Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.07.2002, Az. III ZR 160/01

III. Zivilsenat | REWIS RS 2002, 2358

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen


BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
III ZR 160/01

Verkündet am:

11. Juli 2002

F i t t e r e r

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

BauGB §§
95 Abs.
2 Nr.
7, 42 Abs. 3 Satz
1, 43 Abs.
3 Satz
2

Wird nach Ablauf der [X.] des §
42 Abs.
2 BauGB unbebautes [X.] als Spielplatz ausgewiesen und enteignet, so kann für die Beurteilung, ob die Bemessung der
[X.] nach der ausgeübten [X.] zu einer unzumutbaren Ungleichbehandlung des betroffenen Eigentümers führen würde (vgl. Senatsurteil [X.], 319), nicht außer Betracht bleiben, ob und in welchem Umfang der Eigentümer in demselben örtlichen Bereich an-derweit Bauvorhaben realisiert hat und diesen der geplante Spielplatz dient.

[X.], Urteil vom 11.
Juli 2002 -
III ZR 160/01 -
KG Berlin

LG Berlin
-

2

-

Der III.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 11.
Juli 2002 durch [X.] [X.] und [X.]
[X.], [X.], [X.] und Dörr

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Beteiligten zu
3 wird das Urteil des 9. Zivilse-nats ([X.]) des [X.] vom 16.
Februar 2001 aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das [X.] zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Höhe der [X.] für ein 1.713
m² großes Grundstück in Berlin-T.

(Flurstück 3754), über [X.] Übertragung auf das [X.] die Beteiligte zu 1, ein [X.], sich im Laufe des Enteignungsverfahrens mit dem zu 4 beteiligten Bezirksamt -
für eine Entschädigung von mindestens 69.000
DM
-
geeinigt hat (Teileinigung vom 12.
August 1998).

-

3

-

Die Beteiligte zu 1 hatte im Mai 1980 zusammen mit dieser Fläche ins-gesamt 15.695
m² [X.] im L.

-Viertel von der [X.] zum Zwecke des Wohnungsbaus gekauft; weitere 5.634
m² hatte sie in diesem Bereich vom [X.] erworben. Der übergeleitete Bebauungsplan für das mit im [X.] zerstörten mehrgeschossigen Mietshäusern bebaute [X.] wies ein Kerngebiet der Baustufe
V/3 (GFZ
1, 5) aus. In der Folgezeit wandelte sich dieser Bereich jedoch -
begleitet von den [X.] vom 8.
April 1984 bzw. vom 23.
Juni 1994 sowie dem (einfa-chen) Bebauungsplan [X.] vom 4.
Juni 1996 für den Bereich T.

S.

zwischen dem L.

-Kanal, der F.

-Straße, der K.

-Straße und dem L.

-Platz
-
zu einem allgemeinen Wohngebiet um.

Die Beteiligte zu 1 realisierte ihre Bauvorhaben. Ihr auf das Flurstück 3754 bezogener Bauantrag vom 31.
Januar 1985 scheiterte jedoch daran, daß -
nach Zurückstellung des Gesuchs und Anordnung einer Veränderungssperre
-
dieses Grundstück durch Bebauungsplan [X.] vom 1.
November 1988 als Grünfläche (Spielplatz) ausgewiesen wurde. Die auf Erteilung einer Baugeneh-migung gerichtete verwaltungsgerichtliche Klage der Beteiligten zu 1 blieb er-folglos.

Im Enteignungsverfahren hat die Enteignungsbehörde (Beteiligte zu 3) mit Beschluß vom 6.
November 1998 die vom [X.] an die Beteiligte zu 1 zu leistende [X.] unter Zugrundelegung der Qualität von "Brachland/[X.]" als ausgeübter Nutzung auf 69.000
DM festgesetzt. Der Auffassung der Beteiligten zu
1, für die Höhe der Enteignungsentschädi-gung sei auf eine bauliche Nutzbarkeit des Grundstücks vor der [X.] durch den Bebauungsplan vom 1.
November 1988 abzustellen, ist die [X.] zu 3 unter Hinweis auf die über die [X.] nach §
42 -

