Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 31.05.2007, Az. III ZR 22/06

III. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 3620

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 22/06 Verkündet am: 31. Mai 2007 K i e f e r Justizangestellter als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit - 2 - Der II[X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 31. Mai 2007 durch [X.] und [X.] [X.], [X.], [X.] und [X.] für Recht erkannt: Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil des 6. Zivil-senats des [X.] vom 12. Januar 2006 aufgehoben und das Vorbehaltsurteil der [X.] für Han-delssachen des [X.] vom 19. Januar 2005 abgeändert. Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Von Rechts wegen Tatbestand Aufgrund eines Konzessionsvertrages vom 16. September 1997 hatte die Beklagte als [X.]händler der Klägerin deren Produkte in [X.] zu verkaufen. In dem Konzessionsvertrag hieß es unter anderem (Übersetzung des in italienisch abgefassten Originals): 1 "Art. 21 - Geltendes Recht - Gerichtsstand - 3 - 21.1 Für den vorliegenden Vertrag gilt das [X.] Recht. 21.2 Bei Streitfällen und Streitigkeiten, die sich aus dem [X.] ergeben, oder von Streitfragen wegen der Abfassung des [X.] oder einer dessen Klauseln werden die [X.]partner sich einem Schiedsspruch von drei Schiedsrichtern fügen, deren jeweils einer von beiden [X.] und deren Dritter vom Präsidenten der Handelskammer St. bestellt wird. Außerdem gilt die Ordnung des Schiedsgerichts der internationalen Handelskammer in [X.]." Aus Lieferungen der Klägerin an die Beklagte, die im Rahmen des [X.] erfolgten, waren bis zum 12. September 2003 offene Forde-rungen der Klägerin in Höhe von 1.781.478,02 • aufgelaufen. Zur Erledigung dieser Forderungen trafen die Parteien am 19. September 2003 eine schriftliche Rückzahlungsvereinbarung. Die Beklagte erkannte darin an, der Klägerin den vorgenannten Betrag zu schulden, und verpflichtete sich, ihn in bestimmten [X.] abzuzahlen. 2 Gestützt auf die Rückzahlungsvereinbarung macht die Klägerin im Ur-kundenprozess einen Anspruch auf Zahlung von 500.000 • nebst Zinsen gel-tend. Die Beklagte hat die Einrede der Schiedsvereinbarung erhoben. 3 Das [X.] hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt und ihr die Ausführung ihrer Rechte im Nachverfahren vorbehalten. Die Berufung der [X.] blieb erfolglos. Mit der - von dem Senat zugelassenen - Revision [X.] die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage als unzulässig. 4 - 4 - Entscheidungsgründe Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung der vorinstanzlichen Urteile und Abweisung der Klage. 5 [X.] Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die [X.] stehe der Zu-lässigkeit der Klage nicht entgegen. Selbst wenn man - anders als das [X.] - davon ausgehe, dass die [X.] aus der Rückzah-lungsvereinbarung vom 19. September 2003 erfasse, sei nicht ersichtlich, dass sie die Klage in dem besonderen Regeln unterliegenden Urkundenprozess vor dem staatlichen Gericht verwehre. Das gelte nur ausnahmsweise. Zudem seien die in der [X.] vom 19. September 2003 niedergelegten [X.] schon ihrem Typus nach darauf angelegt, der erleichterten Durchsetzbarkeit bestehender Rechte zu dienen. 6 I[X.] Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Prüfung nicht stand. 7 Wird vor dem Gericht Klage in einer Angelegenheit erhoben, die Gegens-tand einer Schiedsvereinbarung ist, so hat das Gericht die Klage als unzulässig abzuweisen, sofern der Beklagte dies vor Beginn der mündlichen Verhandlung zur Hauptsache rügt (§ 1032 Abs. 1 ZPO). So liegt der Streitfall. 8 - 5 - 1. Das Berufungsgericht hat die [X.] für nicht durchgreifend gehalten, weil die in dem Konzessionsvertrag getroffene [X.] die vorliegende [X.] vor dem staatlichen Gericht nicht aus-schließe. Der Gläubiger eines urkundsmäßig verbrieften Rechtes verzichte re-gelmäßig nicht auf den besonderen Vorteil einer solchen vorläufigen [X.] gemäß den §§ 592 ff ZPO. 9 Diesen Erwägungen ist nicht zu folgen; sie stehen in Widerspruch zu dem in [X.], 376 veröffentlichten Senatsurteil vom 12. Januar 2006, das von dem Berufungsgericht allerdings noch nicht berücksichtigt werden konnte. 