Bundesfinanzhof, Urteil vom 27.08.2014, Az. II R 44/13

2. Senat | REWIS RS 2014, 3278

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Gegenstand

Steuerliche Folgen des verbilligten Verkaufs eines Grundstücks einer GmbH an ausscheidenden Gesellschafter


Leitsatz

Verkauft eine GmbH an einen ausscheidenden Gesellschafter im unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Anteilsveräußerung auf Veranlassung des Anteilserwerbers ein Grundstück zu einem unter dem Verkehrswert liegenden Preis, gehört der sich daraus für den Anteilsveräußerer ergebende geldwerte Vorteil zum Veräußerungspreis für den Anteil und führt daher nicht zum Entstehen von Schenkungsteuer .

Tatbestand

1

I. Am Stammkapital der ... (GmbH) waren ursprünglich der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) zu 19 %, sein [X.]ater ([X.]) zu 51 % und sein [X.]ruder ([X.]) zu 30 % beteiligt. Im Zuge der Nachfolgeregelung schieden [X.] und der Kläger zum 14. Dezember 2007 aus der GmbH aus. [X.] übertrug seine [X.]eteiligung an der GmbH durch notariell beurkundeten [X.]ertrag vom 14. Dezember 2007 im Wege der vorweggenommenen Erbfolge unentgeltlich auf [X.] Der Kläger verkaufte seine [X.]eteiligung durch notariell beurkundeten [X.]ertrag vom 14. Dezember 2007 nach entsprechender Teilung an [X.] (13 %) und dessen Ehefrau (6 %) zu Kaufpreisen in Höhe von insgesamt 230.000 €. Mit weiterem notariell beurkundetem [X.]ertrag vom 14. Dezember 2007 verkaufte die durch [X.] als Geschäftsführer vertretene GmbH ihr gehörende Grundstücke mit Wirkung zum 31. Dezember 2007 für 734.000 € an den Kläger.

2

Im Rahmen einer bei der GmbH durchgeführten Außenprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, der [X.]erkehrswert der Grundstücke sei um 248.000 € höher gewesen als der vereinbarte Kaufpreis. Da betriebliche Gründe für die verbilligte Überlassung des [X.] nicht ersichtlich seien, liege eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) der GmbH an [X.] vor.

3

Der [X.]eklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --[X.]--) nahm an, die verbilligte Überlassung der Grundstücke bilde auch eine gemischte Schenkung der GmbH an den Kläger, und setzte demgemäß gegen ihn durch [X.]escheid vom 5. März 2012 Schenkungsteuer in Höhe von 49.933 € fest. Der Einspruch blieb erfolglos.

4

Das Finanzgericht ([X.]) gab der Klage mit der [X.]egründung statt, der Tatbestand einer freigebigen Zuwendung i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 des [X.] (ErbStG) der GmbH an den Kläger sei nicht erfüllt, weil der verbilligte [X.]erkauf der Grundstücke der GmbH an ihn auf dem zwischen der GmbH und ihren Gesellschaftern bestehenden Gesellschaftsverhältnis beruht habe. Das Urteil des [X.] ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (E[X.]) 2014, 301 veröffentlicht.

5

Mit der Revision hält das [X.] an seiner Auffassung fest, neben der vGA der GmbH an [X.] sei eine der Schenkungsteuer unterliegende gemischt-freigebige Zuwendung der GmbH an den Kläger gegeben. Der Kläger sei beim Abschluss des [X.] nicht mehr Gesellschafter der GmbH gewesen. Der [X.]orteil aus dem zu niedrigen Kaufpreis für das Grundstück rechne nicht zu dem [X.]eräußerungspreis für den GmbH-Anteil des Klägers i.S. des § 17 Abs. 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Über die Klage des [X.] gegen die Zurechnung der vGA sei noch nicht entschieden.

6

Das [X.] beantragt, die [X.]orentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Der Kläger beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

8

Das [X.]undesministerium der Finanzen ([X.]MF), das dem [X.]erfahren gemäß § 122 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) beigetreten ist, ist der Ansicht, das [X.]orliegen einer vGA der GmbH an [X.] schließe eine der Schenkungsteuer unterliegende gemischt-freigebige Zuwendung der GmbH an den Kläger nicht aus. Als [X.]eräußerungspreis i.S. des § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG sei nur der für den Anteil des Klägers gezahlte Kaufpreis anzusetzen, nicht jedoch zusätzlich die Differenz zwischen dem [X.]erkehrswert des vom Kläger gekauften [X.] und dem dafür gezahlten Kaufpreis. [X.]ei der Anteilsveräußerung und der Grundstücksveräußerung handle es sich um zwei getrennt zu beurteilende Geschäftsvorfälle. Aus den Kaufverträgen ergäben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass sie rechtlich miteinander verknüpft seien oder in einem rechtlichen Abhängigkeitsverhältnis zueinander stünden.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 [X.]O). Wie das [X.] im Ergebnis zu Recht angenommen hat, ist keine der Schenkungsteuer unterliegende gemischt-freigebige Zuwendung der GmbH an den Kläger gegeben. Der [X.]orteil des [X.] aus einem (etwaigen) verbilligten Erwerb des [X.] gehört vielmehr zum [X.]eräußerungspreis i.S. des § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG und ist somit ausschließlich von ertragsteuerrechtlicher Bedeutung.

1. Gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG gilt als Schenkung unter Lebenden jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird. [X.]ermögensvorteile, die ein Steuerpflichtiger durch eine auf Einkünfteerzielung am Markt, also auf einen Hinzuerwerb von Einkommen gerichtete Erwerbshandlung erzielt und die deshalb bei ihm der Einkommensteuer unterliegen, werden von der [X.]orschrift nicht erfasst (vgl. Beschluss des [X.] --BFH-- vom 12. September 2011 [X.]III B 70/09, [X.], 229). Es fehlt in einem solchen Fall an der Freigebigkeit.

2. Ein [X.]ermögensvorteil, den der [X.]erkäufer eines GmbH-Anteils über den vom Erwerber gezahlten Kaufpreis hinaus erhält, ist demnach beim [X.] allein von ertragsteuerrechtlicher Bedeutung, wenn der [X.]orteil zum [X.]eräußerungspreis i.S. des § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG zählt und somit bei der Ermittlung des der Einkommensteuer unterliegenden [X.]eräußerungsgewinns i.S. des § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG anzusetzen ist. Eine zusätzliche Erfassung des [X.]orteils als der Schenkungsteuer unterliegende freigebige Zuwendung an den [X.] ist auch dann ausgeschlossen, wenn der [X.]eräußerer den [X.]orteil nicht vom [X.], sondern von einem [X.] erhalten hat. Die Anteilsveräußerung ist nämlich auch insoweit eine auf Einkünfteerzielung am Markt, also auf einen Hinzuerwerb von Einkommen gerichtete Erwerbshandlung. Es kommt dabei nicht darauf an, ob die Leistung an den [X.] bei der Festsetzung der Einkommensteuer als [X.]eräußerungspreis i.S. des § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG erfasst wurde. Entscheidend ist vielmehr, dass die Leistung bei zutreffender Beurteilung zum [X.]eräußerungspreis zählt.

Zum [X.]eräußerungspreis i.S. des § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG zählt alles, was der [X.]eräußerer als Gegenleistung für die [X.] erhalten hat. Insoweit gelten dieselben Grundsätze wie bei [X.]eräußerungen nach § 16 EStG (BFH-Urteil vom 29. Mai 2008 IX R 97/07, [X.], 9). Zum [X.]eräußerungspreis rechnen darüber hinaus auch alle Leistungen, die der [X.]eräußerer nicht als Gegenleistung für den Anteil, aber im unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der [X.]eräußerung erhalten hat, sei es vom Erwerber oder von dritter Seite, selbst wenn es an einer [X.]eranlassung durch den Erwerber fehlt (BFH-Urteile vom 7. November 1991 I[X.] R 14/90, [X.], 527, BStBl II 1992, 457, und in [X.], 9). [X.] Dritter kann dabei auch die GmbH sein, insbesondere wenn sie vom [X.] zu der Leistung veranlasst wurde ([X.]/[X.], EStG, 33. Aufl., § 17 Rz 135; [X.] in [X.], EStG, 13. Aufl., § 17 Rz 72).

Die Leistung, die der Anteilsveräußerer vom [X.] oder einem [X.] im unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der [X.]eräußerung erhalten hat, braucht nicht in Geld zu bestehen. Sie kann vielmehr auch in der Hingabe anderer Wirtschaftsgüter liegen, wobei diese nach §§ 9 ff. des Bewertungsgesetzes zu bewerten sind (BFH-Urteil vom 28. Oktober 2008 IX R 96/07, [X.], 190, [X.], 45). Erfolgt die Hingabe teilentgeltlich, ist die erbrachte Gegenleistung von dem so bestimmten Wert der Wirtschaftsgüter abzuziehen (ebenso zu dem als Arbeitslohn zu berücksichtigenden geldwerten [X.]orteil aus dem verbilligten Erwerb einer Beteiligung [X.] vom 26. Juni 2014 [X.]I R 94/13, [X.], 1649, Rz 24, 28).

3. [X.]eräußert ein GmbH-Gesellschafter seinen im Privatvermögen gehaltenen GmbH-Anteil und sind auch im Übrigen die [X.]oraussetzungen des § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG erfüllt, liegt demgemäß keine freigebige Zuwendung in der Form einer gemischten Schenkung der GmbH an den ausscheidenden Gesellschafter vor, wenn die GmbH im unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Anteilsveräußerung auf [X.]eranlassung des [X.]s ein ihr gehörendes Grundstück zu einem deutlich unter dem [X.]erkehrswert liegenden Preis an den Anteilsveräußerer verkauft. Die Differenz zwischen dem gemeinen Wert des Grundstücks und dem für das Grundstück entrichteten Kaufpreis gehört vielmehr ebenso wie der vom [X.] gezahlte Kaufpreis für den Anteil zu dem [X.]eräußerungspreis, der bei der Ermittlung des der Einkommensteuer unterliegenden [X.]eräußerungsgewinns anzusetzen ist.