4

-

Abs.
3 BauGB hinaus unterbliebene Bebauung des Grundstücks entgegenge-treten. Hiergegen hat die Beteiligte zu
1 Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt. [X.] (Kammer für [X.]) und [X.] (Senat für [X.]) haben das [X.] (den Beteiligten zu
2) verurteilt, an die Beteiligte zu
1 weitere 2.315.000
DM nebst gesetzlicher Zinsen zu zahlen. Mit der Revision erstrebt die Beteiligte zu
3 die Wiederherstellung ihrer Ent-scheidung zur Höhe des [X.].

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurück-verweisung der
Sache an das Berufungsgericht.

A.

1.
Die Revision ist zulässig.

a) Die Enteignungsbehörde, die hier die Revision eingelegt hat, ist im ge-richtlichen Verfahren in [X.] als diejenige Stelle, die den Verwal-tungsakt erlassen hat, Beteiligte (§
222 Abs.
1 Satz
2 BauGB). Sie ist darüber hinaus -
als zur allgemeinen Vertretung der öffentlichen Interessen berufen
-
ohne Beeinträchtigung eines eigenen Rechts oder ihrer materiellen Verwal-tungsfunktion zur Einlegung eines Rechtsmittels befugt, auch wenn sie in den Vorinstanzen keine eigenen Anträge gestellt hatte (Senatsurteile vom 5.
Mai 1975 -
III
ZR
17/73
-
NJW 1975, 1638, 1640 und vom 22.
Februar 1990 -
III
ZR 196/87
-
WM 1990, 1173 f).
-

5

-

b) Die Revision ist auch fristgerecht, nämlich (am 21.
Juni 2001) binnen eines Monats seit der am 21.
Mai 2001 mittels Empfangsbekenntnisses erfolg-ten Zustellung des Berufungsurteils an die Beteiligte zu
3 (§
212
a ZPO a.[X.]. §
221 Abs.
1 BauGB), eingelegt worden. Soweit die [X.] bereits mit Eingangsstempel vom 16.
Mai 2001 die "persönli-che Zustellung durch besonderen Wachtmeister" bestätigt hat, handelt es sich, wie der Beteiligte zu
3 im einzelnen dargelegt hat, nur um eine Empfangsbestä-tigung des Leiters der Poststelle derjenigen Senatsverwaltung, in die die [X.] eingegliedert ist. Dieser Empfangsbestätigung konnte weder nach dem Willen des zustellenden Gerichts, noch nach demjenigen der in [X.] nehmenden Behörde Zustellungswirkung zukommen.

2.
Die von der Beteiligten zu
1 in ihrer Revisionserwiderung gegen die Zu-lässigkeit der Berufung der Beteiligten zu 2 gegen das Urteil der Kammer für [X.] erhobenen Verfahrensrügen hat der Senat geprüft und nicht für durchgreifend erachtet. Von einer Begründung wird gemäß §
565
a ZPO a.F. abgesehen.

B.

Die Revision ist begründet.

-

6

-

I.

1.
Das Berufungsgericht legt in Übereinstimmung mit der Kammer für [X.] als für die [X.] maßgebliche "Qualität" die-jenige von [X.] zugrunde, wobei es unter Einbeziehung der aner-kannten Grundsätze der Vorwirkung der Enteignung (vgl. [X.], 319, 321) auf einen Stichtag vor Beginn der Planung, die zur Herabzonung zu einer [X.] führte, abstellt.

