Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 30.09.2015, Az. 4 AZR 641/13

4. Senat | REWIS RS 2015, 4640

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Eingruppierung im Gebäudereiniger-Handwerk - Auslegung eines Lohntarifvertrags


Tenor

1. Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 9. April 2013 - 6 [X.]/12 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über [X.] des Klägers für den Monat Januar 2012 und in diesem Zusammenhang über dessen zutreffende Eingruppierung nach dem am 1. Januar 2012 in [X.] getretenen [X.]ohntarifvertrag für die gewerblichen Beschäftigten in der Gebäudereinigung vom 23. August 2011 (nachfolgend [X.] 2012).

2

Der Kläger, Mitglied der [X.] [X.] ([X.]), ist bei der in [X.] ansässigen Beklagten, einem Mitglied der dem [X.] angeschlossenen Gebäudereiniger-Innung [X.], seit dem [X.] als Reiniger beschäftigt. Er wird im Werk eines Chemieunternehmens in [X.] eingesetzt und führt dort Reinigungsarbeiten aus.

3

Die vom Kläger im Monat Januar 2012 erbrachten Arbeitsstunden vergütete die Beklagte mit einem Stundenlohn von 11,33 Euro brutto. In ihrer Abrechnung ist in der Rubrik „Bezeichnung“ „Std./[X.]ohngr. 6“ eingetragen. Dieser Stundenlohn ist nach § 3 [X.] 2012 im Bereich des [X.]andes Rheinland-Pfalz für die [X.]ohngruppe 6 zu zahlen.

4

Nach erfolgloser Geltendmachung hat der Kläger mit seiner Klage für den Monat Januar 2012 die Differenz zwischen der geleisteten Vergütung und dem im [X.] 2012 für die [X.]ohngruppe 6a festgelegten [X.] iHv. 11,68 Euro brutto, insgesamt 61,60 Euro brutto, verlangt. Er ist der Auffassung, kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit könne er eine Vergütung nach der zum 1. Januar 2012 neu eingeführten [X.]ohngruppe 6a [X.] 2012 verlangen. Es sei ausreichend, wenn er mindestens drei Monate Beschäftigter im Gebäudereiniger-Handwerk gewesen und zuvor nach der [X.]ohngruppe 6 [X.] 2012 vergütet worden sei.

5

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 61,60 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. Februar 2012 zu zahlen.

6

Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag damit begründet, der Kläger übe ua. manuelle Reinigungs- und [X.], aber keine Reinigungstätigkeiten iSd. [X.]ohngruppe 6 [X.] 2012 aus. Dies sei für einen Anspruch nach der [X.]ohngruppe 6a [X.] 2012 jedoch erforderlich.

7

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom [X.]andesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Zahlungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision ist erfolglos. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger kann für den Monat Januar 2012 keine Vergütung nach der Lohngruppe 6a [X.] beanspruchen.

9

I. Für das Arbeitsverhältnis der Parteien gelten aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit nach § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG der zwischen der IG BAU und dem Bundesinnungsverband des [X.] geschlossene und am 1. Januar 2012 in [X.] getretene Rahmentarifvertrag für die gewerblichen Beschäftigten in der Gebäudereinigung vom 28. Juni 2011 ([X.] 2012) sowie der [X.].

1. Die für die Eingruppierung maßgebenden Bestimmungen des [X.] 2012 lauten:

        

§ 8   

        

Lohn und Eingruppierung

        

1. Lohngrundlagen

        

1.1     

[X.] wird auf der Grundlage dieses Rahmentarifvertrages und des [X.] geregelt.

        

…       

        

3. Lohngruppen

        

3.1 Eingruppierungsgrundsätze

        

3.1.1 

Der/die Beschäftigte werden aufgrund ihrer überwiegenden Tätigkeit in eine Lohngruppe dieses Tarifvertrages eingruppiert. Für die Eingruppierung ist ausschließlich die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit maßgebend.

        

…       

        

Lohngruppen

        

…       

        

Lohngruppe 6

        

Glas- und Fassadenreinigungsarbeiten, insbesondere Reinigung, pflegende und schützende Behandlung von Glasflächen und Außenbauteilen an Bauwerken und Verkehrsmitteln aller Art; Reinigung und Pflege von Verkehrsanlagen (z. B. Verkehrsampeln, [X.]) und Verkehrseinrichtungen (z. B. Verkehrsschilder) sowie von Außenbeleuchtungsanlagen.“

2. Im [X.] sind folgende Regelungen von Bedeutung:

        

§ 2   

        

Lohngruppen

        

Für die Eingruppierung gelten die Bestimmungen des Rahmentarifvertrages für die gewerblichen Beschäftigten in der Gebäudereinigung in der jeweils geltenden Fassung.

        

Lohngruppe 6: Beschäftigte der Lohngruppe 6 (gemäß [X.])

        

Lohngruppe 6a: Beschäftigte der Lohngruppe 6 nach dreimonatiger Tätigkeit im Gebäudereiniger-Handwerk“

II. Nach diesen tariflichen Regelungen kann der Kläger kein Entgelt nach der Lohngruppe 6a [X.] beanspruchen. Er ist kein „Beschäftigter der Lohngruppe 6“ iSd. § 2 Abs. 2 Fall 2 (Lohngruppe 6a) [X.]. Entgegen der Auffassung der Revision ist es für einen Entgeltanspruch nach der Lohngruppe 6a [X.] nicht ausreichend, dass der Kläger mehr als drei Monate im Gebäudereiniger-Handwerk beschäftigt gewesen und zuvor nach der Lohngruppe 6 [X.] vergütet worden ist. Das ergibt die Auslegung des Tarifvertrags (zu den Maßstäben etwa [X.] 10. Dezember 2014 - 4 [X.] - Rn. 19 ff. mwN).

