Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16.11.2011, Az. 4 AZR 857/09

4. Senat | REWIS RS 2011, 1401

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Tenor

1. Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 23. Oktober 2009 - 3/5 [X.]/09 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat auch die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, welcher Tarifvertrag kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit für ihr Arbeitsverhältnis gilt.

2

Die Beklagte ist Betreiberin eines Großflughafens. [X.]ie ist Mitglied im [X.], welcher seinerseits Mitglied in der [X.] ([X.]) ist. Die sich daraus ergebende Tarifgebundenheit schließt den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst vom 13. [X.]eptember 2005 ([X.]) in der Fassung des [X.] für den öffentlichen Dienst - Besonderer Teil Flughäfen - (BT-F) ein (in der durchgeschriebenen Fassung: [X.]-F). Dieser gilt gemäß § 40 Abs. 1 [X.]atz 1 [X.]-BT-F für Beschäftigte der Verkehrsflughäfen.

3

Der Kläger, der als [X.]tudent an einer [X.] eingeschrieben und seit dem 1. März 2007 Mitglied der [X.] ([X.]) ist, wird seit dem 16. April 2002 von der [X.] am [X.] beschäftigt. Nach dem zunächst befristeten Arbeitsvertrag vom 4. April 2002 wurde er als „[X.]tudenten-Aushilfe“ im Bereich der [X.] tätig. Er wird in der Gepäckabfertigung eingesetzt. Mit [X.]chreiben der [X.] vom 8. Februar 2004 erfolgte die „Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis“ ab dem 16. April 2004. In diesem [X.]chreiben teilte die Beklagte dem Kläger ua. mit, dass das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des Monats ende, in dem die Exmatrikulation erfolge, ohne dass es hierzu einer besonderen Kündigung bedürfe, spätestens jedoch nach 25 Fachsemestern.

4

Für Beschäftigte mit Arbeitsverträgen als studentische Aushilfskraft wie den Kläger ist die Arbeitszeit bei der [X.] nicht wie bei anderen Beschäftigten von vornherein festgelegt, sondern wird idR bedarfsabhängig im gegenseitigen Einvernehmen vereinbart. Für die Vorlesungszeit ist eine wöchentliche Höchstarbeitszeit von 19,5 [X.]tunden und für die vorlesungsfreie Zeit von 38,5 [X.]tunden vereinbart.

5

Am 1. Juni 2007 machte der Kläger im Hinblick auf seine Mitgliedschaft in der [X.] gegenüber der [X.] Vergütungsansprüche gemäß der [X.] 3 [X.] geltend.

6

Am 1. August 2007 schlossen die Beklagte und der [X.] ([X.]) mit der [X.], diese vertreten durch die [X.], den Landesbezirkstarifvertrag Nr. 16/2007 „über [X.]onderregelungen für studentische aushilfsweise Beschäftigte bei der [X.]“ mit Wirkung ab dem 1. August 2007 ([X.]). Dieser Tarifvertrag ist für die [X.] von deren Verhandlungsführer [X.] und der stellvertretenden Landesbezirksleiterin K unterzeichnet worden. Der Kontroll- und Beschwerdeausschuss der [X.] gab mit [X.]chreiben vom 7. April 2008 einer Beschwerde, eingereicht ua. von dem Kläger, gegen den Abschluss des [X.] statt. Darin heißt es, dass der Abschluss des [X.] ua. nach § 68 der [X.]-[X.]atzung unzulässig gewesen sei. Gegenüber Beschäftigten mit Arbeitsverträgen als studentische Aushilfskraft wie den Kläger, die kraft Mitgliedschaft tarifgebunden sind, wendet die Beklagte nicht den [X.]-F, sondern den [X.] an.

