Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 13.10.2014, Az. 4 B 11/14

4. Senat | REWIS RS 2014, 2243

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Gegenstand

Anrechnung der Dauer der Zurückstellung eines Baugesuchs auf die Dauer einer nachfolgenden Veränderungssperre (§ 17 Abs. 1 Satz 2 BauGB)


Tenor

Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das [X.] vom 12. Dezember 2013 wird insoweit, als es den Hilfsantrag der Klägerin betrifft, und in der Kostenentscheidung aufgehoben.

Insoweit wird die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.

Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 78 637,50 € festgesetzt.

Gründe

I

1

Gegenstand der Nichtzulassungsbeschwerde ist der vom Oberverwaltungsgericht abgelehnte Hilfsantrag der Klägerin auf Feststellung, dass sie bis zum Inkrafttreten des [X.]ebauungsplans [X.] - [X.] - der [X.]eklagten am 15. Februar 2007 einen Anspruch auf Erteilung des am 9. November 2004 beantragten bauplanungsrechtlichen [X.] zur Errichtung einer Verkaufsstätte überwiegend für Lebensmittel besessen habe. Das Oberverwaltungsgericht hat den Anspruch verneint, weil dem Vorhaben die das Plangebiet betreffende Veränderungssperre entgegengestanden habe, die der Rat der [X.]eklagten am 25. Januar 2005 beschlossen und mit [X.]eschluss vom 26. Januar 2006 verlängert habe. Auf die Geltungsdauer der Veränderungssperre seien keine [X.]räume der Zurückstellung von [X.] anzurechnen. Die förmliche und eine möglich faktische Zurückstellung der [X.]auvoranfrage eines anderen [X.]auwilligen (im Folgenden: [X.]) im Jahr 2000 sei, auch wenn man eine grundstücksbezogene [X.]etrachtung anstelle, schon deshalb nicht zugunsten der Klägerin fristverkürzend zu berücksichtigen, weil der damalige [X.] seine [X.]auvoranfrage nach einer Verständigung mit der [X.] zurückgenommen habe. Gebe ein [X.] aus freien Stücken seine [X.]auabsichten auf, habe sich die Wirkung der Zurückstellung seines [X.]auvorhabens auch in [X.]ezug auf die [X.] des § 17 Abs. 1 Satz 2 [X.]auG[X.] erledigt. Auch der [X.]raum ab der ersten Zurückstellung der [X.]auvoranfrage der Klägerin vom 17. Oktober 2003 sei auf die Geltungsdauer der Veränderungssperre nicht anzurechnen. Zwar habe die [X.]eklagte das [X.]augesuch unter dem 12. Dezember 2003 zunächst förmlich zurückgestellt und erst mit [X.]escheid vom 27. Mai 2004 mangels Sachbescheidungsinteresses abgelehnt. Gleichwohl seien insoweit keine [X.]en gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 [X.]auG[X.] auf die Dauer der Veränderungssperre anzurechnen, weil das zurückgestellte [X.]augesuch ein offensichtlich nicht genehmigungsfähiges [X.]auvorhaben betroffen habe. Könne der [X.]auwillige das zur Genehmigung gestellte [X.]auvorhaben offenkundig nicht realisieren, führe die konkrete Zurückstellung des [X.]auvorhabens nicht zu dem typischerweise mit einer Zurückstellung verbundenen Schwebezustand und der damit einhergehenden Nutzungsbeschränkung für den [X.]auwilligen, die durch die Anrechnung des [X.]raums der Zurückstellung auf die Veränderungssperre ausgeglichen werden solle. Abgesehen davon ergäbe sich hier auch dann kein anderes Ergebnis, wenn die [X.]en der Zurückstellung offensichtlich nicht genehmigungsfähiger Vorhaben nach § 17 Abs. 1 Satz 2 [X.]auG[X.] anzurechnen seien. [X.] sei dann der [X.]raum von der förmlichen Zurückstellung des [X.]augesuchs von Dezember 2003 bis Mai 2004. Für die [X.] danach habe sich die Zurückstellung durch die Ablehnung des Antrags erledigt. Auch bei einer Anrechnung des [X.] von Dezember 2003 bis Mai 2004 wäre die individuell berechnete Geltungsdauer der am 15. Februar 2005 in [X.] getretenen Veränderungssperre ihre individuell berechnete Geltungsdauer - unter [X.]erücksichtigung ihrer möglichen Verlängerung - nicht über den maximal zulässigen [X.]raum von drei Jahren hinausgegangen.

