Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.12.2017, Az. 5 StR 108/17

5. Strafsenat | REWIS RS 2017, 729

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:131217U5STR108.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
5 StR 108/17

vom
13. Dezember 2017
in der Strafsache
gegen

wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.

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Der 5.
Strafsenat des [X.]s hat in der Sitzung vom 13. Dezem-ber
2017, an der teilgenommen haben:
[X.] am [X.] [X.],

[X.] am [X.]
Prof. Dr. Sander,
[X.],
Prof. Dr. [X.],
Dr. Berger

als beisitzende Richter,

Staatsanwältin
als Gruppenleiterin

als Vertreterin
der [X.],

Rechtsanwalt

als Verteidiger,

Amtsinspektorin

als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle,
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für Recht erkannt:

Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des [X.] vom 10. August 2016 hinsichtlich des Ange-klagten

G.

aufgehoben,
a)
soweit dieser wegen des Geschehens vom 25. Septem-ber
2015 verurteilt worden ist, wobei die Feststellungen [X.] bleiben,
b)
mit den zugehörigen Feststellungen im Ausspruch über die Gesamtstrafe.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.
Die weitergehende Revision wird verworfen.

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Von Rechts wegen
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Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäu-bungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Besitz von [X.] in nicht geringer Menge, wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln 1
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i-heitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Mit ihrer auf die Sachrüge gestützten Revision erstrebt die Staatsanwaltschaft hinsichtlich des in den Urteilsgründen geschilderten Geschehens vom 25. September 2015 eine Verurteilung wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (§ 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG). Das vom [X.] vertretene Rechtsmittel erweist sich insoweit als unbegründet, führt jedoch zugunsten des Angeklagten (§ 301 StPO) zur Aufhebung der diesbezüglichen Schuldsprüche sowie des [X.].
1. Das [X.] hat festgestellt:

.

0,497 g [X.] gewinnbringend an eine [X.] der Polizei.
b) Am 25. September 2015 verfügte er über 25 g [X.], das zum gewinnbringenden Verkauf bestimmt war. Davon verkaufte er in dem ge-nannten [X.] 20,93 g mit einem Wirkstoffgehalt von 17,48 [X.] zum [X.] der Polizei. Um das Kokain abzuwiegen, ging er mit der [X.] in einen Nebenraum, zu dem er einen Schlüssel hatte. Dort befanden sich unter anderem ein Tisch und eine Feinwaage. Neben dem Tisch stand ein etwa [X.] Regal, in und auf dem Kartons lagen. In oder auf ei-nem der Kartons bewahrte der Angeklagte wissentlich eine Pistole Kaliber 7,65
mm mit sechs Patronen im Magazin und einer Patrone im Patronenlager auf.

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Ebenfalls am 25. September 2015 verwahrte er im [X.] 56,609 g Can-nabisprodukte mit einem Wirkstoffgehalt von 8,728 g THC und in der Wohnung seiner Eltern 20 g [X.] mit einem Wirkstoffgehalt von 16,5 [X.] zum gewinnbringenden Verkauf und teilweise zum Eigenkonsum.
2. [X.] vermochte sich nicht davon zu überzeugen, dass der Angeklagte die Schusswaffe beim Verkauf des Kokains im Sinne von § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG mit sich führte. Zwar sei dessen Einlassung widerlegt, dass er von der Waffe nichts gewusst habe. Es hätten jedoch keine Feststellungen getroffen werden können, wie die Waffe aufbewahrt worden sei. Deswegen sei habe.
Das [X.] hat das Mitführen der 25 g Kokain und das Aufbewah-ren von Cannabisprodukten im [X.] sowie den Besitz der weiteren 20 g Kokain in der elterlichen Wohnung als eine Tat im Rechtssinn gewertet und den Ange-klagten insoweit wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln
in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt (Freiheitsstrafe: zwei Jahre). Den Besitz der Schusswaffe hat es als tatmehrheitlich verwirklichtes Waffendelikt ausgeurteilt (Freiheitsstrafe: ein Jahr).

u-sammenhangs diesen Vorgang insgesamt. Demgegenüber wird die [X.] wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln am 12. August 2015 (Frei-heitsstrafe: sechs Monate) von der Beschwerdeführerin nicht angegriffen. [X.] gilt für die Nichtanordnung einer Unterbringung in der Entziehungsanstalt (§ 64 StGB), die nach den Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen 5
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des Angeklagten in Betracht gekommen wäre. Die Staatsanwaltschaft hat [X.] die Aufhebung des [X.] beantragt.
4. Die Erwägungen des [X.], mit denen es eine Verurteilung wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln nach § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG abgelehnt hat, begegnen auch angesichts des zur Beweiswürdi-gung eingeschränkten revisionsgerichtlichen [X.] ([X.] Rspr.;
vgl. etwa [X.], Urteil vom 12. Januar 2017

1 [X.], [X.], 378 Rn. 6 mwN) keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Demgemäß muss der hiergegen gerichteten Revision der Staatsanwaltschaft der Erfolg versagt blei-ben.
a) Ein Mitsichführen einer Schusswaffe ist gegeben, wenn der Täter [X.] in irgendeinem Stadium des Tathergangs bewusst gebrauchsbereit so in seiner Nähe hat, dass er sich ihrer jederzeit ohne nennenswerten Zeitaufwand und ohne besondere Schwierigkeiten bedienen kann ([X.] Rspr.; vgl. etwa [X.], Urteil vom 12. Januar 2017