1. Nach § 2 Abs. 1 [X.] gelten für die Eingruppierung die Bestimmungen des [X.] in der jeweils geltenden Fassung, vorliegend also § 8 [X.] 2012. Danach erfolgt die Eingruppierung des Beschäftigten aufgrund seiner überwiegenden, tatsächlich ausgeübten Tätigkeit (§ 8 Nr. 3.1.1 [X.] 2012).

2. Für einen Entgeltanspruch des Klägers nach der in Anspruch genommenen Lohngruppe ist erforderlich, dass er Beschäftigter iSd. Lohngruppe 6 iSd. § 2 Abs. 2 Fall 2 [X.] ist. „Beschäftigte der Lohngruppe 6“ [X.] sind wiederum nur die „Beschäftigte(n) der Lohngruppe 6 (gemäß [X.])“. Das erfordert nach § 8 Nr. 3.1.1 iVm. den Lohngruppen des § 8 [X.] 2012 eine überwiegende Tätigkeit in der Glas- und Fassadenreinigung, der Reinigung und Pflege von Verkehrsanlagen und Verkehrseinrichtungen oder von [X.], die der Kläger sämtlich unstreitig nicht ausübt.

3. Entgegen der Auffassung der Revision erfüllt allein der Umstand, dass er eine Vergütung nach der Lohngruppe 6 [X.] erhalten hat, nicht die tariflichen Voraussetzungen. § 2 Abs. 2 Fall 2 [X.] verweist vielmehr insgesamt auf Fall 1 - „Lohngruppe 6: Beschäftigte der Lohngruppe 6 (gemäß [X.])“ - und nicht - wie der Kläger meint - bloß auf „Beschäftigte der Lohngruppe 6“. Einer Wiederholung des Klammerzusatzes - „(gemäß [X.])“ - war daher in der Formulierung der Lohngruppe 6a [X.] entbehrlich.

4. Die tarifvertragliche Systematik bestätigt diese Auslegung.

a) Nach § 2 Abs. 1 [X.] sind für die Eingruppierung die Bestimmungen des jeweils geltenden Rahmentarifvertrags maßgebend. Der einschlägige § 8 Nr. 3.1.1 [X.] 2012 stellt auf die tatsächlich ausgeübte überwiegende Tätigkeit ab. Dies haben die Tarifvertragsparteien, wie das [X.] zutreffend ausgeführt hat, durch den Klammerzusatz in der Lohngruppe 6 [X.] - „gemäß [X.]“ - nochmals betont.

b) Für die Annahme der Revision, die Tarifvertragsparteien hätten (allein) für die Lohngruppe 6a [X.] eine Ausnahme von den übrigen ausnahmslos geltenden tariflichen Eingruppierungsgrundsätzen geschaffen, fehlt es an ausreichenden Anhaltspunkten. Zwar ist es zutreffend, wenn der Kläger ausführt, die Lohngruppe 6a [X.] sei keine „Lohngruppe des [X.]“. Gleichwohl bleiben aber die tariflichen Eingruppierungsbestimmungen durch die [X.] in § 2 Abs. 2 Fall 2 [X.] auf Fall 1, der wiederum die „Lohngruppe 6 (gemäß [X.])“ in Bezug nimmt, maßgebend. Die Lohngruppe 6a [X.] enthält auch gegenüber der Lohngruppe 6 [X.] 2012 keine weiteren inhaltlichen Anforderungen an die Tätigkeit, sondern fordert - lediglich - eine „dreimonatige Tätigkeit im Gebäudereiniger-Handwerk“ als weitere Voraussetzung für den Entgeltanspruch.

5. Die vom Kläger vertretene Auffassung ist schließlich nicht mit Sinn und Zweck der tariflichen Eingruppierungsregelungen des [X.], auf die § 2 Abs. 1 [X.] verweist, zu vereinbaren. Danach wäre nicht mehr die Tätigkeit für die zutreffende Eingruppierung maßgebend, sondern eine davon abweichende individualvertragliche Vereinbarung oder gar nur eine tatsächlich geleistete Vergütung. Weder der [X.] noch der [X.] 2012 weisen Anhaltspunkte auf, dass auch solche Fallgestaltungen für den tarifvertraglich geregelten Entgeltanspruch maßgebend sein sollen.

III. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Eylert    

        

    Rinck    

        

    Treber    

        

        

        

    Hess    

        

    Drechsler    

                 

Meta

4 AZR 641/13

30.09.2015

Bundesarbeitsgericht 4. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Ludwigshafen, 12. September 2012, Az: 8 Ca 770/12, Urteil

§ 1 TVG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 30.09.2015, Az. 4 AZR 641/13 (REWIS RS 2015, 4640)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 4640

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

4 AZR 272/11 (Bundesarbeitsgericht)

Eingruppierung einer Laborspülkraft - Unterhaltsreinigung


4 AZR 139/10 (Bundesarbeitsgericht)

Anrechnung von Arbeitgeberleistungen auf den tariflichen Mindestlohn


9 (16) Sa 71/06 (Landesarbeitsgericht Düsseldorf)


9 (15) Sa 70/06 (Landesarbeitsgericht Düsseldorf)


4 AZR 456/18 (Bundesarbeitsgericht)

Eingruppierung eines Sicherheitsmitarbeiters im Pförtnerdienst - Verlangen einer Ausbildung in Erster Hilfe und im Brand- …


Referenzen
Wird zitiert von

11 Sa 248/16

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.