2

Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen richtet sich die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO gestützte, inhaltlich beschränkte Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin.

II

3

Die [X.]eschwerde hat Erfolg.

4

1. Die Revision ist allerdings nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche [X.]edeutung, die ihr die Klägerin beimisst.

5

a) Die Frage,

ob § 17 Abs. 1 Satz 2 [X.]auG[X.] grundstücksbezogen auszulegen, also bei der Ermittlung des [X.]raums, der gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 [X.]auG[X.] auf die Dauer der Veränderungssperre anzurechnen ist, auch die [X.] zu berücksichtigen ist, in der das [X.]augesuch eines [X.] zurückgestellt wurde, das ein anderes Vorhaben betraf,

rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision, weil sie sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen würde. Das Oberverwaltungsgericht hat die Anrechnung des [X.]raums der Zurückstellung der [X.]auvoranfrage vom 30. März 2000 nicht deshalb abgelehnt, weil es einer grundstücksbezogenen Auslegung des § 17 Abs. 1 Satz 2 [X.]auG[X.] eine Absage erteilt hat, sondern wegen der Rücknahme der [X.]auvoranfrage durch den [X.] ([X.] 33).

6

b) Die Frage,

ob es Voraussetzung für die Anwendung des § 17 Abs. 1 Satz 2 [X.]auG[X.] ist, dass der ursprüngliche Antragsteller (ununterbrochen oder jedenfalls bis zum Inkrafttreten der Veränderungssperre) an seinem ursprünglich zur Genehmigung gestellten Vorhaben festhält,

gegebenenfalls ergänzt um die weiteren Fragen,

ob das auch dann gilt, wenn der ursprüngliche Antragsteller zwar den [X.]auantrag mit Einverständnis des Grundstückseigentümers gestellt hat, aber nicht Grundstückseigentümer ist, und

ob es einen Unterschied macht, ob die Aufgabe des Vorhabens aus freien Stücken erfolgt ist,

führt ebenfalls nicht zur Zulassung der Revision.

7

Die Ausgangsfrage lässt sich, soweit sie entscheidungserheblich ist, bejahen, ohne dass es der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf. Zu Recht verlangt das Oberverwaltungsgericht für die Anwendbarkeit des § 17 Abs. 1 Satz 2 [X.]auG[X.], dass sich die [X.]elastung durch eine - gegebenenfalls auch faktische - Zurückstellung eines [X.]augesuchs in der Veränderungssperre fortsetzt, und verneint sie, wenn es deshalb an einer fortwirkenden [X.]elastung durch die Zurückstellung fehlt, weil das zurückgestellte [X.]auvorhaben vor Inkrafttreten einer Veränderungssperre freiwillig aufgegeben worden ist ([X.] 34).

8

Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 [X.]auG[X.] hat die [X.]augenehmigungsbehörde auf Antrag der [X.] die Entscheidung über die Zulässigkeit von Vorhaben für einen [X.]raum von bis zu zwölf Monaten auszusetzen, wenn zu befürchten ist, dass die Durchführung der Planung durch das Vorhaben unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert werden würde und eine Veränderungssperre nach § 14 [X.]auG[X.] nicht beschlossen wird, obwohl die Voraussetzungen gegeben sind, oder eine beschlossene Veränderungssperre noch nicht in [X.] getreten ist. Sinn und Zweck der Zurückstellung liegen insbesondere darin, ein [X.]augenehmigungs- oder [X.]auvoranfrageverfahren vorübergehend offen zu halten (Urteil vom 30. Juni 2011 - [X.]VerwG 4 [X.] 10.10 - [X.] 406.11 § 15 [X.]auG[X.] Nr. 7 Rn. 8) und die [X.] bis zum Erlass einer Veränderungssperre zu überbrücken ([X.], in: [X.]/[X.], [X.]auplanungsrecht, 8. Aufl. 2014, Rn. 2591).

