Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.07.2006, Az. III ZR 13/05

III. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 2739

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 6. Juli 2006 [X.] als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja [X.] § 19 Abs. 1 Satz 2; BGB § 852 a.[X.] Zum Beginn der Verjährung eines Amtshaftungsanspruchs gegen den Notar, wenn zwar eine anderweitige Ersatzmöglichkeit in Betracht kommt, die aber, wie der Geschädigte weiß, mit erheblichen Zweifeln und Risiken behaftet ist (Fortführung des [X.] vom 3. März 2005 - [X.] = NJW-RR 2005, 1148). [X.], Urteil vom 6. Juli 2006 - [X.] - [X.]

LG Stralsund - 2 - Der II[X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 6. Juli 2006 durch [X.] und [X.] [X.], Dr. [X.], [X.] und [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision der Beklagten werden das Urteil des 1. Zivilse-nats des [X.] vom 23. Dezember 2004 und das Ergänzungsurteil vom 17. März 2005 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist. Die Berufung des [X.] gegen das Urteil des [X.], 4. Zivilkammer, vom 20. Mai 2003 wird in vollem [X.] zurückgewiesen. Der Kläger hat die Kosten der Rechtsmittelzüge zu tragen. Der Streithelfer trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst. Von Rechts wegen Tatbestand Die Beklagten sind die Erben der verstorbenen Notarin [X.]

. Diese hatte am 26. Mai 1991 einen Vertrag beurkundet, durch den der Kläger zu 1/5 und [X.] zu 4/5 als Miterwerber je zu ideellen Anteilen ein 1 - 3 - etwa 3,26 ha großes Grundstück von dessen Eigentümer kauften. Von dem Kaufpreis von 80.000 DM sollten der Kläger 15.000 DM und [X.] 65.000 DM tragen. Der Vertrag enthielt ferner folgende Klausel: "Die Erschienenen zu 2 [[X.] ] und zu 3 [der Kläger] verein-baren im Innenverhältnis, die Teilung des Grundstückes nach [X.] dahingehend vornehmen zu lassen, dass der [X.] zu 3 [der Kläger] aus dem Bestand des Grundstückes eine Teilfläche von 6.000 qm als Alleineigentümer erhält." Im Februar 1993 wurden der Kläger zu 1/5 und [X.] zu 4/5 als [X.] im Grundbuch eingetragen. Der Kläger errichtete auf einer später katastermäßig abgeschriebenen und nach seinem Vorbringen ihm vereinba-rungsgemäß zustehenden Teilfläche von ca. 4.530 qm ein Wohnhaus, während die übrige Fläche wider Erwarten der Erwerber nicht bebaut werden durfte. Darauf kam es zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung zwischen dem Kläger und [X.] über die Aufteilung des Grundstücks. Der Kläger erhob im Juli 1997 Klage gegen [X.] mit dem Antrag, dessen Miteigentumsanteil an dem mit dem Wohnhaus bebauten Grundstücksteil an den Kläger aufzulassen und die Eintragung in das Grundbuch zu bewilligen, Zug um Zug gegen Auflas-sung und Bewilligung der Eintragung des Miteigentumsanteils des [X.] an der Restfläche an [X.] . Die Klage hatte vor dem [X.] und dem [X.] Erfolg, wurde jedoch durch Urteil des [X.] des [X.] vom 3. Juni 2002 ([X.] = NJW 2002, 2560) abgewiesen. 2 Der Kläger nimmt nunmehr die Erben der verstorbenen Notarin auf Schadensersatz wegen Amtspflichtverletzung in Anspruch. Die Pflichtverletzung erblickt er darin, dass entgegen den bei Abschluss des [X.] vom 26. Mai 1991 getroffenen Absprachen eine wirksame Verpflichtung 3 - 4 - [X.] 's im Innenverhältnis, die ihm, dem Kläger zustehende [X.] an ihn zu übereignen, infolge eines Beurkundungsmangels nicht [X.] worden sei. Die Beklagten haben eine Amtspflichtverletzung bestritten und die Einrede der Verjährung erhoben. Die Amtshaftungsklage ist am 27. De-zember 2002 beim [X.] eingegangen und beiden Beklagten jeweils am 14. Januar 2003 zugestellt worden. Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des [X.] hat das [X.] die Beklagten verur-teilt, als Gesamtschuldner an den Kläger 26.412,27 • nebst Zinsen zu zahlen, und festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet seien, dem Kläger sämtliche aus der fehlerhaften Beurkundung des [X.] vom 26. Mai 1991 durch die Notarin R.

