Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.07.2011, Az. III ZR 156/10

III. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 4988

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
III ZR 156/10

Verkündet am:

7. Juli 2011

K i e f e r

Justizangestellter

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle
in der [X.]andsache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja

BauGB § 145 Abs. 5, § 95 Abs. 2 Nr. 7, § 42 Abs. 3; GG Art. 14 [X.], Ea

Die Grundsätze zur Entschädigung des Eigentümers, der die Übernahme seines Grundstücks infolge einer isolierten eigentumsverdrängenden Be-bauungsplanung verlangt ([X.]surteile vom 19. Juli 2007 -
III ZR 305/06, [X.] 2007, 788; vom 11. Juli 2002 -
III ZR 160/01, [X.], 63 und vom 6.
Mai 1999 -
III ZR 174/98, [X.], 319), sind auch dann anwendbar, wenn der Eigentümer eines in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet gelegenen Grundstücks nach Versagung der sanierungsrechtlichen (Bau-)
Genehmigung nach § 145 Abs.
5 BauGB die Übernahme des Grundstücks bzw. die Entziehung des Grundeigentums verlangt.

[X.], Urteil vom 7. Juli 2011 -
III ZR 156/10 -
KG Berlin

[X.]
-

2

-

Der III.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 7.
Juli 2011
durch den Vizepräsidenten
Schlick und [X.], [X.], [X.] und Tombrink

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Beteiligten zu 1 bis 6
wird das Urteil des Se-nats für [X.]andsachen des Kammergerichts vom 9.
April 2010 aufgehoben.

Die Berufung der Beteiligten zu 8 gegen das Urteil der Kammer für [X.]andsachen des [X.] vom 4.
März 2008 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligte zu
8 hat die
Kosten der Rechtsmittelzüge zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Die Beteiligten zu 1 bis 6 waren Eigentümer des 567
m² großen [X.] S.

Straße
26 in B.

-P.

. Das Grundstück liegt in zentraler Lage im Ortsteil P.

B.

. Die nähere Umgebung des Grundstücks wird durch fünfgeschossige, in geschlossener Bauweise errichtete Wohnbebauung geprägt. Die ursprünglich vorhandene Wohnbebauung des Grundstücks wurde 1
-

3

-

im Krieg zerstört. In den fünfziger Jahren diente das Grundstück als Holz-
und Kohlenlagerplatz und wurde anschließend als Garagenhof genutzt.

Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des förmlich festgesetzten [X.] P.

B.

-H.

in B.

(9.
Verordnung über die förmliche Festlegung von Sanierungsgebieten vom 21.
September 1993, GVBl. S.
403). In der Begründung zur 9.
Verordnung über die förmliche Festle-gung von Sanierungsgebieten ist für den hier maßgeblichen Bereich ausgeführt
([X.] von Berlin BauWohn IV C
2-1,
Umdruck S. 53):

"Zur Sicherung der Wohnqualität sind alle Möglichkeiten auszu-schöpfen, um die mangelhafte Grün-
und Freiflächensituation quantitativ und qualitativ zu verbessern. Dies umfasst im [X.] folgende Maßnahmen:

-
Zur Sicherung der Grünflächenversorgung müssen unbebaute Grundstücke für öffentliche Freiflächen gesichert werden, wobei
dadurch nur das Freiflächendefizit verringert werden kann"

Im beigefügten Rahmenplan ist das Grundstück der Beteiligten
zu
1 bis 6 als "öffentliche Grünfläche/Bestand mit Aufwertungsbedarf"
eingezeichnet. Den Beteiligten zu
1 bis 6
wurde das Grundstück mit Bescheid vom 8.
März 1999 nach dem [X.]. Sie beantragten am 28.
April 2004 die Erteilung einer sanierungsrechtlichen Genehmigung zur Bebauung entsprechend den [X.]. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Stadtplanungsamts des [X.] P.

von B.

vom 26.
August 2004 bestandskräftig versagt. Zur Begründung wurde aus-geführt, dass in dem Rahmenplan zum Sanierungsgebiet P.

B.

-H.

die Grundstücke S.

Straße 26 und 27 als öffentliche Grünfläche ausgewiesen seien. Wegen der Unterversorgung des Gebiets mit Freiflächen kämen nur noch vorhandene [X.]ücken als letzte Flächenreserven 2
3
-

4

-

in Betracht; vergleichbare Grundstücke könnten nicht herangezogen werden,
da diese ebenfalls für den Abbau von Defiziten in der [X.] unter anderem benötigt würden.