9

§ 17 Abs. 1 Satz 2 [X.]auG[X.], der an § 15 Abs. 1 [X.]auG[X.] anknüpft und anordnet, dass auf die Geltungsdauer der Veränderungssperre der seit der Zustellung der ersten Zurückstellung eines [X.]augesuchs abgelaufene [X.]raum anzurechnen ist, beruht auf der Überlegung, dass die für eine Veränderungssperre maßgeblichen allgemeinen Fristbestimmungen in den Fällen einer Ergänzung bedürfen, in denen ein Grundstückseigentümer oder [X.]auwilliger schon vor der satzungsrechtlichen Anordnung einer Veränderungssperre durch die Zurückstellung seines [X.]augesuchs daran gehindert wird, von den Nutzungsmöglichkeiten Gebrauch zu machen, zu denen das materielle [X.]aurecht an sich Gelegenheit bietet ([X.]eschluss vom 25. März 2003 - [X.]VerwG 4 [X.] - [X.] 406.11 § 17 [X.]auG[X.] Nr. 9 S. 2). Den Interessen des durch eine solche Maßnahme [X.]etroffenen trägt die Regelung dadurch Rechnung, dass der [X.]eginn der Geltungsdauer der Veränderungssperre zu seinen Gunsten individuell vorverlegt wird (Urteil vom 10. September 1976 - [X.]VerwG 4 [X.] 39.74 - [X.] 406.11 § 14 [X.][X.]auG Nr. 7 S. 17 f. ; [X.]eschlüsse vom 27. April 1992 - [X.]VerwG 4 N[X.] 11.92 - [X.] 406.11 § 17 [X.]auG[X.] Nr. 5 S. 10 und vom 30. Oktober 1992 - [X.]VerwG 4 N[X.] 44.92 - [X.] 406.11 § 17 [X.]auG[X.] Nr. 6 S. 14) und die Veränderungssperre damit auch eher als für andere endet. § 17 Abs. 1 Satz 2 [X.]auG[X.] ist auf den Ablauf [X.] zugeschnitten. Die [X.]estimmung verhindert, dass das [X.]augesuch mit einer zeitlich zu lang ausgedehnten Sperre belegt wird (Urteil vom 10. September 1976 a.a.[X.]), und stellt diejenigen, deren [X.]augesuch nacheinander von einer Zurückstellung und einer Veränderungssperre erfasst wird, denjenigen gleich, deren [X.]augesuch ohne Vorschaltung einer Zurückstellung unmittelbar mit einer Veränderungssperre belegt wird. Für beide Gruppen von [X.]auwilligen ist damit die Dauer einer vorübergehenden [X.]eschränkung der [X.]odennutzung identisch.

Für eine Anrechnung der Geltungsdauer einer Zurückstellung auf die Geltungsdauer einer nachfolgenden Veränderungssperre besteht indes kein rechtfertigender Grund, wenn ein [X.]augesuch während oder nach der Geltungsdauer einer Zurückstellung, aber noch vor Inkrafttreten der Veränderungssperre zurückgenommen wird. Mit der Rücknahme ist das [X.]augenehmigungsverfahren beendet und wird der Verfahrenslauf [X.] vor dem letzten Abschnitt abgebrochen. Ein [X.]augesuch, das in der Addition der Geltungsdauern von Zurückstellung und Veränderungssperre ohne die Regelung in § 17 Abs. 1 Satz 2 [X.]auG[X.] mit einer zeitlich zu lang ausgedehnten Sperre belegt würde, gibt es nicht mehr. Dem Oberverwaltungsgericht ist deshalb darin beizupflichten, dass sich die Wirkung der Zurückstellung des [X.]auvorhabens auch in [X.]ezug auf die [X.] des § 17 Abs. 1 Satz 2 [X.]auG[X.] erledigt hat, wenn ein [X.] seine [X.]auabsichten vor Inkrafttreten der Veränderungssperre aufgibt ([X.] 33). Eine Divergenz zum Urteil des [X.] vom 8. November 2002 - 3 [X.]/02 - ([X.]) liegt nicht vor, weil in jenem Fall der [X.]auwillige den [X.]auantrag erst nach Inkrafttreten der Veränderungssperre zurückgenommen hatte und der [X.]hof die sich hier nicht stellende Frage beantworten musste und verneint hat, ob Voraussetzung für die [X.]erücksichtigung der Dauer einer Zurückstellung bei der individuellen [X.]erechnung der Geltung einer Veränderungssperre ist, dass der [X.]etroffene bis zum Ablauf der Veränderungssperre an seinem ursprünglichen [X.]auvorhaben festhält.

