Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19.11.2020, Az. 6 AZR 331/19

6. Senat | REWIS RS 2020, 542

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Gegenstand

Eingruppierung AVR Caritas - Praxisanleiter


Tenor

1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 28. März 2019 - 8 [X.] - im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als es die Berufung des Beklagten gegen die Feststellung seiner Verpflichtung zur Vergütung der Klägerin nach [X.] P 8 Fallgruppe 2 Stufe 6 Anlage 32 Anhang D AVR [X.] bezogen auf die Monate Februar bis einschließlich April 2017 zurückgewiesen hat. Insoweit wird der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das [X.] zurückverwiesen.

2. Im Übrigen wird die Revision des Beklagten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

[X.]ie Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung der Klägerin.

2

[X.]er beklagte [X.]verband unterhält für die [X.] im [X.] mehrere stationäre Einrichtungen und ambulante Pflegestationen. [X.]ie Klägerin ist examinierte Gesundheits- und Krankenpflegerin und seit dem 15. September 2003 als Pflegefachkraft in einer Pflegestation des Beklagten beschäftigt.

3

Nach § 2 des Arbeitsvertrags vom 4. August 2003 gelten für das Arbeitsverhältnis die „[X.] in den Einrichtungen des [X.]eutschen [X.]verbandes“ (im Folgenden [X.] [X.]) in ihrer jeweils geltenden Fassung. Nach § 23 Abs. 1 Satz 1 [X.] [X.] verfallen Ansprüche aus dem [X.]ienstverhältnis, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit in Textform geltend gemacht werden, soweit die [X.] [X.] nichts anderes bestimmen. Für denselben Sachverhalt reicht gemäß § 23 Abs. 2 [X.] [X.] die einmalige Geltendmachung des Anspruchs aus, um die Ausschlussfrist auch für später fällig werdende Leistungen unwirksam zu machen.

4

[X.]ie Vergütung der Beschäftigten wird in den [X.] [X.] auszugsweise wie folgt geregelt:

        

Anlage 1:

        

I Eingruppierung

        

(a) 1[X.]ie Eingruppierung des Mitarbeiters richtet sich nach den Tätigkeitsmerkmalen der Anlagen … 31, 32 und 33 zu den [X.]. 2[X.]er Mitarbeiter erhält Vergütung nach der Vergütungs- bzw. [X.], in die er eingruppiert ist.

        

(b) 1[X.]er Mitarbeiter ist in die Vergütungs- bzw. [X.] eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmale der gesamten von ihm nicht nur vorübergehend auszuübenden Tätigkeit entspricht.

        

2[X.]ie gesamte auszuübende Tätigkeit entspricht den Tätigkeitsmerkmalen einer Vergütungs- bzw. [X.], wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser Vergütungs- bzw. [X.] erfüllen. …“

5

[X.]ie in Abschnitt I (a) der Anlage 1 [X.] [X.] genannte Anlage 31 [X.] [X.] sieht besondere Regelungen für Mitarbeiter im Pflegedienst in Krankenhäusern vor. Anlage 32 [X.] [X.] betrifft Mitarbeiter im Pflegedienst außerhalb von Krankenhäusern. [X.]er Anhang [X.] Abschitt I zur Anlage 32 [X.] [X.] enthält [X.] für Mitarbeiter in der Pflege in Einrichtungen iSd. § 1 Abs. 1 Buchst. a bis d Anlage 32 [X.] [X.]. [X.]iese Regelungen gelten nach Anhang E Abschnitt I zur Anlage 32 [X.] [X.] auch für Mitarbeiter ohne Leitungsfunktion in ambulanten Pflegediensten oder teilstationären Pflegeeinrichtungen iSd. § 1 Abs. 1 Buchst. e Anlage 32 [X.] [X.]. [X.]ie jeweiligen Entgelttabellen sind im Anhang B zur Anlage 32 [X.] [X.] angeführt. Für Mitarbeiter in [X.] gilt demnach seit dem 1. Januar 2017 auszugsweise folgende Eingruppierungsordnung:

        

Anlage 32 - Anhang [X.]

        

…       

        

I. Mitarbeiter in der Pflege

        

…       

        

[X.] P 7

        

Pfleger mit mindestens dreijähriger Ausbildung und entsprechender Tätigkeit.

