Bundessozialgericht, Urteil vom 09.02.2011, Az. B 6 KA 7/10 R

6. Senat | REWIS RS 2011, 9600

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Gegenstand

Vertragsärztliche Versorgung - Ablehnung der Genehmigung einer Zweigpraxis - Fahrzeit von mehr als einer Stunde


Leitsatz

Die Genehmigung einer Zweigpraxis für einen in Einzelpraxis tätigen Vertragsarzt kann wegen Beeinträchtigung der Versorgung am Praxissitz beurteilungsfehlerfrei abgelehnt werden, wenn sie mehr als 125 km - bei einer Fahrzeit von mehr als einer Stunde - entfernt ist und ihr Betrieb Zeiten umfassen würde, in denen am Ort des Praxissitzes üblicherweise praktiziert wird und kein organisierter Notfalldienst besteht.

Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 10. Februar 2010 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten auch des Revisionsverfahrens.

Tatbestand

1

Umstritten ist der Anspruch auf Genehmigung einer Zweigpraxis, die ca 128 km entfernt vom [X.] betrieben werden soll.

2

Der Kläger ist als Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin mit dem Schwerpunkt Kinder-Kardiologie/[X.] in Einzelpraxis tätig und zur vertragsärztlichen Versorgung im Bezirk der beklagten [X.] ([X.]) mit [X.] in [X.] zugelassen; er hat - zumindest nach Angaben der Telefonauskunft - seine Wohnung in [X.] nahe [X.]

3

Im November 2006 beantragte er, ihm den Betrieb einer Zweigpraxis in [X.] jeweils an einem Tag in der Woche im Umfang von bis zu 10 Stunden zu genehmigen. Er machte geltend, er betreue dort im insoweit unterversorgten Bereich bereits seit einem Jahr privatversicherte herzkranke Kinder. Dies sei für ihn wohnortnah, da er ungefähr in der Mitte zwischen der Stadt [X.] (ca 65 000 Einwohner) und der Stadt [X.] (ca 30 000 Einwohner) wohne. Überdies sei er jederzeit per Mobiltelefon erreichbar. Der Versorgungsbedarf ergebe sich schon daraus, dass er wöchentlich mehrere Anfragen nach kinderkardiologischer Untersuchung von Versicherten gesetzlicher Krankenkassen ablehnen müsse. Er plane, in der Zweigpraxis ausschließlich diagnostische kinderkardiologische Leistungen zu erbringen. Die beklagte [X.] lehnte die Genehmigung ab. Sie führte zur Begründung aus, es bedürfe der Zweigpraxis in [X.] nicht, denn der [X.]-Kreis sei im kinder- und jugendmedizinischen Bereich überversorgt. Die Versorgung sei durch Kinderärzte und das [X.] (ca 36 km) und einen Kinderkardiologen im Raum [X.] (ca 34 km) sowie die Herzklinik in [X.] Ge. sichergestellt. Ferner würde am [X.] des [X.] in [X.] die ordnungsgemäße Versorgung beeinträchtigt, wenn er an einem Wochentag in [X.] praktiziere; in [X.] bestehe dringender Bedarf, da er der einzige dort niedergelassene Kinderkardiologe sei.

4

Das vom Kläger angerufene [X.] hat seine Klage abgewiesen (Urteil vom 10.2.2010). Es hat ausgeführt, die Voraussetzungen für die Genehmigung der Zweigpraxis gemäß § 24 Abs 3 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) lägen nicht vor. Zwar würde die Versorgung am geplanten Ort der Zweigpraxis ([X.]) verbessert, weil die ortsnähere Leistungserbringung eine Verbesserung der Versorgung darstelle. Durch den Betrieb der Zweigpraxis würde aber am Ort des [X.]es ([X.]) die ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten beeinträchtigt. Denn in der [X.], in der der Kläger in [X.] tätig sei, stehe er für eine Versorgung in [X.] nicht zur Verfügung. Dies sei zwar unter dem Blickwinkel der erforderlichen Sprechstundenzahl hinnehmbar. Ob unter dem Aspekt der Residenzpflicht schon sein Wohnort zu weit entfernt sei, könne dahingestellt bleiben. Aber jedenfalls sei die Entfernung zwischen dem [X.] in [X.] und der Zweigpraxis in [X.] von ca 128 km bei einer Fahrzeit von mehr als einer Stunde zu groß. Wegen der im Bereich der Kinderkardiologie unter Umständen notwendigen Akutversorgung, wie sich dies aus dem Weiterbildungsinhalt des Schwerpunkts Kinderkardiologie ergebe, seien solche Entfernungen nicht akzeptabel. Auf eventuelle Vertretungsmöglichkeiten komme es nicht an, weil die Residenzpflicht an das Gebot der persönlichen Leistungserbringung anknüpfe. Hinzu komme, dass der Kläger im Planungsbereich [X.] der einzige Kinderkardiologe sei, sodass durch seine Abwesenheit eine Versorgungslücke entstünde.

