Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 01.02.2010, Az. 4 BN 50/09

4. Senat | REWIS RS 2010, 9830

© Bundesverwaltungsgericht, Foto: Michael Moser

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Abschaffung eines Rechtsmittels; Vertrauensschutz


Tenor

Der Antrag, festzustellen, dass der Beschluss des [X.] für das [X.] vom 5. August 2009 nur ein Entwurf ist, wird abgelehnt.

Der Antrag, den [X.], wird abgelehnt.

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des [X.] für das [X.] vom 5. August 2009 wird verworfen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstands wird für das Beschwerdeverfahren auf 10 000 € festgesetzt.

Gründe

1

1. Der Antrag, festzustellen, dass der Beschluss des [X.] für das [X.] nur ein Entwurf ist, ist abzulehnen. Der Beschluss ist von den mitwirkenden Richtern unterschrieben worden und am 5. August 2009 auf die Geschäftsstelle gelangt. Dies ergibt sich aus dem Inhalt der Akten ([X.], 40). Es bleibt einem Prozessbevollmächtigten unbenommen, sich durch Akteneinsicht davon zu vergewissern, dass die ausgefertigte und ihm zugestellte Entscheidung im Original unterschrieben ist.

2

2. Die beantragte Beiladung ist im Revisionsverfahren unzulässig (§ 142 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Es handelt sich nicht um eine notwendige Beiladung (§ 142 Abs. 1 Satz 2 VwGO).

3

3. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist unzulässig. Denn sie benennt schon keinen der Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO und genügt damit nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO.

4

Sie hätte auch in der Sache keinen Erfolg. Insbesondere ergibt das Beschwerdevorbringen nicht, dass die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen wäre. Dies setzt die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts und außerdem die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll (stRspr).

5

Die von der Beschwerde formulierte Frage, "ob die Erhebung einer Normenkontrollklage nachträglich durch das 6. VwGO-Änderungsgesetz drastisch auf zwei Jahre - verfassungsrechtlich wirksam - beschränkt werden kann", lässt sich ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens in Übereinstimmung mit dem Oberverwaltungsgericht bejahen.

6

Die Antragstellerin oder ihre Rechtsvorgänger konnten gegen den im Jahre 1966 beschlossenen Bebauungsplan seit dessen Inkrafttreten bis zum Ablauf der damals maßgeblichen Zweijahresfrist, also bis zum 31. Dezember 1999 einen Normenkontrollantrag stellen. Bis 31. Dezember 1996 war die Stellung eines Normenkontrollantrags grundsätzlich nicht an eine Frist gebunden. Mit dem 6. [X.] wurde § 47 Abs. 2 VwGO dahingehend geändert, dass der Normenkontrollantrag innerhalb von zwei Jahren nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift zu stellen war. Für Rechtsvorschriften i.S.d. § 47 VwGO, die vor dem 1. Januar 1997 bekanntgemacht worden sind, enthielt Art. 10 Abs. 4 des 6. [X.] eine Übergangsvorschrift: In diesen Fällen begann die Frist von zwei Jahren nach § 47 Abs. 2 VwGO erst mit Inkrafttreten des 6. [X.] zu laufen. Diese Frist gilt weiterhin auch nach Verkürzung der Frist auf nunmehr ein Jahr. Dies ergibt sich aus der Überleitungsvorschrift des § 195 Abs. 7 VwGO. Der rechtliche Maßstab einer sogenannten echten Rückwirkung (vgl. grundlegend [X.], Beschluss vom 14. Mai 1986 - 2 BvL 2/83 - [X.]E 72, 200 <241 ff.>) ist auf einen derartigen Sachverhalt entgegen der Auffassung der Beschwerde nicht übertragbar. Dass eine tatbestandliche Rückanknüpfung im Gegensatz zum Fall der Rückbewirkung von Rechtsfolgen grundsätzlich zulässig ist, sieht auch die Antragstellerin.Dem Gesetzgeber ist es nicht verwehrt, ein bisher nach der jeweiligen Verfahrensordnung statthaftes Rechtsmittel abzuschaffen oder den Zugang zu einem an sich eröffneten Rechtsmittel von neuen einschränkenden Voraussetzungen abhängig zu machen (vgl. auch [X.], Beschluss vom 7. Juli 1992 - 2 BvR 1631/90, 2 BvR 1728/90 - [X.]E 87, 48 <61> - juris Rn. 36). Weder der Grundsatz des Vertrauensschutzes noch das Verhältnismäßigkeitsprinzip stehen der hier streitigen Gesetzesänderung entgegen. Auch eine Belehrung über die Antragsfrist ist nicht geboten. Dies ergibt sich bereits daraus, dass demjenigen, in dessen Rechte durch eine auf Festsetzungen des Bebauungsplans gestützte behördliche Entscheidung oder durch das Unterlassen einer Entscheidung eingegriffen wird, durch den Ablauf der Zweijahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht die Befugnis abgeschnitten wird, im Rahmen seiner Rechtsverteidigung geltend zu machen, der Bebauungsplan sei nichtig bzw. unwirksam. Das Gericht hat dem im Rahmen der [X.] nachzugehen. Zur [X.] ist die Einhaltung der [X.] nicht erforderlich (Beschluss vom 28. Dezember 2000 - BVerwG 4 [X.] 32.00 - [X.] 310 § 47 VwGO Nr. 145 = [X.]; vgl. auch Beschluss vom 8. April 2003 - BVerwG 4 [X.] - juris). Diese Überlegungen sind auch den weiteren verfassungsrechtlichen Hinweisen in der Beschwerde entgegenzuhalten.

7

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat nach § 133 Abs. 5 Satz 2 VwGO ab, da sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist.

8

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.

Meta

4 BN 50/09

01.02.2010

Bundesverwaltungsgericht 4. Senat

Beschluss

Sachgebiet: BN

vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 5. August 2009, Az: 7 D 38/09.NE, Beschluss

§ 47 Abs 2 VwGO, § 195 Abs 7 VwGO, VwGOÄndG 6

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 01.02.2010, Az. 4 BN 50/09 (REWIS RS 2010, 9830)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 9830

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

15 N 13.1553 (VGH München)

Normenkontrolle gegen Bebauungsplan bei nachträglichem Funktionsloswerden


7 BN 1/13 (Bundesverwaltungsgericht)

Normenkontrolle; Rechtswidrigwerden einer Rechtsvorschrift; Antragsfrist; Funktionslosigkeit einer Norm


4 BN 44/20 (Bundesverwaltungsgericht)

Unzulässiger Normenkontrollantrag eines Plannachbarn


4 CN 10/14 (Bundesverwaltungsgericht)

Lauf der Antragsfrist für Normenkontrolle; erneute Bekanntmachung im ergänzenden Verfahren


4 BN 13/13 (Bundesverwaltungsgericht)

Normenkontrolle eines Bebauungsplans; überspannte Anforderungen an die Prüfung der Antragsbefugnis (§ 47 Abs. 2 Satz …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.