Schenkungsteuerrechtlich spielt es dabei keine Rolle, ob der auf [X.]eranlassung des [X.]s erfolgte verbilligte [X.]erkauf des Grundstücks der GmbH an den Anteilsveräußerer zu einer gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG der Einkommensteuer unterliegenden vGA der GmbH an den [X.] führt. Das [X.]orliegen der vGA würde es nämlich nicht ausschließen, dass der [X.]orteil aus dem verbilligten Grundstückserwerb beim Anteilsveräußerer als Bestandteil des [X.]S. des § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG erfasst wird. Die unmittelbare Zuwendung des [X.]ermögensvorteils aus dem verbilligten Grundstückserwerb an den Anteilsveräußerer würde ertragsteuerrechtlich so beurteilt, als hätte der [X.] den [X.]orteil von der GmbH erhalten und diesen an den [X.] weitergegeben (vgl. BFH-Urteil vom 7. November 2007 II R 28/06, [X.], 414, [X.], 258, m.w.N.). Der [X.]orteil würde dann ertragsteuerrechtlich einen zusätzlichen Teil des vom [X.] entrichteten Kaufpreises für den Anteil bilden und wäre demgemäß Bestandteil des [X.]S. des § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG. Diese Beurteilung liegt auch dem vom [X.] angeführten Urteil des [X.] Berlin-Brandenburg vom 16. Januar 2008  12 K 8354/03 B (E[X.] 2008, 719) zugrunde.

4. Der [X.]ermögensvorteil, den der Kläger aus der (etwaigen) zu niedrigen Bemessung des Kaufpreises für die Grundstücke erhalten hat, ist danach beim Kläger ausschließlich von ertragsteuerrechtlicher Bedeutung und kann somit nicht zusätzlich als der Schenkungsteuer unterliegende freigebige Zuwendung der GmbH an den Kläger gewertet werden.

a) Der Kläger hielt die Beteiligung, wie von § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG vorausgesetzt, im Privatvermögen und war innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Anteilsveräußerung zu mindestens 1 % am Kapital der GmbH beteiligt. Der Kaufvertrag über die Grundstücke stand ersichtlich im unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem [X.]. Die Anteils- und die Grundstücksveräußerung bildeten im Rahmen der Nachfolgeregelung nach [X.] ein wirtschaftlich unmittelbar zusammengehörendes Geschehen. Dies ergibt sich insbesondere daraus, dass der [X.] B die Grundstücksveräußerung als für die GmbH handelnder Geschäftsführer veranlasst hat und die der Nachfolgeregelung nach [X.] dienenden notariellen [X.]erträge am selben Tag unmittelbar nacheinander beurkundet wurden. Gründe, die dafür sprechen könnten, dass der Grundstücksverkauf an den Kläger auch dann zustande gekommen wäre, wenn die Beteiligungsverhältnisse bei der GmbH unverändert geblieben wären, hat weder das [X.] festgestellt noch wurden sie vom [X.] oder [X.] vorgetragen.

Da auch unmittelbar von [X.] stammende Leistungen, die der [X.]eräußerer eines Anteils an einer GmbH zwar nicht als Gegenleistung für den Anteil, aber im unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der [X.]eräußerung erhalten hat, zum [X.]eräußerungspreis i.S. des § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG gehören, ist entgegen der Ansicht des [X.] eine rechtliche [X.]erknüpfung der Anteilsveräußerung mit dem Grundstückskauf nicht erforderlich.

b) Das [X.] hat somit im Ergebnis zu Recht angenommen, dass die Grundstücksveräußerung der GmbH an den Kläger nicht als gemischte Schenkung der GmbH an diesen anzusehen ist. Der (etwaige) verbilligte [X.]erkauf der Grundstücke der GmbH an den Kläger ist allein von ertragsteuerrechtlicher Bedeutung und kann nicht darüber hinaus als der Schenkungsteuer unterliegende gemischte Schenkung der GmbH an den Kläger gewertet werden. Wie der Sachverhalt tatsächlich einkommensteuerrechtlich beurteilt wurde, ist unerheblich.

Meta

II R 44/13

27.08.2014

Bundesfinanzhof 2. Senat

Urteil

vorgehend FG Münster, 24. Oktober 2013, Az: 3 K 103/13 Erb, Urteil

§ 7 Abs 1 Nr 1 ErbStG 1997, § 17 Abs 2 S 1 EStG 2002, § 20 Abs 1 Nr 1 S 2 EStG 2002, § 17 Abs 1 S 1 EStG 2002

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 27.08.2014, Az. II R 44/13 (REWIS RS 2014, 3278)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 3278

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