Aus dem Vorgesagten folgt unmittelbar, dass die ergänzende Frage, ob es einen Unterschied macht, wenn nicht der Eigentümer, sondern ein Dritter den [X.]auantrag gestellt hat und nachfolgend zurücknimmt, zu verneinen ist. Auch in einem solchen Fall findet unter den [X.]edingungen der Ausgangsfrage keine Anrechnung nach § 17 Abs. 1 Satz 2 [X.]auG[X.] statt.

Die ergänzende Frage, ob der [X.]raum der Zurückstellung auf die Geltungsdauer der Veränderungssperre auch dann nicht anzurechnen ist, wenn der ursprüngliche Antragsteller den [X.]auantrag mit Einverständnis des Grundstückseigentümers gestellt hat, rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision, weil sie auf einen Sachverhalt gemünzt ist, den das Oberverwaltungsgericht nicht festgestellt hat. Nach der Rechtsprechung des [X.] scheidet die Zulassung der Revision aus, wenn ein [X.]erufungsgericht eine Tatsache nicht festgestellt hat, die für die Entscheidung der angesprochenen Rechtsfrage erheblich sein würde, sondern lediglich die Möglichkeit besteht, dass die Rechtsfrage nach Zurückverweisung der Sache aufgrund weiterer Sachaufklärung entscheidungserheblich werden könnte (vgl. [X.]eschluss vom 28. Dezember 1998 - [X.]VerwG 9 [X.] - juris Rn. 6; [X.]eschluss vom 28. November 2005 - [X.]VerwG 4 [X.] 66.05 - Zf[X.]R 2006, 159).

Auf die weitere Frage, ob der Ausschluss der Anrechnung nach § 17 Abs. 1 Satz 2 [X.]auG[X.] von der Freiwilligkeit der Erklärung des [X.]auwilligen abhängt, den [X.]auantrag zurückzunehmen, und nicht eintritt, wenn die [X.]augenehmigungsbehörde den [X.]auwilligen zur Rücknahme des [X.]auantrags gezwungen hat, ist im Sinne der Klägerin zu antworten, dass der [X.]raum einer Zurückstellung trotz Rücknahme eines [X.]auantrags vor [X.]eginn einer Veränderungssperre jedenfalls dann auf deren Geltungsdauer anzurechnen ist, wenn die Rücknahme auf einen Willensmangel des Erklärenden beruht, den die [X.]augenehmigungsbehörde verursacht hat. Im Grundsatz muss sich der Erklärende allerdings an seiner Rücknahme festhalten lassen.

c) Die Frage,

ob eine tatsächlich erfolgte Zurückstellung bei der Anwendung des § 17 Abs. 1 Satz 2 [X.]auG[X.] schon dann außer [X.]etracht bleiben kann, wenn stattdessen auch eine Ablehnung des [X.]augesuchs hätte erfolgen können,

