Bundespatentgericht, Beschluss vom 30.07.2013, Az. 33 W (pat) 42/11

33. Senat | REWIS RS 2013, 3793

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "100pro Das junge Angebot. (Wort-Bild-Marke)" – keine Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2008 051 562.7

hat der 33. Senat ([X.]) des [X.] in der Sitzung vom 30. Juli 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.], der Richterin [X.] und des Richters Kätker

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Am 11. August 2008 ist beim [X.] die farbige Wort-/Bildmarke (in den Farben hellgrau, dunkelgrau, rot, weiß und schwarz)

Abbildung

2

für folgende Dienstleistungen angemeldet worden:

3

Klasse 9: Wissenschaftliche, Schifffahrts-, Vermessungs-, photographische, Film-, optische, [X.], Mess-, Signal-, Kontroll-, Rettungs- und Unterrichtsapparate und -instrumente; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Magnetaufzeichnungsträger, Schallplatten; Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Registrierkassen, Rechenmaschinen und Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Feuerlöschgeräte;

4

Klasse 16: Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit in Klasse 16 enthalten; Druckereierzeugnisse; Buchbinderartikel; Fotografien; Schreibwaren; Klebstoffe für Papier- und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke; Künstlerbedarfsartikel; Pinsel; Schreibmaschinen und Büroartikel (ausgenommen Möbel); Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Verpackungsmaterial aus Kunststoff, soweit in Klasse 16 enthalten; Drucklettern; Druckstöcke;

5

Klasse 25: Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen;

6

Klasse 28: [X.], Spielkarten, Spielzeug; Turn- und Sportartikel, soweit in Klasse 28 enthalten; Christbaumschmuck;

7

Klasse 35: Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten;

8

Klasse 36: Versicherungswesen; Finanzwesen; Geldgeschäfte; Immobilienwesen;

9

Klasse 38: Telekommunikation;

Klasse 39: Transportwesen; Verpackung und Lagerung von Waren; Veranstaltung von Reisen;

Klasse 41: Musikproduktion; Videofilmproduktion; Veröffentlichung und Herausgabe von Druckschriften (ausgenommen für Werbezwecke), [X.]ungen, [X.]schriften und Büchern; Dienstleistungen eines Film- und Fernsehstudios; Filmproduktion (in Studios); Betrieb von Tonstudios; Herausgabe von Texten, ausgenommen Werbetexte;

Klasse 42: Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung

(Waren- und Dienstleistungsverzeichnis in der Fassung gemäß der Eingabe der Anmelderin vom 1. Dezember 2008).

Mit Beschlüssen vom 18. August 2010 und vom 30. Mai 2011, letzterer im Erinnerungsverfahren, hat die Markenstelle für Klasse 36 die Anmeldung zurückgewiesen. Nach Auffassung der Markenstelle verfügt die angemeldete Marke nicht über die erforderliche Unterscheidungs[X.] i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]. Sie bestehe aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der [X.], die wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder den Medien stets nur als solche, nicht aber als betriebliches [X.] verstanden würden. Der Bestandteil „100pro“ sei eine gängige, jugendsprachliche Kurzversion des Begriffs „[X.]zentig“ und bedeute im übertragenen Sinne: „völlig, ganz und gar, ganz sicher, zuverlässig“. Die Wortfolge „[X.]“ bezeichne in erster Linie ein Waren- und Dienstleistungsangebot, das noch nicht lange bestehe, suggeriere daneben aber auch unterschwellig, dass ein junger Kundenkreis angesprochen werde. In Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen wirke die Wortkombination „[X.]“ beschreibend, indem sie auf die Art bzw. Qualität des Waren- und Dienstleistungsangebots hindeute. Zumindest weise sie insofern einen engen beschreibenden Bezug auf. In diesem Kontext diene der weitere Wortbestandteil „100pro“ als Hervorhebung bzw. Betonung der in der Formulierung „[X.]“ enthaltenen Werbeaussage. Ein anderer oder zusätzlicher Bedeutungsgehalt, der von der beschreibenden Bedeutung des „jungen Angebots“ wegführe, ergebe sich durch die Kombination aller vorliegenden Wortbestandteile nicht.