        

…       

        

[X.] P 8

        

…       

        

2. Praxisanleiter in der Pflege mit berufspädagogischer Zusatzqualifikation nach bundesrechtlicher Regelung und entsprechender Tätigkeit.

        

…“    

6

[X.]ie Klägerin absolvierte in der [X.] vom 30. Januar 2006 bis 23. Juni 2006 erfolgreich eine Weiterbildung zur Praxisanleitung in der Pflege. [X.]iese umfasste 240 Stunden theoretische und fachpraktische Inhalte einschließlich praktischer Umsetzung. Seit dem Ende der Weiterbildung setzt der Beklagte die Klägerin als Praxisanleiterin ein. Zu ihren Aufgaben gehört die Betreuung von Auszubildenden des Beklagten und anderer Träger [X.] Einrichtungen. [X.]ie Ausbildung findet im Bereich der Gesundheits- und Krankenpflege sowie der Altenpflege statt. [X.]ie Klägerin ist für die fachliche Anleitung und Kontrolle der Auszubildenden zuständig. Im Rahmen der fachpraktischen Ausbildung nimmt sie die Auszubildenden zu den Patienten mit. [X.]abei lernen die Auszubildenden die einzelnen Pflegetätigkeiten kennen und führen Pflegemaßnahmen unter Anleitung selbst durch. [X.]iese fachpraktische Ausbildung wird auch von anderen Pflegefachkräften durchgeführt. [X.]ie Klägerin teilt ein, welche Pflegefachkraft welche Auszubildenden zu welchen Patienten mitnimmt. Ferner ist die Klägerin Ansprechpartnerin für die Schulen der Auszubildenden und hält Verbindung zu den Lehrkräften. [X.]ie Auszubildenden des Beklagten bereitet sie auf die Prüfungen vor.

7

[X.]er Beklagte hat für die Klägerin zwei Stellenbeschreibungen erstellt. Nach der Stellenbeschreibung „[X.].: 2-01-04M00“ vom 18. Juni 2013 übt die Klägerin die Tätigkeit einer „Pflegefachkraft ambulant (Gesundheits- und KrankenpflegerIn/AltenpflegerIn)“ aus. [X.]abei mache die in zehn Arbeitsschritte eingeteilte Tätigkeit „Planen und [X.]urchführen der ambulanten Pflege pflegebedürftiger Personen“ (sog. „Tätigkeit 1“) einen [X.]anteil von 70 % aus. Einen [X.]anteil von 10 % beanspruche die sog. „Tätigkeit 3“, die aus der „Fachlichen Anleitung und Kontrolle der zugeordneten MitarbeiterInnen wie Kranken- bzw. AltenpflegehelferInnen, [X.], Auszubildenden und Praktikanten“ bestehe. [X.]ie „Tätigkeit 3“ sei in vier Arbeitsschritte einzuteilen. [X.]iese umfassten die Anleitung und Kontrolle der Auszubildenden bei der sach- und fachgerechten [X.]urchführung von grund- und behandlungspflegerischen Maßnahmen im Rahmen der Pflegevisite sowie das Erstellen von Beurteilungen für Auszubildende und Praktikanten.

8

In einer weiteren Stellenbeschreibung „[X.].: 2-01-04M01“ vom 30. März 2016 wird die Klägerin als „Pflegefachkraft ambulant, Praxisanleiterin“ bezeichnet. [X.]ie darin enthaltenen Tätigkeiten decken sich mit denen der Stellenbeschreibung vom 18. Juni 2013. Allerdings wurde der für die „Tätigkeit 3“ angesetzte [X.]anteil auf 5 % reduziert. Als zusätzliche „Tätigkeit 6“ wurde die Tätigkeit „Sicherstellen der fachpraktischen Ausbildung von Auszubildenden als PraxisanleiterIn“ mit einem [X.]anteil von ebenfalls 5 % ausgewiesen.

9

Mit einer Stellenbeschreibung vom 27. November 2017 änderte der Beklagte die bisherige Stellenbeschreibung vom 18. Juni 2013 ([X.].: 2-01-04M00) ab. Für die „Tätigkeit 1“ ist nunmehr ein [X.]anteil von 80 % statt 70 % vorgesehen. Hinsichtlich der „Tätigkeit 3“ wird kein eigener [X.]anteil mehr ausgewiesen. [X.]er diesbezügliche [X.]anteil sei im [X.]anteil der „Tätigkeit 1“ enthalten.