7

Mit seiner Klage hat der Kläger geltend gemacht, dass auf sein Arbeitsverhältnis nicht der [X.], sondern der [X.]-F anzuwenden ist. Nachdem erstinstanzlich ein bezifferter Antrag, der auf Zahlung von [X.] zwischen der nach dem [X.] gezahlten und der nach dem [X.]-F beanspruchten Vergütung, sowie ein Feststellungsantrag, der auf Vergütung gemäß der [X.] 3 [X.]tufe 3 [X.] gerichtet ist, durch Beschluss des Arbeitsgerichts zur eigenständigen Verhandlung und Entscheidung abgetrennt und ruhend gestellt worden sind, hat der Kläger das vorliegende Verfahren als eines von zwei Musterverfahren mit dem darin allein noch anhängigen Feststellungsantrag weitergeführt. Er vertritt die Auffassung, dass auf sein Arbeitsverhältnis bereits deshalb der [X.]-F und nicht der [X.] anzuwenden sei, weil er nicht unter den persönlichen Geltungsbereich nach § 1 [X.] falle. Er sei nicht zu [X.] i[X.] dieser Regelung bei der [X.] tätig, sondern bestreite seinen gesamten Lebensunterhalt aus diesem Arbeitseinkommen. Im Übrigen arbeite er selbst nicht mit schwankender Arbeitszeit, sondern regelmäßig im Umfang von etwa der Hälfte der betrieblichen [X.] von 39 [X.]tunden/Woche in zwei Nächten pro Woche - nämlich in den Nächten von Dienstag auf Mittwoch und von [X.]amstag auf [X.]onntag - sowie zusätzlich in [X.] nach Absprache.

8

Der Abschluss des [X.] beinhalte eine willkürliche Umgehung der §§ 34 [X.]. Die Geltung des [X.] sei zu Gunsten des tarifpolitischen Gegners und zu Lasten der betroffenen studentischen [X.]smitglieder geopfert worden. Der [X.] sei abgeschlossen worden, nachdem eine größere Anzahl von studentischen Aushilfskräften, darunter er, in die [X.] eingetreten seien und angesichts der Unwirksamkeit des arbeitsvertraglich vereinbarten Ausschlusses der Tarifverträge des öffentlichen Dienstes eine Vergütung nach dem [X.] verlangt hätten. Der [X.] sei, wie auch die Entscheidung des Kontroll- und Beschwerdeausschusses der [X.] vom 7. April 2008 zeige, satzungswidrig ohne Beteiligung der Tarifkommission und tarifbereichzugehöriger [X.]smitglieder zustande gekommen. Auf [X.]eiten der [X.] sei der [X.] von [X.] mit unterzeichnet worden, der zugleich in Personalunion stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsrats der [X.] sei. [X.] sei hier nicht gegeben, sondern eine Interessenverflechtung der am Tarifvertragsabschluss mitwirkenden Personen.

9

Durch die faktische Herausnahme der studentischen Aushilfskräfte aus dem Anwendungsbereich des [X.]-F durch die [X.]onderregelungen des [X.] würden die studentischen Mitarbeiter bei der Entlohnung gegenüber der sogenannten [X.]tammbelegschaft bei identischer Arbeitsleistung schlechter gestellt. Dies verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 GG; zudem seien die Grundrechte der Berufs- und Koalitionsfreiheit berührt. Weiterhin liege eine mittelbare Altersdiskriminierung gemäß § 1 iVm. § 2 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2 und Nr. 4 AGG vor und es werde gegen § 4 Abs. 1 und Abs. 2 TzBfG verstoßen.

Der Kläger hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien ab dem 1. März 2007 der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst vom 13. [X.]eptember 2005 in der Fassung des TVöD-BT-F Anwendung findet.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, dass auf das Arbeitsverhältnis der [X.] Anwendung findet. Hintergrund des Abschlusses des [X.] sei, dass der [X.]-F, der auf kontinuierliche Dauerarbeitsverhältnisse mit grundsätzlich gleich bleibender Arbeitszeit angelegt sei, für Arbeitsverhältnisse mit studentischen Aushilfskräften nicht passe. Mit diesen würden feste oder regelmäßige Arbeitszeiten nicht vereinbart, sie seien vielmehr stundenweise jeweils nach einvernehmlicher Absprache tätig. Dies diene der notwendigen Flexibilität der Arbeitsverhältnisse mit Rücksicht auf die Belange des [X.]tudiums. [X.]tudentische Aushilfskräfte verpflichteten sich zudem lediglich, während der Vorlesungszeit bis zu 19,5 [X.]tunden und während der vorlesungsfreien Zeit bis zu 38,5 [X.]tunden wöchentlich zu arbeiten. Die Beklagte habe keine Möglichkeit, Arbeitseinsätze kurzerhand abzurufen, sondern nur ein eingeschränktes Direktionsrecht. Der [X.] berücksichtige die Besonderheiten dieser Arbeitsverhältnisse nicht. Insbesondere Berechnungen nach § 7 Abs. 1, §§ 20, 21, 26 [X.]-F würden zu nicht sachgerechten Ergebnissen führen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat der Feststellungsklage hinsichtlich des Zeitraums vor Inkrafttreten des [X.] vom 1. März 2007 bis 31. Juli 2007 stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Gegen diese Klageabweisung wendet sich der Kläger mit der für ihn zugelassenen Revision. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision ist unbegründet. Das [X.] hat die Berufung gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen.

