Bundespatentgericht, Beschluss vom 08.02.2013, Az. 14 W (pat) 13/09

14. Senat | REWIS RS 2013, 8260

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Gegenstand

Patentbeschwerdeverfahren – "Verbesserung der Peyronie-Krankheit (Penisfibromatose)" - therapeutische Behandlung des menschlichen Körpers – zur Beachtung eines Behandlungsmerkmals - zur Beurteilung der Patentfähigkeit


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Patentanmeldung 100 27 521.4-41

hat der 14. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 8. Februar 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.], der Richterin Dr. [X.] und [X.] Gerster und Schell

beschlossen:

1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen

2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

1

Mit dem angefochtenen [X.]eschluss vom 19. Januar 2009 hat die Prüfungsstelle für [X.] K des [X.] die Patentanmeldung 100 27 521.4-41 mit der [X.]ezeichnung

2

„Verbesserung der Peyronie-Krankheit (Penisfibromatose)“

3

zurückgewiesen.

4

Die Zurückweisung ist im Wesentlichen damit begründet, dass die seinerzeit beanspruchte Verwendung gemäß Hauptantrag und den [X.] 1 bis 3 gegenüber den Druckschriften

5

(1) [X.] 4 338 300

6

(2) Gelbard, M. K. et al., [X.]., 1993, 149, S. 56 bis 58

7

(3) Gelbard, M. K. et al., [X.]., 1985, 134, [X.] bis 283

8

(4) [X.] 3 821 364

9

(5) [X.] 5 589 171 A

nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. In Kenntnis dieser Dokumente sei es nämlich nahe liegend gewesen, die für eine wirkungsvolle [X.]ehandlung der Peyronie-Krankheit optimale [X.]-Dosis zu bestimmen. Der Fachmann sei auch nicht durch Toxizitätsprobleme von einer Dosiserhöhung abgehalten gewesen, da ihn die Druckschrift (2) lehre, dass keine schwerwiegenden Nebenwirkungen oder allergische Reaktionen im Zusammenhang mit [X.] von bis zu 14000 [X.] mit 4000 [X.]/ml beobachtet worden seien. Das im Patentanspruch 1 gemäß 1. Hilfsantrag zusätzlich angegebene, die Herrichtung des dort genannten Medikaments zur Immobilisierung des Penis unmittelbar nach der Injektion für einen Zeitraum von mehreren Stunden betreffende Merkmal könne keinen [X.]eitrag zu [X.]egründung der erfinderischen Tätigkeit leisten. Dieses sei im Hinblick auf die [X.]GH-Entscheidung „[X.]“ zwar formal zulässig, da es sich dabei um einen Aufdruck auf dem [X.]eipackzettel handle, der zur gewerblichen Herrichtung gehöre. Es stelle aber kein technisches Merkmal dar, welches die unmittelbare [X.]eschaffenheit der [X.]-Zubereitung an sich kennzeichne, sondern lediglich eine Information auf dem [X.]eipackzettel, die erst mit der Umsetzung des Arztes als ein therapeutisches Verfahren am Patienten ihre Wirkung entfalte. Daher [X.] es ein von der Patentierbarkeit ausgeschlossenes Verfahren zur therapeutischen [X.]ehandlung des menschlichen Körpers.

Gegen diesen [X.]eschluss richtet sich die [X.]eschwerde der Anmelderin, mit der sie ihr Patentbegehren mit den Patentansprüchen 1 bis 8 gemäß Hauptantrag, hilfsweise mit den Patentansprüchen 1 bis 7 gemäß 1. Hilfsantrag, weiter hilfsweise mit den Patentansprüchen 1 bis 7 gemäß 2. Hilfsantrag, jeweils eingereicht mit Schriftsatz vom 29. Januar 2013, weiterverfolgt.

Der Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag hat folgenden Wortlaut:

„[X.] zur Anwendung bei der [X.]ehandlung der Peyronie-Krankheit bei einem Individuum, das an der Peyronie-Krankheit leidet, wobei die [X.] hergerichtet ist zur Injektion in eine fibröse Peyronie-Plaque in den Penis dieses Individuums in einer Gesamtmenge von wenigstens etwa 20.000 [X.] in einer pharmazeutisch verträglichen Trägersubstanz in einer Konzentration von etwa 20.000 bis etwa 40.000 [X.] pro ml Trägersubstanz.“

Patentanspruch 1 gemäß 1. Hilfsantrag unterscheidet sich vom Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag insofern, als es das weitere Merkmal „, und zur Immobilisierung des Penis unmittelbar nach Injektion für mehrere Stunden.“ aufweist.