Im [X.] wurde die Klägerin bei einer Gesamtarbeitszeit von 1.497,6 Stunden im Umfang von 1.101,5 Stunden von Auszubildenden bei Patientenbesuchen begleitet. [X.]ie administrativen Zusatzaufgaben im Bereich der Praxisanleitung hat die Klägerin für das [X.] mit insgesamt 38 Stunden, der Beklagte mit 30 Stunden angesetzt.

[X.]er Beklagte vergütet die Klägerin nach [X.] P 7 Stufe 6 Anlage 32 Anhang [X.] [X.] [X.]. Mit Schreiben vom 21. Juni 2017 begehrte die Klägerin eine Höhergruppierung in die [X.] P 9 Anlage 32 Anhang [X.] [X.] [X.]. [X.]er Beklagte lehnte dies ab. Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 9. November 2017, welches dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten am 13. November 2017 zuging, machte die Klägerin sodann erfolglos die Bezahlung einer Vergütung nach der [X.] P 8 Anlage 32 Anhang [X.] [X.] [X.] rückwirkend zum 1. Januar 2017 geltend.

Mit ihrer Klage hat die Klägerin die Feststellung einer solchen Vergütungspflicht des Beklagten zum 1. Februar 2017 verlangt. Ihr sei entsprechend ihrer Qualifikation die Funktion einer Praxisanleiterin im Sinne der [X.] P 8 Fallgruppe 2 Anlage 32 Anhang [X.] [X.] [X.] übertragen worden und sie verrichte die entsprechende Tätigkeit. Ihre gesamte Tätigkeit stelle einen einheitlichen Arbeitsvorgang der Praxisanleitung dar, welcher zeitlich nicht aufgespalten werden dürfe. Aber selbst bei Annahme mehrerer Arbeitsvorgänge sei sie in die [X.] P 8 Fallgruppe 2 Anlage 32 Anhang [X.] [X.] [X.] eingruppiert, weil zeitlich sogar überwiegend Arbeitsvorgänge anfielen, die der Praxisanleitung zuzuordnen seien. [X.]ies folge schon aus dem zeitlichen Umfang der Mitnahme von Auszubildenden bei Patientenbesuchen. Hierbei werde praktische Ausbildung betrieben. Sie erkläre Behandlungsabläufe, mache diese vor und lasse die Auszubildenden selbst Behandlungen unter Aufsicht durchführen. [X.]iesen [X.]en der praktischen Ausbildung seien die [X.]en der Erfüllung administrativer Aufgaben der Praxisanleitung hinzuzuaddieren.

[X.]ie Klägerin hat beantragt

        

festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, sie ab 1. Februar 2017 nach [X.] P 8 Fallgruppe 2 Stufe 6 Anlage 32 Anhang [X.] in Verbindung mit Anhang B [X.] [X.] zu vergüten.

[X.]er Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. [X.]ie Klägerin sei in [X.] P 7 Stufe 6 Anlage 32 Anhang [X.] [X.] [X.] eingruppiert, da sie nur zu 5 % ihrer Arbeitszeit als Praxisanleiterin tätig sei. Im Übrigen erledige sie pflegerische Tätigkeiten. Soweit sie dabei auch die fachliche Anleitung und Kontrolle von Auszubildenden vornehme, handle es sich um keine spezifische Tätigkeit einer Praxisanleiterin. Jede Pflegefachkraft habe in dieser Form Ausbildung zu leisten. [X.]ies entspreche der vorgegebenen Organisation. Als Praxisanleiterin habe die Klägerin die fachpraktische Ausbildung nur sicherzustellen.

[X.]as Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. [X.]as [X.] hat die hiergegen gerichtete Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision begehrt der Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

[[X.].]ie Revision ist überwiegend unbegründet. [[X.].]as [[X.].] hat bezogen auf den [[X.].]raum ab Mai 2017 zutreffend entschieden, dass die Klägerin antragsgemäß zu vergüten ist. Soweit die Klägerin Ansprüche für die Monate Februar bis einschließlich April 2017 geltend macht, könnten diese jedoch gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 [[X.].] [[X.].] verfallen sein. [[X.].]er [[X.].] kann dies mangels hinreichender Feststellungen nicht abschließend beurteilen. Insoweit war der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das [[X.].] zurückzuverweisen.

