Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.03.2014, Az. 2 StR 503/13

2. Strafsenat | REWIS RS 2014, 7389

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
2
StR
503/13

vom
5. März 2014
in der Strafsache
gegen

wegen Vergewaltigung u.a.

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2
-
Der 2.
Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 5.
März 2014, an der teilgenommen haben:
[X.] am [X.]
Prof. Dr. Fischer

und die Richter am [X.]
Dr. [X.],
Prof. Dr. [X.],
[X.],
die Richterin am [X.]
Dr. [X.],

Bundesanwalt beim [X.]

in der Verhandlung,
Staatsanwalt beim [X.]

bei der Verkündung,

als Vertreter der [X.],

Rechtsanwalt

als Verteidiger
für den Angeklagten,
Rechtsanwältin

als Vertreterin der Nebenklägerin C.

E.

,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:

-
3
-
1.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 29.
Mai 2013 dahin geändert, dass an Stelle der Verurteilung des Angeklagten zur Zahlung eines auf 5.000
Euro bezifferten Schmerzensgeldes nebst Zinsen und der zugehörigen Vollstreckbarkeitserklärung der Aus-spruch tritt:

.

gegen den Angeklagten er-
hobene Anspruch auf Schmerzensgeld ist dem Grunde nach

Von einer weiteren Entscheidung über den [X.] wird abgesehen.
2.
Die weitergehende Revision wird verworfen.
3.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstande-nen notwendigen Auslagen zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung, gefähr-licher Körperverletzung in zwei Fällen und wegen Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt und die Unterbringung des 1
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-
Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Außerdem hat es eine Adhäsionsentscheidung getroffen. Seine auf die Verletzung formellen und ma-teriellen Rechts gestützte Revision hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Um-fang Erfolg; im Übrigen ist sie offensichtlich unbegründet.
I.
Nach den Feststellungen des [X.]s lernten sich der Angeklagte und die später geschädigte Zeugin E.

im Mai 2010, beide alkoholkrank, wäh-
rend eines Klinikaufenthalts zum Zwecke einer stationären Entgiftung kennen. Es entwickelte sich alsbald eine Beziehung, bei der es immer wieder zu ver-balen und auch körperlichen Auseinandersetzungen kam und die schließlich
-
nachdem es bereits zu einer kurzzeitigen Trennung gekommen war
-
nach den hier abgeurteilten Vorfällen im Dezember 2012 endete.
1.
Im August 2012 warf der Angeklagte nach einer zunächst verbal ge-führten Auseinandersetzung den erhitzten Deckel einer Bratpfanne nach der Zeugin E.

und traf sie am Kopf im Bereich der linken Augenbraue. Die Zeugin
erlitt eine offene blutende Wunde; noch heute ist eine ca. 1
cm lange Narbe zu sehen.
2.
Am 4.
Dezember 2012 kam es in der Wohnung der Zeugin E.

nach
erheblichem beiderseitigen Konsum von Alkohol zu verbalen [X.], in deren Verlauf der Angeklagte
die Zeugin unter anderem als Mörderin beschimpfte, da sie am Tod ihrer Tochter, die Suizid begangen hatte, schuld sei. Sie reagierte nicht auf diese Provokation. Da sprang der Angeklagte plötz-lich auf die auf einer Couch sitzende Zeugin und stieß seine Knie schmerzhaft gegen ihren Körper. Ihr gelang es noch, ihre Brille abzusetzen, bevor er ihr 2
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mehrfach mit der Faust ins Gesicht und auf ihren Körper schlug. Er würgte sie mit beiden Händen am Hals, bis sie benommen war, und schrie dabei, er wolle sie umbrin
den Angeklagten dazu zu veranlassen, von ihr abzulassen. Als sie wieder zu sich kam, beobachtete sie den Angeklagten mit nur einem geöffneten Auge und stellte fest, dass sie eingenässt und in den Slip gekotet hatte. Der Angeklagte warf eine Bierflasche nach ihr und traf sie damit an der Oberlippe. Er begoss die Zeugin mit heißem parfümierten Wasser aus einer auf dem [X.] stehenden Duftlampe und versengte ihr dabei mit der darin befindlichen Kerze eine Haarsträhne. Die Zeugin verlor in Folge der geschilderten [X.] einen Backenzahn; überdies kam es zu Hämatomen, einer blutenden Wunde an Mund und Nase
und einer Schwerhörigkeit des linken Ohres, die nach ihren Angaben noch heute gegeben sei. Sie litt nach der Tat unter Kopf-schmerzen, Übelkeit und Schluckbeschwerden.
3.
Nachdem sich die Zeugin E.

