Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.07.2004, Az. VI ZR 136/03

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 2338

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES [X.] Verkündet am: 13. Juli 2004 [X.], Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: Ja

BGB § 826 Gi, § 830 Abs. 1 Satz 1, § 830 Abs. 2 Nutzt ein Anlageberater und -vermittler das Kapital eines Anlegers, um Provisionen zu "schinden" ([X.]), so kommt eine deliktische Haftung des Brokers für die Ver-luste des Anlegers wegen Beteiligung an dem sittenwidrigen Verhalten des [X.] und -vermittlers in Betracht. Der Tatrichter kann den Mittäter- oder Gehilfen-vorsatz des Brokers auf Grund geeigneter Indizien wie etwa einer zwischen ihm und dem Anlageberater und -vermittler bestehenden Rückvergütungsvereinbarung (kick-back) unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Falles feststellen.
[X.], Urteil vom 13. Juli 2004 - [X.] - OLG Frankfurt am Main

LG Frankfurt am Main - 2 -

- 3 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 13. Juli 2004 durch die Vorsitzende Richterin [X.], den Richter [X.], die Richterin [X.] und [X.] und Zoll für Recht erkannt: Die Revision gegen das Urteil des 16. Zivilsenats des Oberlan-desgerichts Frankfurt am Main vom 3. April 2003 wird auf Kosten der [X.] zu 2 zurückgewiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand: Die Kläger nehmen die Beklagte zu 2 (im Folgenden: die Beklagte), eine Brokerfirma mit Sitz in [X.], auf Ersatz von Verlusten aus Options- und Termindirektgeschäften in Anspruch. Beide Kläger eröffneten im Oktober 1986 bei der [X.] jeweils ein in US$ geführtes Konto für den Handel mit Wertpapieren, Optionen und Termin-kontrakten. Dafür erteilten sie einem Mitarbeiter der [X.], der früheren [X.] zu 1, einer Wirtschaftsberatungsgesellschaft, auf deren Veranlassung die Kontoeröffnung geschah, eine Vollmacht. Die Kläger erklärten sich jeweils damit einverstanden, daß die [X.] als Vergütung für ihre Akquisitions- und Kundenbetreuungsleistungen eine Rückvergütung ("kick-back") aus den der - 4 - [X.] zustehenden Kommissionen erhielt; die Rückvergütung betrug 40%. Beide Kläger erbrachten jeweils Einzahlungen in erheblichem Umfang (201.728 DM und 82.000 DM). Die Beklagte handelte für sie eine Vielzahl an Futures- bzw. [X.]. Nach Beendigung der Geschäftsbeziehung erhielten der Kläger zu 1 im Juli 1987 ein restliches Kontoguthaben von 2.068 DM, der Kläger zu 2 im Juni 1987 ein solches von 13.410,78 US$ ausbe-zahlt. Die Parteien haben u.a. darüber gestritten, ob die - inzwischen rechtskräf-tig zur Zahlung eines Teilbetrages verurteilte - [X.] und die Beklagte zu-sammengewirkt haben, um aus den [X.] auf den Konten der Kläger Provi-sionen zu "schinden" (sog. [X.]). Der Rechtsstreit war bereits Gegenstand des Urteils des [X.] vom 22. November 1994 ([X.] - NJW 1995, 1225 = ZIP 1995, 18 = [X.], 482), auf dessen tatbestandliche Ausführungen ergänzend verwiesen wird. Das [X.] hat nach der Zurückverweisung der Sache durch den [X.] Beweis erhoben durch Zeugenvernehmung und sodann der Klage gegen die Beklagte stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Berufung der [X.] nach der Einholung von [X.] im wesentlichen zurückgewiesen. Mit der im Berufungsurteil zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Ziel einer Abweisung der gegen sie gerichte-ten Klage weiter. - 5 - Entscheidungsgründe: [X.] Das