I. [[X.].]ie Klägerin ist nach Anhang [[X.].] Abschnitt I zur Anlage 32 [[X.].] [[X.].] in die Fallgruppe 2 der [[X.].] P 8 eingruppiert.

1. Zwischen den Parteien steht außer Streit, dass § 2 des Arbeitsvertrags vom 4. August 2003 eine dynamische Bezugnahme auf die [[X.].] des [[X.].]eutschen [[X.].]verbandes enthält, welche diesem Regelwerk des kirchlichen Arbeitsrechts als Allgemeine Geschäftsbedingung im Arbeitsverhältnis der Parteien umfassend Geltung verschafft ([[X.].] 18. Oktober 2018 - 6 [[X.].] - Rn. 22). [[X.].]ie Eingruppierung der Klägerin richtet sich unstreitig nach Anhang [[X.].] Abschnitt I zur Anlage 32 [[X.].] [[X.].].

2. [[X.].]ie Eingruppierung in die Fallgruppe 2 der [[X.].] P 8 setzt nach Anhang [[X.].] Abschnitt I zur Anlage 32 [[X.].] [[X.].] eine besondere Qualifikation des [[X.].] („berufspädagogische Zusatzqualifikation nach bundesrechtlicher Regelung“) sowie eine entsprechende Tätigkeit voraus. Beide Voraussetzungen sind hier erfüllt.

a) [[X.].]ie Klägerin weist die berufspädagogische Zusatzqualifikation auf.

aa) Bis zum Inkrafttreten der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für die Pflegeberufe ([[X.].]) zum 1. Januar 2020 wurde bezüglich der Qualifikation von Praxisanleitern auf [[X.].] unterschieden zwischen der Altenpflege und der Krankenpflege (vgl. [[X.].] in [[X.].]/[[X.].] Arbeitsrecht der [[X.].] Anlage 31/Anlage 32 Anhang [[X.].] Stand März 2017 Rn. 58.1). Nach § 2 Abs. 2 Satz 4 der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für die Berufe in der Krankenpflege (Kr[[X.].]) waren Personen mit einer Erlaubnis nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder Nr. 2 des Krankenpflegegesetzes, die über eine Berufserfahrung von mindestens zwei Jahren sowie eine berufspädagogische Zusatzqualifikation im Umfang von mindestens 200 Stunden verfügten, zur Praxisanleitung geeignet. Bezogen auf den Bereich der Altenpflege ließ es § 2 Abs. 2 Satz 2 der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für den Beruf der Altenpflegerin und des Altenpflegers (Alt[[X.].]) ausreichen, dass ein Altenpfleger oder Krankenpfleger eine mindestens zweijährige Berufserfahrung in der Altenpflege und die Fähigkeit zur Praxisanleitung, die in der Regel durch eine berufspädagogische Fortbildung oder Weiterbildung nachzuweisen war, aufweist.

bb) [[X.].]ie Klägerin ist examinierte Gesundheits- und Krankenpflegerin und hat bereits im Jahr 2006 eine Weiterbildung zur Praxisanleitung in der Pflege mit 240 Stunden theoretischer und fachpraktischer Inhalte absolviert. Sie erfüllt damit nach den genannten bundesrechtlichen Regelungen sowohl die Anforderungen im Bereich der Kranken- als auch in der Altenpflege. [[X.].]ies steht zwischen den Parteien nicht mehr im Streit. Nach § 4 Abs. 3 Satz 2 [[X.].] wird ihre Qualifikation für die [[X.].] ab dem 1. Januar 2020 anerkannt.

b) [[X.].]ie Klägerin übt seit Abschluss ihrer Weiterbildung eine entsprechende Tätigkeit als Praxisanleiterin aus.

aa) Gemäß [[X.].] (b) der Anlage 1 [[X.].] [[X.].] ist der Mitarbeiter in die Vergütungs- bzw. [[X.].] eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmale der gesamten von ihm nicht nur vorübergehend auszuübenden Tätigkeit entspricht. [[X.].]as ist der Fall, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser Vergütungs- bzw. [[X.].] erfüllen. Bezugspunkt der Eingruppierung ist danach ebenso wie bei den Tarifverträgen des öffentlichen [[X.].]ienstes der Arbeitsvorgang. [[X.].]ie hierzu ergangene Rechtsprechung kann folglich herangezogen werden (vgl. bereits [[X.].] 28. Januar 1998 - 4 [[X.].] - zu II 2 der Gründe; 13. November 1996 - 4 [[X.].] - zu [[X.].] der Gründe).