Den Konflikt daraus, daß das Flurstück 3754 vor der Umplanung über sieben Jahre ab Zulässigkeit -
Fristablauf: 31. Dezember 1983 -
nicht baulich genutzt worden war (vgl. §§
42 Abs. 3, 43 Abs. 3 Satz
2, 95 Abs.
2 Nr.
7 BauGB), löst das Berufungsgericht in Anlehnung an das Senatsurteil vom 6.
Mai 1999 (III
ZR
174/98 -
[X.], 319 = DVBl. 1999, 1285 m.
Anm. [X.]): Diese Rechtsprechung des [X.] sei auch auf einen Sachverhalt zu übertragen, bei dem sich das betroffene Grundstück innerhalb eines zusammenhängend bebauten Ortsteils im Sinne des §
34 Abs.
1 BauGB befinde und als einziges Grundstück von einem Bebauungsplan erfaßt werde. Die Eigenart der tatsächlichen Bebauung trete insoweit an die Stelle eines Be-bauungsplans. Sehe die Planungsbehörde davon ab, einen qualifizierten Be-bauungsplan für einen zusammenhängend bebauten Ortsteil zu erlassen, und beschränke sich darauf, einen städtebaulichen Mißstand innerhalb des Ortsteils durch einen Bebauungsplan zu beseitigen, der nur ein Grundstück oder nur eine Teilfläche davon erfasse, dann bestehe kein Unterschied zum Erlaß eines Bebauungsplans für den gesamten Ortsteil, der weitgehend Festsetzungen entsprechend der tatsächlichen Bebauung enthalte, aber für das betroffene Grundstück eine bauliche Nutzung ausschließe. Dies werde im [X.] deutlich daran, daß der Spielplatz, der auf dem von der Enteignung be--

7

-

troffenen Grundstück geplant ist, den Bewohnern der umliegenden Wohnbe-bauung dienen solle. Daß [X.] nicht nur für das Grundstück der [X.]n zu 1 bestanden habe, zeige auch der später beschlossene, ein
größeres Plangebiet umfassende einfache Bebauungsplan [X.]. Der [X.], der im unbeplanten zusammenhängend bebauten Innenbe-reich ein Bauvorhaben in zulässiger Weise hätte verwirklichen können, bringe, wenn er von einer eigentumsverdrängenden Planung betroffen werde, die sich nur auf sein Grundstück beziehe, genauso ein Sonderopfer wie der [X.], der innerhalb eines größeren Plangebiets als einziger von der eigentumsverdrängenden Planung betroffen werde. Nicht anders könne der hier vorliegende Sachverhalt beurteilt werden, der durch eine "Aufspaltung der Planung für einen zusammenhängend bebauten Ortsteil" durch einen Bebau-ungsplan im Sinne des §
30 Abs. 1 BauGB (mit eigentumsverdrängendem In-halt für ein Grundstück) und einen einfachen Bebauungsplan für ein größeres Plangebiet gekennzeichnet sei.

Ergänzend führt das Berufungsgericht aus, eine Entschädigung nach [X.] sei im Streitfall schon deswegen erforderlich, weil das [X.] als Betreiber des Enteignungsverfahrens (Beteiligter zu
4) sonst aus ei-nem widersprüchlichen Verfahren Vorteile ziehen könnte, die nach dem Sinn und Zweck der Regelungen in den §§
95 Abs.
2 Nr.
7 und 42 BauGB nicht ge-rechtfertigt wären. Ein [X.] hinsichtlich einer Grünfläche habe schon
im zeitlichen Zusammenhang zu dem Erwerb der größeren Flächen durch die Beteiligte zu
1 bestanden. Gleichwohl sei der Beschluß zur Aufstellung eines Bebauungsplans erst gefaßt worden, als die Beteiligte zu
1 die [X.] für ihr Bauvorhaben beantragt hatte, um eben dieses zu verhindern. Diese Vorge-hensweise sei deswegen widersprüchlich, weil das [X.] als Betreiber des Enteignungsverfahrens für ein lange [X.] brachliegendes Areal keinen Pla--

8

-

nungsbedarf gesehen, vielmehr die Regelung des §
34 BauGB in Verbindung mit dem geltenden Baunutzungsplan zur Schaffung einer städtebaulichen Ent-wicklung als ausreichend angesehen habe, dann aber die Beteiligte zu
1, die auf diese Planungssituation erkennbar vertraut und das Areal nach und nach entsprechend bebaut habe, bei der Realisierung des letzten Bauvorhabens mit einer Planungsänderung überrascht habe, zumal auch in dem [X.] vom 8.
April 1984 die betroffene Fläche noch als Wohnbaufläche ausgewiesen gewesen sei, obwohl die Situation, die aus Sicht der [X.] einen Bebauungsplan zur Änderung der bestehenden Situation erfor-derlich machte, schon längere [X.] bestanden habe.