5

Mit seiner ([X.] rügt der Kläger, das [X.] habe die Klage zu Unrecht abgewiesen. Es habe die Regelung des § 24 Abs 3 Ärzte-ZV nicht zutreffend angewendet. Allerdings habe es zu Recht festgestellt, dass in [X.] die Versorgung der Versicherten verbessert werden würde. Er wolle in der Zweigpraxis ausschließlich diagnostisch und nicht invasiv tätig werden. Deshalb fehle die Grundlage für Erwägungen zu einer notwendigen Akutversorgung bei Komplikationen und Notfällen. Daher könne von ihm auch keine Erreichbarkeit über die erforderlichen Sprechzeiten hinaus gefordert werden. Das Urteil des [X.] sei insoweit unzutreffend, als es angenommen habe, durch den Betrieb einer Zweigpraxis in [X.] werde in [X.] die ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten beeinträchtigt. Dies treffe bei wertender Gesamtwürdigung aller Umstände nicht zu. In [X.] biete er Sprechstunden von weit mehr als die erforderlichen 20 Wochenstunden an, sodass hier die [X.] im notwendigen Umfang gewährleistet sei. Zudem sei er bereit, wie schon in der Verhandlung vor dem [X.] hervorgehoben, seine Tätigkeit in [X.] auf einen halben Tag in der Woche freitagnachmittags zu beschränken.

6

Der Kläger beantragt,
das Urteil des [X.] vom 10.2.2010 aufzuheben sowie die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom [X.] in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom [X.] zu verpflichten, über seinen Antrag auf Genehmigung des Betriebs einer Zweigpraxis unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden.

7

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Sie verteidigt das Urteil des [X.]. Sie sei berechtigt gewesen, den Antrag des [X.] auf Betrieb einer Zweigpraxis in [X.] abzulehnen. Wie das [X.] ausgeführt habe, würde durch die Tätigkeit in [X.] die ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten in [X.] beeinträchtigt; der Notfalldienst beginne hier auch freitags erst ab 18 Uhr. Die Entfernung zwischen dem [X.] und dem Sitz der geplanten Zweigpraxis betrage ca 128 km und erfordere eine Fahrzeit von mehr als einer Stunde. Damit wäre die ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten in [X.] beeinträchtigt.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision des [X.] hat keinen Erfolg. Das [X.] hat zu Recht die Klage abgewiesen, denn der angefochtene Bescheid war rechtmäßig. Die [X.] hat es ohne Rechtsverletzung abgelehnt, den Betrieb einer Zweigpraxis in [X.] zu genehmigen.

A. Rechtsgrundlage für die Genehmigung von [X.] ist § 24 Abs 3 Satz 1 Nr 1 und 2 Ärzte-ZV. Nach dieser Regelung, die ihre gesetzliche Grundlage in § 98 Abs 2 Nr 13 [X.]B V hat, setzt die Genehmigung voraus, dass (1.) die Versorgung der Versicherten an dem weiteren Ort verbessert und (2.) die ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten am Ort des [X.] nicht beeinträchtigt wird.

