Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.01.2006, Az. III ZR 214/05

III. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 5691

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/05 Verkündet am: 12. Januar 2006 [X.] als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: ja [X.]R: ja ZPO § 1032 Abs. 1 Sind Streitigkeiten aus einem bestimmten Rechtsverhältnis einer [X.] unterstellt, dann schließt dies grundsätzlich neben der ordentlichen Klage auch den gewöhnlichen [X.] vor dem staatlichen Gericht aus (Abgrenzung zu Senatsurteil vom 28. Oktober 1993 - [X.] = NJW 1994, 136). [X.], Urteil vom 12. Januar 2006 - [X.]/05 - [X.]

LG Hannover - 2 - Der II[X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 12. Januar 2006 durch [X.] und [X.], Dr. [X.], [X.] und [X.] für Recht erkannt: Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des [X.] vom 25. August 2005 wird [X.]. Die Klägerin hat die Kosten des [X.]es zu tragen. Von Rechts wegen Tatbestand Die Klägerin beansprucht von der Beklagten restliche Vergütung für die Verlegung von Kabeln vor der Küste von [X.]. 1 Die [X.]en haben in Nr. 31 ihres in [X.] abgefassten Vertrages vom 10./12. September 2001 die Geltung [X.] Rechts und, dass die [X.] Gerichte "nicht ausschließlich" zuständig sein sollen, ver-einbart. Nr. 35.2 des Vertrages enthält ferner eine Schiedsklausel. 2 Die Klägerin fordert im [X.] Zahlung von 58.057,06 • nebst Zinsen. Die Beklagte hat die Einrede der Schiedsvereinbarung erhoben. 3 - 3 - Das [X.] hat abgesonderte Verhandlung über die Zulässigkeit der Klage angeordnet; es hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Das [X.] hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der von dem Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Zahlungsbe-gehren weiter. 4 Entscheidungsgründe Die Revision ist unbegründet. 5 [X.] Das Berufungsgericht hat ausgeführt: 6 Die Klage sei unzulässig, weil nicht das staatliche Gericht, sondern das Schiedsgericht zuständig sei. Die [X.]en hätten in dem nach [X.] Recht zu beurteilenden Vertrag eine wirksame Schiedsvereinbarung getroffen, die der Klage im [X.] entgegengehalten werden könne. 7 I[X.] Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Prüfung stand. 8 - 4 - Die Klage ist gemäß § 1032 Abs. 1 ZPO als unzulässig abzuweisen, weil sie in einer Angelegenheit erhoben worden ist, die Gegenstand einer Schieds-vereinbarung ist und die Beklagte dies vor Beginn der mündlichen Verhandlung zur Hauptsache gerügt hat. 9 1. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts haben die [X.]en in Nr. 35.2 des Vertrages vom 10./12. September 2001, wo es laut der von der Klägerin vorgelegten Übersetzung heißt: 10 "Falls es den [X.]en nicht gelingt, solche Streitigkeiten oder Dif-ferenzen beizulegen, wird die Angelegenheit entsprechend den Richtlinien des [X.] der Internationalen Handels-kammer einem Schiedsgericht vorgetragen. Ort des [X.] ist [X.]/Schweiz und die Schiedsgerichtsverhandlungen sind in [X.] zu führen." eine Schiedsvereinbarung getroffen (§ 1029 Abs. 2 Alt. 2 ZPO). Das zieht die Revision nicht in Zweifel. Sie rügt, die vorgenannte Schiedsvereinbarung sei unwirksam, weil sie in unauflösbarem Widerspruch zu Nr. 31 des [X.]; Letztere lautet in der von der Klägerin vorgelegten Übersetzung: "Dieser Vertrag unterliegt [X.] Recht und wird entspre-chend den [X.] Gesetzen erstellt wie er auch der nicht aus-schließlichen Zuständigkeit der [X.] [X.]e unterliegt." a) Das Berufungsgericht hat - auf der Grundlage der von der Klägerin vorgelegten Übersetzungen - einen Widerspruch zwischen den vorgenannten Klauseln nicht gesehen; sie seien nebeneinander anwendbar. Trotz der [X.] (Nr. 35.2 des Vertrags) habe es Sinn gemacht, die [X.] der [X.] Gerichte zu vereinbaren, etwa für den Fall, dass die 11 - 5 - Beklagte die [X.] nicht oder nicht rechtzeitig erhoben habe. Aus der Vereinbarung, [X.] Recht solle gelten (Nr. 31 des