Bundesgerichtshof, Beschluss vom 12.09.2023, Az. 5 StR 356/23

5. Strafsenat | REWIS RS 2023, 6140

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Gegenstand

Strafverfahren: Ausschluss der Öffentlichkeit bei der Inaugenscheinnahme kinderpornographischer Inhalte


Tenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 16. Februar 2023 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der [X.] keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Ergänzend zur Antragsschrift des [X.] bemerkt der Senat:

Die Rüge einer Verletzung von § 171b Abs. 3 Satz 2 [X.] erweist sich schon als unzulässig, weil der Senat dem Vortrag des Revisionsführers die bestimmte Behauptung eines Rechtsfehlers nicht hinreichend entnehmen kann. Ob die Öffentlichkeit während der Schlussvorträge und des letzten Worts des Angeklagten tatsächlich – und nicht nur laut Protokoll – nicht ausgeschlossen war, trägt der Beschwerdeführer nicht deutlich vor (vgl. zur Problematik [X.]/[X.], [X.], 66. Aufl., § 344 Rn. 26 mwN). Damit korrespondiert, dass aus dem [X.] auch nicht klar wird, ob – anders als ausdrücklich beim Schlussvortrag der Staatsanwaltschaft vorgetragen – beim letzten Wort des Angeklagten überhaupt Öffentlichkeit anwesend war.

Es kommt daher nicht mehr darauf an, ob das Urteil auf dem Rechtsfehler auch beruht (§ 337 Abs. 1 [X.]). Dagegen spricht, dass die Öffentlichkeit bei der hier in Rede stehenden Inaugenscheinnahme kinderpornografischer Inhalte aufgrund der gesetzlichen Wertung des § 184b Abs. 1 StGB regelmäßig bereits nach § 172 Nr. 1 [X.] wegen Gefährdung der Sittlichkeit auszuschließen ist (vgl. auch [X.], Urteile vom 9. Juli 1985 – 1 [X.], [X.], 179; vom 19. März 1992 – 4 StR 73/92, [X.]St 38, 248; vom 9. Juni 1999 – 1 [X.], NJW 1999, 3060 [X.]; [X.]/[X.], 27. Aufl., § 172 [X.] Rn. 11). Demgegenüber setzt die vom [X.] auf Antrag der Verteidigung herangezogene Vorschrift des § 171b Abs. 1 [X.] eine Abwägung mit schutzwürdigen individuellen Interessen voraus. Der Disposition der Betroffenen nach § 171b Abs. 4 [X.] kann der Ausschluss der Öffentlichkeit bei der Inaugenscheinnahme kinderpornografischer Inhalte nicht unterliegen, weshalb § 172 Nr. 1 [X.] in solchen Fällen in aller Regel vorrangig anzuwenden sein dürfte (vgl. zum Verhältnis von § 171b [X.] und § 172 [X.] auch [X.], Urteil vom 19. März 1992 – 4 StR 73/92, [X.]St 38, 248). Durch den zwingenden Ausschluss der Öffentlichkeit für die Schlussvorträge nach § 171b Abs. 3 Satz 2 [X.] soll verhindert werden, dass die für den vorherigen Öffentlichkeitsausschluss maßgebenden schutzwürdigen individuellen Umstände gleichwohl später im Rahmen der Schlussplädoyers zur Sprache kommen (vgl. BT-Drucks. 17/12735 S. 18; [X.]/[X.], 27. Aufl., § 171b [X.] Rn. 20). Demgegenüber ist bei § 172 Nr. 1 [X.] – anders als bei § 172 Nr. 4 [X.] (vgl. § 171b Abs. 3 Satz 2 [X.]) – ein solcher Automatismus weder gesetzlich vorgesehen noch der Sache nach geboten. Bei richtiger Rechtsanwendung wäre die Öffentlichkeit für die Schlussplädoyers demnach nicht auszuschließen gewesen (vgl. zum Beruhensausschluss in solchen Fällen [X.]/[X.], aaO, § 337 Rn. 38 mwN).

[X.]     

      

[X.]     

      

[X.]

      

Resch     

      

von Häfen     

      

Meta

5 StR 356/23

12.09.2023

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Hamburg, 16. Februar 2023, Az: 606 KLs 18/20

§ 171b Abs 1 GVG, § 171b Abs 2 GVG, § 171b Abs 4 GVG, § 172 Nr 1 GVG, § 184b Abs 1 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 12.09.2023, Az. 5 StR 356/23 (REWIS RS 2023, 6140)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 6140

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