Berufungsgericht bejaht eine Haftung der [X.] aus den §§ 826, 830 BGB, weil es den Vorwurf einer von der [X.] und der [X.] ge-meinsam betriebenen Provisionsschinderei ([X.]) als berechtigt ansieht. Diese Würdigung ergebe sich im wesentlichen aus dem Vorliegen der Kick-Back-Vereinbarung. Dadurch sei die Gefahr begründet worden, daß die [X.] als Bevollmächtigte im eigenen Interesse möglichst häufig Positionen wechselte, um immer wieder neu an Provisionen zu verdienen. Nach den Aus-führungen des [X.]en Ö. seien weitere Indizien für eine Provisions-schinderei zu erkennen. Die Anzahl der vorgenommenen Geschäfte sei unge-rechtfertigt hoch gewesen. Dadurch habe das Verhältnis zwischen den monat-lich dem Kläger zu 1 belasteten Provisionen und seinem durchschnittlichen Kontowert in fünf von sieben Monaten über 17 % gelegen, womit ein Grenzwert überschritten sei. Beim Kläger zu 2 habe dieses Verhältnis im ersten Monat bei 47 % und im zweiten Monat bei 13,24 % gelegen. Weiterhin hätten die [X.] einen hohen Anteil an wirtschaftlich sinnlosen Geschäften für den Kläger zu 1 vorgenommen. Schließlich sei dem Anlageverhalten auch keine schlüssige Handelsstrategie zu entnehmen. Die Beklagte habe mit zumindest bedingtem Vorsatz gehandelt. Sie habe die extreme Häufigkeit der Transaktionen leicht erkennen können. Sie sei mit dem Verhalten der [X.], die die Aufträge aufgrund der ihr erteilten [X.] erteilt habe, einverstanden gewesen, was sie durch den Abschluß der Kick-Back-Vereinbarung, das Unterlassen einer Überprüfung der Seriosität der [X.], eine unzureichende Kontrolle der Kontobewegungen sowie die durch Zeugen bewiesene, bei der [X.] Repräsentanz der [X.] früher [X.] 6 - mal ausgesprochene Anweisung, so viele Kommissionen wie möglich zu ver-dienen, zum Ausdruck gebracht habe. I[X.] Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Prüfung stand. 1. Soweit das Berufungsgericht eine die Haftung aus § 826 BGB begrün-dende Provisionsschinderei ([X.]) durch Mitarbeiter der [X.], insbe-sondere durch [X.], bejaht, sind seine Ausführungen aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Daß ein [X.] der [X.] vorliege, hat auch die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat nicht mehr ernsthaft in Frage gestellt. a) Unter [X.] im engeren, hier in Betracht kommenden Sinne mit der möglichen Folge einer Haftung aus § 826 BGB versteht man den durch das [X.] des Kunden nicht gerechtfertigten häufigen Umschlag eines Anlagekon-tos, durch den der Broker oder der Vermittler oder beide sich zu Lasten der Gewinnchancen des Kunden Provisionseinnahmen verschaffen ([X.], Urteile vom 22. November 1994 - [X.] - [X.], 482, 483 und vom 23. September 1999 - [X.] - [X.], 1375, 1377; Wach, [X.] in Recht und Praxis, 1986, Rn. 462, 481 m.w.N.; [X.], Strafrechtli-che Probleme bei Warentermin- und -optionsgeschäften, S. 38 ff.). Ein Anlage-verwalter oder -berater wie die [X.], der beim Kapitalanleger über eine hin-reichende Vertrauensstellung verfügt, kann in diesem Sinne - vom Interesse des Anlegers her nicht gerechtfertigte - Provisionen durch Ausnutzung einer ihm erteilten Vollmacht ebenso "schinden" wie durch Empfehlungen und [X.] (vgl. [X.], [X.], § 32 WpHG, Rn. 8 - 7 - m.w.N.; [X.]