2.
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.

a) Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt der Beurteilung des [X.]s: Wie der Senat in dem Urteil vom 6. Mai 1999 (aaO) entschieden hat, sind die §§
42 Abs.
3, 43 Abs.
3 Satz
2, 95 Abs.
2 Nr.
7 BauGB, aus deren Zusammenspiel sich ergeben könnte, daß die Qualität des der Beteiligten zu
1 genommenen Grundstücks
sich nur
nach der ausgeübten Nutzung (Brachland) richtet, verfassungskonform (einschränkend) auszulegen. Die (Wert-)Garantie des Eigentums und der in Art.
14 Abs.
1 und 3 i.V.m. Art.
3 Abs. 1 GG veran-kerte Grundsatz der Lastengleichheit verbieten es, einzelne Eigentümer, die in einem Plangebiet von eigentumsverdrängenden Festsetzungen betroffen sind, im Falle der Enteignung mit einem (weiteren) Sonderopfer und im Verhältnis zu den übrigen Planbetroffenen ungleich und unzumutbar zu belasten. Das führt dann, wenn die die spätere Enteignung auslösende eigentumsverdrängende Planung (§ 40 Abs.
1 BauGB) nicht von einer gleichzeitigen allgemeinen [X.]sbeschränkung im
Plangebiet begleitet wird -
also bei "isolierter" eigen--

9

-

tumsverdrängender Planung
-
ungeachtet des Ablaufs der [X.] des §
42 Abs.
2 und 3 BauGB zu einer [X.] nach [X.] (Nutzbarkeit), die das enteignete Grundstück vor der es herabzonenden Ausweisung im Bebauungsplan besaß und die übrigen Grundstücke im Plangebiet weiter besitzen (Senatsurteil vom 6.
Mai 1999 aaO). An dieser Rechtsprechung hält der Senat trotz der Kritik von [X.] (DVBl. 1999, 1285), auf die sich die Revision bezieht, im Grundsatz fest. Ein maßgeb-licher Kritikpunkt ist der, der [X.] hätte bei durchgreifenden ver-fassungsrechtlichen Bedenken gegen die gesetzliche Ausgleichsregelung das [X.] im Verfahren nach Art.
100 Abs.
1 GG um Klärung ersuchen müssen. Indessen erübrigt sich eine Vorlage beim Bundesverfas-sungsgericht, wenn und soweit auf dem Wege über eine verfassungskonforme Auslegung die Nichtigerklärung einer Norm vermieden werden kann (vgl. [X.] 76, 100, 105; 90, 145, 170). Das Gebot verfassungskonformer [X.] verlangt, von mehreren möglichen Normdeutungen, die teils zu ei-nem verfassungswidrigen, teils zu einem verfassungsmäßigen Ergebnis führen, diejenige vorzuziehen, die mit dem
Grundgesetz in Einklang steht ([X.] 32, 365, 384). Was den hier in Rede stehenden [X.] angeht, stand weder der Wortlaut der maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften noch der Zweck, den der Gesetzgeber mit seiner Regelung verfolgt hat (vgl. zu diesen Schranken der verfassungskonformen Auslegung [X.], [X.] Auslegung von Gesetzen, [X.] und Grundgesetz, Festgabe aus An-laß des 25jährigen Bestehens des [X.]s (1976) 2.
Band S.
108, 115
f), einer einschränkenden Anwendung der Vorschriften in bestimm-ten besonderen -
im Gesetz als solche nicht ausdrücklich geregelten
-
Einzelfäl-len entgegen. Entgegen der Revision ist auch im Bereich der [X.] (Art.
14 Abs.
3 Satz
2 GG) eine verfassungskonforme Auslegung nicht ausge-schlossen (vgl. Papier, in: Maunz/
-