Mit Schreiben vom 22.
November 2004 beantragten die Beteiligten zu
1 bis 6 bei der Beteiligten zu
8
(Enteignungsbehörde)
die Übernahme des [X.]. Diese holte ein Gutachten zum Wert des Grundstücks ein. Den [X.] ermittelte sie unter dem Blickwinkel der ausgeübten Nutzung des Grundstücks (Garagen/Stellplätze) mit 105.500

der
Wert auf der Grundlage der zum maßgeblichen
Stichtag planungsrechtlich zulässigen Nut-zung ([X.] im allgemeinen Wohngebiet) 225.000

ug.

Am 22.
Dezember 2006 kam zwischen den
Beteiligten zu
1 bis 6 und
der Beteiligten zu
7 (Gemeinde) eine Teileinigung zustande, aufgrund deren auf letztere das
Eigentum und der
Besitz an dem Grundstück gegen Zahlung einer Mindestentschädigung von 105.500

überging. Man war sich darüber einig, dass das Verfahren nunmehr als
Entschädigungsfeststellungsverfahren von der Beteiligten zu
8 fortgeführt werden solle.

Mit Beschluss vom 7.
März 2007 stellte die Beteiligte zu
8 die Entschädi-gung für den eingetretenen [X.] in Höhe von 105.500

die tatsächliche Nutzung des Grundstücks der Wertermittlung zugrunde legte. Gegen diesen Beschluss hat
sich der Antrag der Beteiligten
zu
1 bis 6 auf ge-richtliche Entscheidung
gerichtet, mit der sie eine weitere Entschädigung in [X.] von 119.500

geltend, dass sie nach der zulässigen Nutzung des Grundstücks, [X.]andqualität, entschädigt werden müssten.

4
5
6
-

5

-

Das [X.] hat dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung stattge-geben und den Entschädigungsfeststellungsbeschluss in der von den Beteilig-ten zu
1 bis 6 beantragten
Weise abgeändert. Es hat seiner Beurteilung zu-grunde gelegt, dass eine Entschädigung unter Berücksichtigung der zulässigen
Nutzungen geboten sei, da die Beteiligten zu 1 bis 6 von einer isolierten eigen-tumsverdrängenden Planung betroffen seien.

Die
Berufung der Beteiligten zu
8 ist erfolgreich gewesen. Das [X.] hat das landgerichtliche Urteil abgeändert und den Antrag auf ge-richtliche Entscheidung zurückgewiesen. Hiergegen wenden sich die Beteiligten zu 1 bis 6 mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, mit der sie die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils begehren.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beteiligten zu 1 bis 6 ist begründet.

I.

Das Kammergericht hat -
soweit im Revisionsverfahren von Bedeutung
-
ausgeführt, dass die Beteiligten zu 1 bis 6 nach §
145 Abs.
5 Satz
4, §
93 Abs.
4 Satz
1, §
95 Abs.
2 Nr.
7, §
42 Abs.
3 BauGB nur eine Entschädigung nach der ausgeübten Nutzung des Grundstücks verlangen könnten. Nach §
95 Abs.
2 Nr.
7 BauGB blieben bei der Festsetzung der Entschädigung Bodenwer-te unberücksichtigt, die nicht zu berücksichtigen wären, wenn der Eigentümer eine Entschädigung in den Fällen der §§
40 bis 42 BauGB geltend machen 7
8
9
10
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6

-

würde. Nach §
42 Abs.
3 Satz
1 BauGB
komme
eine Entschädigung nur wegen der ausgeübten Nutzung des Grundstücks und nicht mehr wegen dessen zu-lässiger Nutzung in Betracht, wenn letztere nach Ablauf einer Frist von [X.]n aufgehoben oder geändert werde.
Diese [X.] habe am 3.
Oktober 1990 begonnen und sei am 3.
Oktober 1997 abgelaufen. Während der [X.] sei die Nutzung des Grundstücks als [X.]and weder aufge-hoben noch geändert worden, weil kein Bebauungsplan in [X.] getreten sei.