10 Nach dem Senatsurteil ist durch eine Schiedsvereinbarung grundsätzlich außer der ordentlichen Klage auch der gewöhnliche Urkundenprozess vor dem staatlichen Gericht abbedungen; die anders lautenden Grundsätze zum Wech-selprozess können nicht auf den (gewöhnlichen) Urkundenprozess übertragen werden (Senatsurteil aaO [X.] ff). Da das Berufungsgericht ein gegenteiliges Regel-Ausnahme-Verhältnis angenommen hat, ist damit seinen Ausführungen zur Reichweite der Schiedsvereinbarung, wie die Revision zu Recht beanstan-det, die Grundlage entzogen. 11 2. Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als rich-tig dar (vgl. § 563 ZPO). 12 a) Es besteht kein Anhalt, dass die in dem Konzessionsvertrag vom 16. September 1997 getroffene [X.] abweichend von der vorbe-schriebenen Regel die Möglichkeit der [X.] vor dem staatlichen [X.] zugelassen hätte. Die Jahre später bezüglich offener Kaufpreisforderungen geschlossene Rückzahlungsvereinbarung vom 19. September 2003 enthält [X.] - 6 - nen Hinweis - auch das Berufungsgericht stellt insoweit nichts fest -, dass daran etwas hätte geändert werden sollen. Die Erwägung des Berufungsgerichts, durch dieses Rechtsgeschäft sollten die Forderungen vollstreckbar gemacht werden, geht wie die Revision zu Recht rügt, fehl. b) Die [X.] ist nicht deshalb als unbegründet zu erachten, weil die vorliegende Klage in einer Angelegenheit erhoben worden ist, die nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht Gegenstand der in dem [X.] getroffenen - die ordentliche Klage wie den (gewöhnlichen) Ur-kundenprozess vor dem staatlichen Gericht ausschließenden - Schiedsverein-barung ist (vgl. § 1032 Abs. 1 ZPO). Das Berufungsgericht hat nämlich offen gelassen, ob die Schiedsvereinbarung den Gegenstand des anhängigen Rechtsstreits ergreift. 14 3. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, weil er die [X.] selbst auszulegen befugt ist (vgl. Senatsurteil vom 4. Oktober 2001 - [X.]/00 - NJW-RR 2002, 387) - insoweit sind weitere Feststellungen nicht zu erwarten -, und weil die Sache im Übrigen zur Endentscheidung reif ist (vgl. § 563 Abs. 3 ZPO). 15 a) Eine Abrede, die Streitigkeiten aus einem Vertrag allgemein einem Schiedsgericht zuweist, ist - was das [X.] nicht hinreichend bedacht hat - grundsätzlich weit auszulegen (vgl. Senatsurteil vom 4. Oktober 2001 aaO m.w.N.). Das gilt auch für die hier zu beurteilende Klausel: 16 "Bei Streitfällen und Streitigkeiten, die sich aus dem vorliegenden Vertrag ergeben, – werden die [X.]parteien sich einem Schiedsspruch – fügen." (Art. 21.2 Satz 1 des Konzessionsver-trags) - 7 - Damit sind die sich aus dem Konzessionsvertrag "ergeben(den)" "Streit-fälle und Streitigkeiten" insgesamt in die Zuständigkeit des Schiedsgerichts ge-wiesen. 17 b) Bei dem Konzessionsvertrag handelte es sich um einen [X.]. Die Parteien schufen in Form des [X.]händlervertrages einen rechtli-chen Rahmen für ihre auf eine gewisse Dauer angelegte Geschäftsverbindung und die auf dieser Grundlage abzuschließenden Einzelverträge. Das spricht entscheidend dafür, dass die Schiedsklausel nicht nur für die (wohl eher selte-nen) Streitigkeiten aus dem Konzessionsvertrag, sondern - im Interesse einer einheitlichen Zuständigkeit des Schiedsgerichts (vgl. [X.], Urteil vom 10. Dezember 1970 - [X.] - BB 1971, 369, 370) - weiter für die ihn lau-fend vollziehenden Kaufverträge, die daraus resultierenden Ansprüche und die eventuell dazu getroffenen Vereinbarungen gelten sollte. Trifft der Konzessi-onsvertrag aber eine solche umfassende Schiedsvereinbarung, dann ist es oh-ne Belang, dass die Rückzahlungsvereinbarung vom 19. September 2003 selbst keine Schiedsklausel enthält. 18 - 8 - c) Erstreckt sich die Schiedsvereinbarung mithin auf den [X.], dann ist die Klage aufgrund der von der Beklagten rechtzeitig erhobenen [X.] gemäß § 1032 Abs. 1 ZPO als unzulässig abzuweisen. 19 [X.] [X.] [X.] [X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 19.01.2005 - 41 O 73/04 - [X.], Entscheidung vom [X.] - [X.] -

Meta

III ZR 22/06

31.05.2007

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 31.05.2007, Az. III ZR 22/06 (REWIS RS 2007, 3620)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 3620

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