/[X.], [X.], § 109, Rn. 46; [X.], Börsen-handelsrecht, 2. Aufl., [X.], Rn. 419). Davon geht das Berufungsgericht bei der Würdigung des [X.] und der vorliegenden Indizien ersichtlich aus. Die in der schriftlichen Re-visionsbegründung vertretene Auffassung, das Berufungsurteil sei in Bezug auf die Subsumtion des Sachverhaltes unter die gesetzlichen Voraussetzungen des § 826 BGB nicht mit Gründen versehen (§ 547 Nr. 6 ZPO), ist deshalb unrichtig. Eine weitere Konkretisierung der Anspruchsmerkmale war nicht erforderlich. b) Soweit das Berufungsgericht die Voraussetzungen für eine Haftung wegen sittenwidriger Provisionsschinderei, nämlich die Einflußnahme auf das Kapitalvermögen des Anlegers, die entsprechende Motivation und Zielrichtung seitens des Schädigers und die Feststellung, daß diese Zielrichtung über die Einflußnahme auf das Kapitalvermögen tatsächlich Erfolg hatte, hinsichtlich der [X.] bejaht, greifen die in der schriftlichen Revisionsbegründung erhobe-nen [X.] nicht durch. [X.]) Für den Kläger zu 1 stellt das Berufungsgericht - insoweit von der Revision nicht angegriffen - das Handeln von 316 Terminkontrakten und den Kauf von 113 Optionen im Zeitraum von Oktober 1986 bis Mai 1987 fest, ferner, daß in fünf von diesen sieben Monaten jeweils Kommissionen zu Gunsten der [X.] in Höhe von mehr als 17 % des jeweiligen durchschnittlichen Konto- und Depotvermögens anfielen. Es geht dabei ohne Rechtsfehler davon aus, daß Mitarbeiter der [X.] auf sämtliche Geschäfte des [X.] zu 1 Einfluß nahmen. Den Vortrag der [X.], der Kläger zu 1 habe ab April 1987 alle Aufträge selbst erteilt und zuvor nur gelegentlich telefonisch Anordnungen er-teilt, während die Anweisungen im übrigen von [X.] übermittelt worden [X.], hat es rechtsfehlerfrei als nicht ausreichend substantiiert angesehen. Wel-- 8 - che Aufträge wann, wie und von wem erteilt wurden, war Gegenstand eigener Wahrnehmung sowohl der [X.] als auch der [X.]. Im Hinblick auf die Darlegungen des [X.], jedenfalls aber auf die Ausführungen in dem Urteil des [X.]s vom 10. März 1997, die Beklagte habe insoweit nicht [X.] substantiiert vorgetragen, wäre daher ein konkreter [X.] zu er-warten gewesen; einen solchen hat das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler vermißt. [X.]) Nicht angegriffen sind auch die Feststellungen des Berufungsge-richts, wonach für den Kläger zu 2 im Zeitraum vom 22. Oktober bis 22. November 1986 Kommissionen in Höhe von 47 % und im Zeitraum vom 22. November bis 22. Dezember 1986 in Höhe von 13,24 % des durchschnittli-chen [X.] anfielen und in diesem letzten Monat das Konto kaum noch ein Guthaben auswies, das ausreichte, um in größerem Umfang Handel treiben zu können. Auch hier sind die Feststellung, daß Mitarbeiter der [X.] auf sämtliche für den Kläger zu 2 vorgenommenen Geschäfte Einfluß nahmen, und die Ansicht des Berufungsgerichts, daß der entgegenstehende Vortrag der [X.] zu 2 nicht hinreichend substantiiert sei, revisionsrechtlich nicht zu [X.]. [X.]) Das Berufungsgericht geht weiter ohne Rechtsfehler davon aus, die Einflußnahme von Mitarbeitern der [X.], insbesondere von [X.], auf das Kapitalvermögen der Kläger sei entscheidend von dem Willen motiviert ge-wesen, Provisionen ohne Rücksicht auf die Gewinninteressen der Kläger zu verursachen, dieses Ziel sei vordringlich verfolgt worden. Da ein unmittelbarer Beweis insoweit nicht möglich ist und auch ein Anscheinsbeweis ausscheidet, stützt sich das Berufungsgericht für seine Feststellungen zutreffend auf die sich aus den Umständen des Falles und dem Ergebnis der Beweisaufnahme erge-- 9 - benden Indizien. Die Würdigung der konkret vorliegenden