Die grafischen Bestandteile der [X.] seien durchweg werbeüblich. Sie könnten den beschreibenden Gehalt der Wortbestandteile nicht aufheben und somit keine Unterscheidungs[X.] begründen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie beantragt,

die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben.

Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass die angemeldete Marke über die erforderliche Unterscheidungs[X.] verfüge. Dabei sei von der Gesamtheit der Marke auszugehen, wobei es ausreiche, wenn die Marke mit einem ihrer Elemente den Anforderungen an die Unterscheidungs[X.] genüge. Weder komme der angemeldeten Marke ein lediglich im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zu, noch bestehe sie aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der [X.] oder einer geläufigen Fremdsprache, die stets nur als solche und nicht als [X.] verstanden würden. Insbesondere handele es sich auch nicht um Angaben, die sich auf Umstände bezögen, die die Ware oder Dienstleistung selbst nicht unmittelbar beträfen, jedoch einen engen beschreibenden Bezug hierzu herstellten.

Bereits die (Einzel-) Angabe „100pro“ weise keinerlei Aussagegehalt auf. Es handele sich weder um einen feststehenden Ausdruck noch um ein Adjektiv. In einem ersten Gedankenschritt müsse der Verkehr die Angabe erst analysieren, um überhaupt zur Interpretation zu gelangen, dass „100pro“ für „100 Prozent“ stehe. Zudem verfüge allein schon das Wort „Pro“ nicht über einen bestimmten Sinngehalt, sondern könne Bedeutungen haben wie „vor, vorher, vorn, für, anstatt, vermöge, [X.], dafür, Professional“, ebenso wie es für eine Top-Level-Domain stehen könne.

Die von der Markenstelle vorgenommene Deutung der Angabe „100 Prozent“ i. S. v. „zuverlässig“ oder „ganz sicher“ erfordere einen weiteren analysierenden Gedankenschritt, da sie kein Adjektiv sei. Um zu einer solchen Deutung zu gelangen, müsse der Verkehr das Element „100pro“ nach einer ersten Interpretation als „100 Prozent“ und in einem zweiten Interpretationsschritt dahin auslegen, dass „100 Prozent“ synonym für „zuverlässig“ stehe. Dies sei eine Deutung, die allenfalls in Teilen der Jugendsprache vorkommen möge, einem durchschnittlich informierten und verständigen Verbraucher sei dieser Ausdruck hingegen nicht geläufig.

Auch der gesamte Wortbestandteil „100pro [X.]“ weise keinen im Vordergrund stehenden beschreibenden Sinngehalt auf. Selbst wenn er hypothetisch eine vage Bedeutung i. S. v. „ganz und gar zuverlässig dieses Angebot noch nicht lange besteht“ oder „sich ein Angebot ganz sicher an einen jungen Kundenkreis richtet“ enthalten sollte, so würde dies dem Verkehr allenfalls nach Art eines sprechenden Zeichens in vager und unterschwelliger Form nahe gebracht werden. Solchen suggestiven Andeutungen fehle jedoch grundsätzlich nicht die Unterscheidungs[X.], zumal Marken, die zugleich Werbeslogans, [X.] oder Aufforderungen zum Kauf darstellten, naturgemäß in gewissem Umfang eine Sachaussage enthalten könnten, weshalb ihnen aber noch nicht die Unterscheidungs[X.] fehle.