(1) Maßgebend für die Bestimmung des Arbeitsvorgangs ist das Arbeitsergebnis ([[X.].] 28. Februar 2018 - 4 [[X.].] - Rn. 24, [[X.].]E 162, 81; 13. Mai 2015 - 4 [[X.].] 355/13 - Rn. 16). Für die Beurteilung, ob eine oder mehrere Einzeltätigkeiten zu einem Arbeitsergebnis führen, sind eine natürliche Betrachtungsweise und die durch den Arbeitgeber vorgenommene [[X.].] ausschlaggebend. [[X.].]abei kann die gesamte vertraglich geschuldete Tätigkeit einen einzigen Arbeitsvorgang ausmachen (ausführlich [[X.].] 9. September 2020 - 4 [[X.].] 161/20 - Rn. 20; 13. Mai 2020 - 4 [[X.].] 173/19 - Rn. 16; 16. Oktober 2019 - 4 [[X.].] 284/18 - Rn. 17).

(2) Wird die Tätigkeit eines Arbeitnehmers durch ein sog. Funktionsmerkmal erfasst, ist grundsätzlich von einem einheitlichen Arbeitsergebnis und damit von einem Arbeitsvorgang auszugehen, was zu einer einheitlichen Bewertung der Tätigkeit führt (vgl. zur Stationsleitung [[X.].] 29. Januar 2020 - 4 [[X.].] - Rn. 31 ff. [[X.].]; siehe auch [[X.].] 20. März 2013 - 4 [[X.].] 486/11 - Rn. 32 [[X.].]). Maßstab für diese Wertung ist aber stets die Tätigkeit „in dieser Funktion“ (vgl. [[X.].] 7. Juni 2006 - 4 [[X.].] 225/05 - Rn. 17). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist deshalb in den Fällen zu machen, in denen die verschiedenen Arbeitsschritte von vornherein auseinandergehalten und organisatorisch voneinander getrennt sind und zu einem unterschiedlichen Arbeitsergebnis führen ([[X.].] 9. September 2020 - 4 [[X.].] 161/20 - Rn. 26; 28. Februar 2018 - 4 [[X.].] - Rn. 24, [[X.].]E 162, 81).

bb) Bei dem Funktionsmerkmal des [[X.].] ist demnach zu differenzieren.

(1) Bei der Tätigkeit in der Funktion als Praxisanleiter für Auszubildende handelt es sich um einen Arbeitsvorgang, dessen Arbeitsergebnis die ordnungsgemäße [[X.].]urchführung der übertragenen Ausbildung ist. [[X.].]ies umfasst sowohl ausbildungsbezogene administrative Tätigkeiten als auch die [[X.].]urchführung praktischer Ausbildung. [[X.].]abei erfolgt die Anleitung der Auszubildenden bei den Patienten im Sinne von „Erklären und [[X.].]“ sowie „Ausführen lassen“ (vgl. [[X.].] in [[X.].]/[[X.].] Arbeitsrecht der [[X.].] Anlage 31/Anlage 32 Anhang [[X.].] Stand März 2017 Rn. 58.2). Im [[X.].]raum der Zuweisung eines Auszubildenden bei der Patientenversorgung ist die gesamte Tätigkeit in der Funktion als Praxisanleiter als Teil eines einheitlichen Arbeitsvorgangs zu sehen, auch wenn der Praxisanleiter selbst pflegerische Aufgaben ausführt. [[X.].]ie Arbeitsergebnisse „fachgerechte Patientenversorgung“ und „Anleitung der Auszubildenden“ sind in dieser [[X.].] tatsächlich nicht getrennt. [[X.].]er Beschäftigte muss dabei jederzeit damit rechnen, Aufgaben eines [[X.].] zu übernehmen (vgl. [[X.].] 9. September 2020 - 4 [[X.].] 161/20 - Rn. 23; zur Funktion einer Schichtleitung [[X.].] 16. Mai 2019 - 6 [[X.].] 93/18 - Rn. 13 ff.). So werden zB Fragen von Auszubildenden bei der praktischen Arbeit beantwortet (vgl. [[X.].] TVö[[X.].] [[X.].]/Steuernagel Stand 1. Juni 2019 [[X.].] VKA Teil B [[X.].] P 8 Rn. 15).

