]sschutz nur begründen kann, soweit sie nicht dem [X.] geschuldet ist, sondern auf einer künstlerischen Leistung beruht (vgl. [X.], [X.], 58 Rn. 36 - Seilzirkus). Eine eigene geistige Schöpfung des Urhebers setzt voraus, dass ein Gestaltungsspielraum besteht und vom Urheber dafür genutzt wird, seinen schöpferischen Geist in origineller Weise zum Ausdruck zu bringen (vgl. [X.], [X.], 1041 Rn. 45 - [X.]/[X.]; [X.], 220 Rn. 48 bis 50 - [X.]/Kulturministerium; [X.], 156 Rn. 98 - [X.] und [X.]; [X.], 166 Rn. 89 bis 93 - Painer/Standard u.a.; [X.], 386 Rn. 38 f. - Football [X.] u.a.; [X.], 814 Rn. 67 - [X.]/[X.]). Bei Gebrauchsgegenständen, die durch den [X.] bedingte Gestaltungsmerkmale aufweisen müssen, ist der Spielraum für eine künstlerische Gestaltung regelmäßig eingeschränkt. Deshalb stellt sich bei ihnen in besonderem Maß die Frage, ob sie über ihre von der Funktion vorgegebene Form hinaus künstlerisch gestaltet sind und diese Gestaltung eine [X.] erreicht, die [X.]sschutz rechtfertigt (vgl. [X.], [X.], 58 Rn. 25 - Seilzirkus, mwN). Darüber hinaus ist zu beachten, dass eine zwar [X.]sschutz begründende, gleichwohl aber geringe [X.] zu einem entsprechend engen Schutzbereich des betreffenden Werkes führt (vgl. [X.], Urteil vom 20. November 1986 - I ZR 160/84, [X.], 360, 361 - Werbepläne; Urteil vom 28. Februar 1991 - [X.], [X.], 529, 530 - Explosionszeichnungen, mwN; [X.], [X.], 803 Rn. 63 - Lernspiele).

b) Der Anspruch auf Zahlung einer (weiteren) angemessenen Vergütung nach § 36 Abs. 1 [X.] aF oder § 32 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 2 [X.] und § 32a Abs. 1 Satz 1 [X.] ist bei der Verwertung eines Werkes der angewandten Kunst, das einem Geschmacksmusterschutz zugänglich ist und die Durchschnittsgestaltung nicht deutlich überragt, jedoch nicht für [X.] begründet, die bis zum Inkrafttreten des [X.] vom 12. März 2004 am 1. Juni 2004 vorgenommen worden sind.

Zwar hat die Änderung einer lange [X.] geltenden höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht nur Bedeutung für zukünftige Sachverhalte, sondern wirkt grundsätzlich auch auf einen in der Vergangenheit liegenden, noch nicht abgeschlossenen Sachverhalt ein (vgl. oben Rn. 24). Im vorliegenden Fall ist jedoch zu berücksichtigen, dass der [X.] seine lange [X.] geltende Rechtsprechung zu den besonderen Anforderungen an den [X.]sschutz von Werken der angewandten Kunst ausschließlich mit dem Verhältnis des [X.]s zum Geschmacksmusterrecht begründet hat und nunmehr allein wegen der Änderung dieses Verhältnisses durch das Gesetz zur Reform des Geschmacksmusterrechts aufgibt. Unter diesen Umständen erscheint das Vertrauen des Vertragspartners eines Urhebers, wegen der Verwertung eines Werkes der angewandten Kunst, das einem Geschmacksmusterschutz zugänglich ist und die Durchschnittsgestaltung nicht deutlich überragt, nicht auf Zahlung einer (weiteren) angemessenen Vergütung in Anspruch genommen zu werden, hinsichtlich von [X.] schutzwürdig, die bis zum Inkrafttreten des [X.] vorgenommen worden sind.

Dagegen können auf der Grundlage der vom Berufungsgericht bislang getroffenen Feststellungen weder der Anspruch auf Zahlung einer (weiteren) angemessenen Vergütung für [X.], die nach dem 1. Juni 2004 vorgenommen worden sind, noch der Anspruch auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung verneint werden. Insbesondere ist es nicht ausgeschlossen, dass sich der Anspruch auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung auf die Zahl und den Preis von Artikeln erstreckt, die vor dem 1. Juni 2004 verkauft worden sind; denn im Rahmen der Prüfung, ob die vereinbarte Gegenleistung in einem groben bzw. auffälligen Missverhältnis zu den Erträgnissen bzw. den Erträgen und Vorteilen aus der Nutzung des Werkes steht (§ 36 Abs. 1 [X.] aF bzw. § 32a Abs. 1 Satz 1 [X.]) sind sämtliche Erträgnisse bzw. Erträge und Vorteile zu berücksichtigen (vgl. zu § 132 Abs. 3 Satz 2 [X.] [X.], Urteil vom 22. September 2011 - [X.], [X.], 496 Rn. 53 ff. = [X.], 565 - Das Boot).

III. Danach ist auf die Revision der Klägerin das Berufungsurteil aufzuheben, soweit das Berufungsgericht hinsichtlich des Anspruchs auf Zahlung einer (weiteren) angemessenen Vergütung in Bezug auf [X.], die in der [X.] nach dem 1. Juni 2004 vorgenommen worden sind, sowie hinsichtlich des Anspruchs auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung zum Nachteil der Klägerin erkannt hat. Im Umfang der Aufhebung ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Beantwortung der Frage, ob einem Erzeugnis [X.] zukommt und ob es insbesondere einen ausreichenden Grad [X.] offenbart, ist im wesentlichen Sache des Tatrichters (st. Rspr.; vgl. [X.], [X.], 581, 582 - Silberdistel). Das Berufungsgericht hat - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - nicht geprüft, ob die von der Klägerin entworfenen Spielwaren den geringeren Anforderungen genügen, die nunmehr an die [X.] von Werken der angewandten Kunst zu stellen sind.

[X.]                     Schaffert

                    Koch                      Löffler

Meta

I ZR 143/12

13.11.2013

Bundesgerichtshof 1. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, 22. Juni 2012, Az: 6 U 74/10

§ 2 Abs 1 Nr 4 UrhG, § 2 Abs 2 UrhG, § 32 Abs 1 S 3 UrhG, § 32 Abs 2 S 2 UrhG, § 32a Abs 1 S 1 UrhG, § 36 Abs 1 UrhG vom 09.09.1965, § 1 Abs 2 aF GeschmMG, § 2 Abs 3 S 1 GeschmMG, GeschmMRefG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 13.11.2013, Az. I ZR 143/12 (REWIS RS 2013, 1223)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 1223

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