nötigt nicht zur Zulassung der Revision, weil sie in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht entscheidungserheblich wäre. Das Oberverwaltungsgericht hat auch für den Fall, dass die [X.]en der Zurückstellung offensichtlich nicht genehmigungsfähiger Vorhaben nach § 17 Abs. 1 Satz 2 [X.]auG[X.] anzurechnen wären, den geltend gemachten Anspruch der Klägerin auf Feststellung, bis zum Inkrafttreten des [X.]ebauungsplans [X.] - F.-Straße - der [X.]eklagten am 15. Februar 2007 einen Anspruch auf Erteilung des am 9. November 2004 beantragten bauplanungsrechtlichen [X.] zur Errichtung einer Verkaufsstätte überwiegend für Lebensmittel besessen zu haben, verneint. Die [X.]egründung, dass auch bei einer Anrechnung des [X.] von Dezember 2003 bis Mai 2004 die individuell berechnete Geltungsdauer der Veränderungssperre - unter [X.]erücksichtigung ihrer möglichen Verlängerung - nicht über den maximal zulässigen [X.]raum von drei Jahren hinausgegangen sei ([X.] 36 5. Absatz), trägt das Urteil eigenständig. Ist die vorinstanzliche Entscheidung auf mehrere selbständig tragende [X.]egründungen gestützt, so kann die Revision nur zugelassen werden, wenn hinsichtlich jeder dieser [X.]egründungen ein Revisionszulassungsgrund aufgezeigt wird und vorliegt (vgl. [X.]eschluss vom 9. Dezember 1994 - [X.]VerwG 11 PKH 28.94 - [X.] 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 4; stRspr). Wenn nur bezüglich einer [X.]egründung ein Zulassungsgrund gegeben ist, kann diese [X.]egründung nämlich hinweggedacht werden, ohne dass sich der Ausgang des Verfahrens ändert.

Die Klägerin greift die zusätzliche [X.]egründung zwar mit der [X.] an, diese bleibt jedoch erfolglos. Zu Unrecht macht die Klägerin geltend, das Oberverwaltungsgericht habe sie im Vorfeld seines Urteils nicht darauf aufmerksam gemacht, dass der [X.]raum der Zurückstellung ihrer [X.]auvoranfrage vom 17. Oktober 2003 zu kurz sei, um sich im Ergebnis auszuwirken. Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] (vgl. etwa [X.]eschlüsse vom 8. August 1994 - [X.]VerwG 6 [X.] 87.93 - [X.] 421.0 Prüfungswesen Nr. 335 = juris Rn. 5, vom 26. Juni 1998 - [X.]VerwG 4 [X.] 19.98 - juris Rn. 5, vom 28. Dezember 1999 - [X.]VerwG 9 [X.] 467.99 - [X.] 310 § 86 Abs. 3 VwGO Nr. 51 = juris Rn. 2, vom 13. März 2003 - [X.]VerwG 5 [X.] 253.02 - NVwZ 2003, 1125 = juris Rn. 17 und vom 29. Januar 2010 - [X.]VerwG 5 [X.] 21.09, 5 PKH 16.09 - [X.] 310 § 86 Abs. 3 VwGO Nr. 61 Rn. 18) muss ein Gericht die [X.]eteiligten grundsätzlich nicht vorab auf seine Rechtsauffassung oder die beabsichtigte Würdigung des Prozessstoffs hinweisen, weil sich die tatsächliche und rechtliche Würdigung regelmäßig erst aufgrund der abschließenden [X.]eratung ergibt. Dass vorliegend ausnahmsweise etwas anderes gelten könnte, ist nicht ersichtlich. Außerdem legt die Klägerin nicht dar, dass das Urteil hinsichtlich der zusätzlichen [X.]egründung auf dem behaupteten Gehörsverstoß beruht. Sie zeigt nicht auf, mit welchen Argumenten sie der Erwägung, dass auch bei einer Anrechnung des [X.] von Dezember 2003 bis Mai 2004 die individuell berechnete Geltungsdauer der Veränderungssperre vom 15. Februar 2005 - unter [X.]erücksichtigung ihrer möglichen Verlängerung - nicht über den maximal zulässigen [X.]raum von drei Jahren hinausgegangen wäre, entgegengetreten wäre, wenn das Oberverwaltungsgericht sie spätestens in der mündlichen Verhandlung offen gelegt hätte.