Die eigentumsverdrängende Maßnahme sei hier die Versagung der sa-nierungsrechtlichen Genehmigung durch Bescheid vom 26.
August 2004. Dies habe den [X.] begründet. Zwar komme eine Entschädigung nach der zulässigen Nutzung des Grundstücks in Betracht, wenn eine isolierte eigentumsverdrängende Planung vorliege. Dies sei jedoch zu verneinen. Zwar sei über §
145 Abs.
5 Satz
4,
§
95 Abs.
2 Nr.
7 BauGB auch §
40 BauGB entsprechend anwendbar, so dass insoweit an die Stelle des Bebauungsplans mit der Festsetzung
einer Grünfläche oder einer von der Bebauung [X.] Fläche die eigentumsverdrängende Maß-nahme der Genehmigungsversagung mit der daraus folgenden Entschädi-gungspflicht nach §
40 Abs.
3 BauGB trete. Die Versagung der beantragten Genehmigung mit der
Begründung, dass das Grundstück im Rahmenplan als öffentliche Grünfläche dargestellt sei und die vorhandenen [X.]ücken für den Abbau von Defiziten in der [X.] benötigt würden, habe eigen-tumsverdrängende Wirkung für die Beteiligten zu 1 bis 6 gehabt. Dies rechtfer-tige jedoch keine Entschädigung nach der zulässigen Nutzung. Nach dem sa-nierungsrechtlichen Rahmenplan sollten zur Sicherung der Wohnqualität alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um die mangelhafte Grün-
und Freiflä-chensituation
quantitativ und qualitativ zu verbessern. Zur Sicherung der Grün-flächenversorgung
müssten unbebaute Grundstücke für öffentliche Freiflächen 11
-

7

-

gesichert werden.
Hier sei nicht nur das Grundstück der Beteiligten zu 1 bis 6, sondern auch das Nachbargrundstück von dem Entzug der baurechtlich zuläs-sigen Nutzungsmöglichkeit betroffen. Darüber hinaus seien im Rahmenplan mindestens zehn weitere Flächen als "öffentliche Grünfläche/Bestand mit Auf-wertungsbedarf" gekennzeichnet. Hierbei handele es sich überwiegend eben-falls um [X.]ücken wie im Fall des Grundstücks der Beteiligten zu 1 bis 6. Dies nehme der Belastung der Beteiligten zu 1 bis 6 die Qualität eines Sonderopfers sowohl im Hinblick auf den Rahmenplan als auch auf die diesen umsetzende Genehmigungsversagung. Eine Übertragung der Grundsätze zur isolierten ei-gentumsverdrängenden Planung auf die Versagung einer sanierungsrechtli-chen Genehmigung sei nicht möglich, soweit die zugrunde liegende [X.] selbst keine Ungleichbehandlung der Planbetroffenen und ein
daraus resultierendes Sonderopfer beinhalte.

II.

Das Berufungsurteil hält den Angriffen der Revision nicht stand.

1.
Zutreffend ist zunächst der Ausgangspunkt des [X.], dass auf die Entschädigung infolge des Übernahmeverlangens nach §
145 Abs.
5 Satz
4 BauGB §
95 Abs.
2 Nr.
7 BauGB anwendbar ist, der seinerseits auf die Einschränkung der Entschädigung nach §§
40 bis 42 BauGB und damit auf die sogenannte Reduktions-
und Harmonisierungsklausel des [X.] verweist. Wird
die zulässige Nutzung eines Grundstücks erst nach [X.] einer Frist von [X.]n ab Zulässigkeit aufgehoben oder geändert, kann der Eigentümer eine Entschädigung nur für Eingriffe in die ausgeübte Nutzung verlangen (§
42 Abs.
3 BauGB). Anlass für die Prüfung der Vorschrift 12
13
-

8

-

gibt hier, dass die zulässige Nutzung des Grundstücks der Beteiligten zu 1 bis 6 als Baugrundstück nach §
34 BauGB möglich war ab dem 3.
Oktober 1990 und die siebenjährige Frist des §
42 Abs.
2 BauGB damit am 3.
Oktober 1997 ablief
(vgl. [X.]surteil vom 19.
Juli 2007 -
III
ZR 305/06, [X.] 2007, 788).