10

-

Dürig GG Art.
14 Rn.
574). Auch die von der Revision hervorgehobene Warn-
und Offenbarungsfunktion des [X.] und der hiermit ver-bundene Schutz der öffentlichen Haushalte und der haushaltspolitischen Par-lamentsprärogative (vgl. Papier aaO Rn.
569, 570) schließen nicht die [X.] aus, daß gesetzliche Bestimmungen über die Höhe der Enteignungsent-schädigung -
die an sich hinreichend bestimmt sind -
durch richterliche Ausle-gung für einzelne Fallgruppen einen anderen Inhalt erhalten, als ihn der Geset-zeswortlaut im allgemeinen auf den ersten Blick nahelegen mag.

b) Es ist entgegen der Revision auch nicht zu beanstanden, daß das Be-rufungsgericht, was die nach dem Senatsurteil vom 6.
Mai 1999 (aaO) [X.] Frage einer unzumutbaren Ungleichbehandlung der Grundstücke "im Plangebiet" angeht, im Streitfall einen vergleichbaren Sachverhalt angenom-men hat. Es kommt hierbei nicht in einem technisch-formalen Sinne allein auf die von der Gemeinde in dem die Enteignung begründenden Bebauungsplan vorgenommene Abgrenzung an (sonst hätte es die Gemeinde unter Umständen
in der Hand, durch Begrenzungen des Plangebiets Einfluß auf die Höhe der Entschädigung zu nehmen, vgl. [X.] aaO S.
1287), sondern darauf, ob aus städteplanerischer Sicht ein einheitlich einzustufendes und [X.] vorliegt. Das Berufungsgericht sieht insoweit in tatrichterlich einwandfreier Würdigung den auf das Flurstück 3754 begrenzten (qualifizierten)
Bebauungsplan [X.] vom 1.
November 1988 eingebettet in einen größeren, überwiegend bereits zusammenhängend bebauten und später auch von dem (einfachen) Bebauungsplan II-B
3 vom 4.
Juni 1996 (mit) erfaßten Ortsteil. Gleichzeitig stellt das Berufungsgericht fest, daß schon in einem näheren Be-reich, sowohl an der L.

-Straße in unmittelbarer Nähe zu dem "enteigneten" Flurstück als auch am L.

-Ufer, weiterhin noch nicht bebaute Grundstücke vorhanden sind, die bebaubar bleiben.
-

11

-

c) Die Würdigung des Berufungsgerichts, die Beteiligte zu
1 würde ohne eine Entschädigung nach der Qualität ihres Grundstücks vor Erlaß des Bebau-ungsplans [X.] ein "Sonderopfer" gegenüber denjenigen Eigentümern erlei-den, die in dem zusammenhängend bebauten Ortsteil weiterhin ihr Grundstück bebauen durften, leidet jedoch unter dem Mangel, daß hierbei die bauliche Nutzbarkeit des gesamten übrigen (umfangreichen) von der Beteiligten zu
1 in diesem Bereich zu [X.] erworbenen Grundbesitzes außer [X.] geblieben ist.

Eine (ausnahmsweise das Absehen von der Anwendung der §§
42 Abs.
3, 43 Abs.
3 Satz
2, 95 Nr.
7 BauGB rechtfertigende) unzumutbare Un-gleichbehandlung der Beteiligten zu
1 wird jedenfalls dann nicht ohne weiteres angenommen werden können, wenn -
was nach dem
Sachstand des [X.] nicht auszuschließen ist -
das vom Berufungsgericht in Betracht gezogene "Plangebiet" (s.o. zu
2), soweit es bebaut bzw. bebaubar geblieben ist, sich ganz oder zu einem wesentlichen Teil (auch) aus dem von der Beteilig-ten
zu
1 Anfang 1980 zum Zwecke des Wohnungsbaus erworbenen Grund-stückskomplex zusammensetzen und der auf dem Flurstück 3754 geplante Spielplatz vornehmlich oder jedenfalls in gewichtigem Umfang den Bewohnern dieser von der Beteiligten zu 1 geschaffenen Wohnbebauung dienen sollte. Es stünde noch nicht in einem unerträglichen Widerspruch zu dem Grundsatz der Lastengleichheit, wenn die Beteiligte zu 1 -
nachdem sie die [X.] nach §
42 Abs.
2, 3 BauGB hatte verstreichen lassen, ohne daß eine si-chere
Vertrauensgrundlage hinsichtlich des Fortbestands der planerischen Si-tuation bestand
-
den auch und gerade durch die von ihr im übrigen ungehin-dert geschaffene Wohnbebauung erforderlich gewordenen Spielplatz ohne vollwertigen [X.] "aufzubringen" hätte. Wie beispielsweise im Zusam--