gesäubert und umgezogen hatte, legte
sie sich ins Bett, um zu schlafen. Der Angeklagte folgte ihr, zog die Decke weg und fasste mit einer Hand zwischen ihre Schenkel. Er zog sie zu sich herum, während sie vergeblich versuchte, ihn wegzudrücken. Sie schrie ihn an, dass sie das nicht wolle, worauf der Angeklagte unter Zuhilfenahme der anderen Hand ihre Oberschenkel gewaltsam auseinander drückte. Er zerriss den Slip der Zeugin, zwickte oder biss sie in ihre linke Brust und drang mit mehreren Fingern gleichzeitig in ihre Scheide ein. Ihre Versuche, ihn von sich
zu schie-ben, scheiterten. Nun zwickte oder biss er in ihr Geschlechtsteil und führte nacheinander verschiedene Vibratoren in ihre Scheide ein. Sie schrie ihn an, es
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tue ihr weh und sie müsse sich übergeben, und forderte ihn auf einzuhalten, was er dann auch tat. Die Zeugin erbrach sich und informierte vom Bad aus fernmündlich die Polizei, während der Angeklagte zunächst noch etwas trank und sich sodann schlafen legte. Ein von der Polizei durchgeführter [X.] ergab bei der Geschädigten einen Wert von 2,37
Promille, bei dem [X.] einen solchen von 1,13
Promille. Die Geschädigte klagte über Schmerzen im Gesicht und wies Schwellungen und Verfärbungen der Haut im Bereich des linken Jochbeins sowie an beiden Seiten des Unterkiefers auf.
4.
Am Nachmittag des 13.
Dezember 2012 ließ die Zeugin E.

den An-
geklagten in ihre Wohnung. Es kam nach gemeinsamem Konsum von Alkohol zu lautstarken Diskussionen, in der er ihr nicht mehr feststellbare Vorhaltungen machte. Gegen 19.00
Uhr sprang er plötzlich ohne jede Vorwarnung auf die vor ihm sitzende Zeugin, würgte und beleidigte sie und schlug ihr mehrfach ins Ge-sicht, wodurch sie eine Schwellung an der Oberlippe erlitt. Ein von der [X.] durchgeführter Atemalkoholtest ergab bei der Zeugin einen Wert von 3,22
Promille.
5.
Nach den Feststellungen der [X.] war es nicht auszuschlie-ßen, dass der Angeklagte bei Begehung der vorgenannten Taten aufgrund [X.] jeweils in seiner Steuerungsfähigkeit erheblich einge-schränkt war. Dies führte nach jeweiliger Strafrahmenmilderung gemäß §
49 Abs.
1 StGB zu Einzelstrafen von einem Jahr und drei Monaten für die Ta-ten
II.1 und II.4, von zwei Jahren und sechs Monaten für die Tat
II.2 sowie von drei Jahren und sechs Monaten für die Tat
II.3, die die Kammer zu einer Ge-samtfreiheitsstrafe von sechs Jahren zusammenführte.
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7
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II.
Die Revision des Angeklagten hat lediglich hinsichtlich des Adhäsions-ausspruchs teilweise Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet.
1.
Die (zulässig erhobene) Verfahrensrüge greift nicht durch. Das Land-gericht durfte zwar den Beweisantrag auf Einholung eines psychologischen Gutachtens zur Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Belastungszeugin E.