(2) Hiervon zu unterscheiden sind seitens des Arbeitgebers organisatorisch getrennte Tätigkeiten ohne Bezug zur Ausbildung. [[X.].]ies ist der Fall, wenn ein Praxisanleiter in bestimmten Schichten oder Fahrten zu Patienten keine Auszubildenden zugewiesen bekommt und die Patienten allein oder mit anderen Pflegefachkräften versorgt. [[X.].]as Arbeitsergebnis ist dann allein die fachgerechte Versorgung der Patienten (vgl. [[X.].] 9. September 2020 - 4 [[X.].] 161/20 - Rn. 24 ff.).

cc) Im Falle der Klägerin hat das [[X.].] zutreffend erkannt, dass zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen des [[X.].] „Praxisanleiter“ erfüllen. Es kann daher offenbleiben, ob es sich bei der gesamten Tätigkeit der Klägerin nicht sogar um einen einheitlichen Arbeitsvorgang handelt.

(1) [[X.].]er Begriff des „Arbeitsvorgangs“ ist ein abstrakter Rechtsbegriff. Seine Anwendung durch die Tatsachengerichte ist revisionsgerichtlich in vollem Umfang nachprüfbar (st. Rspr., vgl. [[X.].] 16. Oktober 2019 - 4 [[X.].] 284/18 - Rn. 18).

(2) [[X.].]as [[X.].] hat angenommen, der einheitliche Arbeitsvorgang „Praxisanleitung“ bestehe aus den als „Tätigkeit 6“ in der Stellenbeschreibung „StB-Nr.: 2-01-04M01“ ausgewiesenen organisatorischen Tätigkeiten und aus der „Tätigkeit 3“. [[X.].]iese beinhalte die Praxisanleitung der Auszubildenden im Rahmen der als „Tätigkeit 1“ durchzuführenden [[X.].]. Allein auf diese fachpraktische Anleitung entfielen bezogen auf das [[X.].] 1.101,5 Arbeitsstunden und damit mehr als die Hälfte der [[X.].], welche auch ausbildungsferne Tätigkeiten - zB [[X.].] ohne Auszubildende - umfassten.

(3) [[X.].]ie hiergegen gerichteten [[X.].] der Revision greifen nicht durch. [[X.].]ie Beurteilung des [[X.].]s entspricht den vorstehend dargestellten Grundsätzen, wonach die Anleitung der Auszubildenden bei [[X.].]n und die Erfüllung ausbildungsbezogener Organisationsaufgaben als einheitlicher Arbeitsvorgang zu sehen sind. [[X.].]ie vom [[X.].] vorgenommene zeitliche Gewichtung der Tätigkeit der Klägerin in der Funktion als Praxisanleiterin ist nicht zu beanstanden.

(a) [[X.].]ie [[X.].] wurde entgegen der Auffassung der Revision vom [[X.].] nicht außer [[X.].] gelassen. [[X.].]ie Auffassung des [[X.].]s deckt sich vielmehr mit den vom Beklagten erstellten Stellenbeschreibungen, welche ausweislich der Feststellungen des [[X.].]s die tatsächlich übertragenen Tätigkeiten sowie die Arbeitsergebnisse ausreichend differenziert wiedergeben (vgl. [[X.].] 10. Juni 2020 - 4 [[X.].] 142/19 - Rn. 15). [[X.].]ie „Tätigkeit 6“ ist dabei unstreitig Teil der Praxisanleitung. [[X.].]aneben ist aus den dargelegten Gründen auch die „Tätigkeit 3“ als Teil des Arbeitsvorgangs in der Funktion als Praxisanleiterin anzusehen. [[X.].]ie „Tätigkeit 3“ ist wiederum im Rahmen der „Tätigkeit 1“ zu erbringen, dh. bei den [[X.].]n. Hiervon geht auch die Änderung der Stellenbeschreibung „StB-Nr.: 2-01-04M00“ vom 27. November 2017 aus, wonach der [[X.].]anteil der „Tätigkeit 3“ im [[X.].]anteil der „Tätigkeit 1“ enthalten sei. Nach dem unstreitigen Parteivortrag beanspruchen die [[X.].] der Klägerin in Begleitung von Auszubildenden deutlich mehr als die Hälfte ihrer Arbeitszeit. [[X.].]ies belegen die Zahlen für das [[X.].]. [[X.].]abei kommt es nicht darauf an, ob die administrativen Zusatzaufgaben mit 38 oder 30 Stunden jährlich anzusetzen sind.