Indizien läßt keine revisionsrechtlich relevanten Fehler erkennen. (1) Ohne Erfolg rügt die Revision, das Berufungsgericht hätte seine Be-weiswürdigung nicht (auch) auf die Bekundungen des im Wege der Rechtshilfe vernommenen Zeugen [X.] stützen dürfen. Ungeachtet dessen, ob der Verfah-rensfehler der unterlassenen Benachrichtigung vom Vernehmungstermin nach § 295 ZPO geheilt worden ist, läßt jedenfalls die Revisionsrüge nicht erkennen, inwieweit der Fehler für die Entscheidung des Berufungsgerichts ursächlich ge-worden sein könnte. Daß der Zeuge [X.] zu den konkreten Vorfällen des [X.] keine Aussage machen konnte, weil er nie bei der [X.] beschäftigt war und seine Beschäftigung bei der [X.]W.R. GmbH, der damaligen [X.] der [X.] in [X.], bereits vor dem Jahre 1986 beendet hatte, ergibt sich aus seiner Aussage, die insoweit keiner weiteren Klärung durch eine zusätzliche Befragung bedurfte, und ist auch vom Berufungsgericht erkannt worden. Dieses hat deshalb die Indizwirkung der Aussage auch nur als schwach eingestuft. (2) Ohne Erfolg bleibt auch die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe die Ausführungen des von ihm zunächst bestellten [X.]en [X.] seiner Entscheidung zu Unrecht nicht zugrundegelegt und sich auf die Ausfüh-rungen des sodann bestellten [X.]en Ö. (und des Privatgutachters S.) gestützt. Das Berufungsgericht legt in dem angefochtenen Urteil im [X.] dar, aus welchen Gründen es die gutachterlichen Äußerungen des Sach-verständigen [X.] unberücksichtigt gelassen hat. Diese Ausführungen lassen we-der einen Verstoß gegen § 412 ZPO noch sonst eine Überschreitung der dem Tatrichter bei der Beweiserhebung eingeräumten Befugnisse erkennen. - 10 - [X.] Aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden sind die Schlußfolgerun-gen, die das Berufungsgericht im Hinblick auf die [X.] zieht. (3.1) Der Tatrichter ist bei einem auf Indizien gestützten Beweis grund-sätzlich frei, welche Beweiskraft er den Indizien im einzelnen und in einer [X.] für seine Überzeugungsbildung beimißt (vgl. Senatsurteil vom 22. Januar 1991 - [X.] ZR 97/90 - VersR 1991, 566; [X.], Urteile vom 14. [X.] 1993 - IX ZR 238/91 - NJW 1993, 935, vom 15. Oktober 1993 - [X.] - NJW 1994, 586, 588 m.w.N. und vom 23. Januar 1997 - [X.] - NJW 1997, 2757, 2759; Musielak/Ball, ZPO, 3. Aufl., § 546 Rn. 9; [X.]/[X.], 24. Aufl., § 546 ZPO, Rn. 13). Er stellt die den Indizien zukommenden [X.] und somit die sich daraus ergebenden Schluß-folgerungen fest. Er unterliegt dabei - abgesehen von den allgemeinen Beweisverwertungsverboten - keinen rechtlichen Einschränkungen für die Be-rücksichtigung von Tatsachen, die eine häufigere Wahrscheinlichkeit für die ei-gentlich zu beweisende Haupttatsache aufweisen und damit eine Indizwirkung entfalten können (vgl. [X.], 21. Aufl., § 284 ZPO, Rn. 19). [X.] ist seine Beweiswürdigung gemäß § 286 ZPO nur darauf zu überprüfen, ob er alle Umstände vollständig berücksichtigt und nicht gegen Denk- oder Erfahrungssätze verstoßen hat (vgl. Senatsurteil vom 22. Januar 1991 - [X.] ZR 97/90 - [X.]O; [X.], Urteile vom 15. Oktober 1993 - [X.] - [X.]O, und vom 23. Januar 1997 - [X.] - [X.]O; Musielak/Ball, [X.]O). Dabei hat er die für seine Überzeugungsbildung wesentlichen Gesichtspunkte nachvollziehbar darzulegen (vgl. Senatsurteil vom 22. Januar 1991 - [X.] ZR 97/90 - [X.]O). (3.2) Diesen Anforderungen genügt das Berufungsurteil. - 11 - [X.] beraten sieht es