Der Gegenstand nach Patentanspruch 1 gemäß 2. Hilfsantrag weist gegenüber dem Patentanspruch 1 gemäß 1. Hilfsantrag insofern eine [X.]eschränkung auf, als der Zeitraum zur Ruhigstellung des Penis etwa vier bis zwölf Stunden beträgt.

Zur [X.]egründung ihrer [X.]eschwerde hat die Anmelderin im Wesentlichen vorgetragen, dass das die Immobilisierung des Penis betreffende Merkmal unter [X.]erücksichtigung der [X.] „[X.]“ und „[X.]“ das Erfordernis der [X.] und somit die Fähigkeit Patentschutz zu begründen erfülle. Denn gemäß diesen Entscheidungen sei die augenfällige Herrichtung eines Medikaments zur Anwendung in einem therapeutischen Verfahren nicht auf eine bestimmte Formulierung des Wirkstoffes beschränkt, sondern könne auch allein durch einen entsprechenden Wirkungshinweis auf der Arzneimittelpackung und/ oder in der Produktinformation bzw. dem [X.]eipackzettel erfolgen, obwohl ein solcher Hinweis nicht die [X.]eschaffenheit des Wirkstoffes an sich kennzeichne. Dem folgend handle es sich vorliegend um eine Therapieanweisung, die unter den [X.]egriff „Herrichtung“ zu subsumieren sei, weil sie [X.]estandteil des [X.]eipackzettels sei. [X.]ezugnehmend auf § 3 Abs. 4 [X.] trägt sie vor, dieser lasse zweckgebundene Stoffansprüche zu, sofern die neue und erfinderische Verwendung des bereits als Arzneimittel bekannten Stoffes eine spezifische Anwendung sei. Dabei sei dieser [X.]egriff aber nicht restriktiv auszulegen und nur auf die [X.]ehandlung einer anderen Krankheit beschränkt. Vielmehr seien gemäß der [X.]GH-Entscheidung „[X.]“ darunter sowohl die [X.]ehandlung einer anderen Krankheit, als auch Dosierungsanweisungen sowie Therapieverfahren zu verstehen. Somit werden nach dieser Entscheidung auch die Patentierung eines Dosierungsschemas im Sinne einer zweiten, weiteren medizinischen Indikation grundsätzlich für zulässig erachtet. In ihrer Sichtweise bestätigt sieht sich die Anmelderin durch die insbesondere in der Entscheidung der großen [X.]eschwerdekammer des [X.]/08 dargelegte Rechtsauffassung

Auch sei die erfinderische Tätigkeit gegenüber dem [X.] genannten Stand der Technik gegeben. Das Dokument [X.] lege es dem Fachmann nicht nahe, die dort verabreichte Dosis von 4850 [X.] [X.] weiter zu erhöhen und in einer Konzentration wie im Patentanspruch 1 genannt herzurichten, nachdem dort auch über Nebenwirkungen, wie Überempfindlichkeitsreaktionen, berichtet werde. Insbesondere führe auch eine Zusammenschau mit dem Dokument [X.] zu keinem anderen Ergebnis. Denn dieses vermittle dem Fachmann den Hinweis, dass mit Dosierungen über 6000 [X.] [X.] nicht mit Erfolg zu rechnen sei. Auch die dort beschriebenen Nebenwirkungen hätten den Fachmann von weiteren Dosiserhöhungen abgehalten. Zur Stützung ihrer Argumentation verweist sie auf die

Anlage A Zusammenfassung von mit dem Präparat AA450 (= [X.]®) in klinischen Studien erhaltenen Daten (acht Seiten)

Anlage [X.] Gutachten von [X.], [X.], vom 24. Juli 2009

So belegten insbesondere die durchgeführten klinischen Studien eindeutig, dass zu einer erfolgreichen Peyronie-Therapie die im Patentanspruch 1 genannten hohen Gesamtmengen [X.] in der dort angegebenen hohen Konzentration zusammen mit der Immobilisierung des Penis unmittelbar nach der Injektion für mehrere Stunden beitragen würden.