I. Der Feststellungsantrag ist zulässig.

1. Der Feststellungsantrag bedarf der Auslegung. Zutreffend hat das [X.] das Feststellungsinteresse des [X.] dahingehend aufgefasst, dass der [X.] aus mehreren Gründen insgesamt unwirksam sei und deshalb insgesamt nicht für das Arbeitsverhältnis des [X.] gelte, weshalb dann der [X.]-F maßgebend sei. Der Antrag kann dagegen nicht, wie das [X.] ebenfalls zutreffend und ohne Widerspruch durch den Kläger angenommen hat, so verstanden werden, dass es dem Kläger um die Frage der Anwendbarkeit lediglich einzelner Regelungen des [X.]-F oder der Unwirksamkeit einzelner Regelungen des [X.] geht. Dies wäre kein im Antrag enthaltenes „Weniger“, sondern etwas „Anderes“. Darin läge ein anderer Streitgegenstand, der nicht Gegenstand dieses Rechtsstreits ist.

2. Der so verstandene Antrag ist zulässig. Der Antrag ist in der zuletzt gestellten Fassung hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Kläger hat auch das erforderliche besondere Feststellungsinteresse nach § 256 Abs. 1 ZPO. Die - zwischen den Prozessparteien umstrittene - Anwendbarkeit eines bestimmten [X.] oder Tarifwerks auf ein Arbeitsverhältnis ist zulässiger Gegenstand einer (Elementen-)Feststellungsklage (st. Rspr., [X.] 19. Oktober 2011 - 4 [X.] - Rn. 13 [X.], [X.] 2011, 2783; 22. Oktober 2008 - 4 [X.] - Rn. 11 [X.], [X.]E 128, 165).

II. Die Klage ist jedoch unbegründet. Der [X.] ist nicht im Ganzen unwirksam und verdrängt in seinem Anwendungsbereich den [X.]-F, dessen Anwendung der Kläger deshalb nicht verlangen kann.

1. Für das Arbeitsverhältnis der Parteien gelten kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit normativ nach § 4 Abs. 1, § 3 Abs. 1 [X.] die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes im Bereich der Kommunen, darunter vom Grundsatz her auch der streitgegenständliche [X.] Dieser gilt nach seinem § 1 für Beschäftigte der Verkehrsflughäfen, die in einem Arbeitsverhältnis zu einem Arbeitgeber stehen, der Mitglied eines Mitgliedverbandes der [X.] ist. Letzteres trifft auf die Beklagte zu, deren Beschäftigter iS dieser Geltungsbereichsbestimmung der Kläger ist. Das steht mittlerweile auch nicht mehr im Streit zwischen den Parteien.

2. Ebenfalls normativ kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit gilt nach § 4 Abs. 1, § 3 Abs. 1 [X.] für das Arbeitsverhältnis der Parteien der [X.].

a) Der Geltung des [X.] für das Arbeitsverhältnis der Parteien steht nicht entgegen, dass dieser wegen formaler Mängel unwirksam wäre. Der Tarifvertrag konnte trotz bestehendem [X.]-F geschlossen werden. Die [X.] war bei Abschluss dieses [X.] auch ordnungsgemäß vertreten.

aa) Die Beklagte und der [X.] konnten mit der [X.] den [X.] als firmenbezogenen Tarifvertrag, der durch die beiden Vertragspartner auf Arbeitgeberseite gleichzeitig „[X.]“ und „[X.]“ ist (zur grundsätzlichen Zulässigkeit firmenbezogener [X.]/Reim [X.] 2. Aufl. § 1 Rn. 65 ff. [X.]; [X.]/Zachert/Zachert [X.] 4. Aufl. § 1 Rn. 29 ff.; [X.]/Thüsing [X.] 7. Aufl. § 1 Rn. 63 f. [X.]; [X.]/Oetker [X.] 7. Aufl. § 2 Rn. 184 ff. [X.]), wirksam abschließen. § 2 Abs. 1 [X.] verleiht dem Arbeitgeber die Tariffähigkeit unabhängig von der Zugehörigkeit zu einer Arbeitgebervereinigung. Ein Arbeitgeber kann trotz [X.] und trotz eines für ihn gültigen [X.] einen konkurrierenden oder ergänzenden [X.] abschließen.

bb) Der [X.] ist auch seitens der [X.] wirksam zustande gekommen.