Im vorliegenden Fall lässt der Senat dahingestellt, ob die Genehmigungsvoraussetzung vorliegt, dass die Versorgung der Versicherten an dem Ort der Zweigpraxis, also in [X.], verbessert wird. Die Maßstäbe zur Prüfung der Verbesserung der Versorgungslage am Ort der geplanten Zweigpraxis hat der Senat in seinem Urteil vom heutigen Tag in dem Verfahren B 6 KA 3/10 R entwickelt, das die Ermächtigung für eine kieferorthopädische Zweigpraxis zum Gegenstand hat. Unter Berücksichtigung des der beklagten [X.] hinsichtlich der Beurteilung dieses Tatbestandsmerkmals zukommenden [X.] ist zumindest nicht offensichtlich, dass das [X.] sich mit zutreffenden Erwägungen über die Auffassung der [X.]n hinweggesetzt hat, die für eine relevante Versorgungsverbesserung in [X.] keine hinreichenden Anhaltspunkte gesehen hatte. Das bedarf hier jedoch keiner Vertiefung, weil die [X.] im Rahmen ihres [X.] (unten 1.) bei der Bewertung der Tatbestandsmerkmale des § 24 Abs 3 Satz 1 Ärzte-ZV (unten 2.) fehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt ist, dass der Betrieb der geplanten Zweigpraxis die ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten am [X.] des [X.] in [X.] beeinträchtigen würde (unten 3.).

1. Bei der Entscheidung, ob die Versorgung der Versicherten an dem weiteren Ort verbessert und ob die ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten am Ort des [X.] nicht beeinträchtigt wird, hat die mit der Entscheidung über die Genehmigung bzw Ermächtigung der Zweigpraxis befasste Behörde ([X.] oder Zulassungsausschuss, § 24 Abs 3 Satz 2 bzw Satz 3 Ärzte-ZV) einen Beurteilungsspielraum (vgl B[X.]E 105, 10 = [X.]-5520 § 24 [X.], RdNr 53 f und B[X.] Urteil vom heutigen Tag im Verfahren B 6 KA 3/10 R). Bei beiden Voraussetzungen handelt es sich um unbestimmte Rechtsbegriffe, deren richtige Anwendung es erfordert, die maßgebenden Belange in die jeweilige Subsumtion einzustellen sowie die Vor- und die Nachteile zu gewichten und gegeneinander abzuwägen.

2. In diesem Rahmen ist für den Tatbestand des § 24 Abs 3 Satz 1 Nr 1 Ärzte-ZV über die im Senatsurteil vom 28.10.2009 angeführten Aspekte hinaus (B[X.]E 105, 10 = [X.]-5520 § 24 [X.], RdNr 52 bis 54) von Bedeutung, ob der Arzt in der Zweigpraxis auch für Nachbehandlungen und ggf Notfallbehandlungen in ausreichendem Umfang zur Verfügung steht, was fraglich ist, wenn er in seiner Zweigpraxis nur ein zeitlich sehr begrenztes Angebot plant und wenn er diese geringe Präsenz auch nicht dadurch kompensieren kann, dass er sehr schnell den "weiteren Ort" iS des § 24 Abs 3 Ärzte-ZV erreicht. Ist beides der Fall, so dürfen die Zulassungsgremien bei der Prüfung der Versorgungsverbesserung als Nachteil werten, dass Nach- und Notfallbehandlungen durch andere Vertragsärzte durchgeführt werden müssten (hierzu im Einzelnen: Urteil vom heutigen Tag im Verfahren B 6 KA 3/10 R) .