als ein wesentliches Indiz für eine beab-sichtigte Provisionsschinderei den Umstand an, daß die Kommissionen beim Kläger zu 1 in fünf von sieben Monaten, beim Kläger zu 2 im ersten der beiden Monate mehr als 17 % des jeweiligen durchschnittlichen [X.] ([X.]) ausmachten. Die vom Berufungsgericht unter Auseinander-setzung mit den Ausführungen der [X.]en gezogene Folgerung, hier liege ein gewichtiges Indiz für ein [X.] vor, erscheint naheliegend, ist [X.] revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Entgegen der in der schriftlichen Revisionsbegründung vertretenen [X.] besteht keine Veranlassung, verbindlich feste Werte vorzugeben, bei deren Überschreitung eine Provisionsschinderei zu bejahen und bei deren [X.] sie zu verneinen ist. Die Sittenwidrigkeit einer vom [X.] motivierten schädigenden Einflußnahme auf das Anlageverhalten eines Kapitalanlegers ergibt sich allein aus der Motivation des Anlageberaters oder -verwalters, der die Gewinninteressen des Anlegers außer Acht läßt, nicht aus dem Überschreiten von Grenzwerten. Das Verhältnis zwischen Provisionen und durchschnittlichem Kontowert hat nur die Bedeutung eines Indizes, das der [X.] unter Berücksichtigung sonstiger Umstände des jeweiligen Falles zu werten hat. Auch Grenzwerte und weitere Bedingungen in Richtlinien wie die der [X.] [X.] für die Annahme von Provisi-onsschinderei haben nur diese indizielle Bedeutung, wenn sie auch hilfreich für die Beurteilung des Parteivortrags und der Ausführungen der eventuell hinzu-gezogenen [X.]en sein können. Rechtsfehlerfrei bezieht das Berufungsgericht neben der [X.] weitere Indizien in seine Überlegungen ein. Seine Annahme, für die Kläger sei ein hoher Anteil an wirtschaftlich sinnlosen, kurzfristigen Geschäften vorgenommen worden, auch sei keine Handelsstrategie erkennbar und daraus - 12 - ergäben sich zusätzliche Indizien, beruht auf einer tatrichterlichen Würdigung des Sachverhalts, insbesondere der Ausführungen der [X.]en, die weder einen Verstoß gegen Denk- und Erfahrungssätze noch sonst revisions-rechtlich relevante Fehler erkennen läßt. Das gilt auch, soweit es der Aussage des Zeugen [X.] eine wenngleich schwache Indizwirkung für eine Motivation zur Provisionsschinderei beimißt. Daraus, daß die vorgenommenen Kapitalanlagegeschäfte zum Teil Ge-winn abwarfen, zum Teil aber gewöhnliche Marktverluste entstanden, mußte das Berufungsgericht entgegen der Ansicht der Revision kein Indiz gegen eine gezielte Provisionsschinderei herleiten. Daß Erfolg und Mißerfolg auch der hier vorgenommenen Kapitalanlagegeschäfte (auch) vom Marktgeschehen ab-hingen, bedarf keiner besonderen Betonung. Für oder gegen die indiziell zu beweisende Absicht der [X.] zum [X.] besagt dies nichts. Darauf, daß die Beklagte den Sachverhalt und das Beweisergebnis [X.] würdigt als das Berufungsgericht, kann die Revision nicht mit Erfolg ge-stützt werden. Die von der Revision zu den vorstehend erörterten Punkten er-hobenen Verfahrensrügen hat der Senat insgesamt geprüft, aber nicht für durchgreifend erachtet. Von einer weiteren Begründung wird insoweit abgese-hen (§ 564 ZPO). 2. Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Überprüfung auch inso-weit stand, als das Berufungsgericht annimmt, es stehe fest, daß der [X.] eine Beteiligung an dem [X.] der [X.] vorzuwerfen sei. Dies beruht auf einer tatrichterlichen Würdigung des konkreten Sachverhalts, welche die Revision ohne Erfolg bekämpft. a) Die Voraussetzungen für die Teilnahme an einer unerlaubten Hand-lung im Sinne des § 830 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 BGB richten sich nach den für - 13 - das Strafrecht entwickelten Grundsätzen. Die Teilnahme verlangt demgemäß neben der Kenntnis der Tatumstände wenigstens in groben Zügen den [X.] der einzelnen Beteiligten, die Tat gemeinschaftlich mit anderen aus-zuführen oder sie als fremde Tat zu fördern. Objektiv muß eine Beteiligung an der Ausführung der Tat hinzukommen, die in irgendeiner Form deren Begehung fördert und für diese relevant ist. Für den einzelnen Teilnehmer muß ein Verhal-ten festgestellt werden können, das den rechtswidrigen Eingriff in das fremde Rechtsgut unterstützt hat und das von der Kenntnis der Tatumstände und dem auf die Rechtsgutverletzung gerichteten Willen getragen war (vgl. Senatsurteil [X.] 137, 89, 102 f. m.w.N.). Ob sich das Verhalten der [X.] letztlich, wie das Berufungsgericht meint, als Mittäterschaft oder im Hinblick darauf, daß - wie die Beklagte ausgeführt hat - ein [X.] nur von der [X.] habe be-gangen werden können, als Beihilfe darstellt, ist für die zivilrechtliche Haftung ohne Bedeutung (vgl. Senatsurteil [X.] 137, 89, 103). b) In Fällen der vorliegenden Art wird sich nur ausnahmsweise eine [X.] Verabredung der Beteiligten zur Vornahme der sittenwidrigen Hand-lungen oder eine ausdrückliche Zusage eines Beteiligten zur Hilfeleistung fest-stellen lassen. Es ergibt sich dann die Notwendigkeit, die gesamten Umstände des konkreten Einzelfalls, die möglicherweise auch Grundzüge bestimmter zu mißbilligender branchentypischer Handlungsweisen aufzeigen, daraufhin zu un-tersuchen, ob sich ausreichende Anhaltspunkte für die Beteiligung an einem sit-tenwidrigen Verhalten ergeben. Ob ein Verhalten als sittenwidrig anzusehen ist und ob das Berufungsge-richt die Gesamtumstände des Falles insoweit in erforderlichem Umfang ge-würdigt hat, kann das Revisionsgericht uneingeschränkt überprüfen (vgl. Se-natsurteile [X.] 154, 269, 274 f. und vom 20. Mai 2003 - [X.] ZR 312/02 - VersR 2003, 1049, 1050 jew. m.w.N.). Sofern ein [X.] Verhalten fest-- 14 - gestellt ist, unterliegt die tatrichterliche Würdigung, ein Dritter habe daran mit-gewirkt, im Revisionsverfahren jedoch nur der Überprüfung dahin, ob die Vor-aussetzungen für eine Teilnahme verkannt und bei der Würdigung der Tatum-stände die Regeln einer ordnungsgemäßen Beweiswürdigung, insbesondere Denk- und Erfahrungssätze verletzt worden sind. c) Das ist hier nicht der Fall. Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler sowohl die objektiven als auch die subjektiven Merkmale einer nach § 830 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB haftungsrechtlich relevanten Teilnahmehandlung be-jaht. [X.]) Die objektiven Merkmale liegen zweifellos vor. Nach den getroffenen Feststellungen flossen der [X.] die aufgrund des sittenwidrigen Vorgehens erzielten Provisionen in Ausführung der zwischen ihr und der [X.] getrof-fenen Kick-Back-Vereinbarung zu. Der [X.] war also durch die Mit-wirkung der [X.] mitgeprägt. [X.]) Auch das Vorliegen der subjektiven Merkmale für eine Teilnahme-handlung der [X.] hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei bejaht. (1) Es geht beanstandungsfrei davon aus, daß der [X.] die mit der Kick-Back-Vereinbarung verbundene Gefahr, daß die [X.] unter Außer-achtlassung des [X.] im eigenen Provisionsinteresse