2.
Im Gegensatz zur Auffassung des [X.] ist die Verweisung des §
95 Abs.
2 Nr.
7 BauGB im vorliegenden Fall jedoch im Hinblick auf eine isolierte eigentumsverdrängende
Planung wegen Art.
14 Abs.
1, Abs.
3 i.V.m. Art.
3 Abs.
1 GG verfassungskonform einschränkend
auszulegen.

a) Wie der [X.] bereits entschieden hat ([X.]surteile vom 19.
Juli 2007 -
III
ZR 305/06, [X.] 2007, 788, 789; vom 11.
Juli 2002 -
III
ZR 160/01, [X.], 63; vom 6.
Mai 1999 -
III
ZR 174/98, [X.], 319, 322
f), stehen
die (Wert-)Garantie des Eigentums und der in Art.
14 Abs.
1, 3 i.V.m. Art.
3 Abs.
1 GG verankerte Grundsatz der Lastengleichheit einer
Anwendung von §
42 Abs.
3, §
43 Abs.
3 Satz
2, §
95 Abs.
2 Nr.
7 BauGB entgegen, wenn ein-zelne Eigentümer, die in einem Plangebiet von eigentumsverdrängenden Fest-setzungen betroffen sind, im Fall der Enteignung
mit einem (weiteren) Sonder-opfer und im Verhältnis zu den übrigen Planbetroffenen ungleich und unzumut-bar belastet werden. Bei "isolierter" eigentumsverdrängender Planung, wenn die die spätere Enteignung auslösende Planung nicht von einer gleichzeitigen allgemeinen Nutzungsbeschränkung im Plangebiet begleitet wird, kann deshalb ungeachtet des Ablaufs der [X.] des §
42 Abs.
2, 3 BauGB eine Entschädigung nach derjenigen Grundstücksqualität (Nutzbarkeit) verlangt werden, die das enteignete Grundstück vor
der es herabzonenden Ausweisung im Bebauungsplan besaß und die übrigen Grundstücke im Plangebiet weiter besitzen.
Für die Beurteilung kommt es dabei nicht in einem technisch
formalen Sinn darauf an, wie die Gemeinde in
dem
die Enteignung rechtfertigenden
Be-14
15
-

9

-

bauungsplan das Plangebiet abgegrenzt hat, sondern darauf, ob aus städte-planerischer Sicht ein einheitlich einzustufendes und [X.] vorliegt. Eine unzumutbare Ungleichbehandlung könnte gleichwohl ausge-schlossen sein, wenn der von einer eigentumsverdrängenden Planung Be-troffene zugleich im Wesentlichen der Nutznießer der geplanten Bebauung (z.B. Spielplatz) im Hinblick auf seine weiteren Grundstücke im Plangebiet ist. Es
ist daher nicht allein auf das genommene Grundstück, sondern auf die Situ-ation abzustellen, wie sie sich insgesamt gerade für den jeweils betroffenen Eigentümer ([X.]) infolge der Enteignung darstellt.

b) Diese Grundsätze können auch auf die Entschädigung für die bean-tragte Entziehung des Eigentums am Grundstück infolge der Ablehnung eines Antrags auf Bebauung des Grundstücks wegen entgegenstehender Ziele und Zwecke der Sanierung in einem Sanierungsgebiet nach §
142 Abs.
1 Satz
1 BauGB angewendet
werden, wenn die eigentumsbeeinträchtigende Wirkung sich in gleicher Weise konkretisiert
wie bei der herabzonenden Bebauungspla-nung. Von einer Anwendung dieser Grundsätze auch im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet sind beide
Vorinstanzen ausgegangen.

Im Gegensatz zur Auffassung der
Beteiligten zu
8 scheitert die Anwen-dung der Grundsätze der isolierten eigentumsverdrängenden Planung bei der Bemessung einer Entschädigung für die Entziehung eines Grundstücks im förmlich festgesetzten
Sanierungsgebiet nicht daran, dass die Festsetzung des [X.] im Gegensatz zu einem Bebauungsplan von vornherein auf [X.] angelegt ist. Vielmehr
ist
in den Blick zu nehmen, ob die Beeinträchtigung des Eigentumsrechts bei dem im Sanierungsgebiet gelegenen Grundstück in gleicher Weise in Erscheinung tritt
wie bei einer
Bebauungsplanung. Dabei kommt der zeitlichen Begrenzung der
Sanierungssatzung (§
142 Abs.
3 Satz
2 16
17
-