L. zukünftig ent-stehenden Schäden zu ersetzen. Durch Ergänzungsurteil hat das Berufungsge-richt die dem Streithelfer des [X.], dessen Prozessbevollmächtigtem im Vorprozess und im ersten Rechtszug des jetzigen [X.], ent-standenen Kosten den Beklagten auferlegt. Mit der vom [X.] zugelassenen, gegen das Berufungsurteil und das Ergänzungsurteil gerichteten Revision ver-folgen die Beklagten ihren Klageabweisungsantrag weiter. Entscheidungsgründe [X.] Die Revision ist insgesamt zulässig. Dies gilt auch, soweit sie sich gegen das Ergänzungsurteil richtet. Da dieses ausschließlich den Kostenpunkt betrifft, ist die Revision (unabhängig vom Wert der Beschwer) hiergegen zulässig, wenn sie es - wie hier - auch gegen das vorangegangene Urteil ist ([X.], Urteil vom 4. April 1984 - [X.] - ZIP 1984, 1107, 1113). 4 - 5 - I[X.] Die Revision ist auch begründet. 5 1. Das Berufungsgericht hat mit eingehender Begründung den Tatbestand einer schuldhaften Amtspflichtverletzung der Notarin zu Lasten des [X.] bei der Beurkundung des [X.] bejaht. 6 a) Der I[X.] Zivilsenat hat in seinem im Vorprozess des [X.] gegen [X.] ergangenen Revisionsurteil vom 3. Juni 2002 ([X.] = NJW 2002, 2560) entschieden, dass die Klausel in dem notariellen Kaufvertrag, wo-nach der Kläger eine Teilfläche von 6.000 m² erhalten sollte, mangels hinrei-chender Kennzeichnung dieser Teilfläche gemäß § 313 Satz 1 BGB a.[X.] un-wirksam ist. Dieser Mangel ist auch nicht dadurch gemäß § 313 Satz 2 BGB a.[X.] geheilt worden, dass der Kläger und [X.] das Eigentum an dem [X.] erworben haben. Denn die Teilungsvereinbarung hatte einem selb-ständigen Formzwang unterlegen, der mit dem [X.] in keinem unmittelbaren sachlichen Zusammenhang gestanden hatte. Deshalb konnte der dingliche Vollzug des [X.]es insoweit keine Heilungswirkung entfalten. 7 b) Der Notarin hätte es indessen obgelegen, auch im Innenverhältnis der Grundstückskäufer, d.h. des [X.] und [X.] 's, klare Verhältnisse zu schaffen und auch insoweit auf die Beurkundung einer formwirksamen [X.] hinzuwirken. Dies hätte sie bei Beachtung der notariellen [X.] auch erkennen können. Die schuldhafte Verletzung dieser Pflicht 8 - 6 - war daher - zumindest nach dem Sachvortrag des [X.] - geeignet, einen Amtshaftungsanspruch gemäß § 19 [X.] zu begründen. 2. Gegen einen aus diesem Sachverhalt hergeleiteten Amtshaftungsan-spruch greift jedoch die von den Beklagten erhobene Verjährungseinrede durch. Der [X.] braucht daher auf die [X.] der Revision, soweit sie sich ge-gen die Amtspflichtverletzung als solche richten, nicht weiter einzugehen. 9 a) Schadensersatzansprüche wegen notarieller Amtspflichtverletzung verjähren nach § 19 Abs. 1 Satz 3 [X.] in Verbindung mit dem im Streitfall noch anwendbaren § 852 Abs. 1 BGB a.[X.] in drei Jahren. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Verletzte von dem Schaden und der Person des [X.] Kenntnis erlangt. Dies war hier nach dem eigenen Sachvortrag des [X.] und seines Streithelfers spätestens im Frühjahr 1997 der Fall. 10 aa) Der Kläger selbst hat in seiner Berufungsbegründung vorgetragen, der Streitverkündete (sein damaliger Anwalt) habe ihn auf das erhebliche [X.] "aufgrund der eindeutigen Formnichtigkeit" der [X.]. Er habe ihm mit Schreiben vom 19. Februar 1997 ausdrücklich [X.], dass die [X.] formnichtig sei und dass ein Anspruch gegen den Miterwerber nur in Betracht komme, "wenn man sich darauf stützen könnte, dass die Berufung auf die Formvorschriften in diesem Falle gegen [X.] und Glauben verstoßen würde". Dieses Vorbringen hat der Streithelfer in seinem Schriftsatz vom 10. Juli 2003 noch weiter präzisiert: Der Kläger sei darüber in-formiert worden, dass die streitbefangene Teilungsvereinbarung in Ermange-lung ihrer Bestimmtheit formunwirksam sein dürfte. Dies habe bereits zum Zeit-punkt der Klageerhebung im Vorprozess eindeutig festgestanden. Über die sich 11 - 7 - daraus ergebenden Risiken des [X.] sei der Kläger aufgeklärt [X.]. [X.]) Wurde die Amtspflichtverletzung - wie hier - lediglich fahrlässig be-gangen, stellt auch das Fehlen einer anderweitigen Ersatzmöglichkeit (§ 19 Abs. 1 Satz 2 [X.]) eine zur Klagebegründung gehörende Voraussetzung dar. Deshalb muss sich die gemäß § 852 Abs. 1 a.