Die Anmelderin beantragt,

den [X.]eschluss der [X.] vom 19. Januar 2009 aufzuheben und das Patent auf Grundlage des [X.] gemäß Schriftsatz vom 29. Januar 2013 zu erteilen,

hilfsweise das Patent mit der Maßgabe zu erteilen, dass es die Fassung eines der [X.] oder 2 gemäß Schriftsatz vom 29. Januar 2013 erhält.

Zudem regt sie die Zulassung der Rechtsbeschwerde über folgende Rechtsfrage an:

„Ist bei einem Stoffanspruch nach § 3 IV [X.] als ein Merkmal der „spezifischen Anwendung“ auch ein [X.], wie z. [X.]. „Immobilisierung des Penis unmittelbar nach Injektion für mehrere Stunden“ als ein Merkmal zu akzeptieren, das zur [X.]eurteilung der Patentierbarkeit (Neuheit, erfinderische Tätigkeit) heranzuziehen ist, sofern der Anspruch im Sinne der [X.]GH-Entscheidung „[X.]“ in der Form „Stoff X zur Anwendung bei der [X.]ehandlung der Krankheit Y, wobei der Stoff hergerichtet ist zur Verabreichung Z mit den Stoffmerkmalen a, b, c …“ und „zur Immobilisierung des Penis unmittelbar nach Injektion für mehrere Stunden ([X.])“ formuliert wurde?.“

Wegen weiterer Einzelheiten, insbesondere zum Wortlaut der jeweils rückbezogenen Patentansprüche wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die [X.]eschwerde der Anmelderin ist zulässig (§ 73 [X.]); sie ist jedoch nicht begründet.

1. Die ursprüngliche Offenbarung der Gegenstände gemäß den jeweils geltenden Patentansprüchen nach Hauptantrag und 1. und 2. Hilfsantrag ist nicht zu beanstanden. Die geltenden Ansprüche gehen auf die ursprünglich eingereichten Patentansprüche 1 bis 3, 6, 7, 11 und 12 sowie [X.], [X.] 28 bis 27 zurück.

2. Die gemäß Patentanspruch 1 nach Hauptantrag beanspruchte [X.] zur Anwendung bei der [X.]ehandlung der Peyronie-Krankheit ist neu. Ihre [X.]ereitstellung zur Anwendung bei der [X.]ehandlung der Peyronie-Krankheit beruht aber nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Der Anmeldung liegt die objektive technische Aufgabe zugrunde, eine wirksame und verträgliche Therapie zur [X.]ehandlung der Peyronie-Krankheit bereitzustellen.

Gelöst wird diese Aufgabe gemäß Patentanspruch 1 mit der [X.]ereitstellung von [X.] zur Anwendung bei der [X.]ehandlung der Peyronie-Krankheit, wobei diese

1. hergerichtet ist zur Injektion in eine fibröse Peyronie-Plaque in den Penis eines Individuums

2. in einer pharmazeutisch verträglichen Trägersubstanz

3. in einer Gesamtmenge von wenigstens etwa 20 000 [X.]

und

4. in einer Konzentration von etwa 20 000 bis etwa 40 000 [X.] pro ml Trägersubstanz.