2. Die Klägerin macht aber zu Recht als Verfahrensfehler im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO geltend, dass das Oberverwaltungsgericht ihre Einwände gegen den schon vom Verwaltungsgericht mitgeteilten [X.]efund, die [X.] habe, wie dem Gericht aus einem zwischen der [X.] und der [X.]eklagten geführten Verwaltungsstreitverfahren bekannt sei, ihr [X.]augesuch aus freien Stücken zurückgenommen, nicht zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen und dadurch ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt hat.

Das Oberverwaltungsgericht hat den Rechtssatz aufgestellt, dass sich die Wirkung der Zurückstellung eines [X.]auvorhabens auch in [X.]ezug auf die [X.] des § 17 Abs. 1 Satz 2 [X.]auG[X.] erledigt hat, wenn ein [X.] aus freien Stücken seine [X.]auabsichten aufgibt, und in tatsächlicher Hinsicht im Einklang mit dem Verwaltungsgericht festgestellt, dass die [X.] ihre [X.]auvoranfrage nach einer Verständigung mit der [X.]eklagten aus eigenem Entschluss zurückgezogen hatte ([X.] 33). Im Antrag auf Zulassung der [X.]erufung hatte die Klägerin geltend gemacht, es sei ihr nicht möglich, die Schlussfolgerung des [X.] nachzuvollziehen, die [X.] habe ihre [X.] aus freien Stücken aufgegeben; denn die zugrunde liegenden Abreden zwischen der [X.] und der [X.]eklagten und die Umstände seien im Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils nicht geschildert und in den Entscheidungsgründen nicht näher erläutert. Gerüchte, die ihr zu Ohren gekommen seien, sprächen eher gegen Freiwilligkeit. Angeblich habe sich die [X.] durch die resolute Unterbindung jeder neuen Ansiedlung von [X.] in der Stadt [X.]. von der [X.]eklagten in die Enge getrieben und veranlasst gesehen, mit der [X.]eklagten einen „Kuhhandel" zu schließen, der ihr wenigstens die Realisierung einiger Vorhaben (unter Opferung anderer Vorhaben) ermöglicht habe. Dies stelle offensichtlich keine Aufgabe einer Nutzungsabsicht aus freien Stücken dar, sondern letztlich eine teilweise Kapitulation vor der [X.]eklagten, die durch ihre Zurückstellungen und Veränderungssperren „am längeren Hebel" gesessen habe (Schriftsatz vom 18. Februar 2008 S. 35 f.). In der [X.]erufungsbegründung ist die Klägerin auf das Thema zurückgekommen und hat die Opferung potentieller Standorte für die Errichtung von [X.] für die Genehmigung der Ansiedlung an anderer Stelle als erzwungene Einigung bezeichnet (Schriftsatz vom 6. April 2009 S. 25).

Das Oberverwaltungsgericht hat sich auf die Feststellung beschränkt, die [X.] habe ihre [X.]auabsichten nach einer Verständigung mit der [X.]eklagten aus eigenem Entschluss und freien Stücken aufgegeben. Damit ist es dem Anspruch der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs nicht gerecht geworden. Zwar ist davon auszugehen, dass die Gerichte das Vorbringen der [X.]eteiligten zur Kenntnis nehmen und in Erwägung ziehen, und verpflichten Art. 103 Abs. 1 GG und § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO nicht, dass sich die Gerichte mit jedem Vortrag der [X.]eteiligten in den Gründen ausdrücklich auseinandersetzen. Das Schweigen der Urteilsgründe zu Einzelheiten des [X.] rechtfertigt deshalb allein noch nicht den Schluss, dass ein Gericht ihn nicht zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Wenn sich aber aus den besonderen Umständen des Falls deutlich ergibt, dass ein Gericht seine Pflicht zur Kenntnisnahme und Erwägung entscheidungserheblichen Tatsachenstoffs verletzt hat, kann ein Gehörsverstoß festgestellt werden ([X.]eschluss vom 5. Februar 1999 - [X.]VerwG 9 [X.] 797.98 - [X.] 310 § 108 Abs. 2 VwGO Nr. 4 S. 3). So liegt es hier. Die Klägerin hat sowohl in ihrem Antrag auf Zulassung der [X.]erufung als auch in der [X.]erufungsbegründung dargelegt, aus welchen Gründen sie bezweifelt, dass die [X.] ihre [X.]auvoranfrage aus eigenem Entschluss und freien Stücken zurückgezogen hat. Die Darlegungen sind nach Art und Umfang nicht am Rand in die Schriftsätze eingeflossen, sondern gehören zum [X.] des Vorbringens, auf dessen [X.]erücksichtigung die Klägerin erkennbar Wert gelegt hat und auf den das Oberverwaltungsgericht zur Vermeidung eines Gehörsverstoßes hätte eingehen müssen.