möglichst häufig Positionen wechselte, bekannt war. Die Beklagte macht selbst nicht gel-tend, dieser Gefahr in irgendeiner Weise durch geeignete Schutzmaßnahmen entgegengewirkt zu haben. Dies konkretisiert das Berufungsgericht dahin, daß weder die Seriosität der [X.] überprüft noch die Kontenbewegungen kon-trolliert worden seien. Unter diesen Umständen ist die Annahme des [X.], für eine haftungsrechtlich relevante Mitwirkungshandlung sei - 15 - auch in subjektiver Hinsicht eine tragfähige Grundlage festgestellt, rechtlich nicht zu beanstanden. Eine Brokerbank, die unter den vorliegend in Betracht zu ziehenden Um-ständen die naheliegende Gefahr der von einem Beratungsunternehmen prakti-zierten Kick-Back-Vereinbarung für den Anleger kennt und sie gleichwohl ohne jedwede Schutzmaßnahme praktiziert, nimmt die Verwirklichung der Gefahr in Kauf und leistet damit zumindest bedingt vorsätzlich Hilfe zu dem sittenwidrigen Handeln des Beraters. Ob die Hilfeleistung der eigentliche oder einzige Beweg-grund des Brokers ist, ob er andere Absichten und Ziele als der Berater verfolgt oder ob er dessen Handeln möglicherweise sogar innerlich ablehnt, ist für die Haftung unerheblich (vgl. Senatsurteil [X.] 70, 277, 286). (2) Diese Wertung wird nicht dadurch in Frage gestellt, daß die Kick-Back-Vereinbarung offengelegt war und - worauf der Prozeßbevollmächtigte der [X.] in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat - aufgedeckte mehr-stufige Provisionsabreden absolut üblich sein mögen. Die Gefahr, daß die vorliegend getroffene Vereinbarung dem Berater die vom Anleger nicht zu kon-trollierende Möglichkeit eines [X.] bot, bestand, wie der Fall zeigt und auch naheliegt, gleichwohl. Das seitens der [X.] vorgetragene Argument, es sei nicht festgestellt, daß der [X.] konkrete Anhaltspunkte für ein [X.] der [X.] vorgelegen hätten, geht deshalb fehl. Die bestehende [X.] war bereits ein solcher Anhaltspunkt, den die Beklagte nicht ohne weiteres unbeachtet lassen durfte. Entsprechendes gilt für das Argument, die Beklagte habe nicht erkennen können, daß hier wirtschaftlich sinnlose Geschäfte für einen nicht professionel-len Anleger getätigt worden seien. Es mag sein, daß im Eigenhandel oder [X.] seinerzeit ähnliche Geschäfte von [X.] Banken mit Gewinn be-- 16 - trieben wurden. Die für die Bejahung der Haftung maßgebliche Betrachtung stellt nicht auf eine stetige Beobachtung sämtlicher durchlaufender Geschäfte, sondern darauf ab, daß die für die Kläger betriebenen Geschäfte wegen der der [X.] bekannten gefahrenträchtigen Vertragssituation nicht bedenkenlos ohne jedwede Vorsorge gegen einen Mißbrauch durchgeführt werden durften. [X.] Die vorstehende Betrachtungsweise ist nicht nur für die vertragliche, sondern auch für die deliktische Haftung gerechtfertigt. Entgegen der in der Verhandlung vor dem Senat vom Prozeßbevollmächtigten der [X.] geäu-ßerten Ansicht muß für die Haftung gemäß den §§ 826, 830 BGB nicht der ge-samte vertragliche Hintergrund ausgeblendet werden. Zwar dürfen die deut-schen Gerichte im vorliegenden Fall nur eine deliktische Haftung prüfen. Für die Frage, ob diese Haftung zu bejahen ist, ob insbesondere nach Kenntnisstand und Willensrichtung der [X.] von ihrer Teilnahme am haftungsrechtlich re-levanten Handeln der [X.] ausgegangen werden kann, sind aber sämtliche Umstände, insbesondere auch die bestehenden vertraglichen Vereinbarungen in Betracht zu ziehen. So sind