Ausgangspunkt zum Auffinden der der Anmeldung zugrunde liegenden Lösung stellt das Dokument [X.] dar. Denn diese hat ebenfalls die [X.]ehandlung der Peyronie-Krankheit zum Thema, wobei als Wirkstoff [X.] im [X.]lickfeld steht. Den Ausführungen in dieser [X.] folgend handelt es sich dabei um einen Wirkstoff, der unter den Wirkstoffen, die zur [X.]ehandlung der Peyronie-Krankheit eingesetzt werden, einzigartig ist, da nur dieses Enzym in vitro eine Wirkung gegenüber krankhaften Gewebeveränderungen gezeigt habe (vgl. [X.] linke [X.]. Abs. 4 und 5 sowie S. 283 linke [X.]. Abs. 5). [X.]eschrieben werden sodann Untersuchungen zur Dosis-Wirkungs-[X.]eziehung von [X.] in einer ersten klinischen Phase. Dabei erstreckt sich die verabreichte gesamte Wirkstoffmenge zunächst in einer ersten Patientengruppe auf 270 bis 1595 Einheiten. Nachdem diese Dosierungen jedoch nicht zu einer vollständigen Wiederherstellung führten, aber auch keine unerwünschten Nebenreaktionen zur Folge hatten, wurde die Dosis in einer zweiten Patientengruppe schrittweise auf 1739 bis 4850 Einheiten erhöht (vgl. [X.] Abstract und li. [X.]. Abs. 5 sowie [X.]. [X.]. Abs. 3). Im Ergebnis konnten die Autoren dieser [X.] eine objektive Verbesserung bei 20 von 31 Patienten, d. h. bei 65 % der Patienten, feststellen. Vier von diesen Patienten zeigten eine signifikante Verbesserung der Konfiguration und bei den verbleibenden 16 Patienten konnte eine deutliche Verbesserung beobachtet werden, wobei dies auch wiederum 65 % der Patienten mit schweren Gewebeveränderungen betraf (vgl. S. 281 Tabelle und re. [X.]. Abs. 4 bis S. 282 li. [X.]. Abs. 2, [X.]. [X.]. Abs. 1). Gleichzeitig erwies es sich, dass der Wirkstoff im Allgemeinen gut vertragen wurde (vgl. S. 282 li. [X.]. Abs. 1 le. Satz und Abs. 2). So kommen die Verfasser des Artikels [X.] aufgrund ihrer Studienergebnisse nicht nur zu dem Schluss, dass es sich bei der beschriebenen [X.]ehandlungsmethode um eine sichere Anwendung des Wirkstoffes handele, da bei keinem der Patienten klinisch oder im Labor feststellbare Nebenwirkungen beobachtet worden seien. Sie kommen auch zu dem Ergebnis, dass die Wirkung der [X.] im Rahmen der [X.]ehandlung der Peyronie-Krankheit möglicherweise dramatisch verbessert werden könnte, wenn diese - vorausgesetzt es finde keine Immunreaktion statt - wiederholt und vielleicht auch in höheren Dosen verabreicht werde (vgl. [X.]. [X.]. Abs. 2 und 3 sowie [X.]). Die [X.] schließt sodann mit der Aussage, dass die Resultate der beschriebenen Versuche eine intensivere [X.]efassung mit diesem Wirkstoff rechtfertigten und zukünftige diesen Wirkstoff betreffende Zielsetzungen der Autoren Studien zur Ermittlung der optimalen Dosierung zur [X.]ehandlung der in Rede stehenden Erkrankung einschließen werden (vgl. S. 283 li. [X.]. Abs. 5).

Angesichts dieser mit dem Dokument [X.] vermittelten Lehre, nicht nur [X.] als geeignet zur [X.]ehandlung der Peyronie-Krankheit in [X.]etracht zu ziehen, sondern auch jenen [X.] für [X.] zu ermitteln, der vom Fachmann - vorliegend ein Team, dem jedenfalls ein in der Forschung tätiger Mediziner der Fachrichtung Urologie sowie ein auf dem Fachgebiet der pharmazeutischen Technologie spezialisierter Pharmazeut angehört - als optimal erachtet wird, erforderte keine Überlegungen erfinderischer Art. Denn diese Druckschrift gibt dem Fachmann den Hinweis, dass die Fachwelt zum maßgeblichen Zeitpunkt [X.] im Vergleich zu Wirkstoffen mit gleicher Indikation als einzig wirksam zur Therapie der Peyronie-Krankheit eingeschätzt hat. Somit konnte er von vornherein davon ausgehen, dass mit der Verabreichung dieses Wirkstoffes eine Verbesserung des Krankheitsbildes einhergehen sollte, d. h. dass mit dem Einsatz dieses Wirkstoffes eine angemessene Erfolgserwartung verbunden werden kann

Das Merkmal, dass die [X.] in einer Konzentration von etwa 20 000 bis etwa 40 000 [X.] pro ml Träger hergerichtet ist, kann im Zusammenhang mit der zu injizierenden Gesamtmenge gleichfalls keinen [X.]eitrag zur [X.]egründung der erfinderischen Tätigkeit leisten. Die im Patentanspruch 1 genannte Konzentration der zu injizierenden [X.]-Lösung ergibt sich nämlich als zwingende Folge der für eine wirksame [X.]ehandlung als geeignet erachteten Gesamtmenge des Wirkstoffes und des als praktikabel erachteten, zu injizierenden Volumens. Die naturgegebene [X.]egrenzung des injizierbaren Volumens aber hat bei der vorgegebenen Gesamtdosierung zur Folge, dass die Trägerlösung eine der Dosierung entsprechend angepasste Konzentration aufweisen muss.