Eine Auseinandersetzung mit dem Vortrag der Klägerin wäre entbehrlich gewesen, wenn er nach dem rechtlichen Standpunkt des [X.] unerheblich oder offensichtlich unsubstantiiert war (vgl. [X.]VerfG, [X.]eschluss vom 19. Mai 1992 - 1 [X.]vR 986/91 - [X.]VerfGE 86, 133 <146>). Das lässt sich jedoch nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen. Das Oberverwaltungsgericht hat die [X.]egriffe „aus eigenem Entschluss" und „aus freien Stücken" nicht definiert. Es ist deshalb nicht sicher, dass das Oberverwaltungsgericht den Vortrag der Klägerin deshalb für nicht entscheidungserheblich gehalten hat, weil nach seinem Verständnis die von der Klägerin behauptete Drucksituation, der die [X.] durch die [X.]eklagte ausgesetzt gewesen sein soll, die Rücknahme des [X.]augesuchs aus eigenem Entschluss und aus freien Stücken nicht in Frage stellt. Auch ist nicht sicher, dass das Oberverwaltungsgericht dem Vortrag, etwa weil er auf [X.] beruht, keine greifbaren Anhaltspunkte dafür hat entnehmen können, dass die [X.] das [X.]augesuch aus einer Zwangslage heraus zurückgenommen hat.

Da die Verfahrensrüge erfolgreich ist, kann offen bleiben, ob auch mit dem weiteren Vorwurf der Klägerin, das Oberverwaltungsgericht habe ihren Vortrag zur Personenverschiedenheit der Eigentümer des [X.]augrundstücks und der [X.] übergangen, ein Verfahrensmangel ordnungsgemäß dargelegt ist und vorliegt.

Aus Gründen der Verfahrensbeschleunigung macht der Senat von seiner [X.]efugnis aus § 133 Abs. 6 VwGO Gebrauch, die Sache, soweit sie nicht rechtskräftig abgeschlossen ist, zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1, § 47 Abs. 1 und 3 VwGO. Obwohl Gegenstand der Nichtzulassungsbeschwerde nur der Hilfsantrag ist, mit dem die Klägerin beim Oberverwaltungsgericht keinen Erfolg hatte, ist der Streitwert gegenüber dem vorinstanzlich festgesetzten Streitwert nicht zu reduzieren; denn nach Nr. 1.3 des aktuellen Streitwertkatalogs für die [X.]barkeit (abgedruckt bei [X.]/von [X.], VwGO, 16. Aufl. 2014, § 165 Rn. 19), an dessen Empfehlungen sich der Senat im Interesse der Einheitlichkeit und Vorhersehbarkeit von Streitwertentscheidungen zu halten pflegt, sind Feststellungsklagen und Fortsetzungsfeststellungsklagen in der Regel ebenso zu bewerten wie eine auf das vergleichbare Ziel gerichtete Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage.

Meta

4 B 11/14

13.10.2014

Bundesverwaltungsgericht 4. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 12. Dezember 2013, Az: 10 A 332/08, Urteil

§ 17 Abs 1 S 2 BauGB, § 15 Abs 1 S 1 BauGB, § 14 BauGB

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 13.10.2014, Az. 4 B 11/14 (REWIS RS 2014, 2243)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 2243

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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