(1) Auf das Zustandekommen eines [X.] finden die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über den Abschluss von Verträgen Anwendung. Eine wirksame Vertretung setzt nach § 164 Abs. 1 BGB voraus, dass der Vertreter - neben der Bevollmächtigung zur Abgabe der Willenserklärung - erkennbar im Namen des Vertretenen gehandelt hat (s. nur [X.] 29. Juni 2004 - 1 [X.] - zu [X.] a der Gründe [X.], AP [X.] § 1 Nr. 36 = EzA [X.] § 1 Nr. 46). Dies ist vom Revisionsgericht auch ohne besondere Rüge von Amts wegen zu prüfen.

(2) Zutreffend ist das [X.] auch unter Berücksichtigung der Ausführungen des [X.] zum Zustandekommen des [X.] davon ausgegangen, dass dieser Tarifvertrag auf Seiten der [X.] in bevollmächtigter Vertretung unterzeichnet worden ist. Nach § 42 Nr. 3 der Satzung der [X.] hat der Bundesvorstand die Stellung eines Vorstands im Sinne von § 26 BGB und vertritt die [X.] gerichtlich und außergerichtlich. Nach § 35 Satz 4 und Satz 5 dieser Satzung wird die [X.] in landesbezirklichen Angelegenheiten von dem/der Landesbezirksleiter/in oder eines/r ihrer/seiner Stellvertreter/innen vertreten, wobei er/sie bei rechtsgeschäftlicher Vertretung als Bevollmächtigte/r des [X.] handelt. Nach § 34 Nr. 4 Buchst. c der Satzung zählt zu den auf den Landesbezirk bezogenen Angelegenheiten, die der Landesbezirksvorstand in Zusammenarbeit mit der [X.] wahrnimmt, die regionale Tarifpolitik. Der [X.] wurde als Landesbezirkstarifvertrag und damit landesbezirkliche Angelegenheit für die Tarifvertragspartei [X.] - [X.] - ua. von der stellvertretenden Landesbezirksleiterin Frau K entsprechend der satzungsgemäßen Vorgaben als rechtsgeschäftliche Vertreterin unterzeichnet. Bereits diese Unterschrift genügt nach der Satzung den Vorgaben der Bevollmächtigung zur Abgabe der Willenserklärung, die ausweislich des Tarifvertragstextes ausdrücklich im Namen der [X.] abgegeben worden ist. Auch ist ein die Wirksamkeit des Tarifabschlusses möglicherweise gefährdender Interessenkonflikt, was die stellvertretende Landesbezirksleiterin angeht, nicht ersichtlich. Etwaige Mängel bei der innerverbandlichen Willensbildung der am Tarifabschluss beteiligten [X.] führen nicht zur Unwirksamkeit des Vereinbarten. Das betrifft die von Außen nicht kontrollierbare Einhaltung von Verfahrensvorgaben zur internen Willensbildung ebenso wie die Einhaltung von über die Satzung hinausgehenden Vorgaben zur Unterschriftsleistung durch interne „[X.]“, denen vorliegend offenbar durch weitere Unterschriften entsprochen worden ist. Ohne Belang für die formale Wirksamkeit des mit dem [X.] und der Beklagten abgeschlossenen Rechtsgeschäfts Tarifvertrag ist schließlich auch die interne Entscheidung des Kontroll- und Beschwerdeausschusses der [X.].

b) Die Regelungen des [X.] sind auch nicht insgesamt unwirksam oder unanwendbar. Ein nicht auszuschließender Verstoß gegen Gleichbehandlungsgebote oder Diskriminierungsverbote und eine sich möglicherweise daraus ergebende Rechtsunwirksamkeit einzelner Regelungen, mit denen deutlich abgesenkte Arbeitsbedingungen für studentische Beschäftigte, wie beispielsweise in § 5 [X.] ein Stundenentgelt in Höhe von 7,60 Euro, vorgesehen sind, führt nicht zur Unwirksamkeit des [X.] als Ganzem.

aa) In der Revision rügt der Kläger insbesondere Verstöße gegen Art. 3 Abs. 1 GG, das Verbot der Altersdiskriminierung nach dem [X.] sowie gegen das [X.] Auch wenn diese gegeben sein sollten, ist die Rechtsfolge nicht die Nichtigkeit des gesamten [X.] mit der Folge der vom Kläger angestrebten Geltung des [X.]-F für sein Arbeitsverhältnis.