Die von der Patentinhaberin als [X.]eweisanzeichen für das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit - unter Verweis auf die mit der Anlage A eingereichten Ergebnisse aus klinischen Studien - geltend gemachten Vorteile, sind vor diesem Hintergrund als Folge eines durch den Stand der Technik nahegelegten Handelns anzusehen, die nicht dazu geeignet ist, die Patentfähigkeit zu begründen (vgl. [X.], 693 - Hochdruckreiniger).

Das Argument der Anmelderin, der Fachmann habe angesichts der mit dem Dokument [X.] vermittelten Lehre keine Veranlassung gehabt, Dosierungen von [X.] in [X.]etracht zu ziehen, die über den in dieser [X.] genannten liegen, weil er davon ausgehen musste, dass damit auch das Risiko für das Auftreten schwerer Nebenwirkungen einhergehe, kann zu keiner anderen [X.]eurteilung der Sachlage führen. So wird zwar im Dokument [X.] berichtet, dass aus der Patientengruppe, die zusätzlich ß-Aminopropionitril-Fumarat oral einnahm, ein Mitglied eine Hypersensibilisierungsreaktion zeigte (vgl. S. 282 linke [X.]. Abs. 4) und dieser auch jener Patientengruppe zuzuordnen ist, der im Rahmen ihrer [X.]ehandlung eine Gesamtdosis von 2574 bis 4850 Einheiten [X.] appliziert worden ist (vgl. [X.]. [X.]. Abs. 2 i. V. m. Tabelle). Dieser Vorfall betraf aber nicht - so wie es die Anmelderin vortrug - jenen Patienten, der die höchste Dosis, nämlich 4850 Einheiten [X.], erhielt (S. 282 li. [X.]. Abs. 1 le. Satz). So kann für diese Reaktion ebenso wenig die [X.] verantwortlich gemacht werden, wie im Übrigen der Wirkstoff [X.] an sich. Denn ein Abklingen der Nebenreaktionen wurde zwar mit Absetzen des Enzyms beobachtet, inwiefern dieser Patient aber spezielle Überempfindlichkeitsreaktionen gegenüber diesem Wirkstoff alleine oder gegenüber der Kombination dieses Wirkstoffes z. [X.]. mit ß-Aminopropionitril-Fumarat aufweist, wurde im Rahmen dieser Untersuchungen nicht weiter geklärt. Die [X.] der beobachteten Nebenwirkung zur gemäß dem Dokument [X.] höchsten verabreichten Gesamtdosis von 4850 Einheiten [X.] ist daher in diesem Fall nicht gegeben. Der in dieser [X.] des Weiteren beschriebene Fall einer Ruptur des Corpus carvernosum ist ebenfalls nicht der höchsten dort verabreichten [X.] zuzuordnen, denn dieser Vorfall betraf einen Patienten, der mit einer Gesamtdosis von 2730 Einheiten behandelt worden war (vgl. S. 282 li. [X.]. Abs. 3 i. V. m. S. 281 Tabelle). Auch die dieser [X.] angefügten „Editorial Comments“ sind nicht dazu geeignet, den Fachmann davon abzuhalten, im Rahmen von Dosisfindungsstudien zu untersuchen, inwiefern höhere Dosierungen des Wirkstoffes [X.] zu einer erfolgreichen [X.]ehandlung der Peyronie-Krankheit führen können. Auch wenn in einem Fall darauf hingewiesen wird, dass gegebenenfalls ernsthafte Anaphylaxien zu erwarten sein könnten, wird doch in beiden [X.]eiträgen von den Autoren betont, dass es sich bei der im vorangehenden wissenschaftlichen Artikel vorgestellten [X.]ehandlung der Peyronie-Krankheit mit [X.] um eine sehr viel versprechende Therapiemöglichkeit handelt, die - insbesondere auch hinsichtlich einer [X.]estimmung der optimalen Dosis - weiterverfolgt werden sollte (vgl. S. 283 „Editorial Comments“).