Außerdem begründe bereits die grafische Gestaltung die Unterscheidungs[X.] der Marke. Es handele sich nicht etwa um einfache grafische Gestaltung oder Verzierung des Schriftbilds, sondern um ein auffallend hervortretendes grafisches Element. Die [X.] sei in Form einer Ellipse ausgestaltet, die in leicht nach oben rechts ansteigendem Winkel angeordnet sei, wobei das Wortelement „100pro“ wiederum schräg nach oben rechts gekippt angeordnet sei, was der Marke eine prägnante Dynamik verleihe. Dies werde dadurch verstärkt, dass nur die Umrandung der einzelnen Buchstaben in hellem Ton sichtbar sei, während der jeweilige Buchstabe „durchsichtig“ bleibe und einen Blick auf die dahinter liegende grafische Struktur zulasse. Diese Eigenprägung werde durch die Schattierungen verstärkt, wobei die dunkelgrauen Elemente in einer Art „Siebdruck“ gestaltet seien, die sich an die vom Künstler [X.] geprägten „[X.] dots“ anlehnten. Hierdurch würden einzelne Elemente in der Grafik optisch teilisoliert und hervorgehoben. Die der Marke innewohnende Bewegung werde besonders durch den Gegensatz zwischen den in klaren Formen gehaltenen Buchstaben und der regellosen Anordnung der „Punkte“ noch verstärkt. Die Gestaltung verfüge über einen gewissen dreidimensionalen Effekt. Dies werde durch die farbige Ausgestaltung in vier verschiedenen Farbtönen (rot, weiß, schwarz, grau) noch verstärkt. Damit sei die grafische Ausgestaltung überaus komplex und in dieser konkreten Form sicher nicht werbeüblich.

Insgesamt werde ein etwaiger beschreibender Sinngehalt der einzelnen Wortbestandteile durch die Eigenartigkeit des Gesamtbegriffs und die grafische Ausgestaltung überlagert. Zudem seien die zur Kennzeichnung der beanspruchten Waren und Dienstleistungen praktisch bedeutsamen und nahe liegenden Verwendungsmöglichkeiten zu berücksichtigen, bei denen der Verkehr das Zeichen ohne weiteres als Marke verstehen werde.

Ergänzend verweist die Anmelderin auf die Voreintragung einer ähnlich gestalteten, elliptisch umrahmten Wort-/Bildmarke 398 05 741 - „100pro“, so dass ein eklatanter Wertungswiderspruch entstehen würde, wenn das Gericht hier der Auffassung des Amts folgen würde.

Im Übrigen bestehe an der angemeldeten Marke auch kein Freihaltungsbedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.], zumal die Marke hierzu in ihrer Gesamtheit zu betrachten sei. Es sei kein Bedürfnis zu erkennen, wonach der Verkehr dem Begriff „100pro [X.]“ in der vorliegenden grafischen Gestaltung zur Bezeichnung von Merkmalen der Waren und Dienstleistungen benötigen werde.

Der Anmelderin sind Kopien des Ergebnisses einer vom Senat durchgeführten Recherche übersandt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist nicht begründet.

Zu Recht ist die Markenstelle davon ausgegangen, dass der angemeldeten Marke jegliche Unterscheidungs[X.] i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] fehlt.

Entsprechend der Hauptfunktion der Marke, dem Verbraucher oder Endabnehmer die Ursprungsidentität der durch die Marke gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu garantieren, ist unter Unterscheidungs[X.] im Sinne dieser Vorschrift die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung zu verstehen, Waren oder Dienstleistungen als von einem Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie somit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. [X.] GRUR 2002, 804 Nr. 35 - [X.]/[X.]; [X.], 428 Nr. 30, 48 - Henkel). Die Hauptfunktion der Marke besteht nämlich darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten ([X.] [X.], 1042, Nr. 23 f. - THOMSON LIFE; [X.], 943 Nr. 23 - SAT.2; [X.], 710, Nr. 12 - [X.]). Der Verbraucher kann erwarten, dass die Herstellung der mit der Marke gekennzeichneten Ware oder Dienstleistung unter der Kontrolle eines einzigen Unternehmens erfolgt ist.