(1) Die Rechtsfolge bei Vorliegen solcher Verstöße ist nicht die Gesamtnichtigkeit und damit gänzliche Unanwendbarkeit des [X.], was allein Gegenstand des Antrages des [X.] in diesem Verfahren ist, sondern nur die Unwirksamkeit der verbotswidrigen Bestimmung oder Bestimmungen. Für das [X.] ergibt sich dies bereits aus § 7 Abs. 2 [X.] (dazu [X.]/[X.] 11. Aufl. § 7 [X.] Rn. 4; [X.] NZA 2007, 950). Auch ansonsten sind nach der Rechtsprechung des Senats bei Unwirksamkeit einzelner Tarifbestimmungen wegen Verstoßes gegen Gesetze oder die Verfassung nur diese Klauseln unwirksam. Die Unwirksamkeit einer Tarifbestimmung führt grundsätzlich entgegen der Auslegungsregel des § 139 BGB nicht zur Unwirksamkeit der übrigen tariflichen Vorschriften. Dabei kommt es darauf an, ob der Tarifvertrag ohne die unwirksame Regelung noch eine sinnvolle und in sich geschlossene Regelung dargestellt (vgl. ua. [X.] 9. Mai 2007 - 4 [X.]/06 - [X.], AP [X.] § 3 [X.] Nr. 23 = EzA GG Art. 9 Nr. 91). Dass bei Unwirksamkeit einzelner Bestimmungen des [X.] „die Gültigkeit der übrigen Bestimmungen dieses Tarifvertrags hiervon unberührt bleibt“, kommt im Übrigen auch in § 12 [X.] zum Ausdruck. Soweit dort nur auf „eine“ unwirksame Bestimmung abgestellt wird, kann dies nicht so verstanden werden, dass bei Betroffenheit von mehr als einer Bestimmung eine andere Rechtsfolge gewollt ist.

(2) Der [X.] stellt auch ohne die vom Kläger angegriffenen, möglicherweise unwirksamen Regelungen noch eine sinnvolle und in sich geschlossene Regelung dar.

(a) So enthält beispielsweise § 2 Abs. 1 [X.] Vorgaben zum Inhalt des Arbeitsvertrages, die zwar außer einer Klarstellung kaum eigenständigen Wert haben, jedoch ersichtlich nicht unzulässig sind. Ebenfalls nur klarstellenden, weitgehend selbstverständlichen, jedoch ersichtlich nicht unzulässigen Inhalt haben auch § 4 Abs. 1 [X.], wonach übertragene Arbeiten gewissenhaft und ordnungsgemäß auszuführen sind und Anordnungen des Arbeitgebers Folge zu leisten ist, sowie § 4 Abs. 2 [X.], wonach Beschäftigte die Arbeit pünktlich zur vereinbarten [X.] aufzunehmen haben. Gleiches gilt für § 4 Abs. 4 [X.], wonach bei unberechtigtem Fernbleiben kein Anspruch auf Entgelt besteht. Zwar gehören solche Klarstellungen und Wiedergaben selbstverständlicher Verhaltenspflichten, die sich an mehreren Stellen in diesem Tarifvertrag befinden, nicht unbedingt zum typischen Inhalt von Tarifverträgen, jedoch ist kein Grund ersichtlich, sie für unzulässig zu halten.

(b) Zudem enthält der [X.] auch Regelungen, die weitgehend Regelungen des [X.]-F entsprechen, beispielsweise in § 4 Abs. 5 [X.] zu Verschwiegenheitspflichten und in § 4 Abs. 6 [X.] zum Verbot der Annahme von Belohnungen und Geschenken.