(b) [[X.].]er von der Revision zitierte Rahmenlehrplan steht hingegen in keinem konkreten Bezug zur [[X.].] und den sich daraus ergebenden Aufgaben der Klägerin.

(c) Entgegen der Auffassung der Revision ist für die Eingruppierung der Klägerin ohne Belang, dass auch andere Pflegefachkräfte, die keine Praxisanleiter sind, Auszubildende bei der Patientenbetreuung praktisch anleiten. Folglich sind die auf die Tätigkeit anderer Pflegefachkräfte erhobenen Verfahrensrügen nicht entscheidungserheblich und schon deshalb unbeachtlich. Maßgeblich ist nur die konkrete Tätigkeit der Klägerin. [[X.].]em Beklagten ist zwar zuzugestehen, dass Pflegefachkräfte, die keine Praxisanleiterinnen sind und dennoch nach organisatorischen Vorgaben des Beklagten Auszubildende bei den [[X.].]n anleiten, bezogen auf die fachpraktische Ausbildung insoweit dieselbe Tätigkeit wie die Klägerin wahrnehmen. Nach den Vorgaben des Anhangs [[X.].] Abschnitt I zur Anlage 32 [[X.].] [[X.].] ist die Klägerin als Praxisanleiterin dennoch höher zu vergüten ([[X.].] P 8 statt [[X.].] P 7). [[X.].]ies rechtfertigt sich nicht nur mit zusätzlichen ausbildungsbezogenen Aufgaben, sondern auch mit dem unterschiedlichen Qualifikationsniveau. Nur Praxisanleiter verfügen über die geforderte berufspädagogische Zusatzqualifikation. [[X.].]iese ist nach den [[X.].] [[X.].] zu honorieren.

(d) Soweit die Revisionsbegründung eine fehlerhafte Anwendung von § 4 Abs. 4 Satz 3 des bis zum 31. [[X.].]ezember 2019 geltenden [[X.].] ([[X.].]) annimmt und auf § 3 Abs. 1 Nr. 7 [[X.].] verweist, verkennt sie sowohl die Argumentation des [[X.].]s als auch den Regelungsgehalt dieser Normen. § 4 Abs. 4 Satz 3 [[X.].] formulierte iVm. § 4 Abs. 4 Satz 4 [[X.].] einen gesetzlichen Auftrag an die Altenpflegeschulen zur Sicherstellung der Praxisanleitung (vgl. nunmehr § 6 Abs. 3 Satz 3 des seit 1. Januar 2020 geltenden Pflegeberufegesetzes [PflBG]). [[X.].]as [[X.].] hat § 4 Abs. 4 Satz 3 [[X.].] nicht im Zusammenhang mit der Tätigkeit der Klägerin als Praxisanleiterin angeführt, sondern bei der Beurteilung ihrer Qualifikation. Es hat die Norm nur als Beleg dafür herangezogen, dass das [[X.].] eine praktische Ausbildung durch Praxisanleitung in einer Einrichtung der ambulanten Pflege vorsieht. Ein Zusammenhang mit der konkreten Tätigkeit der Klägerin wird nicht hergestellt. [[X.].]er Hinweis der Revision auf § 3 Abs. 1 Nr. 7 [[X.].] führt nicht weiter. [[X.].]emnach umfasst die Ausbildung in der Altenpflege die Anleitung, Beratung und Unterstützung von Pflegekräften, die nicht Pflegefachkräfte sind. [[X.].]ie Regelung hat ebenfalls keinen Bezug zu Tätigkeit und Eingruppierung der Klägerin.