Vertrages), ergebe sich auch, dass der Streit um die Zulässigkeit - einer Klage vor dem staatlichen [X.] oder einer Schiedsklage - vor den [X.] Gerichten auszutragen sei. Im Übrigen habe die Vereinbarung [X.] Rechts Bedeutung für die [X.] Ausgestaltung des Vertrags. b) Diese Auslegung des [X.] kann im [X.] nur darauf überprüft werden, ob gegen Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungsgrundsätze verstoßen worden ist oder gesetzliche Vorschriften nicht beachtet worden sind (vgl. Senatsbeschluss vom 29. März 1990 - [X.] - [X.]R ZPO § 1025 Schiedsvereinbarung 1; [X.] 24, 15, 19). Das ist indes nicht der Fall. 12 Die Auslegung des Berufungsgerichts, wonach sich die beiden Klauseln nicht widersprechen sondern ergänzen, ist möglich. Ungeachtet der Schieds-vereinbarung bleiben die staatlichen Gerichte - nach dem unstreitig maßgebli-chen [X.] Recht - unter anderem zuständig für die Feststellung der Zu-lässigkeit oder Unzulässigkeit eines schiedsrichterlichen Verfahrens (§ 1032 Abs. 2 ZPO), für die Entscheidung über einen die Zuständigkeit betreffenden Zwischenentscheid des Schiedsgerichts (§ 1040 Abs. 3 Satz 1 und 2 ZPO) oder für die Anordnung vorläufiger oder sichernder Maßnahmen (§ 1033 ZPO). Es liegt nahe, die Bestimmung der "nicht ausschließlichen" oder "einfachen" Zuständigkeit der [X.] Gerichte (Nr. 31 des Vertrags) - im [X.] mit der Schiedsklausel (Nr. 35.2 des Vertrags) - so zu verstehen, dass sie die den staatlichen Gerichten verbleibenden Zuständigkeiten betrifft. Für eine, die Zuständigkeit des Schiedsgerichts überhaupt in Frage stellende [X.] einer alternativen Zuständigkeit von staatlicher Gerichtsbarkeit und 13 - 6 - Schiedsgerichtsbarkeit, wie sie von der Revision angenommen wird, besteht kein Anhalt. Mit dem vorbeschriebenen "Nebeneinander" von Schiedsgericht und staatlichem Gericht steht entgegen der Auffassung der Revision ferner in [X.], dass - vereinbarungsgemäß - das Schiedsgericht den Richtlinien der In-ternationalen Handelskammer unterliegt (vgl. § 1042 Abs. 3 ZPO) und im Schiedsverfahren [X.] die [X.] ist (Nr. 35.2 des Vertrags, vgl. § 1045 Abs. 1 Satz 1 ZPO), das - ausnahmsweise zuständige - staatliche Gericht aber nach der Zivilprozessordnung und § 184 [X.] verfährt. 14 2. Die von der Klägerin auf den [X.] und verschiedene, von der Beklagten angeblich anerkannte Nachträge gestützte Restwerklohnforderung selbst ist unstreitig in die - weit gefasste (Nr. 35.2 Satz 1 des Vertrags: "Falls es den [X.]en nicht gelingt, solche Streitigkeiten oder Differenzen beizulegen, –") - Schiedsvereinbarung einbezogen. Zu Recht hat das Berufungsgericht durch die Schiedsklausel auch den [X.] (§§ 592 ff ZPO) für abbedungen angesehen. 15 a) Zum [X.] (§§ 602 ff ZPO), einem Unterfall des [X.], hat der Senat (Urteil vom 28. Oktober 1993 - [X.] = NJW 1994, 136 m.w.N.; s. auch [X.]/[X.] NJW 1987, 2118, 2120 ff) entschie-den, dass bei einer umfassenden Schiedsklausel, die alle Streitigkeiten aus dem abgeschlossenen Geschäft einem Schiedsgericht zuweist, Ansprüche aus Wechseln, die im Zusammenhang mit dem Geschäft begeben wurden, grund-sätzlich in die Schiedsvereinbarung einbezogen sind. Das bedeute allerdings nicht, dass dem Kläger der [X.] vor dem staatlichen Gericht mit der 16 - 7 - Möglichkeit, schnell zu einem Vollstreckungstitel zu gelangen, verschlossen sei. Der [X.] habe sich im Regelfall ungeachtet der vereinbarten Schiedsklausel das Recht auf ein Vorgehen im [X.] - jedenfalls im Urkundenverfahren - vorbehalten; die [X.] sei erst im Nachverfahren erheblich (vgl. Senatsurteil vom 28. Oktober 1993 aaO [X.]). Insoweit liege es ähnlich wie bei den Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (Arrest und einstweilige Verfügung, §§ 916 ff ZPO); die Schiedsvereinbarung stehe [X.] oder sichernden Maßnahmen des staatlichen Gerichts in Bezug auf den Streitgegenstand des in Aussicht genommenen oder bereits begonnenen schiedsrichterlichen Verfahrens nicht entgegen (vgl. Senat aaO [X.] f ; § 1033 ZPO n.F.; Begründung der Bundesregierung zu dem Ent-wurf eines Gesetzes zur Neuregelung des [X.]