12

-

menhang mit dem Grundsatz der Vorteilsausgleichung (§
93 Abs.
3 Satz
1 BauGB; vgl. dazu Senat [X.]Z 62, 305 und Urteil vom 9.
Oktober 1997 -
III
ZR 148/96
-
NJW 1998, 2215) deutlich wird, kommt es für die Höhe der Enteig-nungsentschädigung nicht allein auf das genommene Grundstück, sondern auf die Situation an, die sich gerade für den jeweils betroffenen Eigentümer ([X.]) infolge der Enteignung ergeben hat (s. hierzu auch das zur Veröffentlichung bestimmte Senatsurteil vom 14.
März 2002 -
III
ZR 320/00). Dies gilt insbesondere auch angesichts der Größenverhältnisse der in Rede stehenden Grundstücke; rechnet man die seitens der Beteiligten zu 1 von der [X.] und vom [X.] erworbenen Grundstücke zusammen (15.695
m² + 5.634
m²), so macht die in Anspruch genommene [X.] mit 1.713
m² nur 8
% der Gesamtfläche aus.

Das Berufungsgericht hat zu diesem -
im baulandgerichtlichen Verfahren von Amts wegen zu berücksichtigenden
-
Gesichtspunkt keine Feststellungen getroffen. Es fehlt demzufolge auch an der erforderlichen umfassenden tatrich-terlichen Würdigung dazu, ob die Beteiligte zu 1 im Blick auf die Erwägungen in dem Senatsurteil vom 6. Mai 1999 (aaO) durch einen Entschädigungsansatz auf der Grundlage der §§
42 Abs.
3, 43 Abs.
3 Satz
2, 95 Abs.
2 Nr.
7 BauGB wirklich in unzumutbarer Weise ungleich betroffen wäre.

3.
Das vom Berufungsgericht gefundene Ergebnis wird nicht schon durch seine ergänzenden Ausführungen über ein widersprüchliches städteplaneri-sches Verhalten der Gemeinde einerseits und ein Vertrauen der Beteiligten zu
1 auf ein Bestehenbleiben der bei Erwerb ihrer Grundstücke gegebenen Planungssituation andererseits getragen. Wie die Revision mit Recht rügt, gab es nach Ablauf der [X.] gem §
42 Abs.
2, 3 BauGB ein schüt--

13

-

zenswertes Vertrauen der Beteiligten zu 1 auf einen Fortbestand der vorhande-nen [X.] nicht.

II.

Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich auch nicht aus ande-ren Gründen
als richtig dar (§
563 ZPO a.F.). Die Revisionserwiderung der [X.]n zu 1 stellt mit einer Gegenrüge zur Nachprüfung, ob angesichts der im übrigen umfassenden Bautätigkeit der Beteiligten zu 1 auf dem von ihr erwor-benen Grundstückskomplex zum [X.]punkt der Umplanung auf dem Flurstück 3754 eine auch schon auf diese Fläche bezogene "ausgeübte" (bauliche) [X.] im Sinne des § 42 Abs.
3 und 4 BauGB vorlag. Sie meint, es sei insoweit auf die Bebauung des [X.] abzustellen; demnach sei durch die Aus-weisung der [X.] in Wahrheit in eine bereits ausgeübte [X.] eingegriffen worden. Indessen kann es, jedenfalls wenn es um Flächen der hier in Rede stehenden Art und Größenordnung geht, dafür, welche [X.]en "ausgeübt" wurden, grundsätzlich nur auf das jeweils in den Blick ge-nommene einzelne Grundstück ankommen. Vorliegend war bis zum Ablauf der [X.] des §
42 Abs.
2 BauGB für das Flurstück 3754 (31.
De-zember 1983) nicht einmal ein [X.] gestellt worden Erst
am 31.
Januar 1985 erfolgte ein solcher Antrag. Die -
nicht näher angeführte -
Behauptung der Revisionserwiderung, die Entscheidung über diesen Antrag sei jedenfalls bis zum Beschluß über die Aufstellung des Bebauungsplans vom 16.
April 1985 rechtswidrig zurückgestellt worden, hat in diesem [X.] ebenfalls keine Bedeutung.

