Bundesgerichtshof, Beschluss vom 23.02.2022, Az. 6 StR 650/21

6. Strafsenat | REWIS RS 2022, 1068

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Gegenstand

Strafurteil wegen Betäubungsmitteldelikten: Prüfung der Erfolgsaussichten einer Entziehungsbehandlung; Einziehung von Wertersatz oder Tatobjekten


Tenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 17. September 2021

a) im [X.] dahin geändert, dass lediglich ein Betrag in Höhe von 648.290 Euro eingezogen wird,

b) mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit eine Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 17 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten verurteilt und die Einziehung des Wertes von Taterträgen angeordnet. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat im Umfang der Beschlussformel Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist sie unbegründet gemäß § 349 Abs. 2 StPO.

2

1. Der auf „§§ 73, 73c, [X.] in Verbindung mit § 33 BtMG“ gestützte Ausspruch über die Einziehung des Wertes von Taterträgen bedarf der Änderung entsprechend § 354 Abs. 1 StPO. Das [X.] hat in den Fällen 1 und 4 der Urteilsgründe einen Weiterverkauf der vom Angeklagten erworbenen Betäubungsmittel ausdrücklich nicht sicher feststellen können ([X.]). Demnach ist zugunsten des Angeklagten davon auszugehen, dass ihm in diesen Fällen kein Veräußerungserlös zugeflossen ist. Eine Einziehung des Wertes der erlangten Betäubungsmittel nach § 74 Abs. 2, § 74c Abs. 1 StGB in Verbindung mit § 33 Satz 1 BtMG scheitert daran, dass diese nicht im Eigentum des Angeklagten standen (vgl. [X.], Beschluss vom 11. Juni 1985 – 5 [X.], [X.]St 33, 233).

3

2. Die Nichtanordnung einer Unterbringung des Angeklagten gemäß § 64 StGB begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Insoweit hat der [X.] ausgeführt:

„Soweit die [X.] das Fehlen einer hinreichend konkreten Erfolgsaussicht (§ 64 Satz 2 StGB) damit begründet, dass‚ fraglich (sei), ob angesichts der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe und der Dauer der anzurechnenden Untersuchungshaft die Therapie innerhalb der verlängerten Höchstfrist des § 67d Abs. 1 Satz 3 StGB möglich wäre‘ ([X.]), bleibt offen, welche Therapiedauer sie zugrunde legt. Die [X.] teilt im [X.] an die (nicht näher begründete) sachverständige Einschätzung lediglich mit, dass bei Mitbehandlung der ‚Dissozialität‘ des Angeklagten‚ eine langfristige Therapie angezeigt (sei), die die Therapiedauer von zwei bzw. zweieinhalb Jahren um mehr als das Doppelte überschreiten würde‘ ([X.]

Da die Therapiehöchstdauer bei der erkannten Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten gemäß § 67d Abs. 1 Sätze 1 und 3 StGB sechs Jahre und sechs Monate beträgt und damit nicht unerheblich über fünf Jahren liegt, ist nicht gänzlich auszuschließen, dass die [X.] bei ihrer Erfolgsprognose von einer unzutreffenden Therapiedauer ausging; dies nötigt zur Aufhebung und Neuentscheidung über eine Maßregelanordnung.“

4

Dem verschließt sich der [X.] nicht.

5

Die Strafe kann bestehen bleiben. Der [X.] kann ausschließen, dass sie bei Anordnung der Unterbringung milder ausgefallen wäre.

6

2. Für die neue Hauptverhandlung weist der [X.] darauf hin, dass für die den Angeklagten beschwerende Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt der symptomatische Zusammenhang zwischen Hang und [X.] ebenso wie die weiteren tatbestandlichen Voraussetzungen des § 64 StGB sicher feststehen müssen (vgl. [X.], Beschluss vom 25. September 2018 – 3 [X.] Rn. 10; Urteil vom 18. Dezember 2019 – 2 StR 331/19 Rn. 11, [X.], 208). Die Ausführungen hierzu in den Gründen des angefochtenen Urteils sind widersprüchlich ([X.]).

[X.]     

      

Feilcke     

      

Tiemann

      

Fritsche     

      

von [X.]     

      

Meta

6 StR 650/21

23.02.2022

Bundesgerichtshof 6. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Hannover, 17. September 2021, Az: 63 KLs 18/21

§ 64 S 2 StGB, § 67d Abs 1 S 1 StGB, § 67d Abs 1 S 3 StGB, § 73 StGB, § 73c StGB, § 73d StGB, § 74 Abs 2 StGB, § 74c Abs 1 StGB, § 33 S 1 BtMG, § 261 StPO, § 267 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 23.02.2022, Az. 6 StR 650/21 (REWIS RS 2022, 1068)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 1068

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