Ebenso wenig lässt sich mit dem Hinweis im Gutachten von [X.] (= Anlage [X.]) auf Seite 4 Abs. 1, nachdem sich in einem Fall die Gabe von [X.] im Nachhinein als ungünstig erwiesen habe, ein Vorurteil der Fachwelt im Hinblick auf eine Dosiserhöhung begründen. Ein Vorurteil, d. h. eine allgemein eingewurzelte technische Fehlvorstellung, liegt nur dann vor, wenn es in der einschlägigen Fachwelt tatsächlich und allgemein, z. [X.]. dargelegt in Standardwerken oder Lehrbüchern, besteht. Auch [X.]edenken der Fachwelt, die nicht so schwerwiegend sind, dass sie allgemein von Überlegungen in Richtung auf die Lehre abhalten, können dessen Vorliegen nicht begründen (vgl. dazu auch [X.] [X.] 8. Aufl. § 4 [X.]. 127, 128). Denn eine einhellig ablehnende Haltung der Fachwelt gegenüber einer Erhöhung der [X.]-Gesamtdosis zur [X.]ehandlung der Peyronie-Krankheit ist aus den im Verfahren genannten Dokumenten nicht ableitbar. Vielmehr widerspricht dem die vorstehend bereits erwähnte stete Erhöhung der für eine [X.]ehandlung der Peyronie-Krankheit in [X.]etracht zu ziehenden Gesamtmenge an [X.] über den Zeitraum von 1982 bis 1993.

Die [X.]ereitstellung von [X.] zur Anwendung bei der [X.]ehandlung der Peyronie-Krankheit gemäß Patentanspruch 1 nach Hauptantrag beruht nach alledem nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Der Patentanspruch 1 ist daher nicht gewährbar

3. Die Patentansprüche 1 nach 1. und 2. Hilfsantrag bilden ebenfalls mangels erfinderischer Tätigkeit keine geeignete Grundlage für eine Patenterteilung.

3.1. Der Patentanspruch 1 gemäß 1. Hilfsantrag unterscheidet sich vom Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag in der zusätzlichen Therapieanweisung, den Penis unmittelbar nach der Injektion für mehrere Stunden zu immobilisieren.

3.1.1. Inwiefern die Zulässigkeit dieses Patentanspruches im Sinne der [X.]GH-Entscheidung „[X.]“ (vgl. [X.]GH GRUR 2007, [X.]. 1 und 2) gegeben ist, kann schlussendlich dahingestellt bleiben, weil sich die [X.]ereitstellung des damit beanspruchten Gegenstandes - wie nachstehend ausgeführt wird - im Hinblick auf den vorliegenden Stand der Technik jedenfalls als nicht patentfähig erweist. Ungeachtet dessen aber enthält der Patentanspruch 1 mit der Maßgabe „Immobilisierung des Penis unmittelbar nach Injektion für mehrere Stunden“ ein Merkmal, das nach Ansicht des Senates eine therapeutische [X.]ehandlung des menschlichen Körpers beschreibt und das daher bei der [X.]eurteilung der Patentfähigkeit nicht beachtlich ist.

Auch wenn dieses Merkmal den Vorgaben der [X.]GH-Entscheidung „[X.]“ entsprechend formuliert ist (vgl. a. a. [X.] 409 [X.]. 51), so dass das in Rede stehende Merkmal den dort vorgegebenen formalen Anforderungen entspricht, stellt es nach Auffassung des Senates dennoch kein Element der Herrichtung eines Stoffes zur Verwendung bei der [X.]ehandlung einer Krankheit dar.

