Bundesgerichtshof, Beschluss vom 16.02.2016, Az. 5 StR 10/16

5. Strafsenat | REWIS RS 2016, 16237

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Gegenstand

Revision im Strafverfahren: Anforderungen an die Verfahrensrüge betreffend ein Verwertungsverbot hinsichtlich erlangter Erkenntnisse bei einer Telekommunikationsüberwachung


Tenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 23. Februar 2015 wird nach § 349 Abs. 2 StPO mit der Maßgabe (§ 349 Abs. 4 StPO) als unbegründet verworfen, dass von der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe ein Monat als vollstreckt gilt.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Die auf die Sachbeschwerde und die Beanstandung der Verletzung formellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten erzielt den aus der [X.] ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 [X.].

2

1. Der Senat geht von einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung von rund sechs Monaten nach Urteilsverkündung aus. Im Hinblick darauf, dass sich der Angeklagte in dieser Zeit in Untersuchungshaft befunden hat, erscheint eine Kompensation von einem Monat der Gesamtfreiheitsstrafe erforderlich und angemessen. Diese kann der Senat in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1a Satz 2 [X.] selbst aussprechen (vgl. [X.], Beschluss vom 12. Februar 2015 – 4 StR 391/14 Rn. 4 mwN).

3

2. Zur Rüge betreffend ein Verwertungsverbot hinsichtlich der bei der Überwachung der Telekommunikation ab dem 20. Juni 2014 erlangten Erkenntnisse ist ergänzend zur Antragsschrift des [X.] vom 14. Januar 2016 Folgendes zu bemerken:

4

a) Die Rüge ist bereits nicht zulässig nach § 344 Abs. 2 Satz 2 [X.] erhoben. Der Beschwerdeführer bezieht sich zur Begründung seines Vorbringens auf Durchsuchungsbeschlüsse des [X.] vom 19. und 20. Juni 2014, auf Vermerke sowie einen Zwischenbericht eines Polizeibeamten vom 20. bzw. 26. Juni 2014, auf Vermerke des zuständigen Staatsanwalts und eines Oberstaatsanwalts jeweils vom 20. Juni 2014 und auf den Durchsuchungsbericht betreffend das Objekt [X.] (vgl. [X.] bis 11). Keines dieser Dokumente wird jedoch durch die Revision in einer Weise mitgeteilt, die dem Senat eine eigene Bewertung ermöglichen würde. Die vollständige Kenntnis der einschlägigen Unterlagen wäre jedoch zumindest für die Beurteilung der Frage unabdingbar gewesen, ob die durch den Beschwerdeführer geltend gemachten [X.] ein Beweisverwertungsverbot nach sich ziehen (vgl. auch [X.], Beschluss vom 24. Januar 2012 – 4 [X.]). Die Vorlage eines Beschlusses und des Urteils aus dem Parallelverfahren vermag keinen Ausgleich zu schaffen. Soweit der Beschwerdeführer meint, es obliege dem Senat, die maßgebenden Tatsachen im Freibeweisverfahren zu ermitteln, verkennt er, dass dies nur aufgrund einer zulässig erhobenen Verfahrensrüge zu erfolgen hat, an der es hier aber fehlt.

5

b) Der [X.] weist mit Recht darauf hin, dass nach ständiger Rechtsprechung des [X.] der Verwertung der Erkenntnisse aus einer Telekommunikationsüberwachung grundsätzlich widersprochen werden muss, um sich das [X.] zu erhalten (vgl. [X.]/[X.], [X.], 58. Aufl., § 100a Rn. 39 mwN). Der Senat neigt der Auffassung zu, dass diese Voraussetzung auch dann zu wahren ist, wenn – wie vorliegend – eine täuschungsähnliche Situation behauptet wird, aus der der Beschwerdeführer ein umfassendes Beweisverwertungsverbot hinsichtlich sämtlicher weiterer Überwachungsmaßnahmen herleitet (vgl. auch [X.], Beschluss vom 20. Dezember 1995 – 5 [X.], [X.], 290, 291). Dies gilt zumal dann, wenn die Zwangsmaßnahmen für sich genommen auf ordnungsgemäß zustande gekommenen richterlichen Anordnungen beruhen.

6

c) Auf Fragen der Begründetheit der Beanstandung kommt es nach alldem nicht mehr an.

[X.]                        König                        Berger

                    Bellay                       Feilcke

Meta

5 StR 10/16

16.02.2016

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Berlin, 23. Februar 2015, Az: 528 KLs 36/14

§ 100a StPO, § 344 Abs 2 S 2 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 16.02.2016, Az. 5 StR 10/16 (REWIS RS 2016, 16237)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 16237

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