(c) Daneben sind auch eigenständige Regelungen enthalten, die weder vom Kläger angegriffen worden noch offensichtlich unzulässig sind, wie beispielsweise zur Auszahlung der zwischen dem 16. des Vormonats und dem 15. des laufenden Monats geleisteten Einsätze am Monatsende in § 5 Abs. 3 [X.]. Dies weicht zwar von § 24 [X.]-F ab, kann sich jedoch möglicherweise wegen unregelmäßiger Arbeitseinsätze und sich daraus ergebender Abrechnungshindernisse als sachgerechte und zulässige Regelung darstellen. Auf eine genauere Prüfung einer diesbezüglichen Rechtfertigung, für die jedoch entgegen der Auffassung des [X.]s zu § 4 Abs. 1 und Abs. 2 TzBfG und dem Verbot mittelbarer Diskriminierung nicht derselbe Maßstab sachlicher Gründe wie zu Art. 3 Abs. 1 GG heranzuziehen ist, kommt es mangels entsprechenden Sachvortrages hier nicht an. [X.]be gilt für Regelungen wie § 7 Abs. 1 [X.], soweit darin als Referenzzeitraum für die einer Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall zugrunde zu legende Stundenanzahl die letzten zwölf abgerechneten Kalendermonate bestimmt sind, während nach § 21 [X.]-F für nicht in [X.] festgelegte Entgeltbestandteile die letzten drei vollen Kalendermonate herangezogen werden. Auch dies mag bei unregelmäßigen Arbeitseinsätzen gerechtfertigt sein, solange es in dem von § 4 Abs. 4 Satz 1 EFZG vorgegebenen Rahmen bleibt; dazu kann dem Vortrag des [X.] - anders als zu einer ebenfalls in § 7 Abs. 1 [X.] vorgesehenen Beschränkung der pro Kalendertag fortzuzahlenden Arbeitsstunden - nichts entnommen werden, was für eine Unzulässigkeit sprechen würde. Dies trifft auch für § 8 Abs. 3 [X.] zu, in dem eine nach § 13 Abs. 1 Satz 1 [X.] tarifvertraglich mögliche Abweichung von § 11 Abs. 1 [X.] mit zwölf Monaten als Bemessungszeitraum für das Urlaubsentgelt vorgegeben wird.

(d) Bereits mit den unter (a) und (b) aufgezeigten Regelungen enthält der [X.] neben den vom Kläger angegriffenen Entgeltregelungen, über deren Bewertung jedoch nicht zu dem in diesem Verfahren allein anhängigen Feststellungsantrag zu entscheiden war, Bestimmungen, die noch eine sinnvolle und in sich geschlossene Regelung darstellen.

bb) Soweit der Kläger eine willkürliche Umgehung der §§ 34 [X.] rügt und sich dafür insbesondere auf die zeitliche Abfolge des Abschlusses des [X.] nach seiner Geltendmachung von Ansprüchen nach dem [X.]-F mit Schreiben vom 1. Juni 2007 beruft, führt dies ebenfalls nicht zur Nichtigkeit des [X.]. Zwar mag ein zeitlicher und inhaltlicher Zusammenhang mit dem Abschluss des [X.] am 1. August 2007 bestehen. Dafür spricht zumindest der Inhalt eines Antwortschreibens der Beklagten vom 23. November 2007 auf das [X.], wonach die „studentischen Aushilfstätigkeiten nicht in die Entgeltsystematik des [X.] passen und damit auch bisher schon eine Bezahlung nach [X.] nicht in Frage kam“ und „sich die Tarifparteien daher jetzt auf eine eigene Tarifstruktur für die studentischen Aushilfen geeinigt“ hätten.

Dass tariffähige Parteien eine vom allgemeinen Verbandstarifvertrag abweichende Vereinbarung schließen, ist jedoch grundsätzlich von der Tarifautonomie und dem [X.] gedeckt. Ob alle in einem solchen Tarifvertrag getroffenen Regelungen gesetzeskonform sind, ist eine Frage, die auf einzelne Ansprüche bezogen zu beantworten ist, die aber vorliegend nicht Streitgegenstand ist.

c) Das Arbeitsverhältnis des [X.] mit der Beklagten fällt in den Geltungsbereich des nach alledem wirksamen [X.].

aa) Der Geltungsbereich des [X.] ist in seinem § 1 Abs. 1 wie folgt geregelt:

        

„Dieser Tarifvertrag gilt für studentische Beschäftigte der [X.] (Beschäftigte), die zu [X.] während der Ausbildung aushilfsweise tätig werden und mit denen eine feste oder regelmäßige Arbeitszeit nicht vereinbart ist und mit denen die Arbeitseinsätze überwiegend im gegenseitigen Einvernehmen bedarfsorientiert vereinbart werden.“

bb) Von dieser Bereichsbestimmung ist das Arbeitsverhältnis des [X.] erfasst.