. 13/5274 S. 38 f). b) Die dargestellten Grundsätze zum [X.] können nicht, wie die Revision meint, auf den (gewöhnlichen) [X.] übertragen wer-den. Sind Streitigkeiten aus einem bestimmten Rechtsverhältnis einer Schieds-vereinbarung unterstellt, dann schließt dies grundsätzlich die ordentliche Klage und den [X.] (§§ 592 ff ZPO) vor dem staatlichen Gericht aus (vgl. [X.] 2001, 227, 228; [X.], ZPO 22. Aufl. 2002 § 1029 Rn. 23 a.E., s. ferner § 1032 Rn. 6; [X.]/[X.], ZPO 25. Aufl. 2005 Vor § 592 Rn. 3; Musielak/[X.], ZPO 4. Aufl. 2005 § 592 Rn. 15; [X.] in [X.]/[X.], ZPO 27. Aufl. 2005 Vorb. § 592 Rn. 2 und § 1032 Rn. 1; [X.] 1999, 1101, 1104; so wohl auch [X.] 2. Aufl. 2001 § 1032 Rn. 6 und [X.] 2. Aufl. 2000 § 597 Rn. 2a; [X.]/[X.], Schiedsgerichtsbarkeit 7. Aufl. 2005 Kapitel 7 Rn. 16a; a.A. OLG Düsseldorf [X.] 1995, 198, 199 und 1998, 225, 226 f; OLG Bam-berg [X.] 2005, 79, 80; offen geblieben in dem die erst im Nachverfah-17 - 8 - ren eines [X.]es erhobene [X.] betreffenden Senats-urteil vom 4. Oktober 2001 - [X.]/00 - NJW-RR 2002, 387). Dass wechsel- und scheckrechtliche Ansprüche in einem beschleunigten und vereinfachten Verfahren (vgl. §§ 602 ff ZPO) durchgesetzt werden können, hat seinen Grund darin, dass im Geschäftsverkehr Wechsel und Scheck den Zahlungsmitteln weitgehend gleichgestellt werden. Die Möglichkeit eines [X.] oder Scheckprozesses ist gerade einer der Hauptvorteile, die ein Wechsel oder Scheck bietet (vgl. Senatsurteil vom 28. Oktober 1993 aaO [X.]; [X.] aaO S. 1104). Ist die rasche Durchsetzbarkeit aber von so zentraler Bedeutung für Wechsel und Scheck, kann in der Regel nicht angenommen werden, dass eine Schiedsvereinbarung nicht nur die gewöhnliche Klage zum staatlichen [X.], sondern weiter den Wechsel- und Scheckprozess ausschließen sollte. Beim gewöhnlichen [X.] liegt es anders: Zwar findet dort wie im Wechsel- und Scheckprozess eine Beschränkung auf liquide Beweismittel statt und ist die Widerklage ausgeschlossen (vgl. § 595 ZPO). Der gewöhnliche Ur-kundenprozess ist indes nicht von den besonderen Bedürfnissen des [X.] geprägt (vgl. [X.] aaO). Er ist im Gegensatz zum Wechsel- und Scheckprozess (vgl. § 602, § 605a ZPO) nicht auf bestimmte Ansprüche, näm-lich auf Ansprüche aus Wechseln oder Schecks, beschränkt. Die Möglichkeit einer - der Wirkung des Wechsels oder Schecks wie Bargeldzahlung geschul-deten (vgl. [X.] aaO S. 228; [X.] aaO) - außerordentlichen Beschleuni-gung des Verfahrens durch die Verkürzung der Ladungsfrist auf eine (Mindest-)Frist von 24 Stunden (vgl. § 604 Abs. 2 Satz 1 ZPO) kennt der gewöhnliche [X.] nicht. Steht aber der [X.] ungeachtet gewisser Besonderheiten dem ordentlichen Klageverfahren doch recht nahe, muss re-gelmäßig davon ausgegangen werden, dass eine schiedsvertragliche Zustän-digkeitsverlagerung vom staatlichen Gericht zum Schiedsgericht auch für die 18 - 9 - Klage im [X.] (§ 592 ZPO) gilt. Andernfalls, d.h. wenn die [X.] der [X.] grundsätzlich nicht entgegengesetzt werden könnte, bestünde zudem die Gefahr, dass [X.] ohne weite-res unterlaufen werden könnten; die "schiedsunwillige" [X.] müsste nur einen [X.] anstrengen. c) Das Berufungsgericht hat besondere Anhaltspunkte, dass die [X.]en Klagen im [X.] von der Schiedsklausel hätten ausnehmen wollen, nicht festzustellen vermocht. Die [X.] greift mithin durch. 19 [X.] [X.] [X.] [X.] Herrmann Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 12.04.2005 - 24 O 143/04 - [X.], Entscheidung vom 25.08.2005 - 5 U 86/05 -

Meta

III ZR 214/05

12.01.2006

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.01.2006, Az. III ZR 214/05 (REWIS RS 2006, 5691)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 5691

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen
Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.