Diese Berücksichtigung von Versorgungsnachteilen ist in gleicher Weise im Rahmen des Tatbestandes des § 24 Abs 3 Satz 1 Nr 2 Ärzte-ZV möglich und ggf geboten, wonach der Betrieb der geplanten Zweigpraxis die ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten am [X.] nicht beeinträchtigen darf. Es ist zu gewichten, ob die Abwesenheiten des Arztes aufgrund des Betriebs der geplanten Zweigpraxis so nachteilig ins Gewicht fallen, dass deshalb von Beeinträchtigungen der ordnungsgemäßen Versorgung der Versicherten am [X.] auszugehen ist. Dabei ist von Bedeutung, ob der Arzt während der Anwesenheit in der Zweigpraxis und der Fahrten dorthin für Nachbehandlungen und ggf Notfallbehandlungen am [X.] nicht im erforderlichen Umfang zur Verfügung steht und hier evtl außerdem für andere Patienten - sofern er der einzige Spezialist am Ort seines [X.]es ist - ins Gewicht fallende Versorgungsnachteile entstehen. Dabei spielt eine Rolle, welche [X.]spanne der Arzt benötigt, um vom "weiteren Ort" iS des § 24 Abs 3 Ärzte-ZV seine Praxis bzw seine Patienten im Einzugsbereich dieser Praxis aufsuchen zu können. Ist dies wegen der Entfernung zwischen beiden Standorten nicht in angemessener [X.] möglich, kann das zur Folge haben, dass Nach- und Notfallbehandlungen am Ort des [X.] unter Umständen durch andere Vertragsärzte durchgeführt werden müssten, mit der Folge, dass diese die Basisdaten eines vom Arzt am [X.] behandelten Patienten neu erheben müssten (Anamnese, Erstuntersuchung, Labor) und dadurch ein Doppelaufwand und auch vermehrte Kosten entstehen könnten. Sind derartige Nachteile nach lebensnaher Betrachtungsweise zu befürchten, kann das die Schlussfolgerung tragen, dass der Betrieb der geplanten Zweigpraxis die ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten am [X.] beeinträchtigt. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Entfernung zwischen [X.] und Zweigpraxis sehr groß ist und die Abwesenheit vom [X.] [X.]en umfasst, in denen im Bereich der [X.] üblicherweise praktiziert wird und kein organisierter Notfalldienst besteht (hierzu vgl unten RdNr 17 bis 19).

3. Bei ihrer Würdigung dieser - hier nicht abschließend angeführten - Gesichtspunkte im Rahmen der Anwendung des § 24 Abs 3 Satz 1 Ärzte-ZV ist die [X.] beurteilungsfehlerfrei zu dem Ergebnis gekommen, dass der Betrieb der geplanten Zweigpraxis in [X.] die ordnungsgemäße Versorgung am [X.] in [X.] beeinträchtigen würde.

Die [X.] hat dies in ihrem Widerspruchsbescheid damit begründet, dass in [X.] dringender Versorgungsbedarf bestehe. Der Kläger als einziger dort tätiger [X.] könne diesen nicht decken, wenn er an einem Wochentag in [X.] praktiziere; die Entfernung zwischen [X.] und [X.] von mehr als 125 km mit einer Fahrzeit von mehr als einer Stunde sei zu groß. Diese - wenn auch knappe - Begründung reicht vom Darlegungsumfang her und auch inhaltlich aus:

Wie oben ausgeführt, kann eine Beeinträchtigung der Versorgung der Patienten am [X.] durch den Betrieb der geplanten Zweigpraxis dann angenommen werden, wenn die Entfernung zwischen [X.] und Zweigpraxis sehr groß ist und die Abwesenheit vom [X.] [X.]en umfasst, in denen im Bereich des Stammsitzes üblicherweise praktiziert wird und kein organisierter Notfalldienst besteht (vgl oben RdNr 14 am Ende). Dies ist vorliegend der Fall. Bei einer Entfernung zwischen [X.] und Zweigpraxis von mehr als 125 km mit einer Fahrzeit von deutlich mehr als einer Stunde können die Probleme bei Nach- und Notfallbehandlungen nicht vernachlässigt werden; denn der Arzt kann seine Abwesenheit vom [X.] nicht durch schnelles Herbeikommen aus seiner Zweigpraxis in ausreichendem Ausmaß auffangen. Dies würde möglicherweise dann nicht als Hindernis anzusehen sein, wenn der Kläger in [X.] in einer Berufsausübungsgemeinschaft mit einem weiteren gleichermaßen qualifizierten Kollegen tätig wäre, der dann zur Versorgung zur Verfügung stünde; der Kläger ist indessen in Einzelpraxis tätig.

Ohne Erfolg macht der Kläger geltend, die fehlende Möglichkeit zur Durchführung von Nach- und Notfallbehandlungen spiele hier keine Rolle, weil er keine invasiven, sondern nur diagnostische Leistungen erbringe. Denn akuter Bedarf nach einer Behandlung kann sich auch im diagnostischen Bereich unvorgesehen und eilbedürftig ergeben. Erforderlich ist nicht, dass damit häufig zu rechnen ist. Dass Fälle akuten diagnostischen Bedarfs jedenfalls durchaus vorkommen können und auch gelegentlich vorkommen, kann nicht in Abrede gestellt werden und ist auch vom Kläger eingeräumt worden.