auch die Ausführungen in dem angefochtenen Urteil zu verstehen. Das Berufungsgericht hat die Beklagte nicht wegen der Verletzung vertraglicher Pflichten, etwa einer Beratungspflicht, verurteilt, son-dern weil die auf dem Hintergrund der vertraglichen Vereinbarungen zu beurtei-lende Gesamtsituation die Bejahung einer Teilnahmehandlung als gerechtfertigt erscheinen läßt. (4) Bei dieser Sach- und Rechtslage können die Verfahrensrügen, die der erkennende Senat insgesamt geprüft hat, der Revision nicht zum Erfolg verhelfen (§ 564 ZPO). Insoweit sei lediglich noch ausgeführt, daß dahinstehen kann, ob das Berufungsurteil die Beweiskraft der Aussage des Zeugen [X.] auf den Seiten 15 und 19 unterschiedlich stark bewertet. Die vom Berufungsgericht vorgenommene Gesamtwürdigung hält revisionsrechtlicher Überprüfung auch - 17 - dann stand, wenn man der Aussage des Zeugen [X.] auch bei der zusammen-fassenden Würdigung auf Seite 19 des Urteils eine nicht sonderlich starke In-dizwirkung [X.]. 3. Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Schadenshöhe. Dabei kann dahinstehen, ob das Beru-fungsurteil, in dem die Schadenshöhe als in zweiter Instanz unstreitig bezeich-net wird, trotz unterlassenen [X.] insoweit noch angegriffen werden kann. Jedenfalls geht das Berufungsgericht ohne Rechts-fehler davon aus, daß den Klägern unter den Umständen des Streitfalls der [X.] zu ersetzen ist. Der Auffassung der [X.], Spekulationsver-luste und Aufwendungen, die auch bei pflichtgemäßem Verhalten des Beraters entstanden wären, seien herauszurechnen, weil sie nicht vom Schutzzweck der verletzten Pflicht umfaßt seien und die Kläger hätten im einzelnen darzulegen, welcher Schaden dann noch verbleibe, kann nicht gefolgt werden. Es steht fest, daß die [X.] die mit den Klägern getroffenen Vereinbarungen von vornher-ein dazu benutzt hat, um Provisionen zu schinden. Jedes einzelne Geschäft war von dieser Motivation getragen. Die sittenwidrige Schädigung besteht [X.] nicht allein in einer überhöhten Provisionsbelastung, sondern auch darin, daß die Geschäfte überhaupt ohne Berücksichtigung der Gewinninteressen der Anleger getätigt wurden. Der Schutzzweck des § 826 BGB erfaßt in einem sol-chen Fall alle entstandenen Verluste, sofern nicht der Schädiger darlegt und beweist, in welchem Umfang sich das Vermögen des Geschädigten völlig un-abhängig von den getätigten Geschäften verringert hätte. Diese schadensrecht-liche Betrachtung ist auch deshalb geboten, weil bei einem insgesamt von einer sittenwidrigen Motivation getragenen Geschäftsgebaren, wie es hier vorlag, ei-ne Belastung des Geschädigten mit dem Beweis, wie sich seine Vermögensla-ge bei ordnungsgemäßem Verhalten des Schädigers oder anderweiter Anlage entwickelt hätte, als in der Regel unzumutbar erscheint (vgl. auch [X.], Urteil - 18 - vom 28. Februar 1989 - [X.] - [X.], 1047, 1048 f.). Die Beklagte haftet demnach für den vom Berufungsgericht festgestellten Gesamtschaden neben der [X.] als Gesamtschuldner (§ 830 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, § 840 Abs. 1 BGB). II[X.] Die Revision ist deshalb mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO [X.]. [X.]

Pauge Zoll

Meta

VI ZR 136/03

13.07.2004

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.07.2004, Az. VI ZR 136/03 (REWIS RS 2004, 2338)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 2338

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