nicht unter Berufung auf eigene Sachkunde ablehnen; denn in der Person der Zeugin lagen besondere Umstände vor, deren Würdigung eine spezielle Sach-kunde erforderte, die dem Gericht nicht zur Verfügung steht (vgl. nur [X.], [X.] vom 23.
Mai 2012 -
5
StR
174/12, [X.], 343, 354). Dies gilt insbesondere im Hinblick auf den bei der Zeugin festgestellten, auf den über-mäßigen Genuss von Alkohol zurückzuführenden Gehirnschwund, bei dem nach Angaben einer hierzu vernommenen psychiatrischen Sachverständigen bei diese aber nicht zwingend seien. Hinzu kommt -
worauf der [X.] zutref-fend hinweist
-, dass die Zeugin unmittelbar nach den Taten zu
II.2 und [X.] eine Blutalkoholkonzentration von 2,37 bzw. 3,22
Promille aufwies und bei diesem Grad von Alkoholisierung die Fähigkeit von Zeugen, Sachverhalte zutreffend aufzunehmen, beeinträchtigt gewesen sein kann ([X.] StV 1990, 289). Auf der fehlerhaften Ablehnung des [X.] beruht aber das angefochtene Urteil nicht. Dies ist auszuschließen, wenn die Wahrnehmungsfähigkeit und Aussagetüchtigkeit der [X.] auf andere Weise festzustellen ist, etwa weil sich -
wie hier der Generalbundesan-walt in seiner Zuschrift im Einzelnen ausgeführt hat
-
aus den Urteilsgründen ergibt, dass deren Angaben durch andere Beweismittel unterstützt werden ([X.], Beschluss vom 30.
Juli 2009 -
3
StR
270/09).
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8
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2.
Die Überprüfung des Schuld-
und Strafausspruchs aufgrund der [X.] erhobenen Sachrüge hat Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten nicht ergeben.
3.
Dagegen begegnet der Adhäsionsausspruch -
jedenfalls soweit der Zeugin E.

ein Schmerzensgeld in Höhe von 5.000
Euro zugesprochen wird
-

durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
a)
Die Bemessung der Höhe des Schmerzensgeldes hat das [X.] vorstehend getroffenen Feststellungen die Festsetzung eines Schmerzensgel-des in Höhe von 5000

Begründung genügt nicht. Die Urteilsgründe müssen alle Erwägungen anspre-chen, die für die Bemessung des Schmerzensgeldes von Bedeutung sein [X.].
Maßgebend für die Höhe des Schmerzensgeldes sind nicht nur die Schwere der Tat und die durch die Tat verursachten
Folgen für den Verletzten, sondern regelmäßig auch die wirtschaftlichen Verhältnisse von Täter und Opfer ([X.], Urteil vom 19.
Februar 2014 -
2
StR
239/13 mwN). Der formelhaften Be-gründung des [X.]s lässt sich nicht entnehmen, dass dies alles gebüh-rend berücksichtigt worden ist.
b)
[X.] muss aber nicht im Ganzen aufgehoben werden. Hat das Tatgericht dem Verletzten ein Schmerzensgeld zugesprochen und beanstandet das Revisionsgericht -
wie hier
-
lediglich des-sen Bemessung, so kann die Zuerkennung des Schmerzensgeldanspruchs 10
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9
-
dem Grunde nach aufrechterhalten bleiben (vgl. [X.], Urteil vom 19.
Februar 2014 -
2
StR
239/13).
4.
Der [X.] des Beschwerdeführers ist so gering, dass es nicht geboten ist,
ihn aus Billigkeitsgründen teilweise von der Kosten-
und Aus-lagenlast freizustellen (§
473 Abs.
4 StPO).
Fischer
[X.]
[X.]

Eschelbach
[X.]
15

Meta

2 StR 503/13

05.03.2014

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.03.2014, Az. 2 StR 503/13 (REWIS RS 2014, 7389)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 7389

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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