1 [X.], aaO Rn. 7; Beschluss vom 10. [X.] 2015

5 StR 594/14, [X.], 349, jeweils mwN). Das Merkmal ist dementsprechend gegeben, wenn sich die Waffe in Griffweite des [X.] (vgl. [X.], Beschluss vom 10. Februar 2015

5 StR 594/14, aaO mwN).
b) Von diesem durch die Rechtsprechung ausgeformten rechtlichen Maßstab ist das [X.] ausgegangen. Jedoch konnte es aufgrund [X.] und unklarer Angaben der die Durchsuchung durchführenden Poli-zeibeamten keine Feststellungen zum exakten Auffindeort der Schusswaffe
tref-fen. So hatte ein Beamter ausgeführt, ein unmittelbarer Zugriff auf die Waffe sei nicht möglich gewesen, weil erst etliche Kartons hätten beiseitegelegt werden müssen, um an die Waffe zu kommen. Auch wenn man um den [X.] gewusst habe, sei e-9
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wesen. Später bekundete er, das Auffinden der Waffe nicht selbst beobachtet zu haben. Vielmehr sei sie ihm von einem Kollegen übergeben worden, der sie in einem Kartonstapel gefunden habe. Weitere Polizeibeamte konnten keine oder keine verlässlichen Angaben machen. Eine Videoaufzeichnung stellte nach den Bekundungen der polizeilichen Zeugen nicht die [X.] dar. Vielmehr müsse es sich um eine von der Einsatzhundertschaft nachgestellte Szene handeln.
Unter diesen Vorzeichen ist die durch das [X.] vorgenommene Wertung rechtlich nicht zu beanstanden. Zwar ist die notwendige räumliche Nä-he in der Regel vorhanden, wenn sich die Waffe in dem Raum befindet, in dem Handel getrieben wird [X.], BtMG, 5. Aufl., § 30a Rn. 139 mwN). Auch dann muss jedoch festgestellt werden, welche Maßnahmen und welcher [X.] im Einzelnen erforderlich ist, damit der Täter auf die Waffe zugreifen kann (vgl. [X.], Urteil vom 12. März 2002

3 [X.], StV
2002, 489 [Hochklappen eines Sofas]; [X.], aaO; siehe auch [X.], Beschluss vom 8.
Januar 2014

5 StR 542/13, [X.], 466). Diesbezügliche [X.] vermochte das [X.] aber nicht zu treffen.
Eine Zugriffsnähe im vorbezeichneten Sinn verstand sich nach den auf der Grundlage der Zeugenaussagen im Urteil geschilderten Gegebenheiten (unter Umständen zeitaufwendiges Weglegen von Kartons) auch nicht von selb[X.] Deswegen durfte das [X.] nach dem [X.] vom [X.] der tatsächlichen Voraussetzungen eines Mitsichführens ausgehen.
Darin liegt entgegen der Auffassung des [X.]s keine [X.] hat die Staatsanwaltschaft nicht erhoben.

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5. Die Revision der Staatsanwaltschaft führt gemäß § 301 StPO zur Auf-hebung der in Bezug auf das relevante Geschehen ausgeurteilten Schuldsprü-che.
a) Der Schuldspruch wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge wird von den Feststellungen nicht getragen. Der Generalbun-desanwalt weist mit Recht darauf hin, dass das [X.] weder hinsichtlich des Kokains noch in Bezug auf die Cannabisprodukte die zugrunde gelegten Eigenkonsummengen festgestellt hat. Deswegen kann nicht beurteilt werden, ob der Grenzwert der nicht geringen Menge überschritten i[X.] Damit verfällt auch die für sich genommen rechtsfehlerfreie Verurteilung wegen Handeltrei-bens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG) der Aufhebung (vgl. etwa [X.], Urteil vom 7. Juli 2011

5 StR 561/10, [X.]St
56, 277, 286 mwN).
b) Auch die Verurteilung wegen Besitzes einer halbautomatischen Kurz-waffe kann nicht bestehen bleiben. Denn das [X.] hat

wie der Gene-ralbundesanwalt richtig bemerkt

keine Feststellungen zur fehlenden behördli-chen Besitzerlaubnis gemäß § 10 WaffG getroffen.
6. Mit der Aufhebung der Schuldsprüche entfallen die aufgrund des
Geschehens ausgeurteilten Freiheitsstrafen. Zugleich ist dem Gesamtstrafaus-spruch die Grundlage entzogen.

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Die [X.] Feststellungen zum Tatgeschehen haben hinge-gen Bestand. Das neue Tatgericht wird allerdings ergänzende Feststellungen zu den Eigenkonsummengen und zur [X.] zu treffen haben. Insoweit und im Übrigen sind neue Feststellungen möglich, sofern sie den [X.] nicht widersprechen.

[X.]

[X.]

[X.] Berger
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Meta

5 StR 108/17

13.12.2017

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.12.2017, Az. 5 StR 108/17 (REWIS RS 2017, 729)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 729

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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5 StR 108/17

1 StR 394/16

5 StR 594/14

5 StR 542/13

5 StR 561/10

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