Keine Unterscheidungs[X.] kommt zunächst Bezeichnungen zu, die einen beschreibenden Begriffsinhalt aufweisen, der für die in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen ohne Weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erfasst wird. Bei derartigen beschreibenden Angaben gibt es keinen tatsächlichen Anhaltspunkt, dass der Verkehr sie als [X.] versteht ([X.], 1151, 1152 - marktfrisch; [X.], 417, 418 - [X.]; [X.], 952, 953 [Nr. 10] - [X.]). Darüber hinaus fehlt die erforderliche Unterscheidungs[X.] auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die die beanspruchte Ware oder Dienstleistung zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu der betreffenden Ware oder Dienstleistung hergestellt wird ([X.], 850, 854 - [X.]; [X.], 411 [Nr. 9] - [X.]). Ein solcher enger beschreibender Bezug kann sich insbesondere daraus ergeben, dass die betreffenden Waren oder Dienstleistungen in engem sachlichen Zusammenhang mit Waren oder Dienstleistungen stehen, für die die zur Beurteilung stehende Bezeichnung einen unmittelbar beschreibenden Sinngehalt aufweist (BGH [X.], 949, 951 [Nr. 20] - My World). Die Eignung, Produkte ihrer Herkunft nach zu unterscheiden, kommt schließlich auch solchen Angaben nicht zu, die aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der [X.] oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien stets nur als solche und nicht als [X.] verstanden werden ([X.], 850, 854 - [X.]; [X.], 952, 953 [Nr. 10] - [X.]). Nach diesen Grundsätzen muss der Beschwerde der Erfolg versagt bleiben.

Nach den Ergebnissen der Recherche der Markenstelle wie auch der ergänzenden Recherche des Senats handelt es sich zunächst bei den beiden Wortbestandteilen „100pro“ und „[X.]“ um geläufige Bezeichnungen, die sowohl in der Alltags- wie auch in der Werbesprache häufig verwendet werden. Der Bestandteil „100pro“ ist bereits von der Markenstelle zutreffend als Kurzform für „100 Prozent“ bzw. „[X.]zentig“ mit der Bedeutung „(ganz) sicher, zuverlässig“ belegt worden (vgl. insb. [X.], [X.], 6. Aufl., Stichwort „[X.]“ mit den Erläuterungen „völlig, ganz und gar“; „echt, unverwechselbar, typisch“).

In der [X.] finden sich - ergänzend zu den meistens in Internet-Foren aufgefundenen Verwendungen aus der Recherche der Markenstelle - weitere [X.], wie etwa „100pro [X.]“ (Titel einer Radiosendung mit ausschließlich [X.] Rock- und Popmusik) oder Äußerungen wie „100 pro zufrieden“, „Diesmal will ich es 100pro schaffen“ usw. Für einen nennenswerten Interpretationsaufwand bei der Ermittlung der Wortbedeutung sieht der Senat angesichts der Beleglage keinen Raum. Insbesondere hat der Verkehr keinen Anlass, bei der Kombination der vorangehenden Zahl 100 mit dem nachfolgenden Wort „pro“ andere Bedeutungsmöglichkeiten von „pro“ in Betracht zu ziehen, als diejenige der Kurzform für „Prozent“.

Dies gilt ähnlich für den weiteren Wortbestandteil „[X.]“. Auch die Bezeichnung „junges Angebot“ ist in verschiedenen grammatischen Formen (z. B. „junges Angebot“) für die unterschiedlichsten Waren- und Dienstleistungsangebote belegbar. Neben der direkten Bedeutung im Sinne eines vergleichsweise neuen, damit jungen Angebots („z. B. Anleihen, die …, sind ein eher junges Angebot an die Anleger“, vgl. [X.]) kann sie zugleich auch darauf hinweisen, dass das Angebot für junge Menschen bestimmt ist (vgl. z. B. http://nachrichten.rp-online.de…: „Für ein junges Angebot an die Zielgruppe der 14- bis 29-Jährigen“; [X.]: „Ein junges Angebot, das aber nicht nur junge Menschen anspricht“; [X.]…: „Es sind uns alle willkommen, die sich fit fühlen und neugierig auf unser junges Angebot sind!“).