10

-

BauGB) keine wesentliche Bedeutung zu. Entscheidend abzustellen ist auf den [X.]punkt der Entziehung des Grundeigentums. Wird der Genehmigungsantrag des Eigentümers abgelehnt, so manifestiert sich in diesem Augenblick
die ei-gentumsbeeinträchtigende Wirkung der Festlegung des [X.] und der daraus folgenden Genehmigungspflichtigkeit nach §
144 BauGB. Eine Ent-ziehung des Eigentums kann der Eigentümer nämlich nur verlangen, wenn und soweit es ihm mit Rücksicht auf die Durchführung der Sanierung wirtschaftlich nicht mehr zuzumuten ist, das Grundstück zu behalten oder es in der [X.] oder einer anderen zulässigen Art zu nutzen (§
145 Abs.
5 Satz
1 BauGB). Dann widerspricht es der Eigentumsgarantie, ihn für die Höhe der Entschädi-gung infolge der beantragten Entziehung des Eigentums trotz der Unzumutbar-keit des Festhaltens am Grundstückseigentum darauf zu verweisen, dass die Beschränkungen im
Sanierungsgebiet nicht unbegrenzt fortbestehen. Dies ent-spricht auch der gesetzlichen Regelung
der
§
145 Abs.
5 Satz
4 i.V.m. §
95 Abs.
1 Satz
2 BauGB, wonach
für die Entschädigungsbemessung auf den [X.]-punkt abzustellen ist, in dem die Enteignungsbehörde über den Enteignungsan-trag entscheidet.

Im Übrigen soll durch die Fristsetzung nach §
142 Abs.
3 Satz
2 BauGB nur erreicht werden, dass die Sanierungsverfahren nicht unangemessen und für die Betroffenen unzumutbar lange dauern (vgl. nur [X.]/[X.] in [X.] Kommentar zum BauGB, 3.
Aufl., §
142 Rn.
29
ff
[Stand: September 2010]). Dies ändert jedoch nichts daran, dass die einzelnen Sanierungsmaß-nahmen, wenn und soweit sie -
wie etwa im vorliegenden Fall aufgrund der er-folgten Übernahme
-
durchgeführt worden sind, ebenso auf Dauer angelegt sind
wie die Maßnahmen, die zur Umsetzung der Festsetzungen eines Bebau-ungsplans getroffen werden.

18
-

11

-

c) Im vorliegenden Fall sind die Beteiligten zu 1 bis 6 von einer isolierten eigentumsverdrängenden Planung betroffen. Ihr Grundstück
war nach §
34 BauGB bebaubar in dem
Umfang,
in dem
die Grundstücke in der näheren [X.] bebaut sind. Da es sich bei ihrem Grundstück noch nicht um ein be-bautes handelte, war es durch die
Sanierungsplanung betroffen, deren Zweck es war, zur Behebung des Mangels an Grünflächen in dem förmlich festgesetz-ten Sanierungsgebiet die unbebauten Grundstücke für öffentliche Freiflächen zu sichern, was einer Bebauung entgegenstand und zur Versagung der [X.] führte. Den Beteiligten zu 1 bis 6
ist insofern ein Sonderopfer abver-langt worden, als
sie ihr Grundstück nicht wie die Eigentümer der anderen
Grundstücke bebauen durften, die ihrerseits für ihre Grundstücke die Qualität als [X.]and behalten haben. Die [X.] durch die [X.] der Beteiligten zu 1 bis 6
als Grünfläche und
die Unter-bindung der Bebauung dieser Fläche kommt den übrigen Grundstückseigentü-mern im Sanierungsgebiet
durch die [X.]
auch zugute, wenngleich eine etwaige darauf zurückzuführende
Erhöhung des [X.] des Grundstücks nach §
154 Abs.
1 BauGB abgeschöpft werden kann.
Die Beteiligten zu 1 bis 6 sind von der Planung dagegen
ausschließlich belastet und in keiner Weise begünstigt. Hiervon
geht auch das Berufungsgericht aus, das die eigentumsverdrängende Wirkung der Genehmigungsversagung für die Beteiligten zu 1 bis 6 festgestellt
hat.