(1) Die Auslegung des normativen Teils eines [X.] folgt nach ständiger Rechtsprechung des [X.] den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln (zu den Kriterien vgl. ua. 4. April 2001 - 4 [X.]/00 - zu [X.] a der Gründe, [X.]E 97, 271) und ist - wie auch die Auslegung von Gesetzen selbst - in der Revisionsinstanz in vollem Umfang nachzuprüfen (st. Rspr., zB [X.] 17. Oktober 2007 - 4 [X.] 1005/06 - Rn. 40, [X.]E 124, 240).

(2) Der Schwerpunkt der Bereichsbestimmung des [X.] liegt in der Bezugnahme auf „studentische Beschäftigte“ der Beklagten. Die den Geltungsbereich bestimmenden Tatbestandsmerkmale sind im ersten Satzteil von § 1 Abs. 1 [X.] enthalten, wonach dieser Tarifvertrag „für studentische Beschäftigte der [X.]“ gilt. Die darauf folgenden Satzbestandteile unter den Stichworten „[X.]“, „aushilfsweise“, „Arbeitszeit“ und „Arbeitseinsätze“ sind erkennbar illustrierende [X.] der Tarifvertragsparteien für das ihnen typisierend vorschwebende Bild einer studentischen Beschäftigung. Ihnen ging es darum - und dafür spricht auch der Vortrag des [X.] -, Sonderregelungen für an den [X.]-F tarifgebundene studentische Beschäftigte zu etablieren. Nichts spricht dafür, dass es sich bei den zur Illustration gewählten Stichworten um auf eine weitere Differenzierung angelegte Tatbestandsmerkmale handelt und dass die Tarifvertragsparteien die Anwendbarkeit des [X.] beispielsweise von einer individuellen Prüfung der Einkommenssituation und damit der Bedürftigkeit abhängig machen wollten. Dies ergibt sich auch aus dem Gesamtzusammenhang des [X.], der in seinen Regelungen auf eine derartige Differenzierung nicht eingeht. Dem entspricht auch die Überschrift des [X.], in der dem Begriff „aushilfsweise“, mit dem auf die Unregelmäßigkeit der Arbeitszeit bei der Beklagten und die Bedarfsabhängigkeit des Arbeitseinsatzes abgestellt wird, keine eigenständig differenzierende Bedeutung zukommt.

(3) Der Kläger ist studentischer Beschäftigter der Beklagten iS von § 1 Abs. 1 [X.], wobei er in einer für die dort tätigen Studierenden typischen Form, die auf die Studienbedingungen Rücksicht nimmt, beschäftigt wird.

3. Der [X.] ist daher auf das Arbeitsverhältnis des [X.] ab dessen Inkrafttreten am 1. August 2007 anwendbar und verdrängt seither - jedenfalls in seinem Regelungsbereich - als speziellere Regelung den [X.] Dem steht das Fehlen einer Öffnungsklausel im Verbandstarifvertrag [X.]-F nicht entgegen.

Dem firmenbezogenen Tarifvertrag [X.] kommt als der spezielleren Regelung Vorrang vor dem [X.], allgemeinen Verbandstarifvertrag zu. Dieser Vorrang gilt ohne Weiteres aufgrund der allgemeinen, das Tarifvertragsrecht beherrschenden Konkurrenzregeln. Für ihn spricht im Übrigen auch § 1 Abs. 2 [X.], durch den eine Anwendung ua. des [X.] und der diesen ergänzenden Tarifverträge, wozu der [X.]-F gehört, ausgeschlossen werden sollte. Darauf, dass die allgemeinen Verbandstarifverträge keine Öffnungsklausel für einen [X.] enthalten, kommt es nicht an ([X.] 4. April 2001 - 4 [X.] 237/00 - zu [X.], [X.]E 97, 263; 24. Januar 2001 - 4 [X.] 655/99 - [X.], AP [X.] § 1 Tarifverträge: Metallindustrie Nr. 173 = EzA [X.] § 4 Tarifkonkurrenz Nr. 14).

III. Der Kläger hat die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

        

    Bepler    

        

    Treber    

        

    Winter    

        

        

        

    von [X.]    

        

    [X.]    

                 

Meta

4 AZR 857/09

16.11.2011

Bundesarbeitsgericht 4. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Frankfurt, 30. Oktober 2008, Az: 1/19 Ca 9797/07, Urteil

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16.11.2011, Az. 4 AZR 857/09 (REWIS RS 2011, 1401)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 1401

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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