Geltender Rechtsprechung folgend, ist unter dem [X.]egriff „Herrichtung“ alles das zu subsumieren, was im gewerblichen [X.]ereich hergerichtet wird. Dies kann sich in Informationen auf der Verpackung oder dem [X.]eipackzettel niederschlagen, betrifft aber auch in diesen Fällen nur jene Handlungen, die im Zusammenhang mit dem Wirkstoff bzw. der Formulierung stehen (vgl. [X.]GH GRUR 1983, 729, 730 II 3.e) - [X.]; [X.]GH GRUR 2007, [X.]., 405, [X.]. 16 - [X.]; [X.] [X.] 8. Aufl. § 1 [X.]. 261, [X.]enkard [X.] 10. Aufl. § 3 [X.]. 91 b, § 5 [X.]. 33 sowie [X.]enkard EPÜ 2. Aufl. Art. 53 [X.]. 100, 123 und Art. 54 [X.]. 208, 212). Dieser Zusammenhang ist für das in Rede stehende Merkmal vorliegend jedoch weder direkt noch indirekt gegeben. Denn dieses dient weder dazu, die beanspruchte [X.] noch die zur Verabreichung vorgesehene Formulierung chemisch bzw. pharmakologisch oder physikalisch zu charakterisieren. Dabei erfolgt dieses auch in dem Fall, ein Wirkstoff wird zur Ausführung eines näher definierten Dosierungsplanes bzw. [X.] hergerichtet. [X.]ei der Maßgabe, den Penis unmittelbar nach der Injektion für mehrere Stunden ruhig zu stellen, handelt es sich dagegen vielmehr um eine von der Herrichtung gelöste Anweisung an den behandelnden Arzt, mit dem Ziel, auf diese Weise unerwünschte Reaktionen bzw. Nebenwirkungen zu verhindern. Somit aber handelt es sich bei diesem Merkmal um einen Teil der Tätigkeit - die sich auch in der Anweisung zu deren Durchführung an Dritte erschöpfen kann - des behandelnden Arztes, d. h. um ein therapeutisches Verfahren, das vom Patentschutz ausgeschlossen ist (vgl. [X.]GH GRUR 2007, 404, [X.]. [16] - [X.], [X.] [X.] 8. Aufl. § 2a [X.]. 60 bis 62, 64, 75 und 76; [X.]enkard [X.] 10. Aufl. § 5 [X.]. 29 und 30, [X.]enkard EPÜ 2. Aufl. Art. 53. [X.]. 100a und b, 111, 112, 114, 115 und 122 sowie Meier-[X.]eck, [X.], GRUR 2009, 300 „I. Einführung“, 304 „IV. Das neue Recht“).

Eine andere Auffassung - und damit die Subsumierung eines vom Arzt ausgeführten therapeutischen Verfahrens unter den [X.]egriff „spezifische Anwendung“ - ist auch nicht aus der Entscheidung [X.]/08 der Großen [X.]eschwerdekammer des [X.] oder der Entscheidung der [X.]eschwerdekammer des [X.] T1020/03 ableitbar. Denn sowohl bei den diesen Entscheidungen ebenso wie bei dem von der Anmelderin in diesem Zusammenhang schriftsätzlich zitierten Urteil des [X.] Court of Appeal (vom 21. Mai 2008/[X.] Civ 444) zugrunde liegenden Fällen handelt es sich um solche, die eine Dosierungsanleitung, somit eine in der Herstellung bzw. unmittelbaren Wirkung des [X.] begründete, direkte Anwendung eines Wirkstoffes, betrafen, während vorliegend eine der Verabreichung folgende Tätigkeit des Arztes Gegenstand des diskutierten [X.] ist. Ein vergleichbarer Sachverhalt wie er der [X.]GH-Entscheidung „[X.]“ (vgl. [X.]GH GRUR 2010, 950) zugrunde lag und gemäß der [X.] Gerichte Entscheidungen, die durch die Instanzen des [X.] oder durch Gerichte anderer Vertragsstaaten des [X.] [X.] ergangen seien und eine im Wesentlichen gleiche Fragestellung beträfen, zu beachten hätten und sich gegebenenfalls mit den Gründen auseinanderzusetzen hätten, die bei der vorangegangenen Entscheidung zu einem abweichenden Ergebnis geführt hätten, ist daher vorliegend nicht gegeben. Darüber hinaus wird - entsprechend der vorstehend dargelegten Argumentation - auch in der Entscheidung [X.]/08 der Großen [X.]eschwerdekammer des [X.] ausgeführt, dass sehr wohl zwischen der Anwendung eines Stoffes in einem therapeutischen Verfahren und einem solchen Verfahren selbst zu unterscheiden ist und Verfahren zur therapeutischen [X.]ehandlung des menschlichen Körpers vom Patentschutz ausgeschlossen sind, was zur Folge habe, dass ein Verfahrensanspruch nicht gewährbar sei, wenn er auch nur einen einzigen diesbezüglichen Verfahrensschritt enthalte (vgl. [X.] 10/2010, 456, 476 Punkt 5.6, 477 Punkt 5.7).