19
-

12

-

Im Gegensatz zum
[X.] hat sich das Berufungsgericht aber an der Feststellung eines Sonderopfers und damit einer isolierten eigentumsver-drängenden Planung gehindert gesehen, weil alle Freiflächen im Plangebiet und neben dem Nachbargrundstück noch mindestens zehn weitere Flächen von der Ausweisung als "öffentliche Grünfläche/Bestand mit Aufwertungs-bedarf"
im förmlich festgesetzten Sanierungsgebiet betroffen seien. Diese Be-urteilung des [X.] berücksichtigt jedoch nicht hinreichend die Reichweite der Eigentumsgarantie. Allein der Umstand, dass auch weiteren Grundstückseigentümern ein unzumutbares Sonderopfer abverlangt wird, nimmt der Belastung des konkret Betroffenen nicht die Qualität eines Sonder-opfers und lässt dies auch nicht allein deshalb als zumutbar erscheinen ([X.] vom 19.
Juli 2007 aaO S.
789). Deshalb kann auch nicht allein auf die Anzahl der betroffenen Grundstücke abgestellt werden, um
daraus folgend ein Sonderopfer zu
bejahen oder zu verneinen (vgl. [X.]surteil vom 19.
Juli 2007 aaO; vom 8.
Juli 2010 -
III
ZR 221/09, [X.]Z 186, 136 Rn.
40). Vielmehr ist ei-ne Gesamtbetrachtung des Plangebiets erforderlich und eine Beurteilung da-nach, wie sich die Situation nach der Entziehung des Eigentums für den [X.] konkret darstellt. Das [X.] hat insoweit eine isolierte eigentumsverdrängende Planung zu Lasten der Beteiligten zu 1 bis 6 angenommen. Diese vom Berufungsgericht allein wegen der Anzahl der be-troffenen Grundstücke -
zu Unrecht
-
in Frage gestellte
Würdigung des
Landge-richts
kann der [X.] hier der rechtlichen Beurteilung zugrunde legen. Zusätzli-che
Feststellungen wären
im weiteren Verfahren nicht zu erwarten. Das Sanie-rungsgebiet P.

B.

/H.

stellt sich als ein einheitlich zu entwickelndes Gebiet dar. Dabei handelt es sich um ein großes innerstädti-sches zusammenhängendes Gebiet mit einer weitgehend
gründerzeitlichen Mietshausbebauung mit ca. 14.300 Wohnungen. Im Rahmenplan zum festge-setzten Sanierungsgebiet sind die Grundstücke im Einzelnen bezeichnet, die 20
-

13

-

als "öffentliche Grünfläche/Bestand mit Aufwertungsbedarf"
zur Erreichung des Sanierungszwecks vorgesehen sind. Dabei handelt es sich, auch
wenn es mehr
als zehn sind,
gemessen am Gesamtbestand des [X.] um ein-zelne Grundstücke, die für sich genommen jeweils im Verhältnis zu ihrer [X.] als isoliert von der Planung betroffen anzusehen sind. Die Planung im Rahmen der städtebaulichen Sanierung kann deshalb nicht als allgemeine Herabzonung im Plangebiet angesehen werden. Jeder
einzelne Grundeigen-tümer,
dessen Grundstück
aufgrund der Planung nicht mehr so wie die in der Umgebung liegenden Flächen bebaut werden darf, erbringt insoweit ein Son-deropfer,
um dadurch das Plangebiet zur Behebung städtebaulicher [X.] wesentlich zu verbessern oder umzugestalten. Deshalb
ist es unter dem Blickwinkel des Art.
14 Abs.
1 i.V.m. Art.
14 Abs.
3 GG nicht zulässig, den von der Planung isoliert betroffenen Eigentümern -
zum Vorteil der übrigen Planbe-troffenen
-
Lasten aufzubürden. Deswegen ist eine Bemessung
der Entschädi-gung nur nach den ausgeübten Nutzungen unzulässig. Maßgebend sind viel-mehr die zulässigen Nutzungen.

Die Berufung der Beteiligten zu
8 gegen das landgerichtliche Urteil er-weist sich deswegen als unbegründet und der Antrag auf gerichtliche Entschei-dung der Beteiligten zu 1 bis 6 als begründet.
Den Beteiligten zu 1 bis 6 steht der weitergehende Entschädigungsanspruch in Höhe von 119.500

21
-

14

-

Demnach war das angefochtene Urteil des [X.] aufzuhe-ben, wobei der [X.] in der Sache selbst entscheiden konnte, da die
Sache zur Endentscheidung reif
ist (§
562 Abs.
1, §
563 Abs.
3 ZPO).

Schlick

[X.]

[X.]

[X.]
Tombrink
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 04.03.2008 -
O 3/07 [X.] -

KG Berlin, Entscheidung vom 09.04.2010 -
9 [X.] [X.] -

22

Meta

III ZR 156/10

07.07.2011

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.07.2011, Az. III ZR 156/10 (REWIS RS 2011, 4988)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 4988

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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