[X.] erforderliche Kenntnis [X.] darauf erstrecken, dass der Schaden jedenfalls nicht vollständig auf andere Weise gedeckt werden kann (vgl. [X.]surteil vom 3. März 2005 - [X.] = NJW-RR 2005, 1148, 1149 m.w.N.). Der Kläger muss fähig sein, schlüssig darzulegen, dass eine Inanspruchnahme Dritter nicht möglich oder nicht zumut-bar ist. 12 cc) Die schon vor Erhebung der Klage des [X.], d.h. im [X.], beim Kläger bestehende Kenntnis hätte ausgereicht, ihm eine - sei es nur auf Feststellung der Ersatzpflicht gerichtete - Amtshaftungsklage gegen die Notarin zu ermöglichen. Im Gegensatz zu dem Sachverhalt, der dem [X.] vom 3. März 2005 (aaO) zugrunde gelegen hatte, bei dem die [X.] Mangelhaftigkeit des [X.] erst durch das Ergebnis des [X.] geführten [X.] offen gelegt worden war, bestanden hier von vornherein insoweit keinerlei Zweifel. Damit der Vorprozess Erfolg hätte haben können, war der Kläger auf den rechtlich sehr zweifelhaften - und vom Prozess-bevollmächtigten selbst nicht für gangbar erachteten - Weg einer Heilung des Formmangels oder auf den rechtlich noch zweifelhafteren Weg angewiesen, dass die Weigerung seines [X.], die Teilung vereinbarungsgemäß vor-zunehmen, gegen [X.] und Glauben verstieß. Die in Betracht kommende an-derweitige Ersatzmöglichkeit war also von vornherein mit ganz erheblichen Zweifeln und Risiken behaftet. Insoweit ist jedoch anerkannt, dass der Geschä-13 - 8 - digte sich nicht auf weitläufige, schwierige und unsichere Wege des Vorgehens gegen Dritte verweisen zu lassen braucht (s. zum allgemeinen Amtshaftungs-recht [§ 839 Abs. 1 Satz 2 BGB] Staudinger/[X.], BGB 13. Bearb. 2002, § 839 Rn. 296, 298). [X.]) Wenn der Kläger sich in klarer Erkenntnis dieser Risiken - die sich später im Ergebnis auch tatsächlich verwirklicht haben, mochten auch die Ent-scheidungen des [X.]s und des [X.]s im Vorprozess dem Kläger zunächst günstig gewesen sein - für eine vorrangige Inanspruchnahme seines [X.] entschieden hat, so kann er sich, was die Verjährung [X.] gegen die Notarin betrifft, nicht auf eine Hinaus-schiebung des Verjährungsbeginns berufen. Dies gilt um so mehr, als ihm im Vorprozess das einfache Instrument einer Streitverkündung an die Notarin zur Verfügung gestanden hätte, um die Verjährung des Amtshaftungsanspruchs zu unterbrechen (§ 209 Abs. 2 Nr. 4 BGB a.[X.]; s. dazu insbesondere [X.]surteil vom 22. Januar 2004 - [X.] = NJW-RR 2004, 1069, 1071). Denn auch bei voller Würdigung des Umstandes, dass eine vorrangige Inanspruchnahme des Vertragspartners durch den Geschädigten durchaus auch dem wohlver-standenen Interesse des Notars selbst dienen kann (vgl. dazu [X.]surteil vom 3. März 2005 - [X.] = NJW-RR 2005, 1148, 1149), muss auch der ge-setzgeberische Zweck der früheren deliktischen Verjährung des § 852 BGB a.[X.] im Auge behalten werden, der darin besteht, dass gerade bei unerlaubten Handlungen innerhalb eines überschaubaren Zeitpunkts Rechtsfrieden geschaf-fen werden muss. 14 ee) Auch das weitere Argument, dass sich der Kläger in einem etwaigen Amtshaftungsprozess gegen die Notarin deren Einwand hätte ausgesetzt sehen können, er müsse sich vorrangig an seinen Miterwerber halten, hat kein solches 15 - 9 - Gewicht, als dass er es rechtfertigen könnte, hinsichtlich der Wahrung der [X.] gegenüber der Notarin oder deren Erben über einen Zeitraum von mehr als zehn Jahren völlig untätig zu bleiben. b) Die Verjährung war somit spätestens im Juli 2000 eingetreten, d.h. drei Jahre nach der Erhebung der Klage des [X.] und mehr als zwei Jahre vor Erhebung der jetzigen Amtshaftungsklage. 16 3. Die Klage war daher unter Aufhebung des Berufungsurteils und im [X.] unter Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils als unbegründet abzuweisen. 17 [X.] [X.] [X.]

[X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 20.05.2003 - 4 O 489/02 - [X.], Entscheidung vom 23.12.2004 - 1 U 75/03 -

Meta

III ZR 13/05

06.07.2006

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.07.2006, Az. III ZR 13/05 (REWIS RS 2006, 2739)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 2739

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