Auch vergleichbare [X.] wie etwa die Begriffe „Das junge Konto“ bzw. „junge Konten“ für verschiedene Bankangebote, die sich speziell an junge Verbraucher richten, zeigen, dass die Anspielung auf einen jungen Kundenkreis durch Bezeichnung des jeweiligen Dienstleistungsangebots mit dem Adjektiv „jung“ durchaus üblich ist (vgl. Angebote von „jungen Konten“ unter www.deutsche-bank.de…; www.bw-bank.de…; www.gls.de…).

Die Wortbestandteile erschließen sich daher für die angesprochenen Verkehrsteilnehmer als Kombination der werblich [X.] und zugleich beschreibenden Angabe „100pro“ im Sinne eines [X.]zentigen Dienstleistungsangebots und der Angabe „[X.]“, die erläutert, was hier zu 100 % bzw. völlig, ganz und gar, echt, sicher geboten wird, nämlich ein Angebot, das jung ist und/oder für ein junges Publikum bestimmt ist. Wenn die Anmelderin hiergegen einwendet, dass die Bezeichnung „100pro“ der Jugendsprache entnommen sei, so ist dem entgegenzuhalten, dass sich die Wortbestandteile gerade einem jungen Publikum besonders gut und plausibel erschließen. Aber selbst ältere Verkehrsteilnehmer werden (zumindest beiläufig) auch Werbung für jüngere Kundenkreise wahrnehmen und im Laufe der [X.] ohne nähere Analyse erfassen. Somit verfügen die Wortbestandteile wegen ihres waren- und dienstleistungsbeschreibenden Inhalts, mögen sie auch jugendsprachlich wirken, weder einzeln noch in ihrer Gesamtheit über die Eignung zur betrieblichen Herkunftsunterscheidung.

Auch die grafische Gestaltung vermag der angemeldeten Marke nicht die erforderliche Unterscheidungs[X.] zu verleihen. Der Senat hat in seinem Zwischenbescheid vom 13. Juni 2013 auf verschiedene Werbebeispiele verwiesen, die zumeist dem Jahrbuch der Werbung ([X.] 2009 und 2010) entnommen worden sind. Sie zeigen Beispiele von schräg an- und absteigenden oder perspektivisch wirkenden Wortgruppen mit innerer Dynamik, weiter die Verwendung von Punkten oder vergleichbaren schattierenden und umrahmenden Gestaltungen (z. T. sogar in [X.] oder als umrahmender Badeschaum). Ebenso waren elliptische Formen und vergleichbare Umrahmungen aufzufinden. Zwar sind diese grafischen Gestaltungsmittel nicht in der exakten Gestaltung und Kombination der angemeldeten Marke belegbar. Die feststellbare Vielfältigkeit der Verwendung solcher Mittel in immer wieder variierten Kombinationen in der modernen Werbegrafik zeigt jedoch, dass der Verkehr in der grafischen Ausgestaltung der [X.] auch nur eine weitere Variation einer Werbegrafik, nicht aber einen Hinweis auf deren Herkunft aus einem ganz bestimmten Betrieb zu erkennen vermag.