3.1.2. Aber selbst für den Fall, das Merkmal, dass die [X.] zur Immobilisierung des Penis unmittelbar nach Injektion hergerichtet ist, wird als beachtlich angesehen, kann es dennoch keinen [X.]eitrag zur [X.]egründung der erfinderischen Tätigkeit leisten. Aus der Veröffentlichung [X.] ist nämlich ersichtlich, dass das [X.]andagieren des Penis zur Ruhigstellung im Zusammenhang mit dem Auftreten unerwünschter Nebenreaktionen bereits im [X.]lickfeld des Fachmannes war (vgl. S. 282 li. [X.]. Abs. 3). Dem Dokument [X.] ist des Weiteren zu entnehmen, dass Einblutungen auch bei einer Anzahl weiterer Patienten unabhängig von der verabreichten [X.]-Dosis erfolgten (vgl. S. 281 Tabelle). Die Maßnahme der Ruhigstellung sodann als reine Vorsichtsmaßnahme für den Fall erheblich höherer Wirkstoffmengen als sie gemäß der Publikation [X.] angewendet werden von vornherein in [X.]etracht zu ziehen, lag in Kenntnis dieser [X.]eobachtungen daher nahe. Der Fachmann wird das Ergreifen dieser Maßnahme unabhängig davon aber auch in [X.]etracht ziehen, um angesichts der vorliegend eingesetzten hohen [X.]-Mengen zu verhindern, dass die [X.] abströmt und an anderen Stellen des Körpers ebenfalls ihre Wirkung entfaltet

3.2. Der Patentanspruch 1 gemäß 2. Hilfsantrag unterscheidet sich vom Patentanspruch 1 gemäß 1. Hilfsantrag insofern, als der Zeitraum, in dem der Penis sofort nach der Injektion immobilisiert wird, 4 bis etwa 10 Stunden beträgt. Damit mag der Patentanspruch 1 gemäß 2. Hilfsantrag gegenüber dem Patentanspruch 1 gemäß 1. Hilfsantrag beschränkt worden seien, es hat sich mit dieser Formulierung aber kein anderer Sachverhalt ergeben. Somit gelten in diesem Fall die gleichen Gründe wie für den Hauptantrag und den 1. Hilfsantrag, auf die vollumfänglich [X.]ezug genommen wird.

Der jeweilige Patentanspruch 1 nach 1. und 2. Hilfsantrag bildet daher ebenfalls mangels erfinderischer Tätigkeit keine geeignete Grundlage für eine Patenterteilung.

4. Da über den Antrag der Anmelderin nur insgesamt entschieden werden kann, teilen die nachgeordneten Patentansprüche 2 bis 8 gemäß Hauptantrag bzw. die nachgeordneten Patentansprüche 2 bis 7 gemäß 1. und 2. Hilfsantrag das Schicksal des jeweiligen Patentanspruches 1 (vgl. [X.]GH GRUR 1997, 120 - „Elektrisches [X.]eicherheizgerät“).

5. [X.]ei dieser Sachlage war die [X.]eschwerde zurückzuweisen.

6. Die Rechtsbeschwerde war zuzulassen, da vorliegend die u. a. entscheidungserhebliche Frage höchstrichterlicher Klärung bedarf (§ 100 Abs. 2 [X.]), inwiefern bei einem Stoffanspruch der zweiten medizinischen Indikation, der den formalen Erfordernissen der [X.]GH-Entscheidung „[X.]“ ([X.]GH GRUR 2007, 404) entspricht, als ein Merkmal der „spezifischen Anwendung“ auch ein [X.] zur [X.]eurteilung der Patentfähigkeit heranzuziehen ist, das nicht die unmittelbare, herrichtungsbegründete Anwendung eines Wirkstoffes betrifft, sondern eine - ebenfalls formal herrichtungsbegründete - der unmittelbaren Anwendung nachgeschaltete, vom Arzt selbst durchgeführte [X.]ehandlung am Menschen darstellt.

Meta

14 W (pat) 13/09

08.02.2013

Bundespatentgericht 14. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 08.02.2013, Az. 14 W (pat) 13/09 (REWIS RS 2013, 8260)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 8260


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. X ZB 6/13

Bundesgerichtshof, X ZB 6/13, 25.02.2014.


Az. 14 W (pat) 13/09

Bundespatentgericht, 14 W (pat) 13/09, 08.02.2013.


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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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