Ohne Bedeutung ist weiterhin, dass der Kläger seine Bereitschaft erklärt hat, seine Tätigkeit in der Zweigpraxis auf sechs Stunden in der Woche zu beschränken und sein Behandlungsangebot auf die [X.] ab dem Mittag des Freitag zu konzentrieren. Denn auch dann erfasst seine Abwesenheit von seinem [X.] in [X.] [X.]en, in denen dort üblicherweise praktiziert wird und kein organisierter Notfalldienst besteht. Im Raum [X.] bieten die Fachärzte für Kinder- und Jugendmedizin, zu denen gemäß der Weiterbildungsordnung auch die Kinder- und Jugendmediziner mit dem Schwerpunkt Kinder-Kardiologie gehören, typischerweise auch noch am Freitagnachmittag Sprechzeiten an; der organisierte Notfalldienst beginnt, wie im Verfahren erörtert worden ist, erst ab 18 Uhr.

Keine ausschlaggebende Bedeutung kommt dem Umstand zu, dass der Kläger bereits an den übrigen vier Tagen der Woche Sprechstunden in einem Umfang anbietet, der über die Mindestzahl von 20 Wochenstunden hinausgeht (vgl hierzu § 17 Abs 1a Satz 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte/§ 13 Abs 7a Satz 1 Ersatzkassenvertrag-Ärzte). Ärzte dürfen zwar die Zahl ihrer Sprechstunden auf die normierte Mindestzahl reduzieren, müssen aber unabhängig davon in weitergehendem Umfang zumindest für [X.] zur Verfügung stehen. Diese Pflicht tritt nur insoweit zurück, als ein organisierter Notfalldienst zur Verfügung steht.

Auch auf eventuelle Vertretungsmöglichkeiten, wie der Kläger sie in der mündlichen Verhandlung als gewährleistet bezeichnet hat, kommt es nicht an. Für den Rückgriff hierauf ist aufgrund des Gebots der persönlichen Leistungserbringung in den [X.]zeiten außerhalb der [X.]en des organisierten [X.] grundsätzlich kein Raum. Die Vorschrift über die Vertretung eines Vertragsarztes ist auf die Fälle berechtigter Abwesenheit durch zB Krankheit, Urlaub, Fortbildung usw zugeschnitten (§ 32 Abs 1 Ärzte-ZV).

Vor diesem Hintergrund erweist sich die im Widerspruchsbescheid angeführte Begründung, dass die ordnungsgemäße Versorgung am [X.] in [X.] beeinträchtigt würde, wenn der Kläger an einem Wochentag in [X.] praktiziere, als im [X.] zutreffend. Ergänzend ist in dem Bescheid angeführt, dass der Kläger in [X.] der einzige [X.] sei; insoweit hat die [X.] den Versorgungsbedarf, den der Kläger deckt, als besonders dringend bezeichnet. Dies trägt den Bescheid zusätzlich. Im Übrigen nimmt der Kläger als Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin - und nicht ausschließlich als Kardiologe - an der allgemeinen kinder- und jugendmedizinischen Versorgung teil.

[X.] Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 3 [X.]G iVm einer entsprechenden Anwendung von § 154 Abs 2 VwGO. Der Kläger trägt als unterlegener Rechtsmittelführer die Kosten des Revisionsverfahrens (§ 154 Abs 2 VwGO).

Meta

B 6 KA 7/10 R

09.02.2011

Bundessozialgericht 6. Senat

Urteil

Sachgebiet: KA

vorgehend SG Marburg, 10. Februar 2010, Az: S 12 KA 160/09, Urteil

§ 82 Abs 1 SGB 5, § 98 Abs 2 Nr 13 SGB 5, § 24 Abs 3 S 1 Nr 1 Ärzte-ZV, § 24 Abs 3 S 1 Nr 2 Ärzte-ZV, § 32 Abs 1 Ärzte-ZV, § 17 Abs 1a S 1 BMV-Ä, § 13 Abs 7a S 1 EKV-Ä

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 09.02.2011, Az. B 6 KA 7/10 R (REWIS RS 2011, 9600)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 9600

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