3. [[X.].]as [[X.].] hat jedoch nicht berücksichtigt, dass die Ansprüche auf [[X.].]ifferenzvergütung für die [[X.].] von Februar bis einschließlich April 2017 wegen Versäumung der Ausschlussfrist verfallen sein könnten.

a) Nach § 23 Abs. 1 Satz 1 [[X.].] [[X.].] verfallen Ansprüche aus dem [[X.].]ienstverhältnis, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit in Textform geltend gemacht werden, soweit die [[X.].] [[X.].] nichts anderes bestimmen. Eine solche Ausnahmeregelung ist hier nicht ersichtlich. Allerdings reicht gemäß § 23 Abs. 2 [[X.].] [[X.].] für denselben Sachverhalt die einmalige Geltendmachung des Anspruchs aus, um die Ausschlussfrist auch für später fällig werdende Leistungen unwirksam zu machen.

b) Unterliegt die Klageforderung einer Ausschlussfrist, ist deren Einhaltung ohne Rüge des Anspruchsgegners von Amts wegen zu prüfen. [[X.].]er Schuldner muss sich nicht auf ihre Wirkung berufen. Es handelt sich um eine rechtsvernichtende Einwendung. [[X.].]ie rechtzeitige Geltendmachung ist eine materiell-rechtliche Voraussetzung für den Fortbestand des behaupteten Anspruchs, die zur schlüssigen [[X.].]arlegung der Begründetheit einer Klageforderung gehört (vgl. [[X.].] 19. Juni 2018 - 9 [[X.].] 615/17 - Rn. 36 [[X.].], [[X.].]E 163, 72).

c) Eine solche [[X.].]arlegung ist hier nur bezogen auf die Ansprüche ab Mai 2017 erfolgt. Insoweit ist die Ausschlussfrist unproblematisch durch das vorgelegte Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 9. November 2017 gewahrt, denn der Anspruch auf die monatliche Vergütung ist nach Anlage 1 Abschnitt [X.] (a) Satz 1 [[X.].] [[X.].] am letzten Werktag des jeweiligen Kalendermonats fällig. Folglich sind die am 31. Mai 2017 fällig gewordenen Ansprüche mit dem am 13. November 2017 zugegangenen [X.] fristgemäß geltend gemacht worden. [[X.].]ie Ansprüche für die Folgemonate werden von § 23 Abs. 2 [[X.].] [[X.].] erfasst.

d) Bezüglich der zudem streitbefangenen Monate Februar bis einschließlich April 2017 könnte eine rechtzeitige Geltendmachung nur durch das Schreiben der Klägerin vom 21. Juni 2017 erfolgt sein (zu den Anforderungen vgl. [[X.].] 30. Oktober 2019 - 6 [[X.].] 16/19 - Rn. 46). [[X.].]ieses Schreiben liegt nicht vor und kann schon deshalb durch den [[X.].] nicht gewürdigt werden. [[X.].]er Klägerin ist in einem fortgesetzten Berufungsverfahren Gelegenheit zum diesbezüglichen Sachvortrag zu geben. Anschließend wird der Inhalt des Schreibens vom 21. Juni 2017 zu beurteilen sein.

        

    [X.]    

        

    Ri[[X.].] Wemheuer
ist an der Beifügung
ihrer Unterschrift
verhindert.
[X.]    

        

    Heinkel    

        

        

        

    Brand    

        

    Köhler    

                 

Meta

6 AZR 331/19

19.11.2020

Bundesarbeitsgericht 6. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Siegburg, 16. August 2018, Az: 1 Ca 825/18, Urteil

Anl 32 Anh D Abschn 1 DCVArbVtrRL, Anl 1 Abschn 1 § 23 DCVArbVtrRL, Anl 32 Anh B DCVArbVtrRL, Anl 32 Anh E DCVArbVtrRL

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19.11.2020, Az. 6 AZR 331/19 (REWIS RS 2020, 542)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 542

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Eingruppierung einer Praxisanleiterin


4 AZR 161/20 (Bundesarbeitsgericht)

Eingruppierung eines (Teilzeit-)Praxisanleiters - Funktionsmerkmal - Bestimmung von Arbeitsvorgängen - organisatorische Trennung zugewiesener Tätigkeiten


3 AZR 575/09 (Bundesarbeitsgericht)

Angemessene Ausbildungsvergütung - Irreführung durch Altenpflegeschüler


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