-

14

-

III.

Da der Rechtsstreit in der Revisionsinstanz nicht entscheidungsreif ist, muß die Sache für die erforderliche weitere tatrichterliche Beurteilung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden (§
565 Abs.
1 ZPO a.[X.]. § 221 Abs.
1 BauGB).

Für den Fall, daß das Berufungsgericht nach seiner ergänzenden [X.] erneut zu dem Ergebnis gelangen sollte, daß als Grundstücksqualität die-jenige von [X.] zu entschädigen ist,
bemerkt der Senat hinsichtlich des [X.] gegebenenfalls zu zahlenden Preises:

Im grundsätzlichen Ansatz zutreffend hat das [X.], dessen Be-rechnung vom Berufungsgericht übernommen worden ist, im Hinblick auf den [X.]punkt der Teileinigung vom 12.
August 1998 im Enteignungsverfahren -
an-stelle einer Entscheidung der Enteignungsbehörde über den Enteignungsantrag (vgl. §
95 Abs. 1 Satz
2 BauGB) -
auf die Preisverhältnisse (für vergleichbares [X.]) im August 1998 abgestellt. Zu Unrecht meint demgegenüber die [X.], im vorliegenden Zusammenhang könne, da das betroffene Grundstück seit dem Erlaß der Veränderungssperre im Jahre 1985 als [X.] nicht mehr zur Verfügung stehe, allenfalls der Verkehrswert zum Stichtag 18.
Mai 1985 angesetzt werden. Abgesehen von der -
im Lichte von Art. 14 und Art.
3 GG zweifelhaften
-
Frage, welche Grundstücksqualität der Enteignungsentschädi-gung zugrunde zu legen ist, gelten hier die allgemeinen Enteignungsentschädi-gungsregeln (§§
93 ff BauGB). Nach diesen kann es unterschiedliche Stichtage für die [X.] einerseits und die Preisbemessung andererseits geben. Der [X.], der sich nach der sogenannten Steigerungsrecht-sprechung des Senats verschieben kann (vgl. etwa [X.]Z 44, 52, 54; Urteil -

15

-

vom 10.
April 1997 -
III ZR 111/96 -
NJW 1997, 2119), trägt dem Umstand Rechnung, daß aufgrund der Ausgleichsfunktion der Enteignungsentschädi-gung der [X.]punkt der Bewertung dem [X.]punkt der Auszahlung der [X.] möglichst nahekommen muß, um eine wertgleiche
Entschädigung zu gewährleisten ([X.]Z 44, 52, 54).

[X.]
[X.]

[X.]

[X.]

Dörr

Meta

III ZR 160/01

11.07.2002

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.07.2002, Az. III ZR 160/01 (REWIS RS 2002, 2358)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2002, 2358

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

III ZR 156/10 (Bundesgerichtshof)


III ZR 305/06 (Bundesgerichtshof)


III ZR 156/10 (Bundesgerichtshof)

Eigentumsverdrängende Bebauungsplanung: Bemessung der Entschädigung des Eigentümers eines in einem Sanierungsgebiet gelegenen baureifen Grundstücks bei …


16 U (Baul.) 3/07 (Oberlandesgericht Hamm)


III ZR 76/01 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.