Dies gilt auch unter Berücksichtigung der in der angemeldeten Marke verwendeten Farbe [X.], in der der Wortbestandteil „100pro“ überwiegend gehalten ist. Im Gegensatz zur der in ihrer Erinnerungsbegründung vom 21. Januar 2011 geäußerten Auffassung der Anmelderin weist auch die rote Farbe (Sparkassenrot) nicht auf den Betrieb bzw. die Unternehmensgruppe der Anmelderin hin, so dass die Marke - im Falle der Verkehrsdurchsetzung des „[X.]“ - nicht schon allein aus diesem Grund schutzfähig wäre. In der angemeldeten [X.] stellen die Wortelemente den zentralen Bestandteil dar, um die herum sich die grafische Gestaltung hervorhebend und rahmend gruppiert. Dabei tritt das [X.] innerhalb der mehrfarbigen Gestaltung nicht als betrieblicher Herkunftshinweis hervor, sondern dient erkennbar nur als Unterlegung bzw. farbliche Hervorhebung des [X.] „100pro“. Unabhängig von der Frage einer etwaigen Verkehrsdurchsetzung des [X.] als isolierte Einzelfarbe für die Unternehmensgruppe der Anmelderin wirkt diese Farbe hier also nur als reines farbliches Gestaltungsmittel, allenfalls noch (Signalfarbe rot) als optisches Hervorhebungsmittel, nicht jedoch als Hausfarbe einer Unternehmensgruppe.

Hierfür spricht auch schon der unübersehbare Umfang, in dem verschiedene [X.]töne in allen Waren- und Dienstleistungsbereichen, insbesondere im Finanzwesen verwendet werden. Dies gilt bereits für die Logos verschiedener Finanzinstitute (vgl. [X.] im Logo der [X.] (ebenso bei der [X.] und [X.]), mittlerer Schweif im Logo der [X.], Bestandteil „[X.]“ in der Kombination „TARGO [X.]“, roter Kreis im Logo der [X.], rotes Sechseck bzw. rote Dreiecke im Logo der [X.], rote Schrift der [X.]). Im Übrigen ist die Verwendung der Signalfarbe [X.] als farbliche Hervorhebung von Hinweisen, (Sonder-) Angeboten, Bannern, Klickflächen usw., insbesondere zur Hervorhebung besonders günstiger Angebote oder Prozent-Angaben bei den verschiedensten Banken, aber auch bei sonstigen Anbietern jeglicher Waren und Dienstleistungen derart verbreitet und unübersehbar, dass diese Werbepraxis hier als präsentes Erfahrungswissen jedes Verkehrsteilnehmers vorausgesetzt werden kann.

Damit verfügt die angemeldete Marke insgesamt nicht über die erforderliche Unterscheidungs[X.], so dass die Markenstelle die Eintragung zu Recht nach § 37 Abs. 1 [X.] i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] zurückgewiesen hat.

Soweit die Anmelderin auf Voreintragungen, insbesondere die der grafisch ähnlich gestalteten Wort-/Bildmarke 398 05 741 - „100pro“, Bezug nimmt, ist darauf hinzuweisen, dass diese keine Bindungswirkung haben (vgl. [X.] [X.], 667 (Nr. 18) - Bild.t.-Online.de m. w. N.; [X.], 1093 (Nr. 8) - [X.]; [X.], 230 - [X.]; [X.] 2011, 66 - Freizeit Rätsel Woche). Die Frage der Schutzfähigkeit einer angemeldeten Marke ist keine Ermessensentscheidung, sondern eine gebundene Entscheidung, die allein anhand des Gesetzes und nicht auf der Grundlage einer vorherigen Entscheidungspraxis zu beurteilen ist. Ausgehend von Art. 20 Abs. 3 GG ist die rechtsprechende Gewalt allein an Recht und Gesetz gebunden, nicht aber an vorangehende Entscheidungen eines Amtes, dessen Tätigkeit gerade überprüft werden soll. Im Übrigen ist die o. g. Marke bereits 1998 eingetragen worden, so dass ihre Eintragung sowohl im Hinblick auf die damals besonders eintragungsfreundliche Rechtsprechung des [X.] als auch auf die seinerzeit noch auf reine Literaturrecherchen beschränkten Recherchemöglichkeiten des Patentamts gegenüber der nunmehr [X.] keinen Anlass gibt, eine andere Beurteilung in Erwägung zu ziehen.

Die Beschwerde war damit zurückzuweisen.

Meta

33 W (pat) 42/11

30.07.2013

Bundespatentgericht 33. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 30.07.2013, Az. 33 W (pat